Protocol of the Session on May 21, 2012

gehen beteiligt werden. Alle Fakten gehören auf den Tisch und besprochen. Nur dann können die richtigen Entscheidungen für einen zukunftsfähigen Flugverkehr organisiert werden.

Wir können Ihnen nicht mehr glauben, dass jetzt alles Notwendige getan wird. Jeder weitere Fehler wird zu 100 % dem Steuerzahler zur Last fallen, und die Prügel werden wir im Übrigen alle abkriegen. Das Parlament muss daher auf einer umfassenden und offenen Analyse der Situation und der kompletten Transparenz der weiteren Entscheidungen bestehen. Wir wollen sofort und umfänglich über jeden weiteren Schritt informiert werden. Wir haben Ihnen mehrfach den Vorschlag unterbreitet, einen runden Tisch einzurichten, an dem alle Beteiligten Platz finden, um gemeinsam das Projekt Flughafen zu begleiten. Bisher haben Sie sich stets geweigert. Warum eigentlich? Sie haben unseren Brief in Ihrer Rede erwähnt; vielen Dank dafür. Zu unserem erneuten Angebot, einen Runden Tisch unter Beteiligung aller einzurichten, haben Sie sich noch nicht geäußert. Ich wiederhole daher hier und jetzt dieses Angebot noch einmal. Denken Sie vor dem Hintergrund des Ausmaßes des Debakels und der auf uns zukommenden Probleme gründlich darüber nach.

(Beifall CDU)

Alle, die selbst Politikerfahrung gemacht haben, die sich über Jahrzehnte in Deutschland mit Politik vertraut gemacht haben, wissen, dass sich solche Dinge einfach weiterentwickeln. Von daher: Schlagen Sie solche Angebote nicht einfach in den Wind! Wir als CDU haben keine Freude daran, wenn Brandenburg in dieser Art und Weise ins Gerede kommt. Es ist auch ein Stück unserer Mitverantwortung, die wir bereit sind zu tragen, aber nicht, indem Sie Bürgerinitiativen, Opposition und andere einfach außen vor lassen.

(Beifall CDU)

Von daher: Dieses Angebot steht, darauf möchte ich hier noch einmal hingewiesen haben. In vier Wochen werden wir als Fraktion entscheiden, wie wir uns in dieser Angelegenheit weiter verhalten werden. Uns ist klar, dass der Ministerpräsident heute nicht alle Zahlen haben kann. Ich weiß, dass man im Aufsichtsrat verabredet hat, die Dinge in den nächsten Tagen und Wochen zu klären. Am 22. Juni wird der Aufsichtsrat noch einmal tagen. Unmittelbar danach, sagen wir als CDU-Fraktion, muss ein Gremium des Landtages - ich meine, der Hauptausschuss - kurzfristig darüber informiert werden, wie die Dinge stehen. Das geht uns wirklich alle an, meine Damen und Herren!

Eines ist heute schon sicher, das sage ich so: Dieser Landtag wird nicht in die Sommerpause gehen, ohne dass die ausstehenden Maßnahmen und die damit verbundenen Kosten geklärt sind.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, es muss jetzt transparent entschieden werden, wie den Kapazitätsproblemen am Flughafen begegnet werden soll. Es muss jetzt verbindlich geregelt werden, wie alle Bürger mit ausreichendem Lärmschutz versorgt werden sollen. Es bedarf eines Gesamtkonzepts für den Flugverkehr in der Region Berlin-Brandenburg, eines Gesamtkonzepts, das die heute bekannten Probleme berücksichtigt und ergebnis

offen nach zukunftsfähigen und brandenburgverträglichen Lösungen sucht.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss: Es geht uns als CDU-Fraktion nicht darum, irgendjemanden zu finden, den wir prügeln können. Es geht uns darum, für Brandenburg und für die Bürgerinnen und Bürger die beste Lösung zu bekommen, auch für die Zukunft. Deshalb möchte ich Sie, auch die nachfolgenden Redner, bitten, sich sachlich zu verhalten, um diese Atmosphäre und die Bereitschaft dazu nicht zu stören. Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Dombrowski. - Das Wort erhält die SPDFraktion. Es spricht der Abgeordnete Holzschuher.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat, die Nachricht vom 8. Mai über die Verschiebung des Eröffnungstermins war eine katastrophale Nachricht für Berlin und Brandenburg. Sie hat uns alle nicht nur überrascht, sondern auch zutiefst getroffen, weil sie natürlich für die Region einen Imageverlust bringt, weil sie natürlich infrage stellt, wie die derzeitige Planung war: Wird es tatsächlich dieses Erfolgsmodell, das wir uns alle für die Region wünschen? Und doch bin ich weiterhin fest überzeugt - bei aller Enttäuschung sollten wir uns hier auch nicht zu sehr in Pessimismus wiegen -: Dieser Flughafen wird das Erfolgsmodell für Berlin-Brandenburg werden, er wird nicht nur das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands, sondern er wird Berlin und Brandenburg wieder, auch was den internationalen Flugverkehr betrifft, in das Zentrum Europas rücken, er wird Berlin und Brandenburg weit voranbringen, und er wird das eben auch tun, wenn er verspätet eröffnet wird.

