Protocol of the Session on March 21, 2012

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Wir brauchen also Akzeptanz. Weil wir Akzeptanz wollen, sind wir - ich glaube, das braucht man hier niemandem zu erklären seit Jahren im Land unterwegs, um mit allen Beteiligten, auch mit denen, die Schwierigkeiten mit unserer Energiepolitik haben, in einen Dialog zu treten. Wir brauchen damit nicht erst jetzt anzufangen, sondern wir haben das zur Grundlage unserer Politik gemacht, seit es das demokratische Brandenburg gibt. Sozialdemokraten stehen vor Ort Rede und Antwort. Die Landesregierung hat sich bei der Erarbeitung dieser Strategie so intensiv wie nie zuvor bei einer vergleichbaren Strategie darum bemüht, die Kontakte zu den Bürgerinnen und Bürgern, zu den Fachleuten, zu den Betroffenen, den Beteiligten der Energieversorgungsunternehmen und den Bürgerinitiativen im Land zu suchen. All das ist in einer großen Zahl von Runden und Anhörungen erfolgt. Ich habe heute das erste Mal gehört, dass darüber geklagt wird, dass man nicht gefragt wurde. Selbst wenn es so wäre, könnte man doch zumindest feststellen, dass wir mit dem, was da ist, das getroffen haben, was die Brandenburgerinnen und Brandenburger tatsächlich denken.

Erst vor kurzem haben wir eine Umfrage in Auftrag gegeben und erfahren, dass es im Interesse der Brandenburger ist, dass die Windenergie ausgebaut wird. Das ist das Ziel, das wir ver

folgen. Deswegen glaube ich, Frau Dr. Ludwig, Sie haben eben nicht verstanden, was die Brandenburger denken.

(Beifall SPD)

Wenn das Ziel also erneuerbare Energien heißt, könnte man ja sagen: Das ist ja alles schön, dann lasst uns das möglichst schnell vorantreiben und aus der Braunkohle aussteigen, denn die ist doch klimaschädlich. - Wenn es so einfach wäre - und da schaue ich jetzt zu den Grünen - und dem Klima, dem Land Brandenburg sowie Deutschland und Europa nutzen würde, dann würden wir das sicherlich auch tun. Aber so einfach geht es eben leider nicht, deshalb kann ich Sie von den Grünen von der Kritik nicht ausnehmen. Die Politik, die die Grünen verfolgen, führt leider auch nur in eine Sackgasse. Sie gehen zwar in die richtige Richtung - das Ziel, die erneuerbaren Energien so schnell wie möglich auszubauen, haben wir gemeinsam -, aber Sie reißen die Brücke - dieses Beispiel hat Ministerpräsident Platzeck gebracht -, auf der wir gemeinsam laufen, schon ab, bevor Sie das andere Ufer auch nur sehen. Das ist fatal. Denn wir müssen - davon sind wir überzeugt -, um die erneuerbaren Energien in Brandenburg und in Deutschland zu etablieren, noch auf lange Zeit Brückentechnologien nutzen. Da reicht es eben nicht, das eine oder andere Gaskraftwerk zu bauen, was derzeit nicht ausreicht und ohnehin wirtschaftlich kaum möglich ist - übrigens auch ein Problem der Bundesregierung; dazu komme ich noch -, sondern wir müssen in diesem Land auf Jahrzehnte hinaus weiterhin auch Braunkohlekraftwerke betreiben. Dazu höre ich von den Grünen, es wäre rechnerisch bzw. theoretisch und vielleicht sogar wissenschaftlich nachvollziehbar möglich und denkbar, dass sich das Land Brandenburg im Jahre 2030 allein durch erneuerbare Energien versorgt.

(Vogel [GRÜNE/B90]: Plus Berlin!)

- Ja, und vielleicht sogar noch Berlin; Berlin als deindustrialisierte Stadt und Brandenburg als Land mit relativ wenigen stromintensiven Unternehmen. Vielleicht wäre das sogar möglich, aber dazu sage ich: Das wäre verantwortungslos, weil Deutschland darauf angewiesen ist, dass im gesamten Land genug Strom produziert wird, um die großen Unternehmen, die industriellen Kerne am Leben zu erhalten, die auch ein Garant dafür sind, dass sich Brandenburg als Bundesland weiterhin positiv entwickelt. Brandenburg muss deshalb ein Stromexportland bleiben! Davon sind wir überzeugt.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Wir exportieren Strom ja nicht nur nach Süddeutschland, sondern aus Brandenburg fließt Strom auch ins Ausland, auch nach Frankreich, das gerade im Winter darauf angewiesen ist, dauerhaft Strom zu importieren, sowie nach Polen und Tschechien. Dorthin fließt der Strom, der in Brandenburg produzierte Strom, weil Europa insgesamt keinen Stromüberschuss hat.

