Protocol of the Session on March 21, 2012

In den ersten Wochen nach Veröffentlichung der Energiestrategie hat die FDP-Fraktion insbesondere die gemessen an den Zielen fehlenden Maßnahmen bemängelt. Meine Fraktion erkennt an, dass die Landesregierung Anfang März einen Katalog mit strategischen Maßnahmen vorgelegt hat, der die in der Strategie genannten Ziele flankieren soll, und ich will einige Maßnahmen durchaus lobend erwähnen. Die dezentrale Durchfüh

rung von Maßnahmen zur effizienten Energienutzung wird sich in den Kommunen verbessern, da sie zielgerichteter erfolgen und somit auch mehr Menschen ansprechen und animieren wird, sich in diesem Bereich zu engagieren. Dies trägt zur Steigerung der Akzeptanz bezüglich der Energiewende bei.

Wir begrüßen auch die Ankündigung der Landesregierung, das energiepolitische Informations- und Kommunikationssystem auf Landesebene weiterzuentwickeln. Nur wird das allein nicht ausreichen, um die bevorstehende Herausforderung zu meistern und insbesondere die Akzeptanz der betroffenen Bürger zu erhöhen. Dagegen gibt es ein Bündel an weiteren Maßnahmen, bei deren konkreter Ausgestaltung sich uns ganz praktische Fragen stellen: So plant die Landesregierung die Entwicklung eines Energieeffizienzpreises für kleine und mittlere Unternehmen, für die mithilfe von Preisgeldern ein zusätzlicher Ansporn zur Realisierung weiterer Maßnahmen zur Energieeinsparung geschaffen werden soll. Wir sind davon überzeugt, dass Unternehmen, egal welcher Größe, nicht erst mittels öffentlicher Fördergelder dazu animiert werden müssen, entsprechende Maßnahmen, die allein schon aus wirtschaftlichen Gründen in ihrem Eigeninteresse liegen, umzusetzen.

Ein weiterer Punkt ist die Strahlkraft der geplanten Maßnahmen für mehr Beteiligung und Transparenz. Viel gewollt, nichts gekonnt - lässt sich hier sagen. Die drei von der Landesregierung vorgesehenen Maßnahmen zielen allesamt darauf ab, Entscheidungen der Landes- und Kommunalpolitik sowie der betroffenen Unternehmen besser zu kommunizieren. Mit Transparenz oder Bürgerbeteiligung haben alle drei aufgeführten Maßnahmen, wenn überhaupt, nur am Rande zu tun, da sie übergreifend nicht von einem offenen Diskussionsprozess zwischen Unternehmen, Verwaltung und Bürgern ausgehen, sondern die Bürger über oftmals tendenziell schon feststehende Entscheidungen informieren wollen, um so die gesellschaftliche Akzeptanz zu steigern. Nach Ansicht meiner Fraktion taugen die von der Landesregierung vorgesehenen Maßnahmen allenfalls in Ansätzen dazu, mehr Beteiligung zu erzeugen und Transparenz zu schaffen.

Was bei Ihnen am Schluss kommt, ist nicht automatisch immer das Beste, zumindest nicht im Fall des Maßnahmenpakets. Es ist in gewisser Weise bezeichnend für die Qualität dieses Papiers, dass dem gesamten Bereich Forschung und Entwicklung lediglich eine Seite und fünf Zeilen beigemessen werden. Da stellt sich uns Liberalen die berechtigte Frage, welche Rolle das Wissenschafts- und Forschungsministerium bei der Erarbeitung des Maßnahmenpakets eigentlich gespielt hat und warum die Wissenschaftsministerin die Schaffung einer Energieuniversität - völlig in Ordnung, das hatte ich ja gesagt, Sie müssten nur einmal an Ihrer Kommunikationsstrategie arbeiten - ins Spiel bringt und der Stärkung der Forschungslandschaft das Wort redet, wenn sie ihre Fachbereiche mit ein paar Allgemeinplätzen am Ende des Katalogs abspeisen lässt und diese nicht, wie es sich gehörte, ins Zentrum der Strategie des Landes stellt. Die nachrangige Stellung von Forschung und Entwicklung im Papier der Landesregierung ist ein Offenbarungseid, was die Prioritäten der Landesregierung in der Energiepolitik angeht. Offener als mit einer Randnotiz kann man sein Desinteresse am Forschungsstandort Brandenburg nicht zum Ausdruck bringen. Mit verantwortungsvoller Politik hat das rein gar nichts zu tun.

