Protocol of the Session on March 22, 2012

Der Abgeordnete Schulze hat eine Kurzintervention angemeldet und hat damit für drei Minuten das Wort. - Immer nach dem Redebeitrag, auf den sich die Kurzintervention bezieht, Herr Schulze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Kircheis, liebe Kerstin, ich freue mich über das, was ich hier höre. Die spannende Frage ist nur, warum das zwei Jahre gedauert hat, denn bereits seit zwei Jahren wird auf die von Ihnen expliziert geschilderte Situation mit den Lüftern das ist ja nur ein klitzekleiner Baustein der Probleme - hingewiesen. Aber man soll die Hoffnung nie aufgeben. Ich würde mich nur freuen, wenn zu dieser kleinen Einsicht noch ein paar größere Einsichten kämen, dann könnten wir auch alle wieder gute Freunde werden.

(Oh! bei der SPD - Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Frau Kircheis, Sie haben laut Geschäftsordnung die Möglichkeit zu reagieren. Haben Sie Bedarf? - Danke. Dann fahren wir in der Rednerliste fort. Der Abgeordnete Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Lebenserfahrung lehrt mich, dass das Ziel, dass alle gute Freunde werden, eher Illusion ist,

(Allgemeine Heiterkeit)

aber ich glaube, bei den vorliegenden Anträgen sind wir uns relativ einig. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber es gibt gelegentlich Anträge, die einem so selbstverständlich erscheinen, dass man sich fragt: Warum müssen die eigentlich in diesem Hohen Hause behandelt werden? So geht es mir auch hier, bei dem vorliegenden Antrag. Der Titel lautet ja: „Berücksichtigung der umwelt- und energiepolitischen Zielsetzung der Landesregierung bei der Umsetzung des Schallschutzprogramms am BER.“ Eigentlich müsste dann nur noch ein Satz darunter stehen, der da heißt: Die Landesregierung wird aufgefordert, die gestern in diesem Hohen Hause debattierte Energiestrategie 2030 umzusetzen.- So einfach ist das. Von daher stimmen wir natürlich auch gern diesem Antrag zu.

Was den Entschließungsantrag der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Kollegen Schulze und Götz anbelangt, ich glaube, über dieses Thema haben wir in diesem Hohen Hause schon oft debattiert, da ist die Beschlusslage auch eindeutig. Wenn schon, hätte ich mir gewünscht, dass es dann ein Änderungsantrag ist, weil es rein geschäftsordnungsmäßig problematisch ist, einen Entschließungsantrag zu stellen, der dann ja das eigentlich Richtige - ich habe es eben geschildert - ersetzt. Von daher wäre der Weg vielleicht besser gewesen. Ich glaube, dann wären wir auch nicht zueinander gekommen, aber die Beschlusslage ist eindeutig. Von daher unsere Zustimmung zum Hauptantrag. Ich glaube, das ist selbstverständlich. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Wehlan von der Linksfraktion.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor über einhundert Jahren hat der Medizinnobelpreisträger Robert Koch prophezeit:

„Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen wie die Cholera und die Pest.“

Ich denke, viele Anwohner des Flughafens Berlin Brandenburg empfinden diesen Tag längst als gekommen. Außen vor gelassen bei der unsäglichen Standortentscheidung, fühlen sie sich wenig dabei unterstützt, die Folgen der politischen Entscheidung von 1996 abzumildern. Ihr Kampf für den ihnen zustehenden planfestgestellten Lärmschutz mutiert zur unendlichen Geschichte im kleinteiligen Kampf zwischen Ingenieurbüros, Ämtern und der FBB.

Wie aber kann dieses größte Infrastrukturprojekt Brandenburgs zum Erfolg werden, wenn es nicht ein Mindestmaß an Akzeptanz der dort lebenden Menschen gibt? Das Herumfeilschen der FBB mit dem Ziel, den Standard für den passiven Schallschutz abzusenken und entgegen den Baubeschlüssen umzuinterpretieren, sorgt für weniger Akzeptanz und lässt Vertrauen in Politik schwinden.

(Beifall DIE LINKE, FDP und CDU)

Folgt man dem Umweltbundesamt, so ist es eher Aufgabe, das Schutzniveau zu erhöhen und mehr zu machen als das, wozu man rein rechtlich gezwungen ist. Das ist die zentral formulierte politische Aufgabe an diesem stadtnahen Flughafen.

