Protocol of the Session on June 7, 2012

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Ich tue es aber auf Ihre Nachfrage jetzt gern.

(Zuruf von der SPD: Lass’ doch den Kindergarten!)

Eine Aufgaben- und Sicherheitsanalyse ist deshalb überflüssig, weil sie ständig durchgeführt werden muss. Wie oft wollen Sie denn solche Analysen durchführen, zweimal im Jahr, dreimal im Jahr oder alle zehn Jahre? Kriminalität ist eben nicht statisch, sondern dynamisch, das sollten Sie als ehemaliger Polizist eigentlich wissen. Deshalb arbeiten wir ständig daran, besser zu werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Dieses Thema wird uns sicher noch öfter begleiten, spätestens bei der Auswertung. -

Wir kommen zur Beschlussfassung. Es geht um den Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 5/5411. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 15 und rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Schnellere Hilfe für Hartz-IV-Empfängerinnen und Empfänger

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/5421

Der Abgeordnete Baer eröffnet die Debatte. Er spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht sehr vorteilhaft, zu später Stunde, gewissermaßen als einer der letzten Redner, noch zwischen Ihnen und dem Feierabend zu stehen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, auch der letzte Tagesordnungspunkt verlangt noch Aufmerksamkeit.

Deshalb will ich den Versuch machen, in aller Kürze den Antrag, den wir als Koalitionsfraktionen eingebracht haben, zu begründen.

Im Mai 2012 betrug der Anteil der Hartz-IV-Empfänger an der Bevölkerung im Land Brandenburg ganze 10,4 %. Es betrifft also inzwischen jeden zehnten Bürger in unserem Land. Für diese Menschen kommt es darauf an, dass sie die Zahlungen, die ihnen zustehen, pünktlich und in der ihnen zustehenden Höhe erhalten. Zahlungsverzögerungen, geringere Zahlungen oder gar Rückzahlungsforderungen bedeuten oft eine soziale Härte. Die im Zusammenhang mit der Hartz-IV-Gesetzgebung hohen Verfahrensstände an den Sozialgerichten können daher insbesondere für die Betroffenen problematische Folgen haben.

Die maßgeblichen Gesetze sind mittlerweile seit mehreren Jahren in Kraft. Man hat in dieser Zeit gesehen, an welchen Stellen es knirscht und dass die gesetzlichen Grundlagen einer Verbesserung bedürfen. Ständig neue Ausführungsverordnungen des Bundes machen die Situation noch unübersichtlicher und erschweren das Verfahren. Die Bundesregierung steht in der Pflicht, diese Entwicklung nicht länger zu ignorieren. Was die Verfahren vor den Sozialgerichten betrifft, so kann man zum einen die Anzahl der Klagen im Bereich des SGB II kritisieren, und man kann zum anderen auch beklagen, dass die Verfahren so lange dauern. Aber das eine bedingt das andere.

Leider sind wir im Land Brandenburg deutschlandweit Schlusslicht bei den Bearbeitungsfristen, und wir haben derzeit über 32 000 unerledigte Verfahren sowie 24 000 Neueingänge pro Jahr an den Sozialgerichten. Fakt ist: Das ist einfach zu viel für alle Beteiligten. Wir wollen mit unserem Antrag alle Möglichkeiten nutzen und bewirken, dass sich sowohl die Anzahl der Klagen als auch die Verfahrensdauer reduzieren.

Den bereits jetzt bei den Gerichten vorliegenden Berg von anhängigen Verfahren kann man mit Sicherheit schneller mit mehr Richterinnen und Richtern an den Sozialgerichten abtragen. Damit wird auch die Verfahrensdauer verkürzt.

Angesichts unseres Ziels, im Land Brandenburg ab 2014 keine Schulden mehr zu machen, und angesichts der immer geringer werdenden Einnahmen können wir aber nicht einfach zusätzliche Stellen schaffen, zumal ich die Hoffnung habe, dass wir die Verfahrenszahl und die Verfahrensdauer bald reduziert haben werden, wodurch wir also zusätzliche Stellen nicht mehr brauchen würden.

