Protocol of the Session on May 21, 2012

Wenn wir den Flughafen insgesamt im Blick behalten, hilft es nicht, in Dimensionen von ein oder zwei Jahren zu denken, auch finanzpolitisch nicht. Der BBI/BER ist bei allen politischen Fehlern, die ihn von Beginn an begleitet haben, zunächst eine Zukunftsinvestition, und dazu stehen wir hier alle, denke ich, mit den Chancen, die sich damit verbinden. Dabei sind alle Gesellschafter, Berlin, Brandenburg und der Bund, mit im Boot. Wenigstens hier sollte die Bundesregierung sich nicht wegducken und mit dem Finger auf andere zeigen, wie sie es immer tut, wenn es schwierig wird. Ich sage nur: einheitliches Nachtflugverbot auf allen Flughäfen in der Bundesrepublik Deutschland. Kein Stück davon wird umgesetzt, wenn der Lärmschutz als Bibel hochgehalten wird. Wenn es ernst wird, hat man sich bisher weggeduckt. Da hoffe ich auf Ihre politische Unterstützung, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, und den entsprechenden Einfluss auf die Bundesregierung.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, Sie sind ja hier neuerdings als Lautsprecher für die lärmbetroffe

nen Anwohner unterwegs. Aber gestatten Sie mir bitte wenigstens noch, die Frage zu stellen: Wenn Sie denn schon eine dritte Start- und Landebahn in die Debatte bringen, wie soll die am Ende ohne mehr Lärm funktionieren? Die Frage müssen Sie mir auch noch beantworten. Dann hilft es nicht, laut den Lärmschutz einzuklagen.

(Beifall DIE LINKE)

Noch mehr Flugverkehr verträgt diese Region nicht, und sie braucht ihn nach unserer Überzeugung auch nicht.

(Genilke [CDU]: Wer hätte denn das gedacht!)

Auch diese Debatte werden wir trotz der akuten Krise nicht beiseite legen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen in Brandenburg und in der Region haben in den letzten Jahren viel zu verdauen und zu verkraften gehabt, wenn es um den neuen Flughafen ging und geht. An eine uneingeschränkte Erfolgsgeschichte haben nicht nur die Mitglieder meiner Partei, sondern viele Leute im Land schon angesichts des Fehlstarts mit dem Standort Schönefeld nicht glauben können. Und die Spitznamen, die dieses Projekt inzwischen bekommen hat - das sehe ich wie Herr Büttner -, die tun weh, die belegen einfach auch, wie das Projekt wahrgenommen wird, leider.

Bis zuletzt hat uns die Flughafengesellschaft mit ihrer Sturheit und Trickserei auch beim Schallschutz verärgert und bereits auf dieser Strecke des Weges Vertrauen verspielt. Vertrauen war heute ein oft gebrauchtes Wort. Vertrauen gilt es also zurückzugewinnen, Vertrauen in die Politik. Das geht nur langsam, Schritt für Schritt über die Aufarbeitung der aktuellen Probleme. Was wir erwarten - ich hoffe, das eint diesen Landtag -, ist ein grundsätzlich anderes Herangehen der Flughafengesellschaft, geprägt von klarer Offenheit, von Kommunikation und Ehrlichkeit. Es bleibt die Hoffnung, und es bleibt unsere Aufgabe, genau hinzusehen, damit bis zur Eröffnung alle Mängel abgearbeitet sind. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Frau Kaiser. - Jetzt erhält der Abgeordnete Vogel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident! Mein sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen:

„Es ist alles so öde und vorhersehbar. Jeder weiß, dass Bauprojekte ab einer gewissen Größenordnung in Deutschland nicht mehr offen geplant, gegen alle Interessen durchgesetzt und sauber finanziert werden können; denn sonst gäbe es sie nicht mehr. Der politische Wille, wenn er denn da ist, hat Schleichwege zu nehmen, in deren Verlauf die Kosten heruntergetrickst, die Bauzeit extrem optimistisch berechnet, die Risiken ausgeblendet werden. Hinterher wird alles teurer, dauert länger und bringt mehr Bürger in Rage, als sich die Politiker jemals vorgestellt hätten. Das ist hässlich, aber so ist die Realität.“

So der fatalistische wie zynische Blick auf den Flughafenneubau von Bernd Matthies im „Tagesspiegel“ vom 19. Mai 2012.

