Protocol of the Session on April 25, 2012

Drucksache 5/5041

1. Lesung

Auch hierzu wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Die Einbringer beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Inneres. Wer den Gesetzentwurf in Drucksache 5/5041 an den Ausschuss für Inneres überweisen möchte, möge jetzt zustimmen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Ich schließe damit Tagesordnungspunkt 4 und wünsche Ihnen eine erholsame Mittagspause bis 13 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.19 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.02 Uhr)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Neuntes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/5042

1. Lesung

Bevor ich die Aussprache mit dem Beitrag der Kollegin Stark eröffne, begrüße ich herzlich Bürgerinnen und Bürger aus Lübbenau. Seien Sie herzlich willkommen! Außerdem begrüße ich herzlich den Bürgermeister von Schenkendöbern und seine Begleiterinnen. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Frau Abgeordnete Stark spricht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Gäste! Wir behandeln heute den 9. Änderungsentwurf - Gesetzentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes. Im Kern geht es um die polizeiliche Eilzuständigkeit für Zollbeamte. Es handelt sich um einen Gesetzentwurf, der durch die die Regierung tragenden Fraktionen in dieses Parlament eingebracht worden ist. Es kommt nicht sehr häufig vor, dass die Fraktionen Gesetzentwürfe einbringen, und insofern ist es etwas Besonderes.

In diesem speziellen Fall möchte ich am Beginn meiner Ausführungen meinem Kollegen Mike Bischoff danken. Zollbeamte kamen mit dem Anliegen, ihre Befugnisse bzw. Zuständigkeiten im Brandenburgischen Polizeigesetz aufzugreifen, in seine Bürgersprechstunde und haben damit den Impuls für den Gesetzentwurf gegeben. Mike Bischoff hat es in unsere Fraktion getragen, und heute liegt der Gesetzentwurf auf dem Tisch. Danke noch einmal.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Nun also zum Gesetzentwurf. Meine Damen und Herren! Anfang dieser Woche haben wir der Zeitung entnehmen können, dass sich Bundesinnenminister Friedrich mit seinem polnischen Amtskollegen Cichocki sowie den Innenministern der Länder Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern in Frankfurt (Oder) getroffen hat und sie sich mit dem Thema Grenzkriminalität, das seit Wochen und Monaten großen Raum in den Medien und der öffentlichen Wahrnehmung einnimmt, beschäftigt haben. Neben gestohlenen Luxusautos und Wohnungseinbrüchen sind in letzter Zeit auch vermehrt Baumaschinen und landwirtschaftliche Arbeitsgeräte gestohlen worden; wir hatten es mit Negativschlagzeilen zu tun. Die Situation sorgt bei den Geschädigten für Frustration und Verunsicherung. Um dem Problem der Grenzkriminalität zu begegnen, sind zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden. Auch im Plenum haben wir uns schon des Öfteren mit dieser Frage auseinandergesetzt. Bundesinnenminister Friedrich hat in Frankfurt

(Oder) angekündigt, dass die Zahl der in der Grenzregion tätigen Bundespolizisten, die derzeit bei etwa 1 100 liegt, nicht weiter reduziert wird. Ich denke, das ist ein Erfolg. Durch die gemeinsame Dienststelle des polnischen Grenzschutzes und der Bundespolizei, die am vergangenen Montag am Grenzübergang Frankfurt (Oder) - Lqwiécko eröffnet wurde, haben wir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit unseren polnischen Nachbarn weiter verbessert. Nicht zuletzt hat natürlich auch Innenminister Woidke mit der Stationierung der Einsatzhundertschaften im grenznahen Raum auf das Problem der Grenzkriminalität reagiert. Sie sehen, es wurde eine Vielzahl an Maßnahmen ergriffen, um der Lage Herr zu werden.

Zur weiteren Optimierung der Arbeit unserer Sicherheitsbehörden - allerdings im Allgemeinen, nicht nur bezogen auf die Grenzregion und die Grenzkriminalität - wollen wir den Zollbeamten mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gestatten, auf die polizeilichen Befugnisse der Gefahrenabwehr in Eilzuständigkeit zurückzugreifen. Die materielle Ausstattung der Zollbeamten entspricht der der Kollegen unserer Polizei. Sie sind sowohl durch ihre Uniform als auch durch ihre Dienstfahrzeuge für die Bürgerinnen und Bürger erkennbar und werden auch so wahrgenommen. Die Zollbeamten verfügen über Erfahrungen bei der Verfolgung von Straftaten beispielsweise im Steuerbereich oder bei der Bekämpfung illegaler Beschäftigung. Sie haben schon jetzt - wenn man so will - den Status von Polizeivollzugsbeamten und werden nicht selten als „Kriminalpolizei des Zolls“ bezeichnet. Mit der Übertragung dieser polizeilichen Befugnisse stellen wir die Zollbeamten hinsichtlich der Allzuständigkeit den Polizeivollzugsbeamten der Länder und den Polizeibeamten des Bundes gleich. Das halten wir für eine richtige und gute Entscheidung.