(Beifall FDP)

Was bleibt angesichts der Defizite des von der Landesregierung vorgelegten Energiepapiers künftig zu tun? Mit Blick auf die Braunkohle, die in den kommenden Jahrzehnten eine Brückenfunktion einnehmen wird, stehen wir als FDP-Fraktion neuen Tagebauen und Kraftwerken aufgeschlossen gegenüber, wenn deren Notwendigkeit mit Zahlen belegt ist. Im Falle neuer Tagebaue benötigen wir jedoch ein energiepolitisches Junktim, das Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit in einen direkten Zusammenhang setzt. Dies setzt voraus, dass sich die Länder gemeinsam mit dem Bund auf ein Gesetz zur Erprobung und Erforschung der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid verständigen. Genau an dieser Stelle erwartet meine Fraktion, dass sich Ihre Landesregierung, Herr Ministerpräsident, bewegt und Anlauf für ein neues Gesetzgebungsverfahren nimmt - nicht zuletzt, da die Erprobung und Anwendung von CCS und CCU mit dem Ziel einherginge, Brandenburg als Energieforschungsregion zu stärken.

Brandenburg benötigt - zweitens - bezahlbare Energie. Der Weg zu bezahlbarem Strom und Gas sowie bezahlbarer Wärme führt über zwei Wege: über einen fairen Lastenausgleich zwischen den Bundesländern, in denen Energie produziert wird, und den Ländern, die diese Energie importieren. Die gegenwärtige Regelung benachteiligt die Brandenburger Verbraucher, da sie die finanziellen Hauptlasten des vor Ort notwendigen Netzausbaus tragen, obwohl die gesamte Republik davon profitiert. Es muss also darum gehen, alle Bürger an den Kosten der Energiewende zu beteiligen. Brandenburg, das schon heute die Hauptlasten der Energiewende trägt, darf durch den Flächenverbrauch und die höhere anteilige Finanzierung der anfallenden Kosten nicht doppelt benachteiligt werden, meine Damen und Herren.

Die Landesregierung muss - drittens - Energiepolitik deutlich stärker als Wirtschaftspolitik erkennen und nutzen. So richtig die Forderung nach einem Ausbau der Netze ist, so offensichtlich ist es auch, dass sich energieintensive Betriebe künftig eher dort ansiedeln sollten, wo es aufgrund des Ausbaus der regenerativen Energien zu Energieüberschüssen kommt - und auch künftig kommen wird -, wo der Weg zur Energie also vergleichsweise kurz ist. Die Energiestrategie des Landes benötigt daher eine deutlich wirtschaftlichere Ausrichtung, in deren Fokus die Ansiedlungspolitik energieintensiver Industrien und des Mittelstandes steht und die die hierfür notwendigen Ansiedlungsprogramme entwickelt.

(Beifall FDP)

Viertens und letztens spricht sich die FDP mit Blick auf die Beteiligung der Bürger als einzige Fraktion in diesem Haus für den Einsatz von Mediatoren zur Beteiligung von Bürgern am Planungsprozess und zur Schlichtung von Problemen bzw. Streitigkeiten im Energiesektor aus.

Unser Anspruch ist es, die notwendigen energiepolitischen Maßnahmen mit einer möglichst breiten gesellschaftlichen Unterstützung und mit einem hohen Grad an Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger zu realisieren. Nur durch das Verständnis für die Notwendigkeit der vielen verschiedenen Projekte bietet sich die Möglichkeit, diese im Konsens aller Akteure ohne große Verzögerungen zu prüfen und umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte zeigt, wie groß die Herausforderungen sind, vor denen Brandenburg in der

Energiepolitik steht. Sie zeigt aber auch, wie groß die Perspektiven und die Anreize sind, diese Herausforderungen anzunehmen und gemeinsam erfolgreich zu meistern.

Meine Fraktion hat frühzeitig einen breiten Dialog aller Akteure gefordert und Ihrer Regierung, Herr Ministerpräsident, mehrfach die Hand gereicht. Dass diese weder das Angebot der Opposition noch die zahlreichen Hinweise von Experten und Verbänden im Gesetzgebungsverfahren angenommen hat, legt den Verdacht nahe, der Landesregierung sei es nur darum gegangen, nach zwei kräftezehrenden Jahren Arbeit an der Strategie gesichtswahrend, ohne weitere Blessuren und Änderungen aus dem Verfahren herauszukommen.

