Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich kann Herrn Bretz nicht mehr sehen.
- Er sitzt wohl schon auf den hinteren Bänken. Nach der sehr individuellen Betreuung des Kollegen Bretz durch die Vorredner möchte ich auf eine Entgegnung verzichten. Möglicherweise gelingt mir das nicht ganz, aber ich will es versuchen.
Die Landesregierung - das will ich noch einmal deutlich unterstreichen - hat großes Interesse am Fortgang der Energiewende, was wir leider bei der Bundesregierung so nicht erkennen können. Auch darauf komme ich noch zurück.
Ich will auch deutlich unterstreichen: Das EEG hat sich bisher in Brandenburg als sehr gutes Instrument zur Sicherung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen erwiesen. Es ist vor allem auch ein wichtiges Instrument im Hinblick auf den Klimaschutz. Wir brauchen aber die Novellierung des EEG, insbesondere aus sozialen Gründen. Kollege Christoffers hat über die notwendigen Schritte zum Fortgang der Energiewende gesprochen. Die umfassende Transformation des Energieversorgungssystems kostet Geld. Das ist die große Herausforderung, gar keine Frage. Auch hier schaue ich in Richtung Bundesregierung: Wir brauchen den Netzausbau und die Entwicklung der Speichertechnologien. Viel Zeit ist bereits vergangen, aber Ergebnisse liegen leider nicht vor. Je mehr Zeit ins Land geht, desto teurer wird es, meine Damen und Herren.
Wir haben uns im Januar hier über die notwendigen Argumente zur Vereinbarkeit von Energiepolitik und Sozialpolitik verständigt und uns vor allem dazu verabredet, nicht zuzulassen, dass die Kosten übermäßig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abgewälzt werden. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir preisdämpfende Maßnahmen für notwendig halten. Dies haben wir auch der Bundesregierung als Ergebnis dieser ersten Runde der gemeinsamen Gespräche übermittelt. Wir haben uns zur Reduzierung der Mehrwertsteuer und zur befristeten Senkung der Stromsteuer positioniert und betont, dass wir darin einen Beitrag, die Kosten kurzfristig zu dämpfen, aber keine langfristige Lösung sehen.
Nun komme ich doch noch einmal auf Herrn Bretz zurück: Es wäre gut gewesen, es hätten mehrere den Inhalt des Gesprächs am 14. Februar bei den Ministern Altmaier und Rösler zur Kenntnis nehmen können. Kollege Christoffers hat es beschrieben: Sie haben fünf Minuten vor der Angst ein gemeinsames Papier vorgelegt, das man wirklich nicht als Konzept bezeichnen kann. Es ist ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen, die sie gerade mal so im Blick hatten und aufgeschrieben haben, um ein Einsparvolumen von 1,8 Milliarden Euro vorzulegen. Es ist nicht wirklich ein Konzept. Dieser Entwurf war peinlich; das will ich Ihnen noch einmal sagen.
Alle Ministerinnen und Minister von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken haben sich gegen diese Vorschläge ausgesprochen, weil sie kein Konzept sind, weil dies eine Flickschusterei ist
Minister Altmaier - Herr Rösler hat sich dazu gar nicht geäußert - hat die feste Absicht, zum 1. August dieses Jahres Maßnahmen in Kraft zu setzen, die den Kostenanstieg dämpfen können. Wir beteiligen uns mit Vorschlägen, gar keine Frage. Sie sind in die Arbeitsgruppe eingeflossen. Nur, die Vorschläge, die von den beiden Vertretern der Bundesregierung vorgelegt worden sind, verunsichern höchstgradig Investoren. Sie schaffen keine Planungssicherheit. Sie setzen damit Arbeitsplätze aufs Spiel. Was uns „Belastung der Bestandsanlagen der erneuerbaren Energien“ sagen soll, darüber komme ich schon ins Grübeln. Es sind aber eine ganze Menge Juristen davor, die sagen: „Es geht schon rein juristisch gar nicht, was ihr da vorhabt.“
Wir sagen: Es sind die falschen Stellschrauben, zum Beispiel die Festschreibung der EEG-Umlage, der Stopp für Eigenproduktion und Eigenverbrauch. Den Ländern wurde vorgeworfen, sie würden die Flucht in die Eigenproduktion und in den Eigenverbrauch antreten. Hier verweise ich noch einmal auf die Vorschläge der Planungsregionen für ihre Energiekonzepte. Wir werden sehen, welche klugen Vorschläge von dort kommen, die nicht eine Flucht in Eigenproduktion und Eigenverbrauch bedeuten, sondern kluge, zukunftsfähige Konzeptionen für die Energieversorgung in unseren Regionen darstellen.
