Protocol of the Session on February 28, 2013

Der Abgeordnete Jungclaus spricht für die Fraktion B90/GRÜNE.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Um es gleich vorwegzunehmen: Meine Fraktion würde den Antrag, wenn er zur Abstimmung stehen würde, ablehnen.

Der Streit um Steganlagen am Scharmützelsee schwelt nun schon eine ganze Weile. Der Landkreis lässt Stege, deren Nutzungsrechte abgelaufen sind oder für die keine gültige wasser

rechtliche Erlaubnis vorliegt, zurückbauen, die Stegbesitzerinnen und -besitzer werfen dem Landkreis vor, deutlich strenger zu urteilen, als das andere Landkreise tun. Schön ist ein solcher Konflikt selbstverständlich nicht, dennoch sehe ich hier keine Handlungsnotwendigkeit für das Land. Es ist die Aufgabe der Unteren Naturschutzbehörde, zu entscheiden, ob eine Steganlage oder deren Renovierung gegen die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet verstößt oder mit den Schutzzielen vereinbar ist.

Meine Fraktion sieht keine Veranlassung, den Unteren Naturschutzbehörden hierbei zu misstrauen. Sie handeln auf der Grundlage von Gesetzen, und sie handeln nach Augenmaß, denn jeder Einzelfall wird einer Prüfung unterzogen. Dies hat unter anderem auch das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) bestätigt. Es wird also nicht gegen geltendes Gesetz verstoßen. Der Argumentation, die Behörden würden im Gegensatz zu anderen Landkreisen ihren Ermessensspielraum nicht nutzen, konnte das Gericht ebenfalls nicht folgen. Ich kann daher nur alle Beteiligten vor Ort dazu aufrufen, einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Die Errichtung von Sammelsteganlagen dies wurde bereits angesprochen - wäre aus meiner Sicht eine adäquate Lösung des Problems.

Aber unabhängig von der inhaltlichen Thematik halte ich den Konflikt um Steganlagen am Scharmützelsee auch für ein lokales Problem, das auch auf lokaler Ebene gelöst werden muss. Wir haben es hier mit einem Konflikt zu tun, wie es zahlreiche in Brandenburg gibt. Bürgerinnen und Bürger - in diesem Fall die Stegbesitzerinnen und -besitzer - fühlen sich von den Behörden ungerecht behandelt. Es ist also nur folgerichtig, dass die Betroffenen eine Petition eingereicht haben, und genau dorthin, in den Petitionsausschuss, gehört das Thema auch.

Inzwischen haben wir uns dort auch zum wiederholten Male mit dem Thema beschäftigt, und sogar einen Vor-Ort-Termin hat es bereits gegeben. Immer wieder ist der Ausschuss zu dem Schluss gekommen, dass das Handeln des Landkreises rechtlich nicht beanstandet werden kann. Deshalb kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, warum die CDU einen solchen Antrag einbringt. Neben den inhaltlichen Gründen sehe ich auch keine originäre Zuständigkeit des Landtages, denn dessen Aufgabe ist es, sich mit Problemen von landespolitischer Bedeutung auseinanderzusetzen. Dabei sollten wir es auch belassen, denn davon gibt es hier durchaus mehr als genug. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Frau Ministerin Tack spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Debatte. Es ist deutlich geworden: Dies ist eine komplizierte Materie. Es gibt um den Scharmützelsee nach wie vor Interessenkonflikte, obwohl die Gerichte gesprochen haben. Es fällt schwer, die Urteile zu akzeptieren - aus unterschiedlichen Lebenserfahrungen. Es gibt dort wirklich ein großes Potenzial unterschiedlicher Auffassungen und vor allem echter Interessenkonflikte zur Nutzung des Scharmützelsees.