Es muss in unserem Land, in Deutschland, Regionen geben, in denen Strom produziert wird. Wir können nicht verantwortungslos sein und so tun, als wären wir wie Robinson Crusoe auf einer kleinen Insel, die dann klimaverträglich nicht mit Palmen, sondern mit Kiefern ausgestattet wäre, und wir blicken dann fröhlich aufs Meer hinaus. Wir sind keine Insel! Brandenburg ist ein Teil Deutschlands und Europas, und es hat eine Verant

wortung für Deutschland und Europa, gerade auch als Stromexportland.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das ist natürlich auch in unserem Interesse. Das ist sehr wohl brandenburgverträglich in jeder Hinsicht, denn das schafft Arbeitsplätze, und zwar - das hat der Ministerpräsident sehr deutlich gesagt - gute Arbeitsplätze. Das schafft Arbeitsplätze, die so gut bezahlt werden wie kaum ein anderer Arbeitsplatz in unserer Region. Eine starke Arbeitnehmerschaft, übrigens auch starke Gewerkschaften - traditionell in diesem Bereich vertreten -, und trotzdem auch gut aufgestellte Unternehmen sind Musterbeispiele dafür, wie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg stark geworden ist: durch eine gut funktionierende Sozialpartnerschaft zwischen Gewerkschaften und Unternehmen, durch starke Betriebsräte sowie eine gut aufgestellte, gut bezahlte, gut qualifizierte und hochmotivierte Arbeitnehmerschaft. Das sehen wir im Augenblick auch in der Lausitz und das wollen und dürfen wir nicht einfach so aufgeben. Das ist auch eine Verpflichtung unseres Landes!

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Natürlich würden wir uns das Gleiche auch für die Solarindustrie im Lande wünschen. Aber auch dabei - der Ministerpräsident hat zu Recht darauf hingewiesen - gibt es leider Probleme, was die Bezahlung, die Struktur der Arbeitnehmerschaft sowie auch - vielleicht hängen diese Probleme ja doch damit zusammen - die Stärke der Gewerkschaften angeht. Das ist nur scheinbar kein Thema der Energiestrategie, denn dazu gehört natürlich auch, zu erkennen, wovon dieses Land eigentlich lebt, worauf wir zukünftig setzen können und worauf wir uns einstellen müssen.

Deswegen ist es völlig undenkbar und geradezu unverantwortlich, wenn wir sagen, wir könnten jetzt schnellstmöglich aus der Braunkohle aussteigen. Das wäre eine ungeheuerliche, eine ignorante, eine geradezu menschenverachtende Politik, wenn es um die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieses Landes geht. Eines Tages - darauf setzen wir - werden sich hier die Gewichte verändern. Auch das ist etwas, was sich langfristig entwickelt, sich entwickeln muss, aber was eben nicht von heute auf morgen geht. Auch deshalb ist die Braunkohle für uns ein wichtiger Faktor. Ich meine, das muss man auch an dieser Stelle immer wieder betonen.

Wir können also nicht gleichzeitig aus Atomenergie und Braunkohle aussteigen. Wir brauchen sie weiter als Brückentechnologie. Wir können den Menschen in der Lausitz auch nicht zumuten, dass ständig über deren Zukunft diskutiert wird, denn das bedeutet für sie Unsicherheit. Wir wissen aber - das will ich nochmals betonen -, dass das Ziel darin besteht, eine Versorgung mit erneuerbaren Energien zu erreichen, aber das wird bei allem Realismus noch nicht in den nächsten 20, 30 Jahren in diesem Lande der Fall sein. Es wird bis dahin nicht gelingen, Deutschland allein aus erneuerbaren Energien zu versorgen. Und sollte es wider Erwarten doch sein, dann, aber auch nur dann werden wir gezwungen sein, für die Lausitz etwas schneller Alternativen zu finden. Heute ist es - davon bin ich überzeugt - der richtige Weg, auf diesen Mix zu setzen, den uns auch die Energiestrategie des Landes präsentiert.

