Protocol of the Session on June 7, 2012

Herr Innenminister, kurzum, Sie wissen es. Die Polizei ist mit ihren personellen Ressourcen weit über die Grenze ihrer Belastbarkeit hinausgegangen. Wir haben hier schon mehrfach die Entwicklung der Krankenstände debattiert. Sie wissen, die Krankenstände betragen im Schnitt 33 Tage pro Jahr. Diese sind ein weiterer trauriger Beleg dafür. Die von mir eben skizzierten durchaus brandenburgspezifischen Herausforderungen und Aufgaben der Polizei können nur dann erfüllt werden - da bleibe ich gern bei Ihren eigenen Worten -, wenn wir die Polizisten haben, die wir brauchen.

Was heißt das nun, Herr Innenminister? Ich habe noch im Ohr: Die Präsenz in der Fläche bleibt erhalten. - Pustekuchen! Das war ein leeres Versprechen, das Gegenteil ist der Fall. Die Aussage zum Stellenbedarf wird zur Phrase, wenn der wirkliche Stellenbedarf nicht fachlich fundiert erhoben wird. Genau darauf zielt dieser Antrag. Ihre Aussage bleibt eine Phrase, wenn Sie einseitig fachfern immer wieder nur finanzpolitische und fiskalische Argumente bedienen oder das überstrapazierte Argument der demografischen Entwicklung anführen.

Nachdem Sie allem Anschein nach nun beginnen, den von Ihnen geplanten Stellenabbau von 1 900 Polizisten kritisch zu reflektieren und zu hinterfragen, sage ich Ihnen, was wir ganz klar nicht wollen: Ich möchte kein weiteres Durchwurschteln bei der inneren Sicherheit. Ich möchte nicht, dass Sie demnächst wieder mit gegriffenen Stellenzahlen operieren und versuchen, den Menschen zu verkaufen, dass etwa 7 400 Polizisten genug und ein Erfolg seien. Gehandelt werden zurzeit viele Zahlen aus Ihrem Ministerium. Durchgestochen wird vor allem die Zahl 7 400.

Herr Innenminister, mit einer solchen Herangehensweise kann und wird innere Sicherheit nicht gelingen. So machen Sie nur eines: Sie zementieren alle Probleme, die wir hier im Land Brandenburg haben. Deswegen muss der tatsächliche Personalbedarf über eine fachliche Herangehensweise, über eine fachliche Aufgabenanalyse und Sicherheitsanalyse - also über eine brandenburgspezifische Betrachtung in puncto innere Sicherheit - erfolgen. Nur so wird es gelingen.

(Beifall CDU)

Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen. Stimmen Sie dem Antrag zu. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lakenmacher. - Das Wort erhält die SPD-Fraktion. Frau Abgeordnete Stark setzt die Aussprache fort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geschätzter Kollege Lakenmacher!

(Oh, oh! bei der CDU)

Gefühlt beschäftigen wir uns ca. zum hundertsten Mal in diesem Landtag mit der Thematik Stellenabbau bei der Polizei.

Das wäre eigentlich nicht zu beklagen, wenn irgendwann einmal aus Ihrer CDU-Fraktion ein neuer Impuls gesetzt werden würde.

(Ness [SPD]: Ja!)

Aber das, was Sie hier machen, ist ein ständiges Dreschen alter Phrasen, jedes Mal unter neuen Überschriften.

(Frau Melior [SPD]: Genau! Die kennen wir alle schon!)

Einmal heißt es: Personalabbau bei der Polizei stoppen. Heute heißt es: Stellenabbau der Polizei feststellen.

(Heiterkeit der Abgeordneten Lehmann (SPD) - Zuruf von der CDU: Antrag nicht gelesen!)

- Antrag nicht gelesen! Thema verfehlt!

(Zurufe von der CDU)

Mit Verlaub, wir sind doch nicht mit dem Klammerbeutel gepudert. Wenn Sie hier einfordern, dass man fachlich auf der Grundlage von Zahlen und Gutachten begutachtet, wie man es bei einer Polizeireform macht, ja was denken Sie denn, was wir hier machen?

(Frau Melior [SPD]: Ja! - Zurufe von der CDU)

Der Innenminister hat weit im Vorfeld dieser Beschlusslage hier im Landtag Gutachten in Auftrag gegeben.

(Zurufe von der CDU: Welche Gutachten haben Sie gelesen?)

Wir haben Personalentwicklungskonzeptionen entwickelt. Wir haben die Leute vor Ort gefragt. Dem war ein langer Prozess vorausgegangen. Das ignorieren Sie!

(Zuruf von der CDU: Das ist falsch!)