Das Ergebnis bleibt mager, Herr Ministerpräsident. Genau deshalb ist es richtig, hier und heute die notwendige Auseinandersetzung darüber zu führen. Ich bin überzeugt: Die Energiewende wird uns gelingen, und Brandenburg wird daran einen großen Anteil haben -

(Frau Lehmann [SPD]: Na bitte!)

aber nicht wegen, sondern trotz der sogenannten „Energiestrategie“ der Landesregierung.

(Oh! bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Für die weitere Entwicklung der Energieregion ist es nötig, bei der Formulierung und Überprüfung von Zielen und Maßnahmen mit dem gebotenen Ehrgeiz zu Werke zu gehen. Dazu, Herr Ministerpräsident, scheinen Sie, scheint Ihre Landesregierung derzeit keine Kraft zu haben. Das ist offenkundig geworden. Sie sind mutlos, phantasielos und planlos. Brandenburg braucht aber mehr. - Vielen Dank.

(Beifall FDP sowie vereinzelt CDU - Bischoff [SPD]: Bla, bla, bla! Heiße Luft von der Turbine!)

Wir setzen mit dem Beitrag der Linksfraktion fort. Die Abgeordnete Kaiser spricht zu uns.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine Regierungserklärung zur Energiestrategie war gefordert; heute ist sie abgegeben worden. Die Regierung hat sich erklärt, Herr Büttner. Wir debattieren hier seit zwei Stunden. Wenn Sie „planlos“ sagen, sage ich: Ihre Rede hat eher Hoffnungslosigkeit in Bezug auf den Kern Ihrer Politik gezeigt.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Zuruf des Abgeordneten Büttner [FDP])

Mit der Energiestrategie liegt ein wichtiger Meilenstein der Energiepolitik des Landes auf dem Tisch. Er ist sichtbar.

Klar ist: Strom brauchen wir alle - in diesem Land, in der gesamten Bundesrepublik und in dieser einen Welt.

Kollegin Ludwig von der CDU hat hier ihren „festen“ Standpunkt deutlich gemacht; sie erschien mir aber eher festgefahren. „Brandenburgverträglichkeit“ von der Kohle bis zur Erd

wärme ist keine moderne Energiepolitik. Die Kollegin bemühte hier die Heimat, die Natur, die Mark. Der RBB hat es übertragen. Ich weiß nicht, ob den Menschen in Brandenburg, die sie vermeintlich angesprochen hat, dabei warm ums Herz geworden ist. Ich habe ihren ideologischen Wind vernommen. Sie hat auch verbal eine Kohle draufgelegt. Davon aber, sehr geehrte Kollegin Ludwig, die leider die Debatte im Saal nicht mehr verfolgt...

(Zurufe: Doch!)

- Wo ist sie? - Sie sitzt dort.

(Frau Lehmann [SPD]: Beim Landesrechnungshof!)

- Beim Landesrechnungshof? Dann kann sie mich wenigstens hören.

Von dieser Art erklärter Heimatliebe, Kollegin Ludwig, wird wohl niemandem warm ums Herz. Mir wird eher mulmig dabei. Ich bitte Sie: Wir reden von Politik, von Zukunft. Sie müssen aufpassen; sonst verwechseln Sie populäre Positionen mit Populismus,

(Frau Lehmann [SPD]: Hat sie schon!)

sonst verwechseln Sie eine bodenständige Sicht mit dem Blickwinkel der Gartenzwerge.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor uns liegt nicht ein Fünfzehnjahrplan zur Einführung eines Sonnenstaates. Auch soll hier kein Schutzwall um Braunkohlekraftwerke gebaut werden. Die heutige Regierungserklärung konnte doch niemanden im Hause wirklich überraschen - höchstens positiv. Die Weichen der Energiepolitik Brandenburgs sind auf Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit, auf erneuerbare Energien gestellt. Wir blenden dabei - das war zu hören - soziale Belange und Realitäten nicht aus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition - zumindest auf der Seite von CDU und FDP -: Ja, unser Herangehen unterscheidet sich grundsätzlich, und zwar in zwei Richtungen: erstens in den Zielen bzw. darin, welches Ziel wir zu welchem Zeitpunkt für realistisch halten; zweitens in der Beschreibung des Weges, den wir einschlagen wollen, in den Schritten, die wir gehen. Die übergroße Mehrheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger will den Übergang zu erneuerbaren Energien und das aus gutem Grund. Deswegen ist auch das die zentrale Perspektive unserer Energiestrategie für das Land bis 2030.