Das ist auch das, was die Brandenburgerinnen und Brandenburger meinen. Darin hat die Umfrage uns bestätigt. Zwei Drittel aller Brandenburgerinnen und Brandenburger sind überzeugt: Wir brauchen Braunkohle als Übergangstechnologie. Ein gleichzeitiger Ausstieg ist nicht möglich. Übrigens auch fast die Hälfte der Grünen-Anhänger sagen das. Vielleicht sollten Sie daraufhin auch einmal Ihre Strategie überprüfen, Herr Vogel.

(Vogel [GRÜNE/B90]: Wenn die Fragen so gestellt werden, fallen die Antworten auch so aus!)

Ich glaube, Sie fragen vielleicht einfach auch falsch.

(Zuruf von der CDU: Gott sei Dank entscheidet das Herr Holzschuher!)

Sie können ja selbst einmal eine Umfrage in Auftrag geben. Ich glaube nicht, dass Ihre Ergebnisse wesentlich anders wären. Vor allem die Sonntagsfrage wird auch nicht in Ihrem Sinne beantwortet werden.

Ich komme zum Thema zurück.

(Zuruf von der CDU: Die Luft ist raus!)

Energie, das ist das zentrale Thema der nächsten Jahre. Die Energiepolitik dieses Landes wird uns über lange Zeit beschäftigen, weil es eben nicht so ist, dass man mit einer Strategie für die nächsten 10, 20 Jahre die Arbeit getan hätte. Matthias Platzeck hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das ein Prozess ist und dass wir heute noch nicht sehen, wie genau das Ziel, das wir haben, erreicht werden kann. Aber um diesem Ziel näher zu kommen, ist diese Strategie der einzig realistische Weg - ein Weg, der beides vor Augen hat: die aktuelle Lage, das Erfordernis, Brandenburg als Exportland zu bewahren, und das Ziel, Stromerzeugung eines Tages ohne klimaschädliche Gase, erneuerbare Energien im Vordergrund, zu ermöglichen.

Ich bin dankbar, dass die Landesregierung dies mit großem Bedacht und großer Sorgfalt vorbereitet hat, dass sie sich nicht von einigen hat treiben lassen, die da geschrien und gefordert haben: „Es muss jetzt endlich mal was auf den Tisch!“, dass sie sich sehr wohl Gedanken gemacht und dass sie sich um die Belange der Brandenburgerinnen und Brandenburger gekümmert hat. Ich bin sicher, wenn wir auf diesem Weg weitergehen, dann wird Brandenburg auch in 20 Jahren ein versorgungssicheres Land, ein Energieexportland, ein Land sein, in dem die Energieerzeugung auf große Akzeptanz stößt, und ein Land, in dem alle sagen: Wir sind stolz, in diesem wunderschönen Land leben zu dürfen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Büttner spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Mit Beschluss vom 25. März 2010 hat der Landtag die Landesregierung aufgefordert, bis zum März 2011 die Fortschreibung der Energiestrategie des Landes Brandenburg vorzulegen. Zeit genug, möchte man

meinen, um auf der Grundlage der bestehenden Energiestrategie 2020 des Landes und des umfänglich vorhandenen Datenmaterials eine inhaltlich solide und zwischen den Fachressorts des Kabinetts einvernehmlich abgestimmte Folgestrategie zu erstellen.

Leider weit gefehlt: Wirtschafts- und Umweltministerium haben sich fast ein Jahr länger Zeit genommen, die Energiestrategie 2030 vorzulegen - fast zwei Jahre, die insbesondere geprägt waren von Unstimmigkeiten

(Zuruf von Frau Ministerin Tack)

- ja, Frau Ministerin Tack, zu Ihnen komme ich nachher noch ausführlich

(Zurufe von der SPD)

zwischen den Fachressorts des Ministers Christoffers und von Frau Ministerin Tack und einem Ministerpräsidenten, der einen offen ausgetragenen Konflikt zu lange hat schwelen lassen, statt von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen. Fast zwei Jahre, in denen weder Abgeordnete noch Experten noch die Brandenburger Bevölkerung wirklich wussten, in welche Richtung die Landesregierung das energiepolitische Schiff steuern möchte und mit welchen Maßnahmen der eingeschlagene Kurs in Richtung Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Umweltverträglichkeit und öffentliche Akzeptanz gehalten werden soll.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wir haben ja noch den Bund!)

- Beruhigen Sie sich, Frau Kaiser! Sie regen sich immer so auf, Frau Kaiser, das tut nicht gut, das ist auch nicht gut für Ihre Gesundheit.

