Protocol of the Session on June 6, 2012

Vielen Dank, Herr Minister Baaske. - Wir kommen jetzt zu Frage 1000 (Umsatzsteuerpflicht auf Lebensmittelspenden), gestellt vom Abgeordneten Görke. Diese Frage ist mit Frage 985 getauscht worden. Herr Abgeordneter Görke, Sie haben das Wort.

Presseberichten war zu entnehmen, dass aktuell Umsatzsteuer auf Lebensmittelspenden erhoben wird. Insofern frage ich die Landesregierung: Welche Auffassung vertritt sie zu diesem Sachverhalt?

Für das MdF wird Staatssekretärin Trochowski antworten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrter Abgeordneter Görke, nicht nur aktuell wird auf Lebensmittelspenden Umsatzsteuer erhoben. Die ist schon lange im Umsatzsteuerrecht verankert. Sie sprechen sicherlich von dem Bäckermeister, dessen Geschichte durch die Medien gegangen ist. Er hat an die Tafel Brötchen gespendet und musste dafür Umsatzsteuer abführen. Das erscheint für den gesunden Menschenverstand auf den ersten Blick fragwürdig.

Man kann dies nur mit der Steuersystematik im Umsatzsteuerrecht erklären. Grundsatz im Umsatzsteuerrecht ist, dass jeglicher Endverbrauch besteuert werden muss. Eine Lebensmittelspende wird bei der Tafel endverbraucht. Damit fällt Umsatzsteuer auf die Selbstkosten an. Nicht verbraucht wird jedoch der Abfall, der gelegentlich zum Vergleich herangezogen wird, weshalb nach der geschilderten Lesart darauf auch keine Umsatzsteuer erhoben wird. Der Unternehmer konnte für die abgegebene Spende zudem die Vorsteuer abziehen. Deshalb folgt die Erhebung der Logik des Umsatzsteuerrechts.

Es kommt hinzu, dass eine Lebensmittelspende eine „unentgeltliche Wertabgabe“ - so heißt das im Umsatzsteuerrecht ist. Im Umsatzsteuerrecht wird tatsächlich kein Unterschied gemacht, um welche Art von unentgeltlicher Wertabgabe es sich handelt. Unentgeltliche Wertabgaben sind laut Umsatzsteuerrecht immer den Lieferungen nach Entgelt gleichzustellen; damit fällt auch auf diese Umsatzsteuer an.

Es ist für den Normalbürger sicherlich nicht nachzuvollziehen, dass jemand, der kostenlos etwas abgibt, also spendet, dafür auch noch Umsatzsteuer abführen muss. Andererseits bekommt der Unternehmer eine Spendenquittung, auch für Sachspenden. Nach unserer Erfahrung fahren die Unternehmer damit gar nicht so schlecht. Bisher hat diese Art der Umsatzsteuererhebung auch nicht dazu geführt, dass Sachspenden, insbesondere Lebensmittelspenden für die Tafel, zurückgegangen oder völlig blockiert worden wären. Wenn wir in das Steuerrecht bestimmte Befreiungstatbestände aufnehmen wollen - das ist durchaus eine Diskussion wert -, dann stellt sich das für uns sehr schwierig dar, weil diese Regelung - wie das gesamte Umsatzsteuerrecht - ihre Grundlage in der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie hat. Die Regelungskompetenz liegt komplett bei der Europäischen

Kommission. Wir müssten die Bundesregierung auffordern, auf europäischer Ebene tätig zu werden, um diese Regelung zu ändern. Das kann man versuchen. Allerdings müssen steuerliche Neuregelungen auf EU-Ebene einstimmig beschlossen werden. Damit sind die Erfolgsaussichten einer solchen Forderung ziemlich gering, wenn sie nicht sogar gegen null gehen.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Es gibt keinen Nachfragebedarf. - Wir kommen zu Frage 978 (Hilfsfristen Rettungs- dienst), die mit der Frage 986 getauscht worden ist. Sie wird von Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Schierack gestellt. Herr Prof. Schierack, Sie haben das Wort.

In der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 620 zu den Hilfsfristen im Rettungsdienst ist deutlich geworden, dass im Jahr 2010 die Hilfsfristen in den meisten Landkreisen nicht eingehalten wurden. Die am 24. Oktober 2011 in Kraft getretene geänderte Verordnung zur Landesrettungsdienstplanung hatte unter anderem zum Ziel, die Definition der Hilfsfristen zu klären und deren Einhaltung zu verbessern.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie haben sich die Hilfsfristen im Rettungsdienst im Jahr 2011 gegenüber 2010 in den einzelnen Landkreisen entwickelt?

