Protocol of the Session on April 26, 2012

Ich stimme mit den Abgeordneten der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN insofern überein, als es wichtig ist, die Erzieherausbildung so zu gestalten, dass die integrierte Sprachentwicklung und die Sprachförderung intensiv und fest in den Ausbildungsprogrammen verankert sind. Aber genau das tun wir ja auch; schon jetzt ist dieser grundlegende Bereich ein wesentlicher Bestandteil des Curriculums der Erzieherausbildung, und wir arbeiten daran, auch diesen Bereich kontinuierlich weiterzuentwickeln und zu verbessern, Herr Hoffmann. Das betrifft nicht nur die Inhalte der Ausbildung, sondern ebenfalls die Qualifikation der Lehrkräfte. Hier ist es wichtig, über dieses Ressort hinauszuschauen und sich auch über die Hochschulausbildung Gedanken zu machen.

Die Personalschlüsselverbesserungen, die vor rund eineinhalb Jahren in Kraft traten, sind ein wichtiger Schritt für die Qualitätsentwicklung in der frühkindlichen Bildung. Wir haben damit ein Wahlversprechen gehalten und eingelöst, das uns pro Jahr immerhin mehr als 36 Millionen Euro kostet. Den Personalschlüssel für die unter dreijährigen Kinder von 1:7 auf 1:6 anzuheben bedeutet eine Verbesserung um immerhin 16 %; für die Kinder von 3 bis 6 Jahren - also von 3 Jahren bis zur Einschulung - wurde der Schlüssel von 1:13 auf 1:12 gesenkt, was immer noch eine Verbesserung von 8 % darstellt und uns, wie gesagt, 36 Millionen Euro zusätzlich zu den bereits zur Verfügung gestellten Landeszuschüssen für die Kindertagesbetreuung von über 150 Millionen Euro jährlich kostet.

Das sind Zahlen, die für sich sprechen und zeigen, welche Priorität und Bedeutung die Landesregierung und auch die Koalitionsfraktionen der frühkindlichen Bildung beimessen, denn diese Mehrkosten werden vollständig aus dem Landeshaushalt aufgebracht. In einer wirtschaftlich schwierigen Zeit ist das eine erhebliche finanzielle Anstrengung.

Mir ist das genauso wichtig wie Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordneten der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und wenn sich in unserer Haushaltsentwicklung dafür eine Möglichkeit eröffnet, werden wir auch weiterhin die Chance nutzen, den Personalschlüssel zu verbessern. Aber Wunschträume bringen uns nicht weiter. Die Realität ist sehr viel besser, als Sie hier manchmal den Eindruck erwecken wollen. Ein realistischer Blick auf die Haushaltssituation zeigt auch, dass wir weitere Schritte nur nach und nach unternehmen können, wenn es Spielräume dafür gibt. Das werden wir entsprechend tun, und ich werde mich auch dafür einsetzen. Entscheidend ist aber, dass wir die Mittel, die wir jetzt haben und die wir gesteigert haben - wie wir versprochen haben -, in der derzeitigen, nicht schlechten Situation entsprechend einsetzen und qualifizieren.

Der Bereich Bildung insgesamt wird in den nächsten zwei Jahren entscheidend gestärkt. Für 2013 und 2014 haben wir zusätzlich 30 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Auch das ist nicht selbstverständlich, sondern zeigt, wie wichtig Bildung im Land Brandenburg ist und wie sehr Bildung Priorität hat, auch was den immer schmaler werdenden Haushalt der Landesregierung betrifft. Deshalb empfehle ich den Damen und Herren Abgeordneten, diesen Antrag abzulehnen. - Danke.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin Dr. Münch. - Das Wort erhält noch einmal ein Teil der einbringenden Fraktionen. Herr Abgeordneter Büttner, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Große, in meinem Garten liegen Ziegelsteine - Dachziegel -, und ich brauche einen Dachunterstand an meinem Haus. Es ist schön, dass die dort liegen, aber das Problem ist: Vom Angucken allein ändert sich nichts.

(Beifall FDP)

Wenn Sie sich Ihre Bausteine nur anschauen, wird sich an der Situation nichts ändern.

Selbstverständlich habe ich nicht die kompensatorische gegen die alltagsintegrierte Sprachförderung ausgespielt, sondern die altersintegrierte Sprachförderung muss der kompensatorischen Sprachförderung nachfolgen. Das Problem ist nur, dass Sie es nicht tun.