Ich möchte betonen - die Opposition wird es vielleicht auch erwähnen -, dass es sich nicht um eine zusätzliche Aufgabenübertragung handelt. Es geht nicht darum, dem Zoll neue Aufgabenfelder zuzuschieben, sondern es geht ausschließlich um die Übertragung von Befugnissen. Die Zollbeamten werden weiterhin im Rahmen ihrer originären Zuständigkeit tätig bleiben. Wenn das Reifenprofil eines Lkws schon gänzlich abgefahren ist oder die Zollbeamten unterwegs auf einen alkoholisierten Autofahrer, der Fahrerflucht begeht, treffen, muss jedoch schnelles Handeln auf der Grundlage eines Gesetzes möglich sein. Insofern, denke ich, ist das vorliegende Polizeigesetz die richtige und kompetente Handlungsgrundlage.

Bisher ist die rechtliche Situation so, dass die Zollbeamten über ihre reguläre Zuständigkeit hinaus zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder zur Strafverfolgung lediglich das sogenannte Jedermannsrecht haben. Das umfasst die Möglichkeiten, die jeder von uns hat, um eine Straftat abzuwehren, und reicht nicht aus. Wenn zum Beispiel ein Straftäter in einem Pkw flüchtet, müssen die Zollbeamten auf die allgemeinen polizeilichen Allkompetenzen wie das Festnahmerecht, die Untersagungsverfügung oder die Identitätsfeststellung zurückgreifen können. Andere Bundesländer haben es schon erprobt; wir sind also nicht die ersten. Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen haben eine allgemeinpolizeiliche Übertragungskompetenz schon vorgenommen und damit gute Erfahrungen gemacht. Auch wenn die Zahl der Fälle überschaubar ist, so denke ich, dass sich die Möglichkeit, im Ernstfall davon Gebrauch zu machen, als positiv erwiesen hat.

Für Brandenburg ist es ein kleiner Baustein, unser Sicherheitsgefüge zu verbessern. Wir haben die Chance genutzt. Es wird

ja im Allgemeinen immer geklagt. Diesen Punkt haben wir aufgegriffen, und ich bitte Sie, dem Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss zuzustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stark. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Lakenmacher hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Stark, wie von Ihnen gerade ausgeführt, zielt der vorliegende Gesetzentwurf darauf ab, den Beamten der Bundeszollverwaltung im Zuständigkeitsbereich der Landespolizei Brandenburg allgemeinpolizeiliche Eilkompetenzen zu übertragen. Richtig ist, dass sich die Aufgaben der Vollzugskräfte der Bundeszollverwaltung in den letzten Jahren verändert bzw. in andere Bereiche verlagert haben. Festzustellen ist daneben auch, dass die Bediensteten der Bundeszollverwaltung im Dienst für den Bürger - Sie haben es erwähnt - zunächst als Uniformierte erkennbar und wahrnehmbar sind. So geht der Bürger selbstverständlich und verständlicherweise davon aus, dass den Zollbediensteten als Uniformierte all die Rechte und Pflichten zustehen, die jeder Polizist im Land Brandenburg hat. Dies ist unter der gegenwärtigen Rechtslage jedoch nicht der Fall.

Dies kann die Zollbediensteten in schwierige Situationen bringen. So kann es vorkommen, dass vom Zöllner in bestimmten Situationen, zum Beispiel bei Vorliegen einer Straftat, ganz selbstverständlich ein dienstliches Einschreiten wie von jedem Polizeibeamten verlangt wird, und schreitet der Zöllner beherzt ein, kann es für ihn persönlich schlimme Folgen haben, weil er seine Kompetenzen überschreitet und sein dienstliches Handeln nicht mehr von einer gesetzlichen Eingriffsgrundlage gedeckt ist. Er geht zum Beispiel auch das persönliche Risiko ein, dass ihm, wenn er Verletzungen davonträgt, die Heil- und Behandlungskosten nicht erstattet werden.

Ich glaube, genau das war der Punkt, Kollegin Stark, Kollege Bischoff, den die Zollbediensteten in Ihrem Bürgerbüro formuliert haben, und nicht die Bekämpfung der Grenzkriminalität.

(Frau Stark [SPD]: Unter anderem auch das, ja!)

