Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Dr. Markov, Sie erhalten das Wort.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Bereits im Namen des Gesetzes - „Brandenburgisches Finanzausgleichsgesetz“ - wird zum einen das Problematische, zum anderen aber auch der Anspruch deutlich; denn Ausgleich von Finanzen bedeutet ein Nehmen und Geben sowie Umverteilen. Umverteilen führt zumeist dazu, dass es jemanden gibt, der sich als Gewinner oder als Verlierer betrachtet - entweder derjenige, der mehr bekommt, oder derjenige, der aus seiner Sicht zu wenig erhält.
Anspruch im Sinne des Ausgleiches heißt auch, dass es nicht nur um einen Ausgleich von Finanzen geht, sondern auch um einen Ausgleich von Interessen. Das erfordert das Schließen von Kompromissen und setzt die Akzeptanz voraus, dass diejenigen, die es aus eigener Kraft objektiv nicht erreichen können, einen Anspruch haben, jedoch diejenigen, die es aus eigener Kraft schaffen könnten, es aber aus verschiedenen Gründen nicht so handhaben, keinen Anspruch haben sollten.
Bei Schließen eines Kompromisses bedeutet das Folgendes: Man muss die wechselseitige Anerkennung von Bedarfslagen und von Notwendigkeiten akzeptieren, zugleich aber verstehen, dass dazu eine Leistungseinschätzung gehört: Was kann derjenige, der geben soll, leisten; und was kann er nicht leisten?
Ein Ausgleich ist niemals etwas Statisches, sondern immer etwas Dynamisches; denn die Bedingungen, die Zeiten und auch die Voraussetzungen ändern sich. Ausgleich im Sinne des Finanzausgleichsgesetzes erfolgt auf vertikaler und auf horizontaler Ebene. „Vertikale Ebene“ bedeutet das Ausgleichsverhältnis zwischen Land und den Kommunen; „horizontale Ebene“ bedeutet den finanziellen Ausgleich innerhalb der kommunalen Gemeinschaft. Da es nichts Statisches ist, soll gemäß des Finanzausgleichsgesetzes alle drei Jahre geprüft, evaluiert und möglicherweise etwas Neues getan werden.
Der Landtag hatte in einer Entschließung gewünscht, dass Gutachten für den horizontalen und den vertikalen Finanzausgleich erstellt werden. Insofern hat die Landesregierung Gutachter beauftragt. Die Gutachten liegen Ihnen vor und werden in den entsprechenden Gremien des Landes debattiert.
Das Gutachten zum vertikalen Finanzausgleich wurde von Prof. Junkernheinrich auf Basis von Durchschnittswerten der Jahre 2003 bis 2006 erstellt. Er schlussfolgert darin, dass eine Erhöhung der Verbundquote um 1,4 Prozentpunkte notwendig sei. Die Landesregierung teilt diese Einschätzung nicht, und zwar aus methodischen Gründen. Ich möchte das nicht näher ausführen, aber es handelt sich um einen Doppelbruch: Derjenige, der mehr einspart, müsste dann im Verhältnis zu demjenigen, der mehr ausgibt, auch noch mehr bezahlen. Das wäre eine widersinnige Sache.
Die von Prof. Junkernheinrich angewandte Methodik - das hat er selbst in der Anhörung gesagt - ist eine zweifelbehaftete; denn bisher wurde sie so noch nicht gehandhabt. Schaut man sich andere gutachterliche Einschätzungen, die für den gleichen Zeitraum gelten, an - unter anderem das Vesper-Gutachten oder auch das Uckermark-Urteil als Entscheidung des brandenburgischen Verfassungsgerichtes -, wird dem Land bestätigt, dass kein zusätzlicher Finanzbedarf der Kommunen gegeben war.
Zudem heißt es: Die Leistungsfähigkeit des Landes muss berücksichtigt werden. Bei einer Gesamtverschuldung von etwa 19 Milliarden Euro und der Notwendigkeit, die Schuldenbremse ab dem Jahr 2020 einzuhalten, muss man auch eine Abwägung zwischen diesen beiden Gütern treffen.
Im Übrigen - das zitiere ich gleich - hat uns in der letzten Woche ein Gutachten der PwC bestätigt, Brandenburg gewähre den Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs mit 961 Euro je Einwohner so viele allgemeine Mittel wie kein anderes Bundesland, müsse aber trotz positivem Finanzierungssaldo erhebliche Konsolidierungsanstrengungen unternehmen, um die Ziele der Schuldenbremse bis 2020 zu erreichen.