Frau Ministerin, ich will etwas zu Ihren Sprachberatern sagen Sie kennen ja die Stellungnahme des Paritätischen Wohlfahrtsverbands dazu -: Wir haben dann also insgesamt 4,5 Beratungsstunden pro Jahr und pro Fachkraft. Eine hohe Wirkung werden Sie damit nicht erzielen. Das Problem ist, wir müssen es - da

stimmen wir sogar überein, Frau Große - in der Erzieherausbildung vernünftig verankern, und richtig ist, wir müssen diese überbordete Erzieherausbildung endlich verändern, indem wir sie aufteilen, denn es ist kaum leistbar, was Erzieherinnen in ihrer Ausbildung gegenwärtig leisten müssen. Ich kriege das jeden Tag mit, weil meine Frau nämlich diese Ausbildung macht. Sich auf die einzelnen, wirklich wichtigen Elemente zu konzentrieren funktioniert in dieser Erzieherausbildung nicht. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Erzieherausbildung verändern.

(Beifall des Abgeordneten Hoffmann [CDU])

Frau Kollegin Muhß: 2,5 Millionen Euro für Leitungsfreistellung; ich unterstelle einmal, dass diese Zahl stimmt. Gegenwärtig liegen 22 Millionen Euro an Personalverstärkungsmitteln in unserem Haushalt. Da können wir doch wohl diese 2,5 Millionen Euro nehmen und in die Leitungsfreistellung investieren. Das ist doch vernünftig und gut angelegtes Geld.

(Beifall GRÜNE/B90 und des Abgeordneten Hoffmann [CDU])

Das Problem ist, dass Sie mit Ihrem Totschlagargument immer wieder zu dem Punkt kommen, wir hätten kein Geld. Wir haben Ihnen den Vorschlag gemacht, einen Stufenplan vorzulegen. Da ist es doch Aufgabe aller Abgeordneten - einschließlich der Opposition in diesem Haus -, nach Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Das Problem ist nur: Wenn Sie das Ziel, das Sie erreichen wollen, nie definieren, werden Sie auch nie irgendetwas finden. So speisen Sie uns ab. Deswegen ist Ihr Bekenntnis, dass Sie es besser machen wollen, schlichtweg heiße Luft. Ich kann es Ihnen nicht anders sagen, Frau Ministerin; ich kann Ihnen das auch nicht mehr abnehmen. Ich habe immer gedacht, ständiges Wiederholen - das hilft ja in Kitas auch werde einmal zu Veränderungen führen. Leider stellen wir fest: Es führt nicht zu Veränderungen.

Was wir wollen, Herr Kollege Krause: Wir wollen zumindest erreichen, dass wir auf den Bundesdurchschnitt kommen, nämlich 1:5 und 1:10 - das ist der gegenwärtige Bundesdurchschnitt -, zumindest dorthin wollen wir kommen. Das Problem ist nur: Ich höre immer Ihre Worte, aber lasst mich doch endlich Taten sehen! Wir als Opposition in diesem Haus bieten Ihnen unsere ausgestreckte Hand an, um mit Ihnen zusammenzuarbeiten! Sie wollen sie gar nicht. Sie bleiben stehen, Sie gehen nicht weiter. Sie erklären den Menschen hier in diesem Land, Rot-Rot werde ihnen dabei helfen, in den Kitas eine Verbesserung herbeizuführen. In Wahrheit passiert überhaupt nichts. Das ist falsch, und das muss sich in diesem Land endlich ändern!

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Wir nehmen zur Kenntnis: Sie sind nicht bereit, einen Stufenplan zu erstellen. Sie sind nicht bereit, eine Leitungsfreistellung zu erreichen. Und offensichtlich sind Sie auch nicht bereit, die Erzieherausbildung zu verändern. Sonst würden Sie diesen Antrag nicht ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Kollege Büttner. - Bei großzügiger Auslegung der Redezeiten sind wir jetzt am Ende der Aussprache angelangt. Ich beende sie hiermit.

Wir kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt in der Drucksache 5/5127 der Antrag unter dem Titel „In die frühkindliche Bildung investieren - Chancengerechtigkeit für Kinder stärken!“, eingebracht durch die Fraktion der FDP und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vor. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen wenigen Stimmenthaltungen ist dieser Antrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

(Goetz [FDP]: Moment!)

- Herr Kollege Goetz möchte einen Geschäftsordnungsantrag stellen. Bitte.

Frau Präsidentin, ich habe eine Anfrage zur Geschäftsordnung. Von meinem Sitz sah es so aus, dass es eine Mehrheit für den Antrag gewesen ist. Vielleicht können wir noch einmal schauen.

Auch die Schriftführer hier vorn haben sehr deutlich erkannt, dass die Mehrheit gegen diesen Antrag auch deutlich war.

(Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Herr Goetz sitzt an der falschen Stelle! - Weiterer Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Setzen Sie sich mal auf den roten Stuhl! - Zuruf von der SPD: Das war ein netter Versuch!)