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Schierack. - Für die Landesregierung antwortet Ministerin Tack.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Prof. Schierack, Sie wissen, dass die Hilfsfristen nicht das alleinige Qualitätsmerkmal für den Rettungsdienst sind. Sie sind vielmehr Orientierungshilfe zur Vorhaltung von Rettungsmitteln, zur standortengerechten Verteilung der Rettungswachen, zur Bemessung der Einsatzstärke und der Verfügbarkeit des Rettungspersonals. Das Ganze ist ein Paket.

Seit Inkrafttreten des Rettungsdienstgesetzes und in Auswertung der ersten statistischen Erkenntnisse über die Hilfsfristen finden jetzt in den Landkreisen und den vier kreisfreien Städten Anpassungsprozesse statt. Das war ja auch der tiefere Sinn. Einige Landkreise haben externe Gutachten zu ihren Rettungsdienstbereichen erstellen lassen. Daraus ist eine ganze Reihe von investiven Maßnahmen abgeleitet worden, die unter Einbeziehung der Krankenkassen - es geht auch um die Finanzierung jetzt realisiert werden.

Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen; das dauert noch ein wenig. Dennoch lässt eine aktuelle Betrachtung zur Einhaltung der Hilfsfristen des Jahres 2011 gegenüber 2010 erkennen, dass die vielfältigen organisatorischen Maßnahmen gegriffen haben und zu Verbesserungen führen. Auch wenn die vollständige Auswertung für 2011 noch nicht vorliegt, so zeigt eine aktuelle Abfrage unseres Hauses bei den Landkreisen und kreisfreien Städten, dass es Verbesserungen gegeben hat. Das gilt zumindest

für diejenigen, die geantwortet haben und zu denen uns statistische Angaben vorliegen. Eine besonders deutliche Steigerung konnte im Landkreis Märkisch-Oderland verzeichnet werden. Dort hat sich die Quote der Hilfsfristeinhaltung bei Einsätzen von 79,4 % auf 91,2 % verbessert. Das sind echte, nachweisbare Verbesserungen.

Haupthindernis bei der Erfüllung der Hilfsfristen - das hat die Auswertung gezeigt - war die hohe Anzahl von Duplizitätsfällen, also die Dopplungen von zeitgleicher Nachfrage nach Rettungsmitteln, die dann nicht zur Verfügung standen. Das haben die Landkreise ausgeglichen. Sie haben Abhilfe geschaffen und den Umfang an vorgehaltenen Rettungsmitteln erweitert und vergrößert.

Ich kann Ihnen daher heute sagen: Wenn wir alle Ergebnisse der Statistiken darüber haben, wie das Jahr 2011 gelaufen ist, werden wir Ihnen das gern mitteilen. Wir sind der Überzeugung, dass der Anpassungsprozess, der jetzt läuft, zu einem guten Erfolg führen wird und die Rettungsfristen besser als bisher eingehalten werden.

Vielen Dank, Frau Ministerin Tack. - Wir kommen zur Frage 987 (Patientenrechtegesetz) , gestellt von der Abgeordneten Wöllert.

Die Bundesregierung hat vor wenigen Tagen den Entwurf eines Patientenrechtegesetzes verabschiedet. Aus den Bundesländern gibt es deutliche Kritik dahin gehend, dass der Gesetzentwurf kaum tatsächliche Verbesserungen bringe. Zehn Bundesländer, darunter auch Brandenburg, haben deshalb einen eigenen Gesetzentwurf angekündigt.

Ich frage die Landesregierung: Welche Regelungen im Gesetzentwurf der Bundesregierung sollten korrigiert, ergänzt oder gestrichen werden?

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wöllert. - Das Wort erhält noch einmal Ministerin Tack.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Wöllert, vielen Dank für die Frage. Ich kann jetzt darauf eingehen und deutlich sagen, dass der Gesetzentwurf für ein Patientenrechtegesetz, der von der Bundesregierung beschlossen worden ist, weit hinter dem zurückbleibt, was Patientinnen und Patienten, Patientenvertretungen und die genannten zehn Bundesländer, die sich in dieser Sache stark gemacht haben, erwarten.

Sie wissen, dass uns das Thema besonders am Herzen liegt. Wir hatten 2010 gemeinsam mit dem Land Berlin eine Bundesratsinitiative gestartet, um ein bisschen Druck und Dampf bei dem Thema zu machen, damit ein Gesetzentwurf beschleunigt vorgelegt wird. Der jetzige Gesetzentwurf erfüllt nicht unsere Erwartungen. Wir werden ihn im Bundesrat nicht befürworten.