Trotz alledem, was ich eben ausgeführt habe, hat das Land in seinem neuen, Ihnen vorliegenden Vorschlag Veränderungen angeführt. Erstens: Eine der wichtigsten Veränderungen ist, dass wir sukzessive den sogenannten Vorwegabzug aus der Verbundmasse auf null stellen werden. Im Jahr 2013 wird also der Vorwegabzug nicht mehr 50 Millionen Euro betragen, sondern 30 Millionen Euro, im Jahr 2014 noch 20 Millionen Euro, im Jahr 2015 noch 10 Millionen Euro und ab dem Jahr 2016 null. Insofern wird in diesem Zeitraum der Vorwegabzug kontinuierlich gesenkt. Die 50 Millionen Euro belassen wir in der Verbundmasse.
Zweitens: Zudem unterbreiten wir in diesem Vorschlag, dass der Ausgleichsfonds von 2013 bis 2016 auch im Zusammenhang mit dem Schuldenmanagementfonds verlängert wird und wir die Volumina in diesem Zeitraum von 40 Millionen auf 45 Millionen Euro - also um jährlich 5 Millionen Euro - erhöhen. Wir schreiben somit die 45 Millionen Euro bis zum Jahr 2016 fort.
Drittens: Es wird die Möglichkeit eingeführt, unabweisbare sowie überörtlich besonders bedeutsame Investitionsmaßnahmen in den Kommunen mit einem ansonsten hohen Konsolidierungsbedarf unterstützen zu können. Dies wurde vor allem von den hochverschuldeten Kommunen erbeten. Unter anderem in diesem Punkt gibt es zwischen dem Innenminister und mir eine sehr enge Abstimmung. In den Kommunen, in denen wir mittlerweise gewesen sind, wird das sehr positiv aufgenommen.
- Ja. - Sie haben den Finanzausgleich als „dynamisches Konstrukt“ bezeichnet: Jeder soll in diesem horizontalen Verbund leisten, was er kann. Die Frage der abundanten Gemeinde steht im Raum. Diesbezüglich gibt es Äußerungen, wonach eine Verfassungswidrigkeit dieser sogenannten Finanzausgleichsumlage für abundante Gemeinden erwogen wird. Teilen Sie diese Auffassung? - Vielleicht können Sie das in Ihrem Redebeitrag verdeutlichen.
Im vergangenen Jahr haben wir noch andere, zusätzliche Maßnahmen beschlossen, die den Kommunen helfen. Eine davon war die Einführung einer Extraabgabe von abundanten Gemeinden. Zudem haben wir gesagt - das gehört dazu, ich erwähne es jedoch nur am Rande -, dass auf der Basis der November-Steuerschätzung bereits im Folgejahr hohe Abschläge auf Basis der Spitzabrechnung gezahlt werden. Das haben wir zusätzlich getan, womit den Kommunen noch mehr Geld zugeführt wurde.
Nun zu Ihrer Frage: Wir verteidigen als Brandenburger den Länderfinanzausgleich vehement, den uns andere Bundesländer streitig machen wollen. Der Länderfinanzausgleich fußt auf den Einnahmen der Länder. Die Länder, die über höhere Einnahmen verfügen, sollen den Ländern helfen, die über geringere Einnahmen verfügen. Es geht nicht darum, was die Länder mit diesen Einnahmen im Ausgabeverhältnis tun - auch wenn das immer so dargestellt wird -, es geht ausschließlich um die Einnahmen.
Die Einführung dieser Finanzausgleichsumlage mit den abundanten Gemeinden ist genau das Gleiche. Was haben wir getan? Um es noch einmal klarzustellen: Die Kommunen - also
die kreisangehörigen Gemeinden - sollen, wenn die Steuerkraftmesszahl 15 % über der Bedarfsmesszahl liegt, von dem übersteigenden Betrag 25 % in die Finanzausgleichsumlage abführen. Insofern haben sie einen sogenannten Schonbetrag die 15 % - und dürfen dann noch 75 % des übersteigenden Betrages behalten. Wenn die Kommunen also sagen, man nehme ihnen das ganze Geld weg, das sie sich erwirtschaften, ist das einfach nicht wahr.
Ein anteiliger Betrag, der in die Finanzausgleichsumlage geführt wird, kommt der Schlüsselzuweisung für alle Kommunen zugute. Die entsprechenden Landkreise erhalten den anderen Teil als Kompensation, weil sie weniger bekommen, da den abundanten Gemeinden bei der Umlagegrundlageberechnung für die Kreisumlage das abgezogen wird, was sie in den allgemeinen Topf bezahlen müssen. Schließlich würde man sie sonst doppelt belasten.
