Protocol of the Session on January 26, 2012

Ich will zweitens sagen, dass wir in diesem Hause große Übereinstimmung darin haben, dass der Umbau unserer Energiesysteme ein kompliziertes, komplexes, schwer zu prognostizierendes und, ja, auch schwer zu administrierendes Politikfeld ist.

Aber diese Übereinstimmung darf nicht als intellektuell wohlformulierte Ausrede dafür gelten, sich zurückzulehnen und abzuwarten, sondern daraus muss für uns der Anspruch resultieren, dieses Politikfeld für das Land Brandenburg nach vorn zu bringen.

(Beifall CDU und FDP)

Zum Jahresauftakt möchte ich an die Adresse der Landesregierung folgende Worte richten: Was ich bei Ihnen vermisse, sind Mut, Durst und Leidenschaft, auf diesem wichtigen Politikfeld für Brandenburg etwas zu tun. Selten ist eine Landesregierung beim Agieren auf einem wichtigen Politikfeld so gealtert wie diese.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90 - Lachen bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Deshalb wünsche ich Ihnen für das Jahr 2012 Mut und Leidenschaft. Ich hoffe, dass Sie auf diesem Politikfeld zu guten Ergebnissen kommen.

Unser politischer Kernvorwurf an Sie im Zusammenhang mit diesem Entwurf lautet, dass ausgerechnet eine rot-rote - eine linke! - Landesregierung es nicht hinbekommt, die Balance zwischen dem Gemeinwohl des Landes Brandenburg und den Interessen einzelner Energiesparten herzustellen. Leider ist Ihnen diese Ausbalancierung nicht gelungen.

(Schippel [SPD]: Das wird auch Ihnen nicht gelingen!)

Ich habe die Vermutung, dass es Ihnen auf der Grundlage dieses Entwurfs wieder nicht gelingen wird.

Ein anschauliches Beispiel - es gibt viele solcher Beispiele -: Ich war mit meinem Kollegen Ludwig Burkardt bei dem Biobauern Rottstock in Bork bei Linthe und will Ihnen erzählen, was Praxis in diesem Land ist - übrigens in Verantwortung auch Ihrer Politik!

(Görke [DIE LINKE]: Na dann mal los!)

Dieser Biobauer hat landwirtschaftliche Nutzflächen und betreibt Tierzucht.

(Schippel [SPD]: Kaum zu glauben!)

Kürzlich ist etwas für dieses Land Typisches passiert: Windkraftanlagenbauer haben den Landeignern in dieser Region Einnahmen von 10 000 bis 50 000 Euro für die pro Windrad zu pachtende Fläche zugesagt. Im Ergebnis dessen stehen die Pachtvereinbarungen für die vom Biobauern Rottstock gepachteten Flächen vor der Kündigung; sein Betrieb ist in der Substanz gefährdet. Das ist Realität in diesem Land. In der Konsequenz werden ganze Gemeinden gespalten, nämlich zwischen dem Interesse an Miet- bzw. Pachteinnahmen einerseits und dem landwirtschaftlichen Interesse des Biobauern Rottstock andererseits. Das meinen wir, wenn wir sagen, dass Sie als rotrote Landesregierung es nicht vermögen, einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen.

(Beifall CDU und FDP)

Ich will eine Kernaussage anschließen: Für die märkische Union, die Union im Land Brandenburg, ist klar: Es darf keinen ungesteuerten oder unkontrollierten Ausbau von erneuerbarer Energie mehr geben. Wir brauchen Kompass und Koordinatensystem. Beides zu entwickeln und vorzulegen ist Aufgabe dieser Landesregierung.

(Beifall CDU und FDP)

Ich will noch einige Worte zum Entwurf der Landesregierung sagen. Darin wird eine völlig falsche Reihenfolge und Akzentuierung der Themenfelder gewählt. By the way sei mir die Frage erlaubt: Was an der Erstellung dieses Papiers hat eigentlich so lange gedauert? Wirklich Neues enthält es jedenfalls nicht.

(Beifall CDU und FDP - Bischoff [SPD]: Weil die Bundesregierung ständig mit neuen Sachen kommt!)

Es ist übrigens mit Sicherheit keine Strategie. Dennoch einige Worte zum Inhalt:

(Zuruf von der SPD: Vielleicht zum Thema, ja?)

Aus der Sicht der märkischen Union ist es wichtig, dass ein Energiekonzept als Erstes und Wichtigstes auf Akzeptanz und Transparenz setzt, übrigens nicht nur beim Zurverfügungstellen von Informationen. Wichtig ist ferner der Bereich Forschung und Entwicklung. Dann folgen die Aspekte Energieeffizienz, Netzausbau, Speichertechnologie, Energieträger, Wertschöpfung und Beschäftigung. Das ist aus meiner Sicht die richtige Reihenfolge, in der man sich diesem Thema zu widmen hat.

(Beifall CDU und FDP - Jürgens [DIE LINKE]: Die Akzeptanz hatte Ihr Minister in seiner Strategie nicht berücksichtigt!)

Meine Damen und Herren, ich kann es Ihnen nicht ersparen, aus diesem Entwurf einige Zitate vorzutragen. Da heißt es zum ersten Leitprojekt unter „Herausforderung“:

„Für einen erfolgreichen Aus- und Umbau der Energiestruktur in Brandenburg ist es zentral, dass die Umsetzung der Energiestrategie unter Beteiligung und Einbeziehung aller energiepolitischen Akteure, in einem interministeriellen Schulterschluss, unter Festlegung klarer Umsetzungsverantwortlichkeiten und in Zusammenarbeit der verschiedenen Verwaltungsebenen erfolgt.“

Unter „Ziel“ ist zu lesen:

„Wirkungsvolles Umsetzen der Maßnahmen der Energiestrategie durch eine operative Detailplanung, kontinuierliche interministerielle Abstimmung und enge Zusammenarbeit...“

Wissen Sie, was meine Deutschlehrerin zu so etwas gesagt hätte? Sie hätte eine geschwungene rötliche Linie gemalt und daneben formuliert: „A: Was will uns der Autor damit sagen?“ Wir hätten nämlich Antworten auf die aufgeworfenen Fragen erwartet.