(Beifall FDP und CDU)

Das Bild, das hierdurch in den vergangenen zwei Jahren entstanden ist, ist das einer uneinigen Regierung, deren Kabinettchef die Energiefrage zum zweiten großen Zukunftsthema neben der Verbesserung der Chancen auf Bildung ausgerufen hat, der jedoch zunehmend, eingeholt von der Tagespolitik, selbst immer weiter in die Defensive gedrängt wurde und die festgefahrene Situation nur mithilfe eines Machtwortes wieder unter Kontrolle bringen konnte. In der öffentlichen Wahrnehmung hat sich das Bild von einer Landesregierung eingebrannt, die einerseits keine Gelegenheit auslässt, die Energiepolitik des Bundes zu kritisieren,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Zu Recht!)

die hinsichtlich konkreter Maßnahmen und der zeitlichen Perspektive ihrer eigenen Strategie jedoch selbst einen Igel in der Tasche hat.

(Beifall FDP)

Während der Bund mit einer eingeleiteten Energiewende, die im Grundsatz von allen Parteien mitgetragen worden ist, weswegen sich auch niemand der hier Anwesenden aus der Verantwortung stehlen kann, den Blick auf die kommenden Jahrzehnte richtet, begnügt sich das Land Brandenburg mit einem vergleichsweise kleinen Planungshorizont bis 2030.

Verantwortungsvolle und langfristig planbare Energiepolitik für Brandenburg sieht anders aus, meine Damen und Herren von SPD und Linke!

(Beifall FDP)

Sehr verehrter Herr Ministerpräsident, ich kann es Ihnen und uns nicht ersparen, auch Ihre Rolle im bisherigen Diskussionsund Arbeitsprozess eher als begleitend denn als leitend zu bezeichnen. Angesichts des Gewichts, das Sie der Energiepolitik bereits in der letzten Legislaturperiode beigemessen haben, war Ihr Auftritt seit dem Antritt dieser Landesregierung nicht das eines zupackenden Landesvaters, sondern eher das eines Ministerpräsidenten, der in Gedanken gern in präsidialem Stil regieren möchte, den der harte und beschwerliche Regierungsalltag jedoch immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt und der seine Minister besänftigen muss, statt koalitionsinterne Debatten zu moderieren.

Zu der herausgehobenen Stellung des Themas Energie hat es auch nicht gepasst, dass der Ministerpräsident Ende des vergangenen Jahres vollmundig eine Regierungserklärung für Ende Januar ankündigte, diese dann jedoch gleich zu Beginn des Jahres unter Verweis auf die noch nicht abgeschlossenen Beratung zur Energiestrategie des Landes kurzerhand wieder abgesagt hat. Wer hat innerhalb dieser Regierung in der Energiepolitik eigentlich das Sagen, wenn schon der Ministerpräsident in den regierungsinternen Schlingerkurs einfällt?

Verehrter Herr Ministerpräsident, so schafft man kein Vertrauen in Regierungshandeln, nicht bei den Unternehmen, nicht bei den Verbrauchern, sondern verstärkt lediglich die Zweifel in die Handlungskompetenz und den Einigungswillen der einzelnen Ministerien.

Kurzum: Weder der Regierungschef noch seine Minister haben bei der Erarbeitung der Energiestrategie dem Thema die Dynamik verliehen, die es verdient hätte und so in großem Maße dazu beigetragen, dass das jetzt vorliegende Papier das Prädikat „kleinster gemeinsamer Nenner“, keinesfalls aber die Bezeichnung „Strategie für das Land Brandenburg“ verdient.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einer Sache herrscht fraktionsübergreifender Konsens: Brandenburg besitzt wie kaum ein zweites Bundesland in Deutschland eine Schlüsselfunktion für die Bereitstellung von Strom, Gas und Wärme aus erneuerbaren Energien. Dank der Innovationsfähigkeit der hier ansässigen Unternehmen ist es gelungen, sich als Energieregion in der Mitte Europas zu etablieren, in der Forschung, Entwicklung und Anwendung Hand in Hand gehen sollen. Durch die von der Bundesregierung eingeleitete Energiewende, bei der unter anderem der Ausstieg aus der Kernenergie schrittweise durch erneuerbare Energien kompensiert werden soll, wird die Rolle Brandenburgs als Standort für erneuerbare Energien deutlich an Bedeutung gewinnen. Vor diesem Hintergrund ist die Energieregion Brandenburg für ihre Weiterentwicklung in besonderem Maße von den gesetzlichen Vorgaben des Bundes betroffen. Anders als von dieser Landesregierung und der Fraktion DIE GRÜNEN gebetsmühlenartig dargestellt, konterkariert die Politik der Bundesregierung nicht die Energiepolitik des Landes Brandenburg,