Ich nehme aus dem gemeinsamen Gespräch mit den Länderministern mit, dass sie an Vorschlägen interessiert sind. Wir haben unsere Bereitschaft erklärt, Vorschläge einzubringen. Es zeichnete sich ab, dass es einen kleinsten gemeinsamen Nenner geben wird - zumindest gab es diesen im Ergebnis dieser Debatte -, nämlich die Liste der energieintensiven Unternehmen hinsichtlich ihrer Privilegierung noch einmal durchzusehen und sie vielleicht auf den Stand zurückzufahren, den wir 2009 hatten. Hier könnten wir möglicherweise eine Lösung finden.
Ich habe Ihnen im Januar gesagt, dass sich die Verbraucherschutzminister angesichts der Belastung durch Energiepreise sehr wohl über die soziale Situation der Verbraucherinnen und Verbraucher Gedanken machen, was im Zusammenhang mit dem Konzept zur Energiewende eigentlich Aufgabe der Bundesregierung wäre. Wir wollen alles dafür tun, Energiearmut abzuwenden, Stromsperren zu vermeiden und sinnvolle Ideen zur finanziellen Unterstützung der betroffenen Familien- und Singlehaushalte zu finden, damit niemand in das Risiko von Energiearmut und Stromsperren gerät. Es gibt leider schon sehr viele Beispiele, die zeigen, dass das der falsche Weg ist, da Leute in Bedrängnis gekommen und in Mitleidenschaft gezogen worden sind.
Wir werden nach dem Gespräch am 19. März in Vorbereitung des Treffens mit der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten wieder berichten, wie weit wir gekommen sind. Aber konkret geht die Aufforderung an die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP, sich im Bund stärker zu engagieren. Das, was Sie hier geboten haben, hilft uns in keiner Weise weiter. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Damit ist die Rednerliste abgearbeitet worden. Ich schließe die Aktuelle Stunde und damit den Tagesordnungspunkt 1.
Wir beginnen mit der Frage 1200 (Prüft Polen weiterhin Atom- kraftwerke an der Oder?) des Abgeordneten Bischoff.
Die polnische Regierung hat vor längerer Zeit eine sehr umfangreiche Liste von möglichen Standorten für Atomkraftwerke veröffentlicht. Erste Atomkraftwerke sollen offenbar im Ostseeraum entstehen, zum Teil nur 200 km von Brandenburg entfernt. Auf dieser Gesamtliste waren auch mehrere AKWStandorte direkt am Oderstrom aufgeführt. Dagegen gab es erhebliche Proteste in der Region, unter anderem von der Bürgerinitiative „Atomkraftfrei leben in der Uckermark“, die unter anderem 20 000 Unterschriften gesammelt hat.
Ich frage die Landesregierung: Ist ihr bekannt, ob die polnische Regierung den Bau von Atomkraftwerken entlang der Oder inzwischen dauerhaft ausschließt? Oder bleiben diese Standorte an der unmittelbaren Grenze zu Brandenburg auch weiterhin potenzielle Orte für die Errichtung von polnischen Atomkraftwerken?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Bischoff, die Landesregierung hat sich wiederholt in Fragestunden und unter anderen Tagesordnungspunkten dafür ausgesprochen, eine Energiepolitik ohne Nutzung der Atomenergie zu vertreten und den polnischen Nachbarn zu signalisieren, dass das für eine zukünftige Energiepolitik sinnvoll ist. Das Parlament hat 2010 und 2011 Beschlüsse gefasst und die Landesregierung beauftragt, entsprechend aktiv zu werden. Das haben wir getan, und darüber habe ich mehrfach und detailliert informiert.
Zu den Konsultationen zur grenzüberschreitenden Strategischen Umweltprüfung bezüglich des polnischen Kernenergieprogramms haben wir intensive, umfangreiche Stellungnahmen abgegeben, die alle im Internet nachzulesen sind. Wir haben uns darüber ausgetauscht.