Es geht also bei der Übertragung allgemeinpolizeilicher Eilkompetenzen vor allem um die Handlungs- und die Rechtssicherheit der Zöllner einerseits und um den Schutz und die Sicherheit der Zollbediensteten andererseits. Zwar ist - Frau Stark hatte es gesagt - die Anzahl der konkret bekannten Sachverhalte aus den Bundesländern, in denen eine solche Eilkompetenz schon eingeräumt wurde, übersichtlich und begrenzt, dennoch ist es den Zollbediensteten nicht dauerhaft zuzumuten, neben den zollrechtlichen Eingriffsgrundlagen im alltäglichen Dienst nur die Jedermannsrechte zur Verfügung zu haben.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Wie sieht die Praxis aus? In der Praxis ist es heutzutage so, dass die Zollbeamten, wenn Straftäter bei Routinekontrollen gestellt werden, diese nicht einfach laufen lassen. Vielmehr handeln die Zollbediensteten so, dass sie die Zollkontrollmaßnahmen zeitlich strecken, bis die Landespolizei eintrifft. Das erhöht die Gefahrgeneigtheit des Zolldienstes und ist auf Dauer nicht zumutbar. Frau Kollegin Stark, aus diesen Gründen sind wir für die Übertragung der Eilkompetenzen auf den Zoll.

Es werden aber auch Begründungen vorgetragen - Sie haben im Vorfeld und auch heute wieder darauf Bezug genommen -, die ich keineswegs teile. So argumentierten Sie auch heute wieder, dass ein Beitrag zur Bekämpfung der Grenzkriminalität geleistet werden könne.

(Frau Stark [SPD]: Ich habe „nicht nur“ gesagt!)

Diese Argumentation sollten Sie noch einmal in Ruhe überdenken. Denn was wollen Sie uns damit sagen? Diese Frage stelle ich mir. Wollen Sie auf den hier schon hinlänglich debattierten Personalmangel und den Personalabbau bei der Brandenburger Polizei hinweisen?

(Frau Stark [SPD]: Nein, das tun Sie doch immer!)

- Das tue ich immer, richtig. Diesbezüglich entlasse ich Sie auch nicht aus der Pflicht. Wollen Sie den Personalabbau nun endlich infrage stellen? Wenn dem so ist, begrüße ich das späte Eingeständnis. Das habe ich in den letzten Tagen ja mehrfach vernommen.

Ich sage Ihnen aber auch, dass die Übertragung der Eilfallkompetenzen auf den Zoll mit dieser Argumentation dann wieder zum Aktionismus wird.

Die Zollbeamten werden die gesetzlich eindeutig normierten Aufgaben der Brandenburger Schutzpolizei und der Brandenburger Kriminalpolizei in Zukunft nicht übernehmen. Das wissen Sie, das ist nicht ihre Aufgabe und nicht der gesetzliche Auftrag. Erhoffen Sie sich also nicht, dass sich der Zoll nun für die Kriminalitätsbekämpfung hier im Land einsetzt. Erhoffen Sie sich auch nicht, dass der Zoll dann die Aufgaben der drei Hundertschaften nach der dritten Verlängerung der Maßnahme in den Grenzregionen übernimmt - da die Hundertschaften woanders Personallöcher stopfen müssen oder zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität rund um Berlin eingesetzt werden.

Der Überweisung in den Ausschuss stimmen wir zu. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Lakenmacher.

Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Problem der Grenzkriminalität - oder sagen wir besser: der grenzüberschrei

tenden Kriminalität - ist nach wie vor Gegenstand einer intensiven öffentlichen Diskussion. Dabei sind wir uns sicher alle einig, dass auch die Bewohner des grenznahen Raumes einen Anspruch auf zuverlässige Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit haben. Dazu sind in Verantwortung des Landes verschiedene Maßnahmen ergriffen worden. So werden wir auch künftig in besonderer Weise darauf achten, dass es im Zuge der Polizeireform nicht zu einer Personalreduzierung im grenznahen Raum kommt und dass mit der neuen Struktur tatsächlich eine höhere Wirksamkeit der Polizeiarbeit erreicht wird - da ist ja noch einiges zu tun.

Es zeichnet sich zudem ab, dass die drei Hundertschaften der LESE nicht nur vorübergehend einen Beitrag zur Bekämpfung der Grenzkriminalität leisten.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Wichtig ist zudem, dass die Zusammenarbeit der brandenburgischen Polizei mit der polnischen Polizei weiter ausgebaut wird. Zugleich hat der Innenminister immer wieder auf die Verantwortung des Bundes aufmerksam gemacht und die eindeutige Forderung formuliert, dass die Bundespolizei stärkere Unterstützung geben muss, als das gegenwärtig der Fall ist.

(Beifall DIE LINKE)

Um es aber auch ganz klar zu sagen: Wir meinen damit nicht die Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb der EU, wie sie Bundesinnenminister Friedrich gemeinsam mit seinem französischen Kollegen ins Gespräch gebracht hat.