Deshalb fordern wir die Landesregierung in unserem Antrag auf, zu prüfen, ob die Ausweitung des an den Verwaltungsgerichten durchgeführten Proberichtermodells zum Abbau unerledigter Verfahrensstände auch auf die Sozialgerichtsbarkeit übertragbar ist. Ich halte dieses Modell durchaus für sinnvoll und anwendbar. Bei dem Proberichtermodell fangen junge Richter in der Sozialgerichtsbarkeit an, erhalten später aber je nach Bedarf eine dauerhafte Stelle in einem anderen Gerichtszweig. Der hohen Arbeitsbelastung in einzelnen Gerichtszweigen kann so flexibler entgegengewirkt werden.

Wir wollen mit dem Antrag aber noch einen zweiten Bereich aufgreifen. Uns geht es auch darum, dass die Bescheide klar und deutlich formuliert sind, sodass sie von den betroffenen Menschen auch verstanden werden, und wir wollen, dass Modellverfahren entwickelt werden, die bei einem gezielten Einsatz zu einer Reduzierung der Klagen führen. Einige Modelle werden ja bereits in Jobcentern erfolgreich ausprobiert und angewandt.

Um aber punktgenau und wirkungsvoll vorgehen zu können, brauchen wir auch eine Analyse der Gründe, die zu den Klagen führen, und dafür brauchen wir belastbare Zahlen. Wir bitten daher in unserem Antrag, dass die Landesregierung die zuständigen Fachausschüsse des Landtages über die Entwicklung der Anzahl der Klageeingänge, der Verfahrensbestände und die Dauer der Verfahren informiert und über Modellprojekte unterrichtet. Die Reduzierung der Zahl der Klagen und der Verfahrensdauern ist für die Menschen, die Hartz-IV-Zahlungen erhalten, wichtig. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Eichelbaum.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Herr Kollege Baer, die Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg hat hohe Altbestände abzuarbeiten, und die Verfahrensbestände haben im letzten Jahr einen Höchststand verzeichnet. Dies hat natürlich Ursachen. Bloß machen Sie es sich ein bisschen zu einfach, wenn Sie einseitig nur Fehler bei den Bundesgesetzen suchen. Ich möchte darauf verweisen, dass Sie in Ihrer Regierungsverantwortung Zeit hatten, die entsprechenden Hartz-IVGesetze zu verbessern. Das haben Sie aber gerade nicht getan.

(Beifall CDU)

Im Übrigen - auch das muss man an dieser Stelle einmal sagen - haben die Sozialmarktreformen in Deutschland, die so heftig vor allem von der Linkspartei kritisiert werden, einen ganz wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass die Arbeitslosenzahlen in Deutschland und damit auch in Brandenburg auf den niedrigsten Stand seit 1991 gesunken sind.

Nein, die Probleme in der Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg sind zum größten Teil hausgemacht. Schuld ist auch die falsche Personalpolitik der Brandenburger Landesregierung. Viel zu spät sind den Sozialgerichten neue Stellen zugesprochen worden. Bis heute sind Richterstellen unbesetzt.

Hochproblematisch ist auch die Situation im nichtrichterlichen Bereich. Auch hier ist die Zahl der Beschäftigten gesunken.

„Weil Richter fehlen, müssen Betroffene immer länger auf ein Urteil warten.“

Das sind nicht meine Worte, das sind die Worte der Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Monika Paulat, und dieser Einschätzung kann ich mich einfach nur anschließen.

(Beifall CDU)

Diese Landesregierung hatte zu Beginn ihrer Amtszeit eine komfortable Ausgangssituation. Das damalige SPD-geführte Finanzministerium und das damals von der CDU geführte Justizministerium haben sich auf den Aufwuchs der Sozialrichterstellen geeinigt. Aber der Justizminister hat es bis heute nicht geschafft, diese Richterstellen vollständig zu besetzen. Noch immer sind drei Planstellen in der Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg unbesetzt.

Diese Situation wird sich in den nächsten Jahren durch Ihre Politik noch weiter verschärfen. Finanzminister Helmuth Markov plant, der Justiz in Brandenburg weitere 452 Stellen zu streichen. Ich sage Ihnen jetzt schon: Sollte dies so umgesetzt werden, können wir uns auf noch längere Gerichtsverfahren in Brandenburg einstellen, da die Brandenburger Justiz dann in allen Gerichtsbarkeiten eine Personalunterdeckung von 10 % aufweisen würde. Der Brandenburger Richterbund sprach zu Recht schon von einer Kriegserklärung.