Machen wir uns nichts vor: Dies ist eine Art von Politikwahrnehmung, die inzwischen von vielen Menschen hierzulande geteilt wird. Sie schafft ein abstoßendes Bild von der Politik, das im nächsten Schritt zur Abwendung von unserem politischen System führen kann. Solange es zu Forderungen nach mehr direkter Demokratie, zum Ruf nach mehr Transparenz, nach einer verbesserten und breiteren Einbeziehung der Öffentlichkeit in Planungsprozesse führt, will ich das auch nicht beklagen. Schlimm aber wäre es, wenn wir diese Auffassung nur noch achselzuckend zur Kenntnis nehmen wollten und ihr nicht mehr glaubwürdig entgegentreten können oder wollen. Da war die heutige Regierungserklärung mit dem ambitionierten Motto „Vertrauen gewinnen, Glaubwürdigkeit beweisen“ keine große Hilfe. Sie war bestenfalls eine lahme Pflichtübung, ein Negativbeispiel aus dem Handbuch für Krisen-PR: nur das zuzugeben und zu erkennen zu geben, was bereits aus den Medien bekannt ist, Abwälzen der Verantwortung, konsequentes Zurückweisen eigener Schuld, feierliches Geloben, dass ab jetzt alles besser wird. Nachdem die Regierungserklärungen in dieser Legislaturperiode bisher allein dem Drängen der Opposition zu verdanken waren, haben wir es ausdrücklich begrüßt, dass der Ministerpräsident dieses Mal von sich aus initiativ geworden ist. Doch für diese Rede, Herr Ministerpräsident, hätten wir uns die Anreise sparen können.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Ein wenig Klage, dass Berlin und Brandenburg wieder einmal bundesweit ein schlechtes Bild abgeben, Plattitüden über die mit dem Flughafen verbundenen wirtschaftlichen Hoffnungen, etwas Lob für CDU und FDP, weil sie zum Flughafen stünden bei den Grünen weiß man das offenkundig nicht so genau -, Bedauern darüber, dass man nicht misstrauischer gegenüber der Geschäftsführung gewesen sei, Fishing for Compliments, weil man als Aufsichtsrat lediglich 128 Euro Sitzungsgeld erhalte. Doch zu den brennend interessierenden Fragen, was der BER unter dem Strich denn nun eigentlich kosten wird, welche Belastungen auf das Land Brandenburg zukommen, steuert diese Regierungserklärung nichts Erhellendes bei. So konnte ich den Ausführungen nicht entnehmen, wie hoch die Investitionssumme denn nun insgesamt wird und wie weit die Kostendeckung vom Businessplan abweicht. Und was meint Wowereit, wenn er sagt, dass die Finanzierung auf Kante sei? Auch dazu keine Aussage.

Beim nächsten Mal soll gleich mit einem fertigen Flughafen gestartet werden, hören wir. Aber welcher Aufsichtsrat hat das bis dato geplante Provisorium im Abfertigungsbereich und beim Brandschutz ernsthaft verantworten wollen? Wie soll der Flughafen ohne Planungsbüro fertig gebaut werden, nachdem schon der Terminalbau in Eigenregie statt mit einem Generalauftragnehmer zum finanziellen Flop geworden zu sein scheint? Dass die nun gewonnene Zeit für die Umsetzung des weit hinter den Planvorgaben zurückliegenden Lärmschutzprogramms genutzt werden soll, ist selbstverständlich. Aber wie sieht es mit der Umsetzung der Planvorgaben aus, die angeblich Mehrkosten in Höhe von 298 Millionen Euro verursachen würden? Was bedeutet die heutige Aussage, „an den festgelegten Mitteln für den Lärmschutz werden wir auf jeden Fall festhalten“? Duckt sich unser Ministerpräsident hier weg oder besteht er auf einer Einhaltung der Vorgaben des Planfeststellungsverfahrens? Wel

