Fazit: Wer bei der Zusammenarbeit Transparenz und demokratische Kontrolle will, der muss sich für ein gemeinsames Bundesland einsetzen. Wir brauchen einen Fortschritt, der auch im internationalen Kontext wahrnehmbar ist, nicht einen Fortschritt, der aus der Binnenperspektive bzw. - Frau Kaiser, ich greife Ihr Wort von heute Vormittag auf - aus der Perspektive der Gartenzwerge heraus definiert wird. Damit gelingt der Blick über den Zaun nicht. Ich wiederhole: Es geht um echten Fortschritt, der auch im internationalen Kontext wahrgenommen wird. Den wird es aber nur mit einem gemeinsamen Bundesland geben.
Nur gemeinsam können wir ein Zeichen setzen gegen rückwärtsgewandte Kleinstaaterei und Regionalegoismen. Und gegen Hasenfüßigkeit und allzu durchsichtigen Euphemismus!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Das Wort erhält noch einmal der Chef der Staatskanzlei. Herr Staatssekretär Gerber, Sie haben das Wort.
Schönen Dank. - Zu einigen Behauptungen würde ich gern etwas sagen. Frau Richstein, ich habe bewusst nicht über die Fusion gesprochen, weil der Fortschrittsbericht darlegen soll, was wir in der letzten Zeit gemacht haben.
Von rechts und links ist gefordert worden, das Thema nochmals aufzugreifen. Dazu will ich nur wenige Zahlen gegenüberstellen: 62 Milliarden Euro Schulden des Landes Berlin - 19 Milliarden Euro Schulden des Landes Brandenburg, dreieinhalb Millionen Berliner - zweieinhalb Millionen Brandenburger. Die Brandenburger würden sich bei einer Volksabstimmung diese Zahlen genau anschauen und dann eine Vorstellung davon entwickeln, welche Rolle sie in einem fusionierten Land spielen würden.
Was machen wir, Frau Richstein? Wir machen das Beste daraus, indem wir, die Regierungen, eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten.
(Genilke [CDU]: Warum heißt das eigentlich „Zwischen- frage“? Zum Thema „Führung“: Führung heißt nicht, dass man mit demselben Kopf noch einmal vor dieselbe Wand läuft. (Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)
Führung heißt, dass sich die Landesregierung mit den wesentlichen Herausforderungen und Problemen dieses Landes beschäftigt. Dazu gehört die Fusion im Augenblick nicht.
Wenn der Redebeitrag beendet ist, darf eigentlich keine Zwischenfrage mehr gestellt werden. Das ist jetzt ein bisschen merkwürdig. Herr Gerber, reden Sie noch?
Herr Staatssekretär, ich gebe Ihnen gern Gelegenheit, in Beantwortung meiner Zwischenfrage Ihre Rede fortzusetzen. - Sie sprachen von den Schulden Berlins und Brandenburgs. Ist Ihnen bekannt, dass auch Brandenburger Kommunen Schulden haben?
Können Sie sich vorstellen, dass dann, wenn das Land Berlin eine kreisfreie Stadt in Brandenburg wäre, die Schulden, die Berlin jetzt hat, Schulden einerseits des gesamten Landes Brandenburg-Berlin und andererseits der dann kreisfreien Stadt Berlin wären, dass die Schulden, die Sie genannt haben, also aufgeteilt werden müssten und insofern nicht die Schulden aller Brandenburger wären?
Ihre erste Frage kann ich mit Ja beantworten. Mir ist bekannt, dass Brandenburger Kommunen Schulden haben.
Mir ist aber auch bekannt, dass die Schulden, die die Kommunen haben, das jeweilige Land nicht von Problemen freistellen. Einige kreisfreie Städte in unserem Land, die aus verschiedenen Gründen erhebliche Schuldenlasten tragen müssen, haben eine entsprechende Diskussion begonnen und eine Erwartungshaltung an das Land formuliert. Auch die Kommune Berlin würde an das Land Brandenburg-Berlin entsprechende Erwartungen richten. Dessen bin ich mir ziemlich sicher.
Vielen Dank für die Möglichkeit, Herr Gerber. Sie hatten mich ja persönlich angesprochen. Wir verlangen mitnichten, mit dem gleichen Kopf gegen die gleiche Wand zu rennen, zumal der Kopf nicht mehr der gleiche ist.
Zum Thema „Führung“: Ich gehe davon aus, dass wir beide es als wichtige Aufgabe ansehen, uns mit großen Problemen zu beschäftigen. Aber sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass die Beschäftigung allein nicht ausreicht, sondern dass es - unter der Prämisse „no leadership without followership“ - immer jemanden geben muss, der die Richtung vorgibt, damit die Menschen auch folgen können?
Natürlich verstehe ich Führung insoweit ähnlich wie Sie. Aber konkret verstehe ich Führung nicht so, dass wir jetzt unbedingt mit aller Kraft einen neuen Fusionsanlauf starten sollten. Wir würden dann nämlich nicht mit dem gleichen, sondern mit demselben Kopf wieder vor dieselbe Wand laufen. Dessen bin ich mir ziemlich sicher. Wir stehen im Moment, was die Führung dieses Landes betrifft, vor anderen Herausforderungen.
Vielen Dank. - Wir sind am Ende der Debatte angelangt und haben damit den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 5/4860 zur Kenntnis genommen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele von Ihnen haben oder hatten kommunale Mandate inne, ich muss Ihnen also von dieser Stelle aus nicht erzählen, wie bunt, vielfältig und teilweise auch problembeladen das kommunale Leben in Brandenburg ist.