Ihrem damaligen Innenminister Schönbohm war auch schon klar, als er noch Verantwortung trug, dass wir ohne Stellenabbau bei der Polizei und vor allem ohne Strukturveränderungen nicht zurande kommen würden. Das haben Sie heute völlig vergessen. Das macht nichts. Das ist ja schon eine Weile her. Auch er hat von Polizeireform gesprochen. Er hatte andere Zahlen - über die man streiten kann. Aber wie gesagt, wir haben die Zahlen nicht gegriffen, so wie Ihr Innenminister damals. Schlecht waren sie auch nicht, aber wir haben sie fachlich anders untersetzt. Sie ignorieren das in Ihren Anträgen permanent.

Ich möchte zwei Zahlen zur Polizeidichte nennen. Wir sind in dieser Bundesrepublik Deutschland nicht allein im Länderverbund, nicht wahr? Pro 1 000 Einwohner haben wir derzeit 343 Polizeibedienstete. Nach der Reform werden wir 295 Polizeibedienstete haben. Damit befinden wir uns im Mittel aller bundesdeutschen Länder.

(Zurufe von der CDU: Das ist aber ein neues Argument!)

Zu den Zusammenhängen, die Sie hier bringen: Die Kriminalitätsrate sinkt doch nicht automatisch, wenn wir mehr Polizisten

haben. Die Aufklärungsquote steigt nicht automatisch. Die Anzahl der Polizisten ist natürlich von Bedeutung.

(Unruhe)

Sie suggerieren permanent, das sei das einzige Kriterium. Das ist falsch. Die Verbreitung von Angst und Panikmache gerade in Bezug auf die Frage der Grenzkriminalität finde ich unanständig.

(Frau Lehmann [SPD]: Das machen Sie nämlich! - Widerspruch bei der CDU)

Wir haben in diesem Landtag eine gemeinsame Verantwortung.

Seit Jahren sinkt die Kriminalitätsrate insgesamt!

(Görke [DIE LINKE]: Zuhören! - Glocke der Präsiden- tin)

In einigen ausgewählten Deliktsbereichen, zum Beispiel der Grenzkriminalität, steigt sie. Das ist ein Problem. Das ist richtig, das will ich gar nicht schönreden. Aber im Unterschied zu Ihnen haben wir Handlungsansätze.

(Zurufe von der CDU: Welche?)

Der Innenminister hat drei von vier Hundertschaften vor Ort zum Einsatz gebracht. Wir - die SPD-Fraktion - haben einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem wir die Zollbeamten stärken und ihnen Polizeikompetenzen zuerkennen. Was machen Sie? Sie ergießen sich in den immer gleichen Anträgen mit fast den gleichen Texten und fast den gleichen Redebeiträgen.

(Zuruf von der CDU: Das ist eine Meinung!)

- Das ist kein verantwortungsvolles Handeln. Tut mir leid. Wir können diesen Antrag nur ablehnen, weil er völlig überflüssig und völlig unsachlich ist. - Danke.

(Görke [DIE LINKE]: Das musste einmal gesagt werden! - Beifall SPD und DIE LINKE - Widerspruch bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stark. - Es geht weiter mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Goetz erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Liebe Frau Kollegin Stark, gut, dass ich jetzt dran bin, sonst hätte ich eine Kurzintervention beantragen müssen.

(Görke [DIE LINKE]: Ach, davon sind wir verschont ge- blieben!)

Wissen Sie, wenn bundesweit Aufgaben verteilt werden - schön, dass Sie mir aufmerksam zuhören, Herr Kollege Görke -,

(Görke [DIE LINKE]: Immer! Ich kann Ihnen nur nicht immer folgen!)

dann geschieht das üblicherweise nach dem Königsteiner Schlüssel. Der Königsteiner Schlüssel richtet sich nach der Leistungsfähigkeit der Länder. Bei Asylbewerbern ist das etwa so, dass ungefähr jeder 40. Asylbewerber, der nach Deutschland kommt, Brandenburg zugewiesen wird, wo sein Verfahren bearbeitet wird.

Umgerechnet auf Kriminalität würde das bei vergleichbarer Anwendung heißen, dass jedes 40. Auto, das in Deutschland geklaut wird, eigentlich in Brandenburg gestohlen werden müsste. Leider halten sich unsere Straftäter nicht an den Königsteiner Schlüssel. In Brandenburg wird jedes zehnte Auto in Deutschland geklaut. Das genau ist das Problem, vor dem wir hier stehen.

Deswegen hilft es nicht weiter, wenn gesagt wird, wir hätten irgendwo Durchschnittszahlen. Wir haben auch keine Durchschnittskriminalität. Wir haben, gemessen an dem, was in anderen Ländern los ist, deutlich überbordende Werte.

(Beifall FDP und CDU)