che Interessen stehen für ihn an erster Stelle, die wirtschaftlichen Interessen der FBB oder der Lärmschutz für die Betroffenen? Wie steht er zum Antrag der FBB zur Aufweichung der Lärmschutzbestimmungen? Wie hat er sich dazu im Aufsichtsrat verhalten, und, Frau Kaiser, wie haben sich die beiden linken Minister im Aufsichtsrat zu diesem Antrag verhalten? Wie steht es mit kulanten Entschädigungszahlungen für die vertraglich besonders schlecht gestellten Einzelhändler? Keine Aussage, keine Antworten, aber immerhin ein Wort zur Übernahme von politischer Verantwortung.

(Beifall des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Diese besteht demnach darin, weiterhin Mitglied im schlecht bezahlten Aufsichtsrat zu bleiben. Warum und wieso das nach dieser Vorgeschichte sinnvoll und erforderlich sein soll, hat sich uns allerdings nicht erschlossen.

(Beifall GRÜNE/B90, FDP und vereinzelt CDU)

Kurz: Die Rede unseres Ministerpräsidenten war nicht mehr als eine Pflichtübung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Terminverschiebungen für die Eröffnung des Flughafens BER sind in Brandenburg nicht neu, und sie wären eigentlich auch kein großer Aufreger. Längst ist vergessen, dass der Flughafen im Jahr 2000 zu den Olympischen Spielen, die ja dann letztlich nicht in Berlin stattgefunden haben, in Betrieb gehen sollte. Nach x weiteren längst vergessenen Eröffnungsterminen legte sich die Flughafengesellschaft dann auf den 30. Oktober 2011 fest. Nachdem am 17. April 2010 erste Meldungen über eine mögliche erneute Terminverschiebung aufkamen, dementierte dies der damalige und jetzige Flughafenchef Rainer Schwarz öffentlich, wohl um das Richtfest für das Terminal nicht zu gefährden. Auf diesem Richtfest verkündete der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Wowereit, dass es beim vorgesehenen Termin bleibe, musste sich dann allerdings Ende Mai sichtlich konsterniert eines Besseren belehren lassen. Am 29. Juni 2010 wurde dann der Wirtschaftsausschuss von dem inzwischen zum Honorarprofessor gewordenen Prof. Schwarz darüber informiert, dass es zu einer Verschiebung von sieben Monaten käme, was - wörtlich - „keine Katastrophe“ sei, Budgetreserven seien ausreichend vorhanden. Die Rede war von rund 100 Millionen Euro, die zusätzlich zu den 138 Millionen Euro Mehrausgaben vorhanden wären. Auch der neu gewählte Termin Juni 2012 sei wieder sehr ambitioniert, da die Baumaßnahmen für die Sicherheitskontrollen sehr zeitintensiv seien, auch unter dem Aspekt der Genehmigungsverfahren. Man beachte: Die Rede ist von Sicherheitskontrollen, nicht von Sicherheitsmaßnahmen wie den in Rede stehenden Brandschutz. Der Zeitplan, so Schwarz, sei ähnlich wie der vorangegangene ambitioniert und - jetzt kommt es - die Bautätigkeit müsse ein halbes Jahr vor Inbetriebnahme abgeschlossen sein, sodass sechs Monate für die Inbetriebnahmephase, in der zum Beispiel alle technischen Anlagen mehrfach getestet werden, verbleiben.

Es war also alles im grünen Bereich, könnte man meinen. Wenn ich den Worten der ehrenamtlichen Aufsichtsratsvorsitzenden Wowereit und Platzeck glauben darf, blieb es auch so bis zum 8. Mai dieses Jahres.

