denn Faktoren für steigende Löhne sind kausal betrachtet die fachliche Qualifikation der Arbeitnehmer, die Produktivität der Arbeitsplätze, eine höhere Innovationskraft im Land und vor allem ein dynamischer Arbeitsmarkt, mehr Information sowie weniger Vorschriften.
Das Problem für niedrige Löhne in Brandenburg ist - wie Sie richtig bemerkt haben - nicht ausschließlich ein Problem der
geringqualifizierten Arbeitnehmer. Den Berufstätigen in diesem Land werden zu wenig Perspektiven geboten: keine Erfolge in der Bildungspolitik, Aussterben der ländlichen Räume, eine strukturelle Arbeitslosigkeit und zu wenig Innovation in der Wirtschaft. Deshalb brauchen wir endlich ein Gesamtkonzept statt punktueller Eingriffe.
Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen müssen bei der strategischen Personalplanung unterstützt werden. Wir Liberale haben immer auf die Marktwirtschaft vertraut und werden dies auch künftig tun.
Weiterbildung und Qualifizierung haben oberste Priorität. Das Parken von Bürgern in Beschäftigungsprogrammen kann und wird nicht die angestrebten Erfolge auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt haben. Nur wenn wir auf die Stärken der Menschen setzen, kann ein erfolgreicher Abbau der strukturellen Arbeitslosigkeit erfolgen. Vor allem aber muss, wenn ganz Deutschland über den Mindestlohn debattiert, auch Klartext darüber gesprochen werden, wie dieser denn gestaltet werden soll.
Politisch motivierte Mindestlöhne - wie sie hier angedacht sind lassen sich zwar nach außen gut verkaufen, bewirken jedoch wenig, weil man einfach nur mit den Ängsten spielt. Das ist unseriös.
Bundeseinheitliche Mindestlöhne werden insbesondere in wirtschaftlich starken Regionen - unter anderem in Bayern und Baden-Württemberg - überhaupt keinen Effekt haben, weil dort ganz andere wirtschaftliche Gegebenheiten vorzufinden sind als zum Beispiel in Brandenburg.
Nehmen wir doch einmal die Höhe des Mindestlohnes: Wollen Sie es so haben, wie es in Frankreich der Fall ist, also einen Mindestlohn über dem Gleichgewichtslohn? - Dann wird die Arbeitslosigkeit steigen. Aktuell sind es dort über 3 Millionen Arbeitslose. Vor allem bei den Jugendlichen ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch.
Oder wollen Sie es so haben, wie es in Bulgarien ist? - Dort ist der Mindestlohn relativ niedrig. Somit hätten Sie überhaupt keinen Effekt. Das sind also die entscheidenden Fragen.
Unsere Hauptaufgabe sollte darin bestehen, die weißen Flecken auf der tarifpolitischen Landkarte zu tilgen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete der Stadtverordnetenversammlungen und der Kreistage, sorgen Sie doch dafür, dass die Arbeitgeber nicht aus den Tarifverträgen aussteigen, auch nicht die kommunalen Träger! Dann können Sie mir mit Mindestlöhnen kommen. - Danke schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die SPD-Fraktion hat bereits im November 2011 die in der CDU aufkommende Lohnuntergrenzendebatte zum Anlass genommen, eine Aktuelle Stunde unter dem Motto „Mindestlohn jetzt!“ durchzuführen. Nun nimmt die SPD-Fraktion die am Freitag leider vorerst gescheiterte Bundesratsinitiative des Landes Thüringen zum Anlass, das Thema Mindestlohn erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Wir sagen dazu: Gut so; denn es hat weiterhin hohe Relevanz.
Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes vom September 2012 zum Niedriglohnsektor, die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sowie die Untersuchungen von Wirtschaftsforschungsinstituten bestätigen: Die Ausweitung des Niedriglohnsektors setzt sich kontinuierlich fort. Auch der Entwurf zum vierten Armuts- und Reichtumsbericht bietet viel Material zum Thema Einkommensarmut.
Mehr als jeder fünfte Deutsche arbeitet mittlerweile unterhalb der Niedriglohnschwelle, die aktuell bei 10,36 Euro pro Stunde liegt. Damit sind bundesweit mehr als 6,5 Millionen Menschen im Niedriglohnsektor tätig, davon 4,6 Millionen mit Vollzeitbeschäftigung.
Im Jahr 2008 verdienten 1,2 Millionen Menschen weniger als 5 Euro brutto in der Stunde, etwa 5 Millionen weniger als 8 Euro. Der Anteil derjenigen, die unter 8 bzw. 8,50 Euro verdienen, liegt in Ostdeutschland doppelt so hoch wie im Westen. Hauptgrund für diese Entwicklung ist die prekäre Beschäftigung. 68 % der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter sowie mehr als 84 % der Minijobberinnen und Minijobber beziehen Niedriglöhne.