Und Frau von Halem, Herr Jungclaus: Wenn das Bundesumweltamt feststellt, dass die gesetzlichen Grenzwerte gegen unzumutbare Belastungen in Deutschland deutlich zu hoch sind und es in der Nacht die Einhaltung der Grenzwerte von 40 Dezibel der Weltgesundheitsorganisation anmahnt, eine nationale Flugverkehrsplanung einfordert und dabei insbesondere Regelungen für ein konsequentes Nachtflugverbot für stadtnahe Flughäfen, dann ist die Entscheidungsebene dafür benannt: der Bund. Das Luftverkehrsgesetz und das Lärmschutzgesetz sind in diesem Sinne endlich zu ändern,

(Beifall DIE LINKE)

deswegen hat sich auch das Umweltbundesamt an die Bundesebene gewandt.

Ihnen fehlte dazu die Kraft in Ihrer siebenjährigen Regierungszeit, in einer Zeit, als die Planfeststellung für Schönefeld 2004 beschlossen und 2006 mit der Maßgabe für ein Nachtflugverbot durch das Bundesverfassungsgericht gerichtlich beauflagt wurde.

In Ihrem 2007 novellierten Lärmschutzgesetz finden sich dazu keine Aussagen. Das hat Ihnen damals der BUND deutlich übel genommen. Ihr Verbringen dieser grundsätzlichen bundespolitischen Änderungsbedarfe auf Brandenburg würde nichts ändern. Das wissen Sie auch. Im Übrigen erschließt sich mir nicht, warum Sie heute mit Ihrem Entschließungsantrag der Diskus

sion im Fachausschuss am 19. April zu Ihrem eigenen Antrag vorgreifen wollen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der heute zu diskutierende Sachgegenstand stellt sich den Problemen des passiven Schallschutzes und geht auf ein Fachgespräch des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft am 22. September 2011 zurück, in dem die Mitglieder des Ausschusses, einschließlich Vertreter der Landesregierung, durch Sachverständige mit systemischen Problemen bei der Umsetzung des Schallschutzprogramms konfrontiert wurden.

Das größte Problem ist das Schutzziel selbst, auf das die Schallschutzmaßnahmen ausgelegt werden müssen. Die Flughafengesellschaft will es anders umsetzen, als in der Verfügung des Planfeststellungsbeschlusses für den Tag festgelegt ist. Unsere Raumordnungsbehörde hält diese Verfahrensweise rechtlich für nicht vereinbar und hat ihr widersprochen. Über alle Fraktionen hinweg wurde in der Januarsitzung diese Vorgehensweise der Landesregierung unterstützt.

Im September wurden weitere Probleme benannt: die Raumhöhen der Küchen, die nicht als Aufenthaltsräume bewertet werden, der Umgang mit Wintergärten, die Anwendung von DIN-Normen, die nicht für die ostdeutsche Bausubstanz passen, der Einsatz technisch veralteter Lüfter mit nachteiliger Energiebilanz und ungeregelter Überdruckwirkung im Rauminnern. Letzterem Problemkreis wendet sich der Antrag zu, der in einer Sitzung vor Ort in Blankenfelde in der Musterwohnung der dortigen Wohnungsgesellschaft auf Initiative der CDUFraktion im Dezember 2011 lebhafte und praxisnahe Erörterung und fachliche Untersetzung fand.

Die Presseveröffentlichung am 14. Februar 2012, wonach die Flughafengesellschafter Berlin und Brandenburg eine Aufstockung des Schallschutzprogramms befördern wollen und im April der Aufsichtsrat dazu befinden wird, ist ein positives Signal. Ich hoffe, Herr Genilke und Herr Büttner, dass sich der Bund diesem Ansinnen im April nicht verwehrt.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Während der Abgeordnete Jungclaus für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ans Rednerpult tritt, begrüße ich die zweite Gruppe des Beruflichen Gymnasiums Falkenberg. Auch euch ein herzliches Willkommen im Landtag zu Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Seit Beginn der Legislaturperiode beschäftigen wir uns hier immer wieder mit den unterschiedlichsten Widrigkeiten beim Thema BER. Wir werden dies vermutlich auch in Zukunft noch machen müssen.

Beim vorliegenden Antrag geht es ausnahmsweise nicht um den gesundheitlichen Aspekt von Schallschutz. Im Umfeld des modernsten Großflughafens der Welt sollte Schallschutz selbstverständlich auch Klimaschutz sein.