Wenn ich die Begleitumstände der damaligen Terminverschiebungen so breit ausführe, dann deshalb, weil sich die Vorgänge

um die jetzige Terminverschiebung bis ins Detail hinein zu gleichen scheinen: erste zaghafte Andeutungen und Hinweise in den Medien, dass es Schwierigkeiten mit dem geplanten Eröffnungstermin gibt, lebhafte Dementis des Geschäftsführers, der Aufsichtsrat lässt keinen Zweifel zu, dass der Eröffnungstermin ernsthaft gefährdet sein könnte, und fällt dann am Ende aus allen Wolken, weil er von seiner Geschäftsführung nicht auf dem Laufenden gehalten - das ist ein Euphemismus, richtiger wäre wohl: belogen und betrogen - wurde. Als Zyniker könnte man jetzt sagen: Immerhin sei man noch nie so dicht an einem Eröffnungstermin dran gewesen wie dieses Mal,

(Heiterkeit bei der CDU)

und mit der Verschiebung sei jetzt die nötige Zeit gewonnen, um bei den Lärmschutzmaßnahmen aufzuholen. Aber das wird dem Ernst der Sache nicht gerecht. Eben weil dieses Mal die Absage erst vier Wochen vor Eröffnung erfolgte, ist die Zahl der in Mitleidenschaft gezogenen Menschen und Unternehmen umso größer. Flugverbindungen, die schon gebucht waren und nun aufwendig umgebucht werden müssen, schimmelanfällige Tunnelstrecken der DB oder volle Kerosinlager am falschen Ort sind noch das geringste Übel.

Problematischer ist die Situation für all die Einzelhändler, die im Vertrauen auf den Eröffnungstermin schon Waren geordert und Personal eingestellt hatten, für Mitarbeiter aus ungekündigten Beschäftigungsverhältnissen, die ihren Arbeitgeber wechseln wollten und nun plötzlich auf der Straße sitzen. Entschädigungsansprüche hat die FBB wohlweislich für einen Zeitraum von 12 - so Prof. Schwarz im Juni 2010 - bzw. 18 Monaten - so die heutige Angabe - ausgeschlossen, sodass diesen Betrieben allenfalls auf Kulanz zu hoffen bleibt.

Noch problematischer dürfte die Lage für die finanziell bereits angeschlagene Berliner Hauptlinie Air Berlin sein, die gegenüber Lufthansa und easyJet weiter ins Hintertreffen gerät. Oder wie die „Süddeutsche Zeitung“ titelte: „Der Schaden der Air Berlin ist die Freude der Lufthansa.“ Möglicherweise hat die FBB mit ihrer Terminverschiebung en passant die finale Marktbereinigung auf dem deutschen Luftverkehrssektor auf den Weg gebracht. Neu gegenüber früher ist, dass, obwohl nach den Verlautbarungen des Aufsichtsratsvorsitzenden Wowereit kein Schwarzer Peter gesucht werden sollte, doch sehr schnell solche gefunden werden konnten. Der Chefplaner Manfred Körtgen - nach der nebenbei abgeschlossen Promotion wohl inzwischen Herr Dr. Körtgen - muss gehen. Der Planungsgesellschaft mit dem renommierten Architekturbüro gmp wird gleichfalls der Stuhl vor die Tür gestellt.

Inzwischen werden immer mehr Details bekannt, so zum Beispiel, dass die planerischen Ingenieurleistungen im Rückstand waren - so Wowereit am 18.05.2012 im Berliner Abgeordnetenhaus. Berichte aus dem Aufsichtsrat legen nahe, dass zudem viele Bauunternehmen angeblich kein Vertrauen mehr in die Planungsgesellschaften hatten, Pläne sich oft als unzutreffend oder inaktuell erwiesen - nur die Landesregierung als Gesellschafter der FBB wusste offenkundig nicht Bescheid.

