Protocol of the Session on December 16, 2011

(Beifall SPD, DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Deshalb war es richtig, dass wir das Schüler-BAföG eingeführt haben, um für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen. Es ist ein kleiner Beitrag, aber es ist ein Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit. Deshalb war es richtig, im nächsten Haushalt 35 Millionen Euro mehr für Kinderbetreuung einzustellen. Deshalb war es richtig, aus der beschlossenen Zahl von 1 250 jungen Lehrern 2 000 zu machen, die wir in der nächsten Zeit einstellen werden. Deshalb war es richtig, das Vergabegesetz zu verabschieden, um zu ermöglichen, dass Menschen wenigstens, wenn sie öffentliche Aufträge erledigen, von ihrer Arbeit am Ende des Monats sich und ihre Familie ernähren können und nicht aufs Amt müssen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Es war völlig richtig, dies so zu tun. Es war richtig, das Kommunalwirtschaftsgesetz zu verabschieden. Es gibt den Kommunen gerade im Hinblick auf die demografische Entwicklung den Raum, den sie brauchen. Frau Ludwig, eines verstehe ich bei Ihnen überhaupt nicht: Wenn Sie über kommunale Betriebe reden, tun Sie so, als würden dort Aussätzige oder Außerirdische arbeiten. Es sind Menschen wie du und ich, die in diesen Betrieben arbeiten und zumeist nach Tarif entlohnt werden. Die Stadtverordneten und Kreistagsabgeordneten sitzen mit klugen Menschen zusammen, die darauf schauen, dass alles vernünftig funktioniert. Die kommunalen Betriebe bewegen sich doch nicht im luftleeren Raum. Das ist nicht irgendwas und schon gar kein Kommunismus, sondern normale kommunale Wirtschaft, wie sie sich gehört.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich finde es auch völlig richtig, dass wir - gerade in der letzten Landtagssitzung - Vertrauen in die junge Generation unseres Landes gezeigt haben. Niemand muss zur Wahl gehen, aber wir haben die Tür geöffnet. Wer sich interessiert - es werden immer mehr und wir sind froh darüber -, kann sein Wahlrecht ab 16 Jahre wahrnehmen.

Ich wollte heute eigentlich aus Pietätsgründen und weil Weihnachten ist, nichts zur FDP sagen - es tut einem ja auch ein bissl leid, was man da gerade wieder liest -, aber eins kann ich mir nicht ersparen; schade, dass die betreffende Kollegin nicht anwesend ist: Ich fand die gestrigen Redebeiträge von Frau Teuteberg grenzwertig, und das ist eine sehr vorsichtige Formulierung.

(Beifall SPD, DIE LINKE und der Abgeordneten Nonne- macher [GRÜNE/B90])

Das speiste sich aus mehreren Quellen. Es ist schon bemerkenswert, dass sie - wie die Kollegen der CDU auch - der festen Überzeugung ist, junge Leute könnten das nicht. Wenn aber draußen 11- und 12-Jährige demonstrieren und - angeführt von einem Lehrer oder Elternvertreter - skandieren: „Den Politikern muss der Arsch versohlt werden. Wir wünschen ihnen Herzstillstand und Magengeschwüre!“, dann finde ich das erstens an sich höchst grenzwertig - so weit darf es nicht gehen; dazu darf man Kinder auch nicht missbrauchen, sage ich einmal ganz klar -,

(Beifall SPD und DIE LINKE)

und zweitens bemerkenswert, dass Frau Teuteberg das begrüßt und gleichzeitig sagt: Mit 16 oder 17 Jahren zu wählen geht auf gar keinen Fall. - Ich finde und bitte ihr das auszurichten: Bei der jungen Dame hat sich in den jungen Jahren schon ein erstaunliches Potenzial an Arroganz angesammelt. Sie ist gestern auf hohem Ross durch den Landtag geritten. Als FDP-Mitglied wäre ich da vorsichtig. Ich würde mal schauen, ob ich nicht längst ein totes Pferd reite.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich nehme die von den Kammern und Verbänden geäußerten Bedenken zur Kommunalwirtschaft sehr ernst. Wir haben klar gesagt: Wenn es zu Erscheinungen wie den viel zitierten Nagelstudios und Piercingstuben kommen sollte - womit ich nicht rechne, denn das ist eigentlich Quatsch -, werden wir reagieren; völlig klar. Eine solche Entwicklung werden wir nicht zulassen; das versteht sich von selbst.