Aber nochmals: Diese Verzögerung ist ein Rückschlag, ein Rückschlag nicht nur für das Projekt selbst, sondern insgesamt für das Image der Region, unserer Region, für die wir doch alle gemeinsam arbeiten, so wie es auch Herr Dombrowski gesagt hat und wie es im Brief der CDU-Fraktion zum Ausdruck kommt. Der Herr Ministerpräsident hat es bereits zitiert, ich möchte es wiederholen, weil es doch ein so schöner, konstruktiver Satz ist:

„Bei allen politischen Differenzen sollte uns die Absicht gemein sein, einen wirtschaftlich erfolgreichen und akzeptierten Flughafen an den Start zu bringen.“

Natürlich, genau das ist es doch: eine Absicht, die wir alle gemeinsam haben, und das nicht erst seit einiger, seit kurzer Zeit, sondern im Grunde seit zehn Jahren oder länger. Wir haben gemeinsam in diesem Land daran gearbeitet, dass dieser Flughafen ein großer Erfolg wird. Deshalb, Herr Dombrowski, können Sie - sollte ich sagen, im Gegensatz zu Ihnen? - von mir auch eine sehr sachliche und faire Auseinandersetzung erwarten. Natürlich werden wir gemeinsam daran arbeiten müssen, aufzuklären, was dort schiefgegangen ist. Natürlich haben auch wir die Frage zu stellen: Warum ist es erst wenige Wochen vor dem geplanten Eröffnungstermin bekannt geworden, dass dieser Termin nicht zu halten ist? Natürlich haben auch wir die

Frage: Wer ist dafür verantwortlich? Natürlich haben wir auch die Frage: Was kostet das und welche Auswirkungen hat es auf das Projekt? Sie können sicher sein, dass wir das gemeinsam angehen.

Wenn aber Sie, Herr Dombrowski, dann sagen: Das haben wir im Grunde schon immer - zumindest seit dem Jahreswechsel gewusst, frage ich mich, warum Sie nicht wenigstens Ihre Parteifreunde in Berlin bzw. in der Bundesregierung - wenn schon nicht uns - gewarnt haben und denen die Frage stellten - auch wenn Ihnen Herr Bomba schnuppe ist, wie wir gerade hören mussten -: Was macht ihr dort, ihr seid doch blauäugig? - Uns ist Herr Bomba nicht schnuppe; denn er ist einer der Vertreter der Gesellschafter in diesem Aufsichtsrat, der gemeinsam mit der Bundesregierung, dem Land Berlin und dem Land Brandenburg an diesem Projekt arbeitet. Insofern kann uns niemand schnuppe sein, der in diesem Aufsichtsrat vertreten ist.

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

Wir wissen, die Aufsichtsratsmitglieder leisten dort gute Arbeit und leisteten dies auch stets in der Vergangenheit nach menschlichem Ermessen, übrigens auch zu der Zeit, als noch CDUVertreter des Landes Brandenburg in diesem Aufsichtsrat vertreten waren. Wir alle wissen aus dieser Zeit, dass die dort anfallende Arbeit nicht einfach ist. Sie alle wissen es. Auch Sie, Herr Dombrowski, sollten aus dieser Zeit noch wissen, dass die Arbeit für den Aufsichtsrat nicht einfach ist.

Insofern sollte man an dieser Stelle auch nicht wieder eine Grundsatzdiskussion - das habe ich Ihrer Rede, Herr Dombrowski, entnommen - über den Standort aufmachen. Über diese Frage waren wir doch bereits hinaus. Der Standort ist dort, wo er ist. Das, worüber wir heute debattieren, ist nun wirklich nichts, was mit dem Standort zu tun hat. Eine derartige Verzögerung hätte ebenso in Tegel, Tempelhof, Schönefeld oder gar in Sperenberg eintreten können. Die Frage ist lediglich: Warum ist es passiert?

Sie selbst sagten: Wir wollen die Frage nach dem Warum gemeinsam aufklären. Jedoch haben die Fragen, die Sie anschließend aufwarfen, wenig mit dem zu tun, was wir gegenwärtig zu klären haben.