Ich habe - ich war noch gar nicht lange im Amt - mit Vertretern des Landkreises, mit der Bürgermeisterin von Bad Saarow und anderen sowie meiner Fachbehörde ein Gespräch geführt und empfohlen, für den Scharmützelsee ein Nutzungskonzept zu entwickeln: Welche Interessen können wie gebündelt werden, damit die Zielstellung Landschaftsschutzgebiet umgesetzt werden kann? Denn gerade die zahlreichen Touristen kommen dorthin, weil es dort geschützte Landschaften und einen fast geschlossenen Schilfgürtel gibt, weil man eine wunderbare Landschaft erleben kann und dieses Schutzgebiet für Urlauberinnen und Urlauber, die bewusst dorthin kommen, immer gut ist. Auch das ist zu erleben und festzustellen.

Im Laufe der Zeit ist auch ein reges Baugeschehen erfolgt, Sie haben es beschrieben. Es sind leider eine Menge Neubauten entstanden und weitere Ufer dadurch der Öffentlichkeit unzugänglich gemacht worden. Der öffentliche Zugang zu den Uferbereichen ist also ebenfalls ein großes Problem.

Lange Rede - kurzer Sinn: Sie haben alles beschrieben. Es ist die Aufgabe des Landkreises, das ist wohl wahr, und die Gerichte haben bestätigt, dass der Landkreis hierbei rechtens agiert hat. Ich möchte aber noch einmal sagen: Er hat es bisher nicht geschafft, ein Nutzungskonzept unter naturschutzrechtlichen, touristischen und wirtschaftlichen Aspekten auf den Tisch zu legen und somit versuchsweise alle Interessen unter einen Hut zu bringen bzw. es zumindest zu versuchen.

Damit fehlte dem Landkreis letztendlich in den vergangenen Jahren auch ein Steuerungselement und es kam zu den Fehlentwicklungen, die Sie beschrieben haben. Herr Wichmann, es ist deutlich gesagt worden, es ist keine Landesaufgabe, und wir können nicht jedes Landschaftsschutzgebiet im Parlament auf den Tisch legen und fragen: Hat das noch Bestandsrecht oder sollten wir hier eingreifen? Wir greifen nicht in die Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet ein, das steht fest. Herr Wichmann sagte, dass wir gestern mehrfach darüber gesprochen haben, wie wir, Anwohnerinnen und Anwohner, Nutzerinnen und Nutzer möglicherweise gemeinsam unsere Ideen auf den Tisch legen können. Ich würde mich bereit erklären, eine Einladung an Sie, die Wahlkreisabgeordneten, den Landrat, die Amtsdirektoren, die Bürgermeister auszusprechen und zu versuchen, aus der sehr komplizierten Interessenlage eine Unterstützung herbeizuführen, damit wir vielleicht ein Stück weiterkommen, denn ich kann mir vorstellen, dass es dem einen oder anderen wichtig ist, deutlich zu machen: Es hat eine Diskussion im Parlament gegeben.

Ich würde es richtig finden, Herr Wichmann, dass wir den Antrag heute nicht zur Abstimmung stellen, und ich sichere Ihnen zu: Wir laden zu diesem Gespräch bzw. Meinungsaustausch ein, um nach Lösungswegen zu suchen und möglicherweise auch noch weitere Hinweise zur Umsetzung der LSG-Verordnung zu geben. Es gibt schon eine Reihe von Aspekten, bei denen man den kommunalen Vertretern Unterstützung angedeihen lassen kann.

(Frau Alter [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Wünschen Sie eine Zwischenfrage, Frau Tack?

Ich bin fertig. Ach so, die gibt es am Schluss nicht. Ich war am Ende meiner Rede.

Sie können ja auch Zwiegespräche führen.

Das machen wir dann auch, Frau Alter.

Damit danke ich Ihnen. - Das Wort erhält noch einmal der Antragsteller, Herr Wichmann.

Wichmann(CDU):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Elisabeth Alter, wenn der Bedarf an Zwischenfragen immer noch besteht: Ich lasse sie natürlich gern zu, wenn nach der umfangreichen Diskussion noch Fragen offengeblieben sind. Ich möchte mich erst einmal bei allen Rednern bedanken, denn ich denke, wir sind am Ende dieser Debatte doch ein ganzes Stück weiter, als wir es vor dieser Debatte waren.