Am Ende des Jahres 2007 hat der Landtag mit einer Änderung der Kommunalverfassung einen neuen Rahmen für unsere Kommunen gesetzt, und wir können heute konstatieren, dass die damalige Rahmensetzung gut war, eine neue und moderne Grundlage für die Arbeit in den Kommunen.
Als Teil dieses Gesetzes hat der Landtag im Jahr 2007 aber auch beschlossen, dass die Landesregierung jetzt, vier Jahre nach Inkrafttreten der Kommunalverfassung, über die Erfahrungen mit den neuen Regelungen berichten soll. Teil dieses Berichts sollen zudem Vorschläge für eventuell notwendige Korrekturen an der Kommunalverfassung sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Evaluierungsbericht liegt Ihnen nun vor. Wir haben es uns bei der Evaluierung nicht leicht gemacht, sondern eine breite Basis an dieser Diskussion beteiligt. Insbesondere haben wir diejenigen befragt, die täglich mit der Kommunalverfassung arbeiten müssen: die Vertreter der kommunalen Ebene, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Interessen- und Fachverbände. Gemeinsam wurde Paragraf für Paragraf diskutiert und auf Praxistauglichkeit oder auch auf Problembeladenheit überprüft. Bewusst ausgeklammert wurden dabei die Regelungen mit Bezug zu den kommunalen Strukturen im Land Brandenburg - auch deshalb, weil wir den Erörterungen in der Enquetekommission des Landtags mit dieser Evaluierung nicht vorgreifen wollten.
In den Erörterungsrunden wurde eines besonders deutlich: Die neue Kommunalverfassung wurde von den Kommunen grundsätzlich positiv angenommen. Sie ist in der Praxis des Landes angekommen und Lebenswirklichkeit geworden. Das gilt beispielsweise für die Öffnung der kommunalen Regelung zur Beteiligung und Unterrichtung der Einwohner, aber auch für die erweiterten Möglichkeiten zur Bildung von Beiräten oder auch zur Bestellung von Beauftragten. Dies alles hat das ehrenamtliche Engagement in den Gemeinden des Landes Brandenburg gefördert.
Natürlich gab es nicht nur Lob. Es gab auch eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen. Diese haben wir in den Bericht aufgenommen. Auf den Seiten 70 bis 72 finden Sie einen Katalog mit Änderungsvorschlägen aus dem Evaluierungsprozess, die ich Ihnen hiermit zur gesetzgeberischen Umsetzung empfehle.
Die Evaluierung der haushalterischen Vorschriften hat ergeben, dass für eine abschließende Einschätzung eine längere Anwendungszeit erforderlich ist. Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir in der Kommunalverfassung Änderungsbedarf bei den Regelungen zum Jahresabschluss, zu den Wirtschaftsprüfern und zum Gesamtabschluss. Darüber hinaus sollten wir an der einen oder anderen Stelle nachbessern, um der Rechtsprechung der letzten Jahre angemessen Rechnung zu tragen. Das betrifft etwa die Regelung über die Abwahl der Hauptverwaltungsbeamten, aber auch die Regelung über die Mindeststärke in kommunalen Fraktionen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen und die dort gegebenen Empfehlungen in diesem Hohen Hause konstruktiv zu diskutieren. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Innenminister Dr. Woidke hat schon darauf hingewiesen, dass
sich die Kommunalverfassung so, wie sie seit dreieinhalb Jahren in Kraft ist und von der Koalition der letzten Wahlperiode, von SPD und CDU, auf den Weg gebracht wurde, in den letzten Jahren in der Praxis gut bewährt hat. Ich kann das als kommunalpolitischer Sprecher sagen, auch wenn wir jetzt in der Opposition sind, und ich kann es auch als Praktiker sagen, denn ich bin seit 1998 Mitglied des Kreistages, Fraktions- und Ausschussvorsitzender. Ich finde, die Zusammenlegung von Gemeinde-, Landkreis- und Amtsordnung zu einer Kommunalverfassung war ein wichtiger und notwendiger Schritt. Es gab auch eine Reihe weiterer Änderungen, die sich in der Praxis positiv ausgewirkt haben.
Nichtsdestotrotz war die Evaluierung vom Gesetzgeber so beschlossen. Ihre Ergebnisse liegen uns mit dem Bericht der Landesregierung vor. Es gab viele Workshops, Anhörungen und Fachveranstaltungen, und natürlich haben sich auch die kommunalen Spitzenverbände - dies liegt Ihnen alles schriftlich vor sehr intensiv mit den geltenden Regelungen auseinandergesetzt und Empfehlungen gegeben, an welchen Stellen wir vielleicht die eine oder andere Änderung gemeinsam vornehmen müssen.
Zunächst möchte ich voranstellen, dass ich es positiv finde, dass sich in dem Bericht keine Ausführungen zu dem Themenkomplex finden, den wir gemeinsam in der Enquetekommission zu verhandeln haben, von der wir demnächst einen Zwischenbericht und im nächsten Jahr abschließende Empfehlungen bekommen werden, was die künftigen Verwaltungsstrukturen, Modellrechnungen, Varianten sowie Mindesteinwohnergrößen usw. betrifft, und dass man sich in dem Evaluationsbericht im Wesentlichen auf die innere und äußere Kommunalverfassung beschränkt hat, so wie sie vor Ort wirkt. Darauf möchte ich mich auch in meinem Redebeitrag beschränken.