Vielen Dank.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und eröffne Tagesordnungspunkt 4:

Konzept zur Sicherstellung der Medizinischen Versorgung vorlegen

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/5125

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Prof. Dr. Schierack hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gäste sind nicht mehr da. - Wie oft haben wir in dieser Legislatur im Landtag bereits über die medizinische Versorgung diskutiert?

(Frau Lehmann [SPD]: Das ist wohl wahr!)

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das Thema einigen im Landtag schon aus den Ohren hängt; aber die aktuellen Ereignisse erfordern diese Diskussion.

Ja, wir haben darüber debattiert, in Aktuellen Stunden und im Rahmen der Beratung über entsprechende Anträge. Aber was hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren, in der Regierungszeit dieser Koalition, in unserem Land tatsächlich getan?

Ich bin vor zweieinhalb Jahren in den Landtag gewählt worden Sie wissen, ich bin Arzt -, musste aber bald ernüchtert feststellen, wie wenig politischer Wille doch im Gesundheitsministerium herrscht, etwas für die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu tun.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

- Ich bin gespannt auf Ihre Beiträge nachher. - Es hätte schon einen gewissen Unterhaltungswert, wenn es nicht so traurig und so dramatisch für die Angehörigen wäre, mit anzusehen, wie hilf- und planlos diese Landesregierung im Bereich der medizinischen Versorgung im Land reagiert. Ich sage bewusst: „reagiert“, nicht: „regiert“.

Um bei einem aktuellen Fall zu bleiben: Da schließt eine Kinderklinik in Schwedt ihre Pforten, weil - um es kurz zu sagen Ärzte fehlen. Zunächst gab es keine Reaktion vonseiten des Gesundheitsministeriums. Wie immer hieß es, es sei alles in Ordnung im Land. Dann wurden, wie üblich, die Schuldigen gesucht. Wir haben schon gehört, der Klinikträger sei schuld; wahrscheinlich sind es auch die Ärzte und die Krankenkassen. Es wurde auch gefragt, ob die Privatisierung der Klinik schuld an der Schließung sei. Nach dieser Auffassung sind alle anderen schuld, nur nicht die Landespolitik und schon gar nicht die zuständige Ministerin.

(Beifall CDU)

Aber dann gab es - jetzt wird es interessant - aufgrund der medialen Berichterstattung und da es sich um den Wahlkreis Uckermark handelt plötzlich doch eine Aktivität der Politik. Der Ministerpräsident hat ein Krisentreffen und sogar einen Runden Tisch einberufen. Man merke sich also: Der Ministerpräsident wird aktiv - also doch die Politik -, aber das Gesundheitsministerium schweigt weiter und ist nicht vernehmbar.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Der Karneval ist vorbei!)

Dann folgte das Versprechen der Politik - es hieß doch, es sei kein politisches Thema -, bis Ende des Jahres werde man mit einer großangelegten Werbekampagne zwei Kinderärzte nach Schwedt holen.

Was ist das für eine Botschaft? Der Ministerpräsident kümmert sich persönlich, während die Gesundheitsministerin nicht reagiert und sich - wie seit Jahren - für nicht zuständig erklärt. Sie weist immer nur auf die Klinikträger zurück; wir haben es schon gestern in der Antwort erfahren.

Wir als Opposition werden die Entwicklung genau beobachten. Es ist ähnlich wie beim Umgang mit der Situation im Oderbruch: Die Ministerin tut nichts. Dann kommt es zu einem Krisentreffen - mediale Wirkung! -, und plötzlich wird die Ministerin aktiv. Das möchte ich fast „entwaffnenden Aktionismus“ nennen.

Was ist also die Botschaft? Zwei Überlegungen sind denkbar. Erstens: Ist es etwa das neue Konzept der Landesregierung bzw. des Gesundheitsministeriums, zunächst nichts zu machen, aber dann, wenn es brennt, wieder zu einem Krisentreffen zu rufen? Man hat zwar immer noch kein Konzept, keinen Plan, aber dann gibt es wenigstens medienwirksam etwas zu löschen. Wenn dem so ist, dann können wir uns darauf verlassen, dass

es dort, wo Ärzte fehlen, weitere Krisentreffen und weitere Runde Tische gibt.

Oder lautet die Konsequenz aus dieser Botschaft: „Bitte gehen Sie direkt zu Ihrem Ministerpräsidenten! Mit der Gesundheitsministerin lohnt es sich sowieso nicht mehr zu sprechen; sie fühlt sich dafür überhaupt nicht verantwortlich. Der Ministerpräsident beschafft Ihnen die fehlenden Augenärzte, die fehlenden Dermatologen, die fehlenden Orthopäden“? Ich hoffe, dass trifft nicht nur auf die Uckermark zu. - Das meinen Sie doch nicht etwa im Ernst?