„Die Inanspruchnahme der Landesmittel im Programm Arbeit für Brandenburg blieb hinter den Planungen zurück, da durch die Sparbeschlüsse der Bundesregierung die erforderlichen Kofinanzierungsmittel aus dem Eingliederungsbudget SGB II durch die Jobcenter in der Regel nicht in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung gestellt werden konnten.“
Diese Einschätzung des Ministeriums geht aus einer Haushaltsanfrage unserer Fraktion hervor. Von den für 2010 geplanten 1,4 Millionen Euro wurden in 2010 lediglich knapp 330 000 Euro ausgezahlt, und von den veranschlagten 5,5 Millionen Euro für das Jahr 2011 wurden im Zeitraum Januar bis Juli 2011 lediglich 364 000 Euro ausgezahlt. In den Jahren 2010 und 2011 sollten 2 500 Personen eingestellt werden - bis Ende 2011 werden lediglich 1 500 Stellen besetzt werden. Welche Überraschung! Da auch die abgespeckte Zielzahl von 6 500 nicht annähernd gehalten werden kann, muss sich die Linke nach einem anderen „Profilschärfungsprojekt“ umsehen.
Wir Grüne haben den ÖBS kritisiert. Interessanterweise wurde diese Sicht auch von Teilen der Linkspartei jüngst geteilt. Ich zitiere zur Abwechslung aus dem „Neuen Deutschland“:
„Die antikapitalistische Linke und der Landesverband NRW wollen erwerbslose Menschen in den ersten Arbeitsmarkt integrieren und dagegen den ÖBS abschaffen, weil dieser Ausdruck der Hartz-IV-Logik sei, denn die Betroffenen blieben dauerhaft vom ersten Arbeitsmarkt ausgeschlossen.“
Diese Argumentation kommt mir bekannt vor, denn die vertreten wir auch. Deshalb haben wir Grüne hierzu einen Änderungsantrag gestellt. Wir tun dies unter der Maßgabe, dass die begonnenen Stellen im Programm „Arbeit für Brandenburg“
auskömmlich für den avisierten Zeitraum finanziert werden. Die überzählige Summe in Höhe von 3 Millionen Euro soll der globalen Minderausgabe zugeführt werden, denn - wie wir mehrfach dargelegt haben - Brandenburg könnte schon 2012 ohne neue Schulden auskommen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein anderes Thema ansprechen: Brandenburg erwartet aufgrund der demografischen Entwicklung einen Fach- und Arbeitskräftemangel im Pflegebereich. Hier fehlen uns ca. 2 000 Fachkräfte allein für die Pflegeeinrichtungen. Auch im Krankenhausbereich fehlen Fachkräfte; wir brauchen zukünftig verstärkt auch akademisch ausgebildete Pflegekräfte. Das Problem, dass wir endlich Studiengänge für Pflegepädagogik, Pflegewissenschaften und Pflegemanagement einrichten müssen, ist längst erkannt, erheblicher Bedarf ist dokumentiert, durchaus wichtige Vorarbeiten sind geleistet, Konzepte liegen in der Schublade, ein fast einstimmiger Beschluss des Landtags liegt vor, aber jetzt wird wie es so schön heißt - erst im Doppelhaushalt 2013/2014 eine Lösung gefunden werden müssen. Bis da Pflegekräfte akademisch ausgebildet sind, ist die Dekade vorbei. Sie fehlen aber bereits heute. Das alles wissen wir auch nicht erst seit vorgestern. Da möchte man doch unserer Landesregierung einmal ein kräftiges „Guten Morgen“ à la Baaske entgegenschmettern. Diese Politik ist nicht nur schlafmützig, sie ist fahrlässig!