Bisher wird bei den Schallschutzmaßnahmen jedoch auch an dieser Stelle geknausert. Die bislang geplanten Belüftungstechniken werden den aktuellen Standards nicht gerecht. Die Landesregierung schaut zu, obwohl ihr dies seit langem bekannt ist. Ich möchte Herrn Maschke vom Landesumweltamt mit seiner Einschätzung zitieren, die er im Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft bereits am 22. September 2011 wie folgt ausgeführt hat:

„Wir, die Fachbehörde, sehen reine Zuluftgeräte nicht mehr als Stand der Technik an, sondern empfehlen Zuund Abluftgeräte, kombiniert mit einem Wärmetauscher.“

Trotzdem wird beim Schallschutz weiterhin gespart, wo es nur geht - zulasten der Gesundheit, des Klimas und des Geldbeutels der Anwohnerinnen und Anwohner. Die künstliche Belüftung wird sich zweifelsohne auch in der Stromrechnung niederschlagen. Eine Wärmerückgewinnung könnte dies durch geringere Heizkosten wieder ausgleichen. Das alles wissen wir bereits seit der erwähnten Anhörung im September.

Wieder einmal zeigt sich an dieser Stelle, dass die Landesregierung ihre eigenen Ziele halbherzig verfolgt. Klima- und Ressourcenschutz machen sich gut in Sonntagsreden. Wenn es jedoch konkret wird, herrscht besonders beim Thema um den Flughafen herum Verunsicherung, Verzögerung und Desinformation.

Wie sich in der Anhörung in der letzten Sitzung des Infrastrukturausschusses gezeigt hat, hat das Thema Schallschutzprogramm nach wie vor nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Die dortige Ankündigung der Flughafengesellschaft belegt dies überdeutlich. Statt nachzubessern, will sie mit einem Antrag auf Änderung des Planfeststellungsbeschlusses die Lärmschutzstandards nachträglich sogar noch aufweichen. Das Land Brandenburg als Gesellschafter des Flughafens torpediert damit seine eigenen Auflagen. Da, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Platzeck - auch wenn er jetzt gerade nicht da ist...

(Ministerpräsident Platzeck: Hier ist er! - Zurufe von der SPD: Er ist da! - Heiterkeit)

- Da ist er! Extra gekommen.

(Heiterkeit)

Da, lieber Ministerpräsident Platzeck, sehen wir vor allem Sie in der Pflicht. Als Mitglied des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft müssen Sie diesem Vorhaben entschieden entgegentreten.

Dass die Regierungskoalition den vorliegenden Antrag nun mit unterstützt, finden wir zwar lobenswert. Alles in allem ist es aber schon sehr bezeichnend, dass Sie auf eine Initiative der Opposition warten müssen, um dieser Entwicklung zumindest teilweise gegenzusteuern.

(Zuruf von der CDU: Warum denn nicht?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, es wird Sie sicherlich nicht überraschen, dass auch wir dem vorliegenden Antrag inhaltlich zustimmen werden, obwohl er Ausdruck Ihres Schlingerkurses ist - des Schlingerkurses beim

Thema Flughafen und des Schlingerkurses beim Thema Energiepolitik: Letzten Monat das Bekenntnis zur Braunkohle bis in alle Ewigkeit und die Verabschiedung von Klimaschutzzielen, heute die Forderung nach Klimaschutz bei Schallschutzlüftern. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: In ganz Brandenburg gibt es nicht so viele Wohnungen, wie Sie Lüfter einbauen müssten, um dieses Braunkohlepapier von Ihnen wieder zu kompensieren.

(Beifall GRÜNE/B90)

Auch beim Thema Flughafenauslastung wollen Sie sich waschen, ohne sich nass zu machen. Während wir uns für eine generelle Eindämmung von Flugverkehr einsetzen, reden Sie bereits von der Planung einer dritten Start- und Landebahn. Wir sind der Auffassung, der beste Klima- und Gesundheitsschutz ist jedes Flugzeug, das nicht fliegt. Dies muss Ziel einer nachhaltigen Verkehrspolitik auf EU-, auf Bundes- und natürlich, liebe Kollegin Wehlan, auch auf Landesebene sein.

Unabhängig davon: Solange die Schallschutzmaßnahmen rund um den Flughafen nicht in vollem Umfang umgesetzt sind, darf unserer Ansicht nach auf keinen Fall zwischen 22 Uhr und 6 Uhr geflogen werden.

(Beifall des Abgeordneten Goetz [FDP])

Dies ist die beste Möglichkeit, die Betroffenen vor Gesundheitsschäden zu schützen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und des Abgeordneten Goetz [FDP])

Nun erhält die Landesregierung das Wort. Minister Vogelsänger spricht.