Zu den freien Schulen ist schon sehr viel gesagt worden. Ich bitte nur eins zu berücksichtigen. Herr Vogel, wenn Sie bei dem Thema den Untergang des Abendlandes an die Wand malen, rate ich Ihnen: Schauen Sie sich nüchtern und ruhig alle Tabellen, die es - von wem auch immer geschrieben - dazu gibt, an. Sie werden uns - egal nach welcher Betrachtungsweise - nach der Reform, nach den Kürzungen als relativ armes Land im guten Mittelfeld der Bundesländer finden. Wer da unterstellt - das ist der größte Quatsch, den ich in dem Zusammenhang gehört habe, und das nehme ich auch wirklich übel -, es hätte einen ideologischen Hintergrund, dem sage ich in aller Form: Frau Dr. Münch ist restlos über jeden ideologischen Verdacht erhaben. Das gilt für die ganze Koalition.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Lachen bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren! Wir - zumindest die meisten - haben drei Tage über Zukunft geredet. In dieser Zeit hat uns Frau Dr. Ludwig mit einer Anfrage überrascht, die aus 23 Unterfragen besteht. Die 8. Frage lautet - das darf man sich nicht ersparen, das muss man sich gönnen -:

„Wie viele Statuen, Plastiken und Büsten wurden zwischen 1949 und 1990 im Auftrag der SED bzw. der sowjetischen Besatzungsmacht in Brandenburg angefertigt und stehen bis heute im öffentlichen Raum?“

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Oh nein!)

„Wie viele Statuen, Plastiken und Büsten sind zwischen 1949 und 1990 im Auftrag der SED entfernt und zerstört worden? Ich bitte um eine detaillierte Auflistung nach Landkreisen und kreisfreien Städten.“

- Eine von 23 Fragen. Liebe Bürgermeister, liebe Landräte, räumt schon mal eure Verwaltungen frei, ab 1. Januar gibt es was anderes zu tun. Da wird ab dem Jahr 1949 gesucht und gegraben, ob noch irgendwas zu finden ist. - So weit zum fröhlichen Teil.

Die 10. Frage, verehrte Frau Ludwig, lautet - auch das muss man sich bis zum Ende anhören und den Geist dahinter erspüren -:

„Wie viele sowjetische Kriegsdenkmäler sind zwischen 1949 und 1990 in Brandenburg aufgestellt worden? Wurden nach 1990“ - das Wort „etwa“ kann man sich mitdenken, es steht nicht da - „sowjetische Kriegerdenkmäler restauriert? Wie hoch waren die Kosten für die Restaurierung? Wie hoch sind die Instandhaltungskosten für die noch vorhandenen sowjetischen Kriegsdenkmäler zwischen 1949 und 1990, die da aufgestellt wurden?“

Verehrte Frau Ludwig, ich kann jetzt durchaus verstehen, warum Sie sich in den Redaktionsstuben der „Jungen Freiheit“ so wohlfühlen.