Wir haben im letzten Jahr gemeinsam mit den neun anderen Bundesländern ein Eckpunktepapier mit diversen Vorschlägen

vorgelegt, die wir weiterhin für notwendig halten, um die großen Mängel auszugleichen, die der Gesetzentwurf hat. Um die Defizite aufzuzeigen, nach denen Frau Wöllert gefragt hat, möchte ich auf vier Punkte eingehen, deren Regelung wir für notwendig halten.

Erstens fehlt im Gesetzentwurf nach wie vor - und von allen gefordert - die Einrichtung eines Härtefallfonds, der bei Behandlungsfehlern zum Tragen kommt, um Betroffenen schnell und unbürokratisch zu helfen. Im Übrigen wollen wir, dass in den Schlichtungsstellen der Ärztekammern auch Patientenorganisationen vertreten sind. Das ist notwendig.

Wir wollen zweitens, dass gesetzlich Versicherte ebenso wie privat Versicherte einen Anspruch auf medizinische Behandlung in einer angemessenen Frist haben. Auch das wollen wir geregelt haben.

Drittens. Für die Erbringung von Zusatzleistungen - den sogenannten IGeL-Leistungen - sind besondere Vorschriften vorzusehen und zu erlassen, damit die Patienten bestens informiert sind und sich nicht bestimmte Leistungen aufdrängen lassen müssen.

Viertens. Ein weiteres Anliegen, für das sich das Land Brandenburg von Anfang an stark gemacht hat, ist der Patientenbrief. Er soll durch die Dokumentation von Leistungen, Diagnosen und Empfehlungen einer besseren Informiertheit der Patientinnen und Patienten in der Behandlung dienen.

Das sind vier Schwerpunkte - eigentlich sind es fünf -, die deutlich machen, dass wir einen anderen Gesetzentwurf wollen. Es ist bei diesem Gesetzentwurf unschwer zu erkennen, dass hier insbesondere Lobbyinteressen zum Tragen gekommen sind. Das halten wir in der Sache für falsch.

Wir werden uns weiterhin in der Sache stark machen, wie Frau Wöllert gesagt hat. Wir werden diesen Gesetzentwurf im Bundesrat gemeinsam mit neun anderen Bundesländern ablehnen.

(Beifall der Abgeordneten Frau Wöllert [DIE LINKE] und Bischoff [SPD])

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt Nachfragebedarf bei Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Schierack.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich habe eine kurze Nachfrage zum Patientenrechtegesetz. Es ist eine ganze Menge hinsichtlich des Behandlungsvertrages und der Aufklärung der Patienten über das übliche Maß hinaus geregelt, wenn es um Routinefälle geht. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass das Behandlungsverhältnis zwischen Arzt und Patient weiter bürokratisiert wird. Wie stehen Sie zur weiteren Bürokratisierung gerade im Arzt-Patienten-Verhältnis? Wenn Sie junge Menschen fragen, was sie stört, wenn sie in die Arztpraxis gehen, antworten sie: Gerade der Bürokratismus. Wie stehen Sie dazu?

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Schierack. Frau Ministerin Tack, bitte.

Patientenrechte stehen hier im Mittelpunkt.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Der Überbürokratisierung im Gesundheitswesen muss ohnehin ein Riegel vorgeschoben werden. Deshalb sage ich hier noch einmal deutlich: Die Gesundheitsbedingungen und die Gesundheitspolitik in der Bundesrepublik gehören unseres Erachtens vom Kopf wieder auf die Füße gestellt. Dazu gehört die Entbürokratisierung.

Das, was hier für uns im Mittelpunkt steht, ist, die Rechte der Patientinnen und Patienten zu stärken. Da sehe ich kein Übermaß an Bürokratisierung. Mithilfe der modernen Technik ist eine Menge zu machen. Wir kommen im Übrigen morgen noch einmal im Rahmen des Tagesordnungspunktes zur verbraucherpolitischen Strategie Brandenburg darauf zurück.

(Zuruf von der SPD: Genau! - Beifall der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

Vielen Dank, Frau Ministerin Tack. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde angelangt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Landespressegesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/4853

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 5/5426

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Frau Abgeordnete Richstein erhält das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich wäre es sehr unspektakulär, über diesen Gesetzentwurf zu reden, denn er betrifft weniger medienpolitische Inhalte als die Umsetzung von Formalien. Die Residenzpflicht verantwortlicher Redakteure soll im Rahmen der Umsetzung europäischer Richtlinien im Zusammenhang mit der Dienstleistungsrichtlinie ausgeweitet werden. Für digitale Publikationen gibt es jetzt eine Belegexemplarpflicht. Die Verjährungsfristen für die Verbreitung kinderpornografischer, jugendpornografischer, gewalt- und tierpornografischer Schriften sind verändert worden. Sie werden angepasst. Last, but not least werden die Bußgelder statt in D-Mark in Euro verhängt.