Ich möchte noch auf die Bereiche behindertenpolitisches Maßnahmenpaket und Frauenpolitik eingehen. Sie werden sagen, als Opposition müssten wir immer kritisieren, dafür seien wir in der Opposition. Aber nicht nur wir Grünen kritisieren die Absetzung des behindertenpolitischen Maßnahmenpakets, die uns zumindest eine Diskussion vorab über die finanzielle Festlegung ermöglicht hätte. Wir sind nämlich schon im dritten Jahr nach der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen. Es ist schon peinlich, dass wenige Tage vor der Vorstellung des behindertenpolitischen Maßnahmenpakets bekannt wurde, dass der wesentliche Bestandteil - die seit langem versprochene Novelle des Brandenburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes - frühestens im Frühjahr 2012 in die Beratung des Landtags eingebracht wird. Es ist schon sehr, sehr lange in der Pipeline.
Der Arbeitsmarkt für erwerbslose Menschen mit Schwerbehinderung in Brandenburg umfasste im Juni 2011 7 411 Personen; davon ist der größte Teil über 45 Jahre alt. Für sie will die Landesregierung ergänzende Mittel der Ausgleichsabgabe nutzen, um ältere und arbeitsuchende Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. So weit, so gut.
Ausbildungswillige junge Menschen mit Behinderung sollen nach Möglichkeit einen betrieblichen Ausbildungsplatz in anerkannten Ausbildungsberufen erhalten. Die Ausbildung erfolgt gegenwärtig fast ausschließlich über geförderte Ausbildung in außerbetrieblichen Maßnahmen. Das ist ja wohl nicht das, was man sich unter Inklusion in den Arbeitsmarkt vorstellen kann, wenn außerbetriebliche Maßnahmen genutzt werden und die Ausbildung in separaten Integrationsprojekten erfolgt, zum Beispiel in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Hier bleibt also alles beim Alten, hier wurde nicht einmal der Name entsprechend inklusiv angepasst.
Das behindertenpolitische Maßnahmenpaket ist eine Mogelpackung, und sie enthält wenig Substanz. Zwei Drittel des Pakets beschreiben Maßnahmen, die die Verwaltung in den letzten
zwei Jahren bereits ausgeführt hat. Darüber hinaus ist ein großer Teil des Pakets finanziell nicht abgesichert; Haushaltsvorbehalte sind in diesem Bereich besonders problematisch, weil die Landesregierung die Gewährung von Rechten nicht nach Kassenlage vornehmen kann. Da müssen bestimmt noch viele Barrieren in den Köpfen verschwinden, damit Menschen mit Behinderungen ihre Rechte auf Teilhabe und Mitsprache am Arbeitsmarkt wahrnehmen können.
Meine Damen und Herren, gerade in der Sozialpolitik wird von den verantwortlichen Politikern und Politikerinnen ein hohes Maß an Verantwortung und auch Rückgrat erwartet - Flagge zeigen sozusagen. Das Flagge zeigen hier in diesem Landtag ist am 25.11., dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, auf beschämende Art und Weise schiefgegangen.
Fakt ist aber, dass jährlich bundesweit 40 000 Frauen in Frauenhäuser fliehen müssen. Frauenhäuser bieten schnelle, unbürokratische und direkte Hilfe für misshandelte Frauen. Frauenhäuser sind nach wie vor nicht ersetzbar.
Vor allem für Frauen mit Migrationshintergrund sind sie oft der einzige Ausweg, der Gewalt zu entkommen. Kürzungen an dieser Stelle sind Sparmaßnahmen an der körperlichen Unversehrtheit von Frauen und ihren Kindern.
Häusliche Gewalt ist die häufigste Ursache von Verletzungen bei Frauen. Dabei spielen Bildung, das Einkommen, das Alter oder Religion der Opfer keine Rolle - diese Faktoren sind bedeutungslos. Zu oft werden diese Gewalttaten von der Öffentlichkeit nicht zur Kenntnis genommen; die Öffentlichkeit ist dann über sogenannte „Familientragödien“ betroffen.
Brandenburg hat 23 Frauenhäuser, in die im Jahr 2010 590 Frauen und 570 Kinder aufgenommen wurden. In Brandenburg gab es 2010 2 856 Fälle häuslicher Gewalt - das sind nur die in die Statistik aufgenommenen Polizeieinsätze. Das bedeutet eine Steigerung der Fälle häuslicher Gewalt um 13,3 %, wobei es sich, wie gesagt, bei den erfassten Einsätzen nur um die Spitze des Eisbergs handelt.