(Dombrowski [CDU]: Das ist Ihr Problem!)

- Das ist nicht unser Problem, Herr Dombrowski,

(Dombrowski [CDU]: Doch!)

sondern das ist unser gemeinsames Problem; denn Sie haben doch eben an die Gemeinsamkeit appelliert, die in der Vergangenheit bei diesem Projekt stets gegeben war.

Das, was mich zutiefst enttäuscht, ist, dass diese Gemeinsamkeit heute von Ihnen vielleicht in einem Einleitungssatz immer noch im Munde geführt, aber von Ihnen nicht gelebt wird, und zwar das gemeinsame Bekenntnis zu dem Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg. Gerade das müsste man doch insbesondere von Ihrer Partei erwarten können. Sie stellen jedoch faktisch den Standort

(Senftleben [CDU]: Sie haben nicht zugehört! - Frau Kai- ser [DIE LINKE]: Nein, wir lesen!)

und den Erfolg dieses Flughafens infrage. Dafür gibt es heute aber nun wirklich keinen Anlass. Das, was geschehen ist, ist zutiefst ärgerlich und muss aufgeklärt werden, hat aber - nochmals - aus meiner Sicht langfristig keine negativen Wirkungen, wenn der Flughafen erst einmal in Betrieb ist.

(Senftleben [CDU]: Überhaupt nicht, gar keine Probleme!)

Bis dahin müssen wir uns jedoch die Frage stellen: Was ist dort passiert? Welche Fehler sind unterlaufen? - In diesem Zusammenhang möchte ich auf zwei Argumente eingehen, die immer wieder angeführt werden, wenn es um die Frage geht: Was ist dort fehlgeschlagen?

(Senftleben [CDU]: Gar nichts!)

Zunächst die Mär von der organisierten Selbstkontrolle auf der Baustelle: Nach den Schwierigkeiten, die im Jahr 2010 auftraten, hat die Geschäftsführung - übrigens gebilligt vom Aufsichtsrat - die von Planung und Bauüberwachung getrennte Kontrolle weiter verstärkt. Die Geschäftsführung hat es weiter verstärkt! Es gab also diverse intensive Kontrollmechanismen. Insofern kann man nicht sagen, dass die Kontrolle als solche fehlgeschlagen ist.

Das, was möglicherweise nicht ausreichend funktioniert hat, ist die Kritikfähigkeit untereinander, und zwar zwischen der Geschäftsführung und den ausführenden Firmen, der Geschäftsführung und den Mitarbeitern der Flughafengesellschaft, den Controllern und den Bauüberwachern. Wenn man nicht in der Lage ist, auch einmal offen unangenehme Dinge auszusprechen, ohne Angst haben zu müssen, das einem gleich etwas widerfährt, dann mag es sein, dass sich alle in die Tasche lügen.

Vielleicht war das eines der Probleme, die bei der Bauausführung auftraten. Zumindest schien die Geschäftsführung darüber überrascht zu sein, dass der Termin für die Eröffnung nicht zu halten war. Das gilt jedoch nicht für das Verhältnis zum Aufsichtsrat; denn nach allem, was wir wissen - darauf verlasse ich mich -, haben die 15 Aufsichtsratsmitglieder nicht nur intensiv nachgefragt, sondern wurden auch von verschiedenen Parteien und Funktionen delegiert. In der Zwischenzeit haben sich auch alle zu dem Vorfall äußern können und bestätigen: Wir haben uns sehr intensiv bemüht, und uns gegenüber hat die Geschäftsführung immer ganz eindeutig gesagt, wie die Situation aus ihrer Sicht ist, nämlich: Es bestehen Schwierigkeiten und Probleme, es wird einige Provisorien geben, aber der Termin steht.

Ein Geschäftsführer, der sehr gut qualifiziert und übrigens sehr gut bezahlt einem Aufsichtsrat gegenübersteht, braucht keine Angst zu haben. Er darf keine Angst haben, sondern muss offen reden. Wenn dieser sich dann selbst auch in die Tasche gelogen hat, dann ist das nicht dem Aufsichtsrat vorzuwerfen. Wir werden aufklären, warum niemand den Mut hatte, eher die Reißleine zu ziehen. Das ist in der Tat eine sehr entscheidende Frage, aber eine, die sich im Bereich zwischen Geschäftsführung, Gesellschaft und Controllern abspielt, aber nicht im Bereich des Aufsichtsrats.