(Beifall SPD und DIE LINKE und der Abgeordneten Nonnemacher [GRÜNE/B90])

Aber ich sage Ihnen mal etwas: Im Artikel 18 des Vertrages über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, unterschrieben von Helmut Kohl und Michail Gorbatschow, steht:

„Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erklärt, dass die auf deutschem Boden errichteten Denkmäler, die den sowjetischen Opfern des Krieges und der Gewaltherrschaft gewidmet sind, geachtet werden und unter dem Schutz deutscher Gesetze stehen. Das Gleiche gilt für die sowjetischen Kriegsgräber, sie werden erhalten und gepflegt.“

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich sage Ihnen noch etwas, Frau Ludwig: Selbst wenn es diesen Vertrag nicht gäbe, gäbe es eine moralische Pflicht, denn es waren die sowjetischen Truppen zusammen mit den Alliierten, die uns vom Faschismus befreit haben. Deswegen brauchten wir nicht einmal solch einen Vertrag.

(Anhaltend starker Beifall SPD, DIE LINKE und GRÜ- NE/B90 sowie auf der Regierungsbank)

Wenn sich die Regierungsbank schon nicht des Beifalls enthalten kann, dann muss es nicht der lauteste im Saal sein.

(Beifall CDU - Minister Dr. Markov: Wenn es gegen den Faschismus geht, klatsche ich immer wieder!)

Ich bin mir sicher, dass diese Frage, verehrte Frau Dr. Ludwig, auch die russische Botschaft interessieren wird. Wir werden davon noch hören.

Meine Damen und Herren! Weil ich hier aber nicht als Spaßbremse enden will, sage ich Ihnen auch noch die 23. Frage:

„Findet es die Landesregierung angemessen, eine rosa angestrichene Schneefräse auf dem Panzerdenkmalsockel von Kleinmachnow für Steuergeld zu sanieren? Wie hoch sind die Kosten für den Erhalt von Denkmälern wie der rosa angestrichenen Schneefräse in den vergangenen 22 Jahren in Brandenburg ausgefallen?“

Das ist eine hochinteressante Frage!

(Vereinzelt Gelächter bei der Fraktion DIE LINKE)

Wie hoch sind die Kosten für den Erhalt von Denkmälern wie der rosa angestrichenen Schneefräse in 22 Jahren in Brandenburg ausgefallen? - Ich habe in der Landesregierung veranlasst, dass eine Einsatzgruppe gegründet wird. Wir machen keine Investitionsbescheide und nichts mehr. Wir werden mit Mercedes, Ludwigsfelde, vereinbaren, dass wir eine Tagesproduktion „Sprinter“ kriegen. Die werden schwarz gestrichen und es wird „SLK - Saskia-Ludwig-Suchkommando“ darauf stehen.

(Gelächter bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD)

Die Optische Industrie wird uns die Instrumente aus Brandenburg liefern, und dann werden wir suchen.

(Gelächter bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD)

Wir wissen nur noch nicht - das müssen Sie noch spezifizieren -, ob wir rosa Denkmäler suchen sollen, Schneefräsen oder was auch immer.

(Gelächter bei der Fraktion DIE LINKE und der SPD)

Was soll hier eigentlich gesucht werden? Das würde ich vor Beantwortung der Frage gern wissen. - Frohe Weihnachten, meine Damen und Herren!

(Gelächter und anhaltender Beifall bei SPD und der Frak- tion DIE LINKE)

Herr Ministerpräsident, es wird Sie nicht überraschen, dass Sie mit Ihrem Beitrag zwei Kurzinterventionen verursacht haben.

(Ministerpräsident Platzeck: Ich habe darauf gehofft!)

Die erste kommt von der Abgeordneten Ludwig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Ich habe während Ihres Redebeitrages genauso wie beim Kollegen Holzschuher wirklich überlegt: Was wäre passiert, hätte ich die Kleine Anfrage nicht gestellt?

(Ministerpräsident Platzeck: Das wäre schade gewesen! - Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Abgesehen davon, Herr Ministerpräsident, um mal bei dem Thema Legislative, Exekutive zu bleiben: Es ist nicht dem Ministerpräsidenten anheimgestellt - auch nicht im Plenum -, Kleine Anfragen von Abgeordneten zu kommentieren.

(Unruhe bei der SPD)