Aus diesen Gründen haben wir Grünen - wie sagt man in der Vorweihnachtszeit so schön: alle Jahre wieder - den Antrag auf Erhöhung der Förderung der Frauenhäuser erneut gestellt. Die Zuweisungen an die Frauenhäuser bleiben seit 2004 trotz Kostensteigerungen und ausgeweiteter Beratungstätigkeit konstant. Steigende Ausgaben mussten aus dem Mittelbestand der einzelnen Frauenhäuser finanziert werden. Die Konsequenzen tragen die einzelnen Mitarbeiterinnen, die Träger und die von Gewalt betroffenen Frauen und ihre Kinder.
Ein weiterer Antrag zielte auf die auskömmliche Finanzierung der frauen- und familienpolitischen landesweiten Verbände ab; Frau Schier ist in ihrem Redebeitrag schon darauf eingegangen. Die Verbände bekamen seit 1998 bei den Personalkosten ebenfalls keine Anpassungen und sind erheblich unterfinanziert. Eine Kleine Anfrage der Oppositionsfraktionen sollte die notwendigen Daten für die Tarifsteigerungen in der Verbändeförderung des Landes klären. Leider konnte uns die Landesregierung auch nach zweimaliger Verlängerung die Zahlen weder im November noch bis zum 8. Dezember liefern. Sie kommen wahrscheinlich kurz vor Weihnachten, wenn die Haushaltsbe
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beste Sozialpolitik ist die Schaffung von Arbeit. Eine Politik, die Bildung und Qualifizierung fördert, ist die beste Politik für den Arbeitsmarkt. Sie vermeidet die Schwächen, die die traditionelle Sozialpolitik - wenig erfolgreich - zu reparieren versucht.
Ich erlaube mir, Adam Smith anzuführen. Er hat treffend festgestellt, dass alle Menschen zuerst die Sorge für sich und ihre Umwelt auszeichnet und dass dies auch gut so ist. Solidarität, meine Damen und Herren, ist kein Begriff des linken Spektrums. Solidarität ist ein urliberaler Gedanke, und zwar im ursprünglichen Sinne: Der Starke hilft dem Schwachen.
Soziale Gerechtigkeit lässt sich aber nicht an der Höhe der öffentlichen Ausgaben messen. Insoweit gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen uns Liberalen und insbesondere den Vertretern der rot-roten Landesregierung.
Sie sind der Meinung, immer höhere Sozialausgaben führten dazu, dass die soziale Gerechtigkeit und der soziale Zusammenhalt gefördert würden. Wir glauben daran, dass es wichtiger ist, wie effizient diese Ausgaben genutzt werden und inwieweit sie die Menschen zur Selbsthilfe befähigen.
Der linke Staat sieht sich traditionell verpflichtet, schädliches Marktversagen zu korrigieren. Dies führt allzu oft zu einer überproportionalen Ausweitung von Verwaltung und Bürokratie. Exemplarisch für eine solche Politik ist die Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen. Jeder stimmt gern in den Chor „Gerechter Lohn für Arbeit!“ ein. Dabei wird vergessen, dass der größte Teil der Arbeitslosen Langzeitarbeitslose oder Menschen mit geringer Qualifikation sind. Unter den Industrienationen sind wir Weltmeister bei der Arbeitslosigkeit gering qualifizierter Menschen. Darauf können wir nicht stolz sein.
Über die Gründe dieser hohen Arbeitslosigkeit besteht weitgehend Einigkeit: Die Regeln des Arbeitsmarktes sind zu starr. Die Nachteile, die sich daraus ergeben, werden durch die Fehlanreize des deutschen Sozialsystems noch verstärkt. Ein zu hoher Lohnersatz erhöht die Arbeitslosigkeit. Eine flexible, differenzierte Lohnfindung wird in der öffentlichen Diskussion zu Unrecht kritisch bewertet. Mindestlöhne schaffen keinen einzigen Arbeitsplatz, sondern erhöhen die Arbeitslosigkeit.