Die immer stärker werdende Ungleichverteilung der privaten Vermögen in Deutschland wird begleitet von einer immer weiter auseinanderdriftenden Einkommensentwicklung. Seit dem Beginn der letzten Dekade sind die Löhne deutscher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kaum gestiegen. Die Schere zwischen großen und kleinen Einkommen öffnet sich immer mehr. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sank die Lohnquote um 5 %. Das Einkommen des reichsten Zehntels unserer Gesellschaft stieg um knapp 17 %, das des ärmsten Zehntels sank um 10 %.
Das offenbart nicht nur ein dramatisches Gerechtigkeitsproblem in unserer Gesellschaft, sondern Ökonomen befürchten durch die Polarisierung der Einkommensentwicklung auch eine Destabilisierung unserer Wirtschaft. Wenn der Chef von McKinsey, Frank Mattern, am 22.09.2012 auf „SPIEGEL
ONLINE“ höhere Löhne in Deutschland fordert, dann sollte doch selbst bei der FDP der Wecker klingeln.
Wir Grünen stehen zu einem verbindlichen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro und wollen die Einführung von branchen- und regionalspezifischen Mindestlöhnen, die über dieser allgemeinen Untergrenze liegen.
Wir meinen es ernst mit dem Schutz vor Lohnarmut. Wir warnen allerdings davor, den Mindestlohn als Allzweckwaffe der Sozialpolitik zu glorifizieren.
Dass es nicht so einfach ist mit dem Mindestlohn, zeigen die Peinlichkeiten, die sich die rot-rote Landesregierung mit ihrem Vergabegesetz erlaubte.
Abgesehen von fehlenden ökologischen und sozialen Kriterien wurden erst auf Druck von Gewerkschaften und Grünen wenigstens 8 Euro Mindestlohn, nicht aber die inzwischen allgemein üblichen und sich an der aktuellen Pfändungsgrenze orientierenden 8,50 Euro aufgenommen. Zudem ist die Umsetzung des Gesetzes in den Kommunen praktisch nicht gegeben. Eine arbeitsmarktpolitische Wirkung lässt sich bisher überhaupt nicht erkennen.
Auch ein Mindestlohn verhindert nicht Beschäftigung zu Niedriglohn, wie auch Tarifverträge nicht automatisch einen guten Lohn garantieren. Wir brauchen einen breiten Strauß an Maßnahmen, vor allem zur Reduktion prekärer Beschäftigungsverhältnisse und zur besseren Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums.
Dass der Mindestlohn nicht automatisch vor Altersarmut schützt, habe ich Ihnen in der gestrigen Rentendebatte vorgerechnet. Ein Mindestlohn, der bei einem Rentensicherungsniveau von 43 % vor Altersarmut schützt, ist politisch und ökonomisch illusorisch. Wer aber nicht einmal für armutsfeste Löhne sorgt, braucht über armutsfeste Renten erst gar nicht zu reden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen! Frau Nonnemacher, es ist richtig: Der Antrag Thüringens war ein Auslöser der Debatte, aber es gibt immer noch die Kontroverse innerhalb der Bundesregierung, ob denn der Armutsbericht in der vorliegenden Fassung überhaupt veröffentlicht werden dürfe. Der Realitätsverweigerer namens Herr Rösler meint, man könne das so nicht stehen lassen, es gebe keine Armut in Deutschland.
Frau Merkel sagte, es treffe zwar zu, dass die Schere auseinandergehe, aber inzwischen gehe es auch den Armen etwas besser. Mit dieser Einschätzung ist auch Frau Merkel ein Stück weit Realitätsverweigerer.
Wir wollen hier keine Neiddebatte schüren nach dem Motto: Da gibt es welche, die reich sind und immer reicher werden, während die Armen immer ärmer werden. - Nein, am Ende des Tages geht es schlicht und ergreifend um die Frage: Wie gestalten wir in unserem Land Gerechtigkeit?
Ich frage Sie: Wie will man denn Gerechtigkeit definieren, wenn klar ist, dass 40 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den letzten Jahren Reallohnverluste hinnehmen mussten, wir aber auf der anderen Seite konstatieren müssen, dass die Manager von Jahr zu Jahr mehr Geld bekommen? Es kann schlicht und ergreifend nicht gerecht sein, wenn ein Manager das 600-fache Gehalt einer Krankenschwester oder einer Verkäuferin bekommt. Das ist doch nicht fair! Das kann nicht gerecht sein!