Wir haben im Petitionsausschuss gemerkt, wo unsere Grenzen sind: dass wir natürlich dem Landrat keine Hinweise oder Anweisungen geben können, wie er rechtskonform Spielräume, die ja bestehen, für die Bürgerinnen und Bürger nutzt, um einen besseren Ausgleich - wie es Frau Gregor-Ness sehr schön beschrieben hat - zwischen den Interessen des Naturschutzes auf der einen Seite, aber auch der Anwohner und Touristen auf der anderen Seite zu erzielen.

Den größten Schaden nimmt eigentlich der Naturschutz. Der Konflikt darf bei einem so bedeutsamen Gewässer, das auch landesweit eine sehr große Bedeutung für den Tourismus hat und medial immer wieder durch die Gazetten und Zeitungen gegeistert ist - ich erinnere noch einmal an den Fall, wo Taucher anrückten und unter Wasser die Pfähle des Bootssteges abschnitten und dies als Ersatzvornahme für 12 000 Euro dem Anwohner hinterher auf den Tisch gelegt wird -, nicht so weit gehen und nicht derart eskalieren.

Insofern ist es wichtig, dass sich heute eine politische Lösung andeutet, die sich uns zeigt. Ich nehme Frau Tack wirklich sehr ernst und auch beim Wort, dass sie zu diesem Gespräch einlädt. Daran werde ich gern teilnehmen. Dann werden wir auch sehen, wie wir unter Ausschluss der Öffentlichkeit - vielleicht doch mit dem Landrat - ein vernünftiges Gespräch führen können, um aus Sicht der Oberen und der Unteren Naturschutzbehörden Möglichkeiten und Wege aufzuzeigen, wie man mit dem Problem der Stege und mit diesem Konflikt umgehen kann, um am Ende ein Stück weit zu einer Erleichterung beizutragen. Wir alle wären froh, wenn wir uns über diesen Streit nicht noch öfter und länger im Landtag unterhalten müssten.

Herr Jungclaus, Ihnen muss ich sagen: Wir erlebten in den letzten Jahren, dass sich dieses Problem vor Ort nicht mehr löst. Ich habe auch ein Stück weit Verständnis dafür, dass eine Untere Naturschutzbehörde, wenn sie erst einmal in eine Richtung marschiert ist und viele Stege mit dieser Verwaltungspraxis auf Kosten der Anwohner bereits abgebaut hat, nicht ohne Weiteres mittendrin ihre Verwaltungspraxis ändern kann.

Vielmehr warten sie auf ein Signal von uns - vom Ministerium und vom Landtag -, damit es dann auch für die UNB leichter

ist, in Zukunft eine andere und menschenfreundlichere Verwaltungspraxis auf den Weg zu bringen. Nach der Sitzung bzw. nach der heutigen Debatte bin ich diesbezüglich optimistischer als zuvor, weshalb ich - gemäß unserer Vereinbarung von gestern Abend, Frau Tack, was ich mit meiner Fraktionsspitze abgestimmt habe - diesen Antrag heute nicht zur Abstimmung stelle. Würden wir ihn heute zur Abstimmung stellen und Sie würden ihm mit Ihrer Mehrheit nicht zustimmen können, haben wir nichts gekonnt. Der Landrat würde dann zu unserem Gespräch kommen und sagen: Ihr habt doch im Landtag gerade gesagt, es sei alles in Ordnung, weshalb der Antrag nicht nötig war; denn ihr konntet ihm nicht zustimmen.

Insofern eröffnen wir uns lieber gemeinsam eine gute Verhandlungsposition, weshalb ich auch zu diesem Schritt gern bereit bin und den Antrag zurückziehen werde.

Jetzt kommt die versprochene Zwischenfrage.

Bevor ich aber am Ende bin, erlaube ich natürlich der geschätzten Kollegin Elisabeth Alter die Zwischenfrage.