Zu den Problemen um das Brandschutzkonzept führe ich nur Folgendes kurz aus: Am 29. Februar 2012 soll infolge eines Berichts des TÜV Rheinland, laut dem die Prüfung der Brandmeldeanlagen bis zum 3. Juni nicht durchführbar sei, eine Krisensitzung mit Dr. Körtgen in der Staatskanzlei durchgeführt

worden sein, in der der verbleibende Zeitrahmen bis zur anstehenden Inbetriebnahme als kritisch angesehen wurde und das Konzept der „interimsweisen Mensch-Maschinen-Kopplung“ bis zur Inbetriebnahme der Brandmeldeanlage im IV. Quartal 2012 festgelegt worden sein soll.

Am 20. März 2012 wurde dann der bekannte Bericht der externen Projektüberwachung mit der berühmten Ampelschaltung vorgelegt. Am Abend des 7. Mai 2012 soll der gmp-Chefarchitekt Hans-Joachim Paap laut „MAZ“ vom 19.05.2012 in einem seltenen Anfall von Zivilcourage die Unterschrift unter den Antrag an die Bauordnungsbehörde im Landkreis LDS für die Mensch-Maschinen-Kopplung abgelehnt haben. Damit war dann wohl auch der Eröffnungstermin 3. Juni 2012 abschließend gestorben - man beachte: angeblich, weil Herr Paap nicht unterschrieben hat, und nicht deswegen, weil die Kreisverwaltung es abgelehnt hätte.

Am 8. Mai 2012 wurde dann nach der gemeinsamen Kabinettssitzung von Berlin und Brandenburg die erneute Terminverschiebung für den BER bekanntgegeben. Auf der Pressekonferenz konnte sich jeder ein Bild von einem sichtlich empörten und zugleich ratlosen Regierungsduo machen. Auf einen neuen Termin wollte man sich da noch nicht festlegen.

Dass die Regierenden keinen blassen Schimmer von der wirklichen Situation am Flughafenneubau hatten, hat Wowereit in seiner Regierungserklärung im Abgeordnetenhaus am 10. Mai 2012 erkennen lassen. So führte er aus:

„Das Gefährlichste wäre jetzt, dass der Druck aus dem Kessel entweicht und so getan wird, als hätten wir unendlich viel Zeit und als sei es egal, ob es zwei, drei oder vier Monate dauert. Nein! Wir müssen gemeinsam ein großes Interesse daran haben, dass dieser Flughafen so schnell wie möglich eröffnet wird.“

In der gleichen Rede hatte Wowereit dargelegt, dass der Flughafen am 3. Juni 2012 in größerem Umfang noch nicht fertiggestellt sei:

„Viele kennen das: Eine Baustelle wird geschlossen, sie ist danach wieder eröffnet. All das wäre sicherlich - und nicht nur in einem Fall, sondern an vielen Gewerken - auf diesem riesigen Flughafenkomplex auch mit Eröffnung am 3. Juni zu sehen gewesen. Da wäre noch nicht alles fertig gewesen. Aber ich glaube, jeder und jede hätte Verständnis dafür gehabt, dass bei so einer Riesenbaustelle und dem Zeitdruck, der dort herrscht, und bei den Verzögerungen, die sich ergeben haben..., nicht alles hätte picobello sein können...“.

Wir hören also: Riesenbaustelle, Zeitdruck, Verzögerungen, nicht fertiggestellte Gewerke. Was wir nicht hören, ist, dass Prof. Schwarz am 29. Juni 2010 ausführte, dass die Bautätigkeit sechs Monate vor Inbetriebnahme abgeschlossen sein muss, um alle technischen Anlagen mehrfach testen zu können. Doch das war wohl bei Geschäftsführung und Aufsichtsrat in Vergessenheit geraten.