Zur Veranschaulichung die Zahlen für das Jahr 2012: Für das Jahr 2012 beträgt die gesamte Summe 28 Millionen Euro, wovon ca. 11 Millionen für die Kreise vorbehalten sind. Im Jahr 2013 sind es 30 Millionen Euro, wovon etwa 13 Millionen Euro in die Kreise fließen. Ich halte das für gerecht, weil ein solidarisches Verständnis nicht nur darin bestehen darf, dass alle Kommunen gemeinsam solidarisch dafür streiten, mehr Geld vom Land zu bekommen. Vielmehr besteht ein solidarisches Verständnis auch darin, dass die Kommunen mit mehr Steuereinnahmen auch mehr in den Topf zahlen müssen.
Insofern bin ich recht optimistisch, dass das Verfassungsgericht diese Klagen abweisen wird. Zudem sind wir in dieser Hinsicht auch nicht die Ersten; denn etwas Ähnliches gibt es bereits, was wir recherchiert haben. Jedes Land hat selbstverständlich unterschiedliche Bemessungsmaßstäbe angewandt. Wir haben uns für den vorliegenden entschieden.
Es ist sicherlich ein schwieriges Thema. Dennoch hoffe ich, dass ich es zumindest halbwegs verständlich darstellen konnte.
Die Klage setzt nicht die Zahlungsnotwendigkeit außer Kraft; denn die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Das Land hat aber als Entgegenkommen den Kommunen gesagt: Okay, für das Jahr 2012 - also für das aktuelle Jahr - setzen wir den Einzug aus. Für das Jahr 2012! Demzufolge hoffe ich natürlich auch, dass das Verfassungsgericht bald zu einer Entscheidung gelangt, damit wir die Vorauszahlung, die wir aus dem Landeshaushalt tätigen - das sind zusätzliche Ausgaben, die so nicht als Ausgaben des Landes eingeplant wurden -, noch in diesem Jahr zurückbekommen; denn das stellt - die Zahlen habe ich vorhin genannt - eine Belastung des Landeshaushaltes dar. Dennoch war das Entgegenkommen notwendig, da die Kommunen in ihren Haushaltsplanungen schon weit vorangeschrit
ten waren und wir damit relativ spät begonnen haben. Insofern sind wir ihnen ein Stück entgegengekommen.
- Es ist immer ein gegenseitiges Verständnis da, und es ist doch positiv, dass wir darauf so reagiert haben. Herr Burkardt, da stimmen Sie mir doch zu, oder?
Das heißt, genau aus der Erfahrung heraus, dass es zum horizontalen Finanzausgleich Verfassungsklagen gibt, haben wir in unseren jetzigen Vorschlag des Finanzausgleichsgesetzes keinen weiteren horizontalen Finanzausgleich - welcher Art auch immer - integriert. Was aber gegenwärtig läuft - das sage ich extra in Richtung SPD-Fraktion, die den Beschluss gefasst hat, die Landesregierung zu beauftragen; ich dachte immer, das können nur Mehrheiten des Parlaments und nicht eine Fraktion, aber wir nehmen es einmal so hin …
(Beifall des Abgeordneten Burkardt [CDU] - Ludwig [DIE LINKE]: Da hat er Recht! - Weitere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE und der SPD)
Das Zweite ist: Es ist ja schon längst in Gang gewesen. Der Beirat hatte bereits eine Arbeitsgruppe gebildet, und diese hat auch schon getagt, um sich überhaupt erst einmal über Folgendes zu unterhalten: Welche Indikatoren könnte man für einen Soziallastenausgleich nehmen, die auch verfassungsfest sind, damit wir nicht weitere Klagen hervorrufen? Wenn diese Arbeitsgruppe etwas ausarbeitet, was der Beirat in seiner Oktober- oder Novembersitzung - wann auch immer - sozusagen gemeinschaftlich akzeptiert und sagt: Okay, das ist es, das machen wir im Rahmen der vorhandenen Mittel, dann wäre es selbstverständlich eine gute Sache, wenn das parlamentarisch noch aufgegriffen würde und im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens dann auch noch Einfluss fände.
Ich glaube aber, das sollte wirklich auf dieser Ebene bearbeitet werden und dort verbleiben. Insofern haben die Arbeitsgruppe, der Beirat und alle, die darin mitwirken, schon das umgesetzt, was sie sich im Nachgang gewünscht haben. Deswegen - wie üblich -: Man findet zum Schluss miteinander immer wieder einen gemeinsamen Weg. - Ich bedanke mich sehr herzlich.
Vielen Dank, Herr Minister Markov. - Wir kommen nun zum Redebeitrag der CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Burkardt hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 18. Juli 2012 konnten wir eine Presseerklärung zur Kenntnis nehmen, die unter anderem folgenden Satz beinhaltete: