In Brandenburg existieren derzeit über 4 000 Arbeitsplätze in diesem Bereich. Leider wird sich dieses Bild aufgrund des Verlusts von 1 200 Arbeitsplätzen bei First Solar gravierend verändern.
Was können wir als Landesregierung tun? Selbstverständlich können wir als Land Brandenburg die Gesamtentwicklung nicht aufhalten; das überfordert die Möglichkeiten eines jeden Landes. Wir werden jedenfalls nicht den Weg des Landes Sachsen-Anhalt gehen, wo ein Darlehensfonds in Höhe von 50 Millionen Euro aufgelegt worden ist. Der Fonds ist aufgebraucht, aber die Situation der Photovoltaik-Industrie in dem Land ist genauso wie vorher. Das ist tatsächlich der falsche Weg. Ich bitte die Damen und Herren von der FDP, Ihre Auffassung den Kollegen in Sachsen-Anhalt zu übermitteln. Dort wird nämlich genau das getan, was Sie uns vorwerfen, was wir aber nicht tun.
Was können wir weiter tun? Bereits im Januar 2012 habe ich einen mit den Ländern Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern abgestimmten Brief an die Bundesminister Röttgen und Rösler gerichtet. Es ging uns um die Aufnahme eines industriepolitischen Dialogs in Deutschland zu Fragen der Energiewende und zur Entwicklung einzelner Branchen. Schon damals war völlig klar, dass die Wettbewerbssituation in der Modulfertigung sich massiv verändern wird. Deswegen haben wir mit Vertretern der Branche hier in Brandenburg gesprochen. Wir haben unsere Vorteile identifiziert und sind übereingekommen, dass die Frage, was in Forschung und Entwicklung bundesweit gestaltet werden muss, neu zu beantworten ist. Entsprechende Vorschläge sind von uns unterbreitet worden.
Meine Damen und Herren, wir haben darauf noch nicht einmal eine Antwort erhalten! Das nächste Mal wird dieser Punkt auf der Wirtschaftsministerkonferenz thematisiert. Klar ist: Industriepolitik heißt nicht nur „mehr Geld“, sondern auch die gezielte Hinwendung zu Forschung und Entwicklung und Beibehaltung eines stabilen Rahmens für die Umsetzung.
Wir werden den bundespolitischen Dialog weiterführen. Auf der Tagesordnung der nächsten Bundesratssitzung stehen mehrere Anträge zu diesem Thema. Quer durch alle politischen Lager ist angekündigt worden, dass solche Anträge durchaus mitgetragen werden können, insbesondere was die angekündigte Streichung der EEG-Förderung betrifft.
Für Ostbrandenburg haben wir eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit vier Schwerpunkten befassen wird: Erstens geht es um Ansiedlung; darüber habe ich vorhin schon gesprochen. Zweiter Schwerpunkt ist das Flächenmanagement. Dort steht eine riesige Halle. Jetzt muss geschaut werden, wem sie ange
boten werden und wie sie genutzt werden kann. Ferner leisten wir Unterstützung durch eine Transfergesellschaft und im Rahmen der Sozialplanproblematik. Darüber hinaus ist dieser Standort selbstverständlich in den RWK-Prozess eingebunden. Wir brauchen insofern kein neues Instrument. Der RWK-Prozess bildet für uns den Rahmen, innerhalb dessen wir in spezifischen Situationen wie dieser in Ostbrandenburg und speziell in Frankfurt (Oder) Unterstützung leisten können. Die Arbeitsgruppe wird morgen konstituiert. Wir haben uns entschieden, sowohl die IG Metall als auch weitere Vertreter unmittelbar einzubeziehen. Wir wollen mit der Region zusammenarbeiten, um etwas zu erreichen.
Letzte Bemerkung: Wir werden einen Prozess zu Ende bringen. Wir haben gemeinsam mit der Branche angefangen, Vorschläge für ein „Ökolabel“ zu erarbeiten. Eine Bevorzugung heimischer oder europäischer Module ist entsprechend den WTORegeln so nicht möglich; dagegen werden wir auch nicht verstoßen. Wir haben aber nach Qualitätsmerkmalen gesucht, wie etwa der CO2-Abdruck in der Produktion als ökologisches Label genutzt werden kann, um hohe Qualität besonders zu unterstützen. Diese Arbeit war bereits weit vorangeschritten; auch First Solar war einbezogen. Wir werden dennoch die Gespräche weiterführen; denn das war Teil unserer industriepolitischen Vorschläge, die wir auch an den Bund übermittelt haben.
Ich kann nur darum bitten, endlich damit aufzuhören, über solitäre Änderungen von Rahmensetzungen zu reden, ohne uns vorher darüber zu verständigen, welche Wirkungen solche Schritte industrie-, struktur- und regionalpolitisch tatsächlich haben.
Ich bin gespannt auf die nächste Bundesratssitzung. Ich hoffe, dass politische Vernunft und Rationalität auch in diesem Bereich einziehen werden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen zwei Jahren haben wir am Arbeitsmarkt eine positive Entwicklung verzeichnen können. Ende März lag die Arbeitslosenquote bei 11,1 %; sie war damit um 0,6 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat innerhalb dieses Jahres von 740 000 auf 755 000 zugenommen. Das ist eine positive Entwicklung. Herr Bretz, das ist eine Seite von Sozialpolitik. Wenn Sie Ihren sozialpolitischen Maßstab, den Sie an die Bundesregierung anlegen, an die Landespolitik anlegten, dann würden Sie richtig liegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir von „Guter Arbeit“ sprechen, insbesondere von Arbeit, von der man leben kann, dann gibt es noch viel zu tun. Immerhin arbeiten nach dem letzten Bericht über den Arbeitsmarkt in Brandenburg 34 % der
Beschäftigten in sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Hier kann man davon ausgehen, dass Beschäftigte von dieser Art von Arbeit nicht leben können. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass im Osten ein Leiharbeiter im Durchschnitt 1 224 Euro brutto verdient und 20 % dieser Leiharbeiter sogar unter 1 000 Euro verdienen.
Die Koalition hat in ihrer Regierungszeit bisher das getan, was ihr möglich ist. Und, Herr Bretz: Das ist „Sozialpolitik live“. Wir haben ein Vergabegesetz mit einer Untergrenze von 8 Euro verabschiedet. Der Wirtschaftsminister hat die Vergaberichtlinien für Fördermittel verändert. Die Höhe der Fördermittel ist nunmehr abhängig von der Lohnzahlung nach Tarif, von der Quote der Leiharbeiter und auch von ökologischen Kriterien. Der Arbeitsminister führt einen Dialog mit den Sozialpartnern, um mit den Gewerkschaften des DGB und der unabhängigen Vereinigung der Unternehmensverbände zu beraten, wie wir in Brandenburg „Gute Arbeit“ anbieten können.
Alle in Brandenburg sind bemüht, die Zukunftstechnologie der Photovoltaik zu etablieren. Und dann kommt ein Unternehmen aus den USA namens First Solar, baut in kurzer Zeit zwei Werke auf, fasst die Fördermittel ab, macht damit Millionengewinne, und als es auf dem Weltmarkt eng wird, werden die Werke kurzerhand geschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben schon heute vom Manchesterkapitalismus gehört. Das ist wohl richtig. Womit wir es aber auch zu tun haben, ist ein eklatanter Verstoß gegen Artikel 14 Abs. 2 Grundgesetz, der besagt, dass Eigentum verpflichtet und zugleich dem Gemeinwohl zu dienen hat. Das gilt auch für eine Firma aus den USA. Herr Büttner, das hat mit Klassenkampf nun überhaupt nichts zu tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wenn der Markt das allein nicht schafft - also Eigentum, das auch dem Gemeinwohl nützt -, muss dem nachgeholfen werden. Dann muss er in diesem Sinne reguliert werden. Das fängt auf Bundesebene an. Deshalb, Herr Bretz, finde ich die Überschrift der Aktuellen Stunde völlig richtig, weil die Bundesregierung eben nicht ihrer Verantwortung nachkommt, sondern eine Politik betreibt, die einer zweiten Deindustrialisierung des Ostens gleichkommt.
Im Übrigen legt die Kündigung des Betriebsratsmitgliedes in dieser prekären Situation ein beredtes Zeugnis vom Selbstverständnis und der Unternehmenskultur des US-Konzerns ab.
Es sind schon eine ganze Reihe von Maßnahmen genannt worden, wie den Beschäftigten in der Region geholfen werden soll. Ich unterstreiche die Forderung, dass First Solar an einer eventuellen Transfergesellschaft zu beteiligen ist und sie mitfinanzieren muss. Ich finde auch den Vorschlag der IG Metall gut, über eine Nachfolgelösung zu sprechen, die zu einer innovativen und zukunftsfähigen Solarindustrie in Brandenburg beiträgt. Das, was wir brauchen, sind leistungsfähige Produkte mit hohem ökologischen und technologischen Anspruch, die durch hochqualifizierte Fachkräfte entwickelt und produziert und die entsprechend bezahlt werden. Das trifft nicht nur auf die Solarindustrie zu. Das verstehe ich unter anderem unter „Guter Arbeit“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abschließend darauf verweisen, dass das Pilotprojekt Lärm- und Gesundheitsschutz durch Photovoltaik beim achtstreifigen Ausbau der Autobahn zwischen Dreieck Potsdam und Nuthetal, das ein Leuchtturmprojekt der Bundesregierung ist, ein solches innovatives Projekt darstellt. Es darf den willkürlichen und maßlosen Kürzungen der Einspeisevergütung durch die Bundesregierung nicht zum Opfer fallen. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entscheidung von First Solar, sich aus Deutschland zurückzuziehen, ist äußerst schmerzlich für die Menschen und den Standort in Frankfurt (Oder) und natürlich auch für die Region Ostbrandenburg. Es trifft viele Familien, deren Lebensplanung sich nun ändern wird und die vor völlig neuen Herausforderungen stehen.
Nach dem ersten Schock muss jetzt über Konsequenzen nachgedacht werden. Es muss vor allem den Menschen vor Ort schnell, unbürokratisch und wirkungsvoll geholfen werden. Nach Aussage der Arbeitsagentur haben die Arbeitnehmer gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Viele von ihnen haben einen gewerblich-technischen Abschluss, sind also qualifizierte Fachkräfte. Sie werden gebraucht.
Das Beispiel First Solar hat überdeutlich gezeigt, dass es nun einmal so ist, dass einfache Massenproduktion in Deutschland unrentabel ist. Das, was wir in Deutschland gut können, ist, immer zwei Schritte vor den anderen zu sein, wenn es um Innovation, Produktion und Qualität geht. Wir können eben auf Dauer keine verlängerte Werkbank. Wir können aber System-Engineering, Forschung, Entwicklung. Genau das muss wieder industriepolitisch in den Fokus.
Vor drei Wochen erst haben Sie, Herr Minister, gemeinsam mit der ZAB den Standort Brandenburg hoch gelobt. Nachdem sich nun First Solar entschieden hat, sich zurückzuziehen, verkünden Sie gleich den Untergang des Abendlandes.
Wo eine Politik der Besonnenheit angebracht gewesen wäre, verbreiten Sie Panik: Frankfurt ist wieder da, wo die Stadt vor zehn Jahren stand, war Ihre erste Reaktion. Herr Minister, andersherum wird ein Schuh daraus: Sie müssen jetzt in die Spur und als Lobbyist für den Standort werben und nochmals werben.
Die Chancen der Region zu nutzen und einen Plan für die Zukunft gemeinsam mit den Akteuren vor Ort zu entwickeln, das, Herr Minister, ist das Gebot der Stunde, und nicht, Depressivität zu verbreiten.
Ich sage es ganz deutlich auch als Ostbrandenburger: Die Infrastruktur ist besser. Die Menschen sind besser ausgebildet. Die Stadt hat sich als Partner von Investoren mehr als bewährt. Wir haben überhaupt keinen Grund, depressiv zu sein und den Kopf in den Sand zu stecken und so zu tun, als sei in Frankfurt (Oder) die Sonne untergegangen. Das ist nicht so. Die Bürgerinnen und Bürger in Frankfurt (Oder) sehen das übrigens genauso.
Hinzu kommen eine strategisch absolut günstige Lage, nämlich die Nähe zum neuen Flughafen BER, und der wachsende Handel mit den osteuropäischen Nachbarn. Das sind die Fakten, die wir herausstreichen müssen.
Es wird sich zeigen, ob die gestern im Kabinett beschlossenen Maßnahmen mehr als Schnellschüsse sind. Ganz ehrlich, Herr Minister, ich habe noch nicht so richtig verstanden, wie Sie es eigentlich fertig bringen wollen, jetzt 27 Millionen Euro, die Sie noch nicht haben, in die Region umzulenken. In Brandenburg ist es doch so: Wenn ein Investor kommt, stellt er einen Antrag auf Fördermittel, sofern er Unterstützung für Investitionen haben will. Das wird ordnungsgemäß bearbeitet und dann wird nach der neuen Förderrichtlinie geschaut, ob er hineinpasst oder nicht. Das gilt für alle Regionen des Landes. Deshalb, Herr Minister, kann ich das im Augenblick nur als Schnellschuss werten. Im Übrigen ist Frankfurt (Oder) ein Regionaler Wachstumskern. Wir konzentrieren schon jetzt unsere Fördermittel in Frankfurt (Oder) im Zwilling mit Eisenhüttenstadt. Im Augenblick kann ich nicht erkennen, wo das für den Standort in Frankfurt wirkungsvoll sein soll.
Herr Platzeck, Sie wollen eine industriepolitische Debatte führen. Ich kann nur sagen: Toll! Das Spiel haben Sie schon jetzt verloren. Sie sehen doch, dass Debatten nichts nützen, wenn unternehmerische Entscheidungen anstehen. Da geht es um nackte Zahlen. Wir brauchen keine theoretischen Ideologiediskussionen von Leuten, die von der Praxis nichts verstehen. Wir brauchen Vermarkter für Brandenburg, die das Land, die Menschen und die Wirtschaftspotenziale herausstellen.
Der Fehler von First Solar und auch von anderen Solarfirmen war, dass nicht richtig auf Marktbewegungen reagiert wurde. Der Markt wurde völlig überschätzt. Die Erhöhung des Marktanteils geht eben nur über Innovationen. Das fehlt der Branche in Deutschland insgesamt. Bevor sich die Firmen auf ihren Lorbeeren ausgeruht haben, hätte man mit klugen Konzepten des Landes die vorhandenen Defizite im Vertrieb beheben und die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit fördern müssen. Das ist nicht geschehen.
Schon 2010 hatte die Bundesregierung über 100 Millionen Euro aufgelegt, um Unternehmen hier zu unterstützen. Brandenburg ging leer aus. Chance verpasst. Wo waren Ihre Bemühungen, Herr Ministerpräsident? Oder was ist aus der richtig guten Idee geworden, eine Zweigstelle des Freiburger Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme nach Ostbrandenburg zu holen, wie Sie, Herr Minister, es am 04.11. noch großspurig angekündigt haben? Nicht einmal die groß angekündigten Ge
spräche zwischen Ihnen, Herr Minister, und den Vertretern der Photovoltaikindustrie in der Hauptstadtregion haben zu greifbaren Ergebnissen geführt. Herr Ministerpräsident, es bleibt dabei: Ihr Regierungsmotto ist, Ihre eigene Unfähigkeit ist immer die Schuld der anderen, meistens die der Bundesregierung. Ersatzweise ist es die Opposition.
Mit warmen Worten lässt sich keine Wertschöpfung erzeugen. Unsere Zielmarken müssen daher sein: Grundlagenforschung, Technologietransfer, marktreife Produkte. Ich bin mir sicher: Im Gegensatz zur rot-roten Landesregierung haben Brandenburg und Frankfurt (Oder) das Zeug dazu.