(Beifall CDU und FDP - Görke [DIE LINKE]: Lesen bil- det - bei Ihnen nicht!)

Dann betonen Sie die Bedeutung der Energieeffizienz. Welchen Anspruch haben Sie eigentlich an dieses Haus, wo wir doch wissen, dass die Investitionsquote des Landeshaushalts sinkt und der Konsolidierungsbedarf bis 2020 etwa 2 Milliarden Euro ausmacht? Dann schreiben Sie hier etwas von einem „öffentlichen Effizienzprogramm“.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Eigenverantwor- tung!)

Allein mir fehlt der Glaube, weil die Tatsachen andere sind. So viel zu Ihrem Energieeffizienzprogramm.

(Beifall CDU und FDP)

Zur Solartechnik schreiben Sie: „Erschließen von Solarflächen durch das Zusammenführen verschiedener Flächeninteressen“. Unter „Herausforderung“ ist zu lesen:

„Das begrenzte Flächenangebot für die Solarenergie steht in Konkurrenz zu anderen Nutzungen (zum Beispiel landwirtschaftliche Nutzung, andere Erneuerbare Ener- gien, Naturschutz).“

Das wissen wir! Aber wir hätten eine Antwort erwartet, nicht das Aufschreiben von Altbekanntem!

(Beifall CDU und FDP)

Bei der Windkraft schreiben Sie, dass Sie für deren dynamisierten Ausbau und das beschleunigte Aufstellen entsprechender Anlagen in Brandenburg seien. Die Voraussetzung, den Netzausbau, erfüllen Sie jedoch in keiner Weise. Ich will jetzt nicht zitieren, was Sie zum Thema Netzausbau schreiben, das will ich Ihnen ersparen. Das entsprechende Projekt betiteln Sie jedenfalls mit „Weiterentwicklung des Netzausbaumonitorings“.

Meine Damen und Herren von der Koalition, ich kann Ihnen gratulieren. Schreiben Sie weiter Konzepte; das ist gut und richtig. Aber wir brauchen in diesem Land Leitungen, sodass wir die Energie, die wir produzieren, auch abführen können. Konzepte allein reichen nicht!

(Beifall CDU und FDP - Jürgens [DIE LINKE]: Die Lei- tungen zaubern wir einfach hin?)

Unter dem Teil „Biomasse“ schreiben Sie einzig und allein, dass die Biomassestrategie des Landes überarbeitet werden müsse. Das ist ein alter Hut, weil Ihnen bereits in der Anhörung gesagt worden ist, dass Sie gar keine Biomassestrategie haben. Dieses Haus wartet schon seit langem auf die Überarbeitung. Frau Ministerin Tack, so viel dazu.

(Görke [DIE LINKE]: Was wollen Sie denn eigentlich?)

Ich will mit folgendem Satz schließen: Das Traurigste an Ihrem Energieentwurf sind Ihre Ausführungen zu dem Bereich Forschung und Entwicklung; das ist dieser Kasten.

(Abgeordneter Bretz hält eine Seite der Energiestrategie in Richtung der Abgeordneten)

Das ist das Einzige, was Sie dazu zu sagen haben. Uns macht das traurig. An anderer Stelle reden Sie jedoch von Technologieoffenheit. Forschung und Entwicklung - das sind die Leitmotoren unserer Volkswirtschaft und damit sehr bedeutsam. Deshalb hätten wir uns in diesem Bereich einen Schwerpunkt gewünscht. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP - Jürgens [DIE LINKE]: Das Bes- te an Ihrer Rede war das, was Sie aus der Strategie zitiert haben! - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Schade um Ihre Energie, Herr Bretz!)

Der Abgeordnete Holzschuher spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bretz, gestatten Sie mir zunächst, dass ich Ihnen erkläre, was eine Regierungserklärung ist. Eine Regierungserklärung ist eine Erläuterung der Grundlagen der Regierungspolitik durch den Ministerpräsidenten. Diese gibt er dann vor diesem Haus ab, wenn sich das Kabinett eine abschließende Meinung zu einem Thema gebildet hat. So ist das in der Regel. Das ist bei der Energiestrategie noch nicht der Fall, was Ihnen offensichtlich entgangen ist; aber das macht ja nichts. Bei Ihrem Tonfall hatte ich ohnehin das Gefühl, dass es Ihnen nicht so sehr um die Sache ging.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Die Energiestrategie liegt im Entwurf vor und wird derzeit überall im Land diskutiert, auch in Verbänden und Wirtschaftsvereinigungen. In einigen Wochen wird die Energiestrategie im Kabinett beraten und dann - gegebenenfalls verändert - verabschiedet. Herr Bretz, Sie haben heute die Chance verpasst, einen Beitrag zu möglichen Veränderungen zu leisten. Sie haben wirklich nicht das Geringste dazu gesagt, was Sie an dieser Strategie konkret ändern würden; das hätten wir bzw. die Regierung ja noch einarbeiten können. Genaueres werden Sie sicherlich in absehbarer Zeit in einer Regierungserklärung hören, wenn die Energiestrategie aus der Sicht des Kabinetts tatsächlich fertig ist. So viel zu Ihnen, Herr Bretz.

(Zuruf von der CDU: Sie regieren!)