Je mehr der Kollege Wichmann spricht, desto mehr möchte ich mich doch noch heute dazu äußern und die Frage in den Raum stellen, über welchen See wir dann in einem halben Jahr sprechen werden. Wenn wir jetzt das Problem des Scharmützelsees klären, macht sich das im Land breit, und dann steht bald der nächste See auf der Tagesordnung. Insofern müssen wir Grundsätzliches klären.

(Beifall B90/GRÜNE)

Es gibt Grünheide und noch viele andere Sachen. Wir sollten wirklich Grundsätzliches klären.

Ich gebe dir Recht, es gibt auch an anderen Seen Probleme und Konflikte. Aus der Uckermark zum Beispiel - einer der seenreichsten Landkreise - stamme ich. Ein derartiges Eskalieren eines Konflikts zwischen einer UNB und den Anwohnern wie am Scharmützelsee gab es bei uns jedoch nicht. Wir haben zum Teil auch Sammelstege angeordnet, haben die Bürger aber mitgenommen und gemeinsam funktionierende Lösungen gefunden. Bei dem Scharmützelsee ist die Lage aber offensichtlich so verfahren und die Eskalation so weit auf der Leiter hinaufgestiegen, dass es vor Ort kein Zurück gibt.

Aus diesem Grund hat Herr Jungclaus auch nicht Recht, was ich an dieser Stelle betonen muss. Wir können uns nicht zurücklehnen und sagen, das Problem löst sich schon von allein vor Ort. Die Bürger warten schon viel zu lange auf eine Lösung. Insofern müssen wir diese Gespräche führen, wie es Frau Tack angekündigt hat. Dazu sind wir gern bereit, weshalb ich im Namen der CDU-Fraktion hier und jetzt diesen Antrag für heute von der Tagesordnung und aus der Abstimmung nehme. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD sowie des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, dies scheint schwer verallgemeinerbar zu sein; denn andere Seen haben andere Landräte.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE sowie des Abgeord- neten Homeyer [CDU])

Jedoch sehe ich für unsere Geschäftsordnung eine neue Herausforderung: Wir diskutieren seit einer halben Stunde über einen Antrag, den es gar nicht mehr gibt. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass die Gespräche zum Erfolg führen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

EU-Richtlinie „Konzessionsvergabe“ nicht auf die Wasserversorgung anwenden

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/6875

Die Abgeordnete Hackenschmidt beginnt die Debatte für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Ja, Konzessionsvergabe „EU-Richtlinie“ nicht auf Wasserversorgung anwenden - wir haben hier einen Antrag von den Fraktionen SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wobei es mich sehr freut, dass Sie diesem Antrag beigetreten sind.

Wasser ist ein Menschenrecht. Dieser Grundsatz ist nicht nur bei uns in Deutschland und Europa allgemein anerkannt. Auch die Vereinten Nationen haben ein globales Menschenrecht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser anerkannt. Ich glaube, mit Ihnen einer Meinung zu sein: Es ist grundsätzlich das wichtigste Nahrungsmittel.

(Beifall SPD sowie der Abgeordneten Mächtig [DIE LIN- KE])

Wasser ist also ein besonderes Naturgut, das geschützt und entsprechend behandelt werden muss. In Deutschland haben wir deshalb zu Recht die Tradition, dass die Wasserversorgung der Bürgerinnen und Bürger ein Kernstück der kommunalen Daseinsvorsorge ist. Die Kommunen sorgen für eine sichere, bezahlbare und qualitativ hochwertige Wasserversorgung. So weit, so gut.

Was ist nun geschehen? - Die EU-Kommission beabsichtigte mit einer Richtlinie über die Konzessionsvergabe, das Vergaberecht von Dienstleistungskonzessionen europaweit transparenter zu gestalten und Korruption zu bekämpfen. Das ist zunächst einmal ein Schritt, den wir begrüßen; denn nicht überall in Europa ist gewährleistet, dass bei der Vergabe von Konzessionen alles mit rechten Dingen zugeht. Mehr Transparenz ist deshalb gut, um in Europa gegen Korruption vorzugehen und um dort, wo es notwendig ist, Licht ins Dunkel zu bringen.