Sie wissen doch selbst, dass die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen die Probleme in der Sozialgerichtsbarkeit überhaupt nicht lösen werden. Sie hätten sich besser an den Maßnahmen des Berliner Justizsenators Thomas Heilmann orientieren sollen. In Berlin werden 10 zusätzliche Richterstellen geschaffen und 38 Verwaltungsfachangestellte eingestellt, um die Verfahrensbestände in der Sozialgerichtsbarkeit abzubauen. Die Verfahrensdauer soll in Berlin spürbar von 12 auf 8 Monate sinken. Dagegen sind die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Ihre Hilflosigkeit untermauert dann auch noch Punkt 2, in dem Sie die Landesregierung auffordern, eine entsprechende Arbeitsgruppe einzurichten. „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründ’ ich einen Arbeitskreis“, das ist Ihr Motto bei der Bewältigung der Probleme in der Sozialgerichtsbarkeit.

(Beifall CDU)

Das Gleiche gilt für den Punkt 3 Ihres Antrages. Meinen Sie nicht, dass die Optionskommunen und die Kommunen mit Jobcentern selbst wissen, dass Qualitätsverbesserungen notwendig sind, um lange Sozialgerichtsverfahren zu vermeiden? Dazu brauchen sie keine Anweisungen und Belehrungen der SPD und der Linkspartei. Im Übrigen ist das eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung; da haben Sie sich überhaupt nicht einzumischen. Wenn Sie wirklich etwas für die Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg und für die Reduzierung der langen Gerichtsverfahren tun wollen, dann sorgen Sie für eine angemessene Personalausstattung der Gerichte und lassen Sie die Beschäftigten in der Sozialgerichtsbarkeit in Ruhe ihre Arbeit machen. Das hilft mehr als Ihr Placebo-Antrag.

(Beifall CDU)

Die Abgeordnete Mächtig spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vieles ist gesagt worden. Ich will nicht wiederholen, was Kollege Baer zur Begründung dieses Antrages gesagt hat.

Sie lassen mir die Chance, Herr Eichelbaum, wie immer auf Sie eingehen zu dürfen. Ja, Sie hatten Recht: Es sind tatsächlich wahnsinnig viele Arbeitsplätze geschaffen worden, alle im Niedriglohnbereich, eine tolle Nummer!

(Zuruf von der CDU)

- Niedriglohnbereich, wissen Sie nicht mehr, was das ist?

50 000 Menschen über 50 Jahre haben überhaupt keine Arbeit, bekommen auch keine. Das sind die Wirkungen von Hartz IV. Fakt ist - Sie wissen es selbst -: Dieses Gesetz ist schlecht. Wir haben das Problem, dass mit jeder Novelle, die im Bundestag mit Ihrer Hilfe verabschiedet wird, das Gesetz nicht besser wird. Wenn vor einigen Wochen das Sozialgericht Berlin erneut das Bundesverfassungsgericht angerufen hat, weil eben der Regelsatz nicht reicht …

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

- Ich rede mit Herrn Eichelbaum, und Sie, Herr Senftleben, werden es noch lernen: Wenn man mit jemandem spricht, schaut man ihn an.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Die CDU wollte alles noch schlimmer!)

Insofern sage ich: Ja, wir haben ein Riesenproblem, das ist unbestritten. Nun können wir zusehen, wie wir es bewältigen. Es gibt also 30 000 Klagen an den Sozialgerichten, mein Kollege sagte es. Wir müssen überlegen, wie wir das bewältigen. Denn 30 000 Klagen sind 30 000 Ratsuchende. Viele von ihnen sind SGB-II-Leistungsempfänger. Bei vielen - das sage ich aus bitterer Erfahrung - geht es wirklich um die Frage, ob es morgen noch frisches Brot oder nur noch Knäckebrot gibt. Bei manchen ist es tatsächlich eine Frage, ob sie heute die Mietstreit