Im Augenblick ist Folgendes festzuhalten: Es hat Konsultationen zwischen Vertretern der Republik Polen, des Landes Brandenburg, anderer Nachbarländer und der Bundesregierung gegeben. Festzustellen ist, dass über 30 000 Einwendungen aus Deutschland eingegangen sind, die die Pläne der polnischen Republik, Atomkraftwerke zu errichten, nicht gut finden. Die
im Gesamtplan enthaltenen sonstigen Standorte - das bezieht sich auf Standorte entlang der Oder - werden unter anderem wegen naturschutzrechtlicher Fragestellungen für die Umsetzung des Kernenergieprogramms eher nicht in Betracht gezogen.
Endgültige Entscheidungen gibt es dazu noch nicht. Die Beschlussfassung über das polnische Kernenergieprogramm müssen wir abwarten; sie hat noch nicht stattgefunden. Dann gibt es die Zulassungsverfahren zu den Einzelstandorten.
Ich kann Ihnen aber versichern: Wir werden gegenüber den polnischen Kollegen immer wieder deutlich machen, dass wir eine zukunftsfähige Energiepolitik ohne Anwendung der Atomenergie für sinnvoll erachten, und wir werden das in der nächsten Woche im Rahmen der Beratungen des Deutsch-Polnischen Umweltrates in Mecklenburg-Vorpommern erneuern.
Ansonsten bitte ich Sie - wer weiteres Interesse hat -, auf die Internetseite des MUGV zu gucken, auf der alle Stellungnahmen und Positionierungen, die wir gemeinsam getragen haben, abgebildet sind.
Vielen Dank. - Die Frage 1201 (Flexibilisierung Finanzaus- gleichsgesetz) stellt der Abgeordnete Dr. Scharfenberg.
Die investiven Zuweisungen im Finanzausgleichsgesetz werden in den nächsten Jahren im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Abbau der SoBeZ immer weiter reduziert. Der Verzicht auf diese Zweckbindung in den Zuweisungen des Landes an die Kommunen führt dazu, dass die Investitionskraft der Kommunen trotz der deutlichen Erhöhung der allgemeinen Schlüsselzuweisungen eingeschränkt wird. So erhält die Landeshauptstadt Potsdam zwar in diesem Jahr 11 Millionen Euro mehr an allgemeinen Schlüsselzuweisungen, darf damit jedoch nicht die um eine Million reduzierten investiven Zuweisungen ausgleichen, da der Haushalt nicht dauerhaft ausgeglichen ist. Potsdam hat jedoch vor allem aufgrund des Einwohnerzuwachses enormen Investitionsbedarf. Insofern läuft der Vorzug einer freien Verwendung der allgemeinen Schlüsselzuweisungen sozusagen leer.
Ich frage die Landesregierung: Wie kann eine Flexibilisierung des Finanzausgleichsgesetzes erreicht werden, die einen Ausgleich der rückläufigen investiven Zuweisungen über die deutlich steigenden allgemeinen Zuweisungen ermöglicht?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen des Solidarpakts erhalten die ostdeutschen Länder einschließlich Berlins bis 2019 die enorme Summe von 105 Milliarden Euro im Rahmen der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen. Diese - das ist auch das vorrangige Ziel gewesen
sind in zwei Bestandteile aufgegliedert: erstens um die infrastrukturellen Nachteile auszugleichen und zweitens um die minimierte kommunale Finanzkraft, die die ostdeutschen Länder gegenüber den altbundesrepublikanischen haben, zu kompensieren.
Die Zuweisungen betragen im Jahr 2013 insgesamt noch 6,5 Milliarden Euro. Das bedeutet für Brandenburg - da auf unser Land 14,3 % entfallen -, dass wir in diesem Jahr ungefähr 938 Millionen Euro bekommen. 2020 ist Schluss damit. Es ist ein rückläufiger Prozentsatz, das ist festgelegt.
Nach dem Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetz wiederum reicht das Land 40 % der SoBeZ an die Kommunen weiter, von diesen 40 % wiederum 55 % für Investitionen. Das sind 2013 - wenn man das wieder in absoluten Werten ausrechnet 206 Millionen Euro.
Sie wissen - der Landtag hatte das in Auftrag gegeben -: Wir haben zwei Gutachten anfertigen lassen, eines für den horizontalen und eines für den vertikalen Finanzausgleich. Prof. Lenk kommt in seinem Gutachten zum horizontalen Finanzausgleich zu der Schlussfolgerung, dass die Quote für die investiven Schlüsselzuweisungen im Vergleich zur Gesamtinvestitionsquote hoch ist, und sagt gleichzeitig, dass es für Kommunen eigentlich besser sei, höhere allgemeine Schlüsselzuweisungen zu bekommen, weil sie diese flexibler einsetzen können. Er schlägt sogar vor, darüber nachzudenken - darüber ist dann die parlamentarische Debatte zu führen -, ob es nicht im Sinne der Erhöhung der Eigenautonomie der Kommunen zweckdienlich wäre, für die Einzelkommune eine Reduzierung der investiven Zweckbindung vorzusehen.
Was Potsdam betrifft - guckt man sich die Jahre von 2005 bis 2013 an -, so ist der investive Anteil von 18 % auf 11 % gesunken. Das Brandenburgische Finanzausgleichsgesetz gibt also keinerlei Zweckbindung im Rahmen der allgemeinen Schlüsselzuweisungen vor. Es ist frei handhabbar. Daher kann im Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetz auch keine stärkere Flexibilisierung geschaffen werden.
Es gibt sehr wohl - das ist aber etwas anderes - eine Einschränkung der Mittelverwendung im Rahmen des kommunalen Haushaltsrechts. Ich glaube, so unlogisch ist das gar nicht, kann aber politisch debattiert werden. Denn die investiven Zuweisungen im kommunalen Haushaltsrecht werden grundsätzlich im investiven Teil des Finanzhaushalts vereinnahmt und in der Bilanz als Sonderposten ausgewiesen. Die allgemeinen Schlüsselzuweisungen hingegen werden als Erträge aus laufender Verwaltungstätigkeit im Ergebnishaushalt vereinnahmt. Dort dienen sie selbstverständlich erst einmal zur Deckung der allgemeinen Verwaltungsausgaben. Das ist auch logisch, weil man sehr wohl den Kommunen sagen will: Ihr müsst zuerst dafür sorgen, dass alle Ausgaben des Tagesgeschäftes bestritten werden können, die ihr im Rahmen des Verwaltungshaushalts bestreiten müsst, und könnt erst danach investieren.
Das bedeutet im Umkehrschluss: In dem Moment, wo Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt haben, können sie selbstverständlich einen höheren Anteil für Investitionen aus den allgemeinen Schlüsselzuweisungen nehmen. Das bedeutet wiederum, dass die Kommunen auch dadurch gezwungen werden sollen, ausgeglichene Haushalte vorzulegen. - Danke.
Herr Finanzminister, das, was Sie gesagt haben, trifft jetzt auf die besondere Situation Potsdams nicht zu. Ich möchte das mit zwei Fragen verbinden. Erstens: Stimmen Sie mit mir darin überein, dass auch vor dem Hintergrund der Finanzsituation im Land Brandenburg insgesamt und speziell der kommunalen Finanzsituation der Landesgesetzgeber entscheiden könnte, die investiven Zuweisungen zu erhöhen?
Ich komme zu meiner zweiten Frage. Die besondere Situation in Potsdam besteht darin, dass wir in den Haushaltsjahren 2013/ 2014 über Rücklagen aus den vergangenen Jahren die Möglichkeit haben, einen ausgeglichenen Haushalt darzustellen. Ist es vor diesem Hintergrund möglich, dass die allgemeinen Zuweisungen frei eingesetzt werden können?
Zur ersten Frage: Der Gesetzgeber kann alles, dazu ist er da. Er verändert das Gesetz und kann damit die investiven Anteile erhöhen, minimieren - oder was immer er gern machen möchte. Also: Dazu sind Sie selbstverständlich in der Lage.
Zweitens: Wenn Sie ausgeglichene Haushalte haben - ich wiederhole es -, dann bedeutet das, dass in der Regel eine Kommune bei ausgeglichenem laufendem Ergebnishaushalt einen Finanzmittelüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit vorweisen kann. Das ist in den meisten Fällen so, weil nämlich im Ergebnishaushalt auch die nicht zahlungswirksamen Abschreibungen enthalten sind. Diese sind gewöhnlich höher als die Erträge aus der Auflösung von Sonderposten.