(Zuruf des Abgeordneten Jungclaus [GRÜNE/B90])

Eine weitere Sache, die Sie aufgeworfen haben und die in dem Zusammenhang in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, ist die

Frage: Zeigt das nicht, dass es insgesamt nicht funktioniert, wenn die öffentliche Hand solche Projekte durchführt? Hätte man nicht einen Generalauftragnehmer damit betrauen müssen? - Dies war zu Beginn sogar gewollt. Vielleicht erinnern sich noch einige daran, dass es diesbezüglich erhebliche Schwierigkeiten gab.

Der Generalauftragnehmer übrigens, der damals für dieses Projekt im Gespräch war, ist wohl auch in Hamburg nicht wirklich weitergekommen. Das dortige Projekt „Elbphilharmonie“ sollte bereits seit Jahren fertig sein, wird aber nicht fertig und sollte viel weniger kosten als das, was es bereits jetzt an Kosten verursacht hat. Die Mehrkosten sind in exorbitante Höhen gestiegen, ohne dass absehbar ist, wann dort Kultur stattfinden kann. So ist es, wenn man Privatauftragnehmer arbeiten lässt.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Insofern ist das kein Kriterium dafür, dass es mit einem Generalauftragnehmer besser gelaufen wäre. Zudem wäre mit einem Generalauftragnehmer nicht erreicht worden, dass zwei Drittel der Aufträge - so verhält es sich aktuell - vor Ort ausgelöst werden. Die heimische Wirtschaft und die Bauwirtschaft, aber auch andere - zum Beispiel Planungsbüros und Zulieferer profitieren entscheidend von diesem Projekt. Das hätten wir nicht erreicht, wenn ein Generalauftragnehmer bestellt worden wäre, der die Arbeiten weitgehend von ausländischen Firmen hätte durchführen lassen wollen.

Meine Damen und Herren, es wurde bereits mehrfach - nicht zuletzt durch Matthias Platzeck - darauf hingewiesen, was die Funktion eines Aufsichtsrats ist. Er kontrolliert die Geschäftsführung. Kontrollieren heißt jedoch nicht, dass er jeden einzelnen Schritt hinterfragen muss. Das kann er nicht bewerkstelligen und dafür ist er auch nicht vorgesehen. Schließlich muss er sich auch ein wenig darauf verlassen können, dass das, was die Geschäftsführung präsentiert, korrekt und umfassend ist. Nur bei ernsthaften Zweifeln müsste nachgehakt werden. Anlass für solche Zweifel hinsichtlich des anberaumten Eröffnungstermins haben für den Aufsichtsrat jedoch - davon bin ich überzeugt - bis vor zwei Wochen nicht bestanden.

In diesem Zusammenhang muss auch noch einmal verdeutlicht werden, dass es dabei nicht darauf ankommt, wer im Aufsichtsrat vertreten ist; denn oft wird gesagt, Politiker dürften nicht im Aufsichtsrat sein. Als wäre ein Banker oder ein Jurist - für Juristen kann ich gut sprechen - besser in der Lage, zu überprüfen, ob eine Brandschutzeinrichtung korrekt abgewickelt wird oder ob eine Bauleitplanung funktioniert. Das können sie genauso wenig bzw. genauso gut. Dies ist aber auch nicht die Aufgabe des Aufsichtsrats, sondern seine Aufgabe ist es - nochmals -, zu kontrollieren, ob die Geschäftsführung funktioniert.

Der Aufsichtsrat hat - zumindest hinsichtlich des Ministerpräsidenten - noch eine weitere Funktion. Zu Recht kann man die Frage stellen: Warum ist der Ministerpräsident im Aufsichtsrat vertreten?

(Genilke [CDU]: Gute Frage!)

Für die lächerlich geringe Aufwandsentschädigung, die er bekommt, sicherlich nicht. Seine Zeit kann er auch anderweitig nutzen. Der Ministerpräsident ist Mitglied im Aufsichtsrat, weil er Verantwortung übernommen hat, und zwar nicht nur für die

ses große Projekt, sondern auch für das Land Brandenburg und dessen Bürgerinnen und Bürger; denn dort kann er am besten auf Augenhöhe mit den anderen Gesellschaftern - nochmals: das sind die Bundesregierung und das Land Berlin - korrespondieren und ihnen gegenüber die Interessen des Landes vertreten.

Das hat er vor kurzem sehr erfolgreich getan. Es wurde nämlich erreicht, dass gegen den Widerstand mindestens eines der anderen Gesellschafter die Lärmschutzaufwendungen deutlich erhöht wurden. Das ist die Aufgabe eines Ministerpräsidenten im Aufsichtsrat dieser Gesellschaft. Die hat er aus meiner Sicht sehr gut erfüllt.

(Beifall SPD)