In fast allen europäischen Ländern lässt sich Folgendes feststellen: Dort, wo ein Mindestlohn nicht zur Erhöhung der Arbeitslosigkeit führte, enthielt er zahlreiche Ausnahmen, die eine gewisse Flexibilität zuließen. Dort, wo er zur Erhöhung der Arbeitslosigkeit führte, war er starr und wurde rigide durchgesetzt.
Mindestlöhne schwächen zudem die Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft und erhöhen die Schwarzarbeit.
Wenn nun aber die beste Politik die Förderung von Bildung und Weiterqualifizierung ist, dann hat diese Landesregierung auch in der Arbeitsmarktpolitik versagt, weil sie auf herkömmliche Instrumente setzt, die sich auch im Haushalt 2012 widerspiegeln. Dieses Land leistet sich ein teures, ineffizientes und damit komplett überflüssiges öffentliches Arbeitsförderprogramm. SPD und Linke halten trotz des anhaltenden Aufschwungs am Arbeitsmarkt und einer hohen Aufnahmefähigkeit des Marktes an diesem Förderprogramm fest und planen, Steuergelder in Höhe von 5 Millionen Euro auszugeben, die in Bildung und Qualifizierung besser investiert wären, als in ideologisierten Förderprogrammen versenkt zu werden.
Die Vermittlungsquoten aus solchen Förderprogrammen sind bekanntlich außerordentlich gering. In den allermeisten Fällen kommt es zu einem Jo-Jo-Effekt: Arbeitslosigkeit - Maßnahme Arbeitslosigkeit. Dies wird den Menschen nicht gerecht und ist ein Beispiel dafür, wie ineffizient in diesem Land die zur Verfügung stehenden Mittel ausgegeben werden. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie sind mit Ihrem Programm „Arbeit für Brandenburg“ gescheitert. Es hilft den Menschen nicht. Beenden Sie es einfach! Das wäre das Beste für dieses Land.
Frau Kollegin Lehmann, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie die LASA angesprochen haben. Ich habe mich gewundert, dass gerade Sie als Vertreterin der Regierungsfraktion darauf eingegangen sind.
Union und FDP hatten im August dieses Jahres einen Antrag gestellt, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, ein Konzept zur Auflösung der LASA bis zum Ende der Förderperiode 2012 vorzulegen und insbesondere zu klären, welche Aufgaben die Investitions- und Landesbank Brandenburg und die ZukunftsAgentur Brandenburg künftig im Bereich der Arbeitsförderung übernehmen können.
Meine Fraktion hatte in den Haushaltsberatungen im Fachausschuss einen Antrag eingebracht, der die schrittweise Absenkung der Zuschüsse an die LASA vorsah und mit dem wir unseren Anspruch unterstrichen, die Strukturen der Arbeitsförderung den Anforderungen des Arbeitsmarktes der Zukunft anzupassen. In der damaligen Debatte haben Sie gesagt, Frau Kollegin Lehmann:
„Ganz kategorisch erteilen wir dem frei und selbstregulierten Arbeitsmarkt, mit dem CDU und FDP bereits frohlocken, eine klare Absage.“
Mit keinem Wort, mit keiner Silbe hatten wir, Union und FDP, damals einem „frei und selbstregulierten Arbeitsmarkt“ das Wort geredet. Wir hatten lediglich die Abschaffung der LASA und die Neuorganisation der Aufgaben gefordert. Dazu sollte bis Ende Januar 2012 ein Konzept vorgelegt werden.
Das alles erschien Ihnen völlig unmöglich; es war aus der Sicht der Koalitionsfraktionen geradezu unverschämt. Nur wenige Wochen später hat diese Landesregierung, hat diese Regierungskoalition der erstaunten Öffentlichkeit in einem „Verwaltungsmodernisierungspapier“ mitgeteilt, dass man die LASA abschaffen und deren Aufgaben neu verteilen wolle. Das Konzept solle bis zum Ende des I. Quartals 2012 vorgelegt werden.
Hallo? Werte Kolleginnen und Kollegen, Sie würden sich echt nichts vergeben, wenn Sie sich einfach mal eingestehen würden, dass die Vorstellungen der Opposition in diesem Haus richtig, gut und vernünftig für unser Land sind.