Ja, Herr Ministerpräsident, auf erneuerbare Energien setzt Brandenburg schon seit längerem. Ohne einen breiten Konsens in diesem Haus über die Bedeutung erneuerbarer Energien schon zu Zeiten, als die Linke noch in der Opposition war, wären wir im Land nicht so weit gekommen, wie Sie es in Ihrer Regierungserklärung heute darlegen konnten.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Mit der aktuellen Energiestrategie geht es einen entscheidenden Schritt weiter. Es geht nicht mehr nur um den Vorrang für erneuerbare Energien; es geht darum, den Durchbruch für

erneuerbare Energien zu organisieren. Kern dieser Energiestrategie ist es, die technischen, technologischen, ökonomischen und auch gesellschaftlichen - sagen wir: kulturellen - Voraussetzungen dafür zu schaffen. Ganz klar: Das ist das Gebot der Stunde.

Aber indem Brandenburg jetzt an dieser Stelle Tempo macht, wird deutlich: Es ist nicht nur die allgemeine Entwicklung, die uns hier mitzieht. Die rot-rote Koalition, Wirtschaftsminister Christoffers und, Herr Kollege Büttner, unsere Umweltministerin Tack gehen hier gemeinsam und entschieden vor - aber Schritt für Schritt!

(Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Das vollzieht sich klar erkennbar in der Richtung und ohne über die Schwierigkeiten, Probleme, Widersprüche und Interessengegensätze im Land einfach hinwegzugehen. Damit kämen wir nicht weiter. Auch wir als Linke stehen dazu: Ohne Akzeptanz im Land wird es nachhaltig nicht gehen.

Die Demonstration vor dem Landtag ist genau ein Beleg für diese Auseinandersetzung. Sie zeigt, wie unterschiedlich groß die Akzeptanz ist, je nachdem, wie der Einzelne davon betroffen ist. Die vielen Menschen, die um ihre Arbeit bangen, haben eben auch das Recht darauf, gehört zu werden, darauf, dass ihre Belange berücksichtigt werden. Ich finde es in Ordnung, dass die Kollegen von Greenpeace uns in Richtung erneuerbare Energien weiter Druck machen, auch wenn die Kollegen aus Hamburg kommen.

(Görke [DIE LINKE]: Drei! Mit einem großen Auto!)

Meine Damen und Herren, wir stehen vor tiefgreifenden Veränderungen in unserem Land. Die Energieerzeugung wird sich zunächst wirklich verlagern - vom Süden des Landes in den Norden, eigentlich in alle Landesteile. Es wird auch weiterhin Fläche verbraucht werden, um Energie zu erzeugen. Die Energieerzeugung wird den Leuten auf die Pelle rücken - uns allen. Es wird nicht anders gehen. Wir bekommen die Probleme vor die Haustür und lassen sie nicht einfach im Kohleabbaugebiet. Mit den erneuerbaren Energien werden nicht mehr ganze Dörfer verschwinden müssen. Was Brandenburgerinnen und Brandenburger in der Zukunft mit den Energieerzeugern zu verhandeln haben, das sind nicht mehr die Bedingungen des Verlusts von Lebensumfeld, Haus, Hof, Geschichte und Kultur, sondern das sind die Bedingungen der Heimatgestaltung.

Das bringt neue Herausforderungen für alle Beteiligten mit sich; der Ministerpräsident hat vorhin schon darüber gesprochen. Die Landesregierung und diese Koalition wollen und werden dabei verlässliche Partner sein und ehrlich verhandeln. Wir meinen es ernst, wenn wir die Bedeutung der Akzeptanz so stark betonen. Das hat sich gerade bei den Auseinandersetzungen um CCS gezeigt. Ja, diese Technologie ist umstritten. Sie wird auch dann umstritten bleiben, wenn wir mehr darüber wissen. Wir, die Linke, haben immer auf außerordentlich hohe Sicherheitsstandards bei der Erforschung dieser Technologie gesetzt. Das ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben und das schlägt sich auch in der Meinungsbildung der Landesregierung nieder. Es gibt keinen Grund, von diesen hohen Sicherheitsanforderungen abzurücken.

Ich kann auch wirklich nicht erkennen, dass das jemand beabsichtigt. Nur kann ich auch nicht erkennen, dass in westlichen Bundesländern anders Politik gemacht wurde als mit dem Blick auf ihre eigenen Länder. Hier war nicht Verlässlichkeit gefragt, keine Energiepolitik in einer Bundesrepublik, in einer Welt, sondern dabei ging es um Wahlkampfinteressen, und das halte ich nicht für verantwortungsbewusst.

(Beifall DIE LINKE und SPD)