Am 16. Mai 2012 hat der Aufsichtsrat in seiner Nachtsitzung dann die bereits benannten personellen Konsequenzen gezogen und die Terminverschiebung um neun Monate - nicht zwei, drei oder vier Monate - verkündet. Als Begründung für den neuen

Termin wird in der Pressemitteilung der FBB vom 17.05.2012 unter anderem benannt, dass man so drei Monate für Prüfungen und Probetermine zur Verfügung habe. Ich erinnere, dass Prof. Schwarz gesagt hatte, dafür seien sechs Monate erforderlich. In dieser Pressemitteilung wird auch eingeräumt, dass mehrere Gewerke im Rückstand waren - dass - wörtlich „Stromklau durch Bauarbeiter den Probebetrieb stört“ - und neben den sicherheitstechnischen Anlagen auch Teile der Datentechnik mangelnde Stabilität aufwiesen.

Wer bis jetzt daran gezweifelt hatte, dass es nur um Brandschutzprobleme geht, muss sich damit in seinen schlimmsten Erwartungen bestätigt sehen. Ein ganzes Bündel von Störungen im Betriebsablauf hat die Annullierung des Eröffnungstermins herbeigeführt. Die Schuldigen scheinen also gefunden, es stellt sich aber die Frage, ob es die richtigen und ob es die einzigen sind. Man spürte deutlich das Aufatmen in den Regierungen: Gott sei Dank kein Politiker - die Planer und Techniker sind schuld. - Natürlich drängt sich die Frage auf, wieso der Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Prof. Schwarz im Amte bleibt, obwohl er nicht nur in puncto Verschiebung, sondern insbesondere mit der skandalösen Informationspolitik gegenüber Aufsichtsrat und Öffentlichkeit ein Wiederholungstäter ist. Zum zweiten Mal ließ er Wowereit und Platzeck wie dumme Jungs aussehen. Natürlich ist man bei einer solchen Blamage erst einmal stinksauer, aber stinksauer zu sein reicht nicht.

Wer bei der Kontrolle des anerkanntermaßen größten Infrastrukturprojekts der Region Berlin-Brandenburg dermaßen krass versagt, muss allerdings gute Gründe benennen, warum er das Amt eines Aufsichtsratsmitglieds unbedingt weiter ausüben muss, und die Nennung dieser Gründe erwarte ich nach der heutigen Rede des Ministerpräsidenten immer noch.

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Wir können nicht nachvollziehen, welche Berichte in den Aufsichtsratssitzung vorgelegt worden sind. Wir können nicht nachvollziehen, welche Fragen unser Ministerpräsident in den Aufsichtsratssitzungen gestellt hat, da die Protokolle und Controllingberichte als Betriebsgeheimnis eingestuft sind und unter Verschluss gehalten werden. So führt die Ausgestaltung der Flughafengesellschaft als privatrechtliches Unternehmen dazu, dass den Abgeordneten mit dem Verweis auf angebliche Geschäftsgeheimnisse zentrale Informationen nur eingeschränkt oder gar nicht zugänglich gemacht werden. Insbesondere Aussagen zur Belastung durch die aufgenommenen Kredite oder zur Wirtschaftlichkeit des Flughafens werden mit dem Hinweis auf vorgebliche Geschäftsgeheimnisse versagt - ich verweise auf die Antworten auf unsere Große Anfrage oder auf Kleine Anfragen der CDU-Fraktion.

In meinen Ausführungen bin ich daher auf Veröffentlichungen in den Medien, die offenkundig einen besseren Einblick in die Geschäftsunterlagen der FBB haben als der Aufsichtsrat, angewiesen. Ich möchte hier sehr deutlich sagen, dass ich diese Geheimniskrämerei gegenüber dem Parlament für einen inakzeptablen Missbrauch der Gesellschaftsform der GmbH halte.

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)

Die Offenlegung aller Protokolle und Controllingberichte sollte selbstverständlich sein. Meine Fraktion wird hierzu einen

Gesetzentwurf vorlegen, der ein erweitertes Informations- und Einsichtsrecht auch für die breite Öffentlichkeit ermöglicht.