Protocol of the Session on September 1, 2011

Zudem kommt es innerhalb - Moment, ich bin noch gar nicht fertig. Kollegin Lehmann; Sie lassen mich ja gar nicht zu Wort kommen

(Oh! bei SPD und DIE LINKE)

der Arbeitsmarktinstrumente zu Verschiebungen, und das, Herr Baer, haben Sie verschwiegen. Ich denke da zum Beispiel an die Berufseinstiegsbegleitung. Wir haben in der letzten Sitzung des Sozialausschusses über die Schwierigkeiten mancher Schulabgänger gesprochen. Genau da setzt die Berufseinstiegsbegleitung an, sie soll an allen allgemeinbildenden Schulen durchgeführt werden. Sie muss und wird hoffentlich dazu beitragen, dass unsere jungen ausbildungswilligen Menschen auch ausbildungsfähig gemacht werden.

Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung wird es auch weiterhin geben, allerdings - und das ist wichtig - erst, wenn alle Versuche einer Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt gescheitert sind.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB stellt in einer Studie aus dem Jahr 2008 fest:

„Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die zumindest derzeit nicht primär auf die Integration in den ersten Arbeits

markt zielen, schaden der Tendenz nach eher den Integrationschancen der Geförderten. Es gibt nur ganz wenige Teilnehmergruppen, auf die dies nicht zutrifft.“

Während die Arbeitslosen im Rechtskreis des SGB III zügig in Arbeit vermittelt werden können, dürfen wir die Langzeitarbeitslosen nicht vergessen. Ich zitiere auch an dieser Stelle die IAB-Studie:

„Aktive Arbeitsmarktpolitik zielt darauf ab, Arbeitslosigkeit und Hilfebedürftigkeit zu vermeiden oder zumindest die Dauer solcher Zeiten zu verkürzen.“

Durch Lohnkostenzuschüsse und Weiterbildungsangebote, die sich an der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt orientieren - die gibt es ja weiterhin -, müssen auch die Langzeitarbeitslosen integriert und befähigt werden, den Anforderungen des ersten Arbeitsmarktes gerecht zu werden.

Ich setze hier auf die BA und die Maßnahmenträger. Sie müssen ein kluges Kettenangebot austüfteln, um Langzeitarbeitslose gar nicht mehr in ihren alten Trott verfallen zu lassen. Natürlich wird es einen geringen Prozentsatz geben, bei dem das nicht gelingt. Dazu gibt es Programme, zum Beispiel die Bürgerarbeit.

Die „Bürgerarbeit“ umfasst auch Qualifikationen. Sie hingegen setzen mit Ihrem Programm „Arbeit für Brandenburg“ auf rückwärtsgewandte Ansätze, die lediglich der Beschäftigung dienen. Damit nehmen Sie den Programmteilnehmern die Möglichkeit, den Weg in eine dauerhafte Beschäftigung zu finden. Sie können und wollen das nicht wahrhaben, weil Sie das Programm in Ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben.

(Beifall CDU)

Ich will mich noch einmal dieser Studie bedienen.

„Keine oder nur sehr punktuell positive Wiedereingliederungswirkungen lassen sich für die verschiedenen Formen öffentlich geförderter Beschäftigung nachweisen.“

(Vereinzelt Beifall GRÜNE/B90)

Das sagt nicht die CDU. Das sagt nicht die Bundesregierung, sondern das besagt diese Studie, in der man sich damit intensiv befasst hat.

Wir müssen uns darauf konzentrieren, die Flexibilität der Menschen zu erhöhen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und sie fit zu machen für den Arbeitsmarkt. Sie müssen merken, dass sie gebraucht werden. Das bedeutet nicht - und das unterstellen Sie der CDU ja immer sehr gern -, dass Menschen in Problemlagen nicht geholfen werde. Wir wollen Arbeitsmarktinstrumente, die bedarfsorientiert und erfolgversprechend sind. So motivieren wir die Menschen in unserem Land.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hören Sie auf, nach mehr Geld zu rufen. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels können wir es uns gar nicht leisten, die Potenziale nicht zu nutzen. Evaluieren Sie das arbeitsmarktpolitische Programm des Landes, für das wir immerhin fast 100 Millionen Euro ausgeben. Setzen Sie auf Ausbildung und Qualifizierung.

(Beifall CDU und FDP)

Dann haben wir das, was Sie in Ihrem Antrag fordern: einen leistungsfähigen sozialen Arbeitsmarkt. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Der Abgeordnete Dr. Bernig spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Schier, dass sich Ihnen der tiefere Sinn dieses Antrages der Aktuellen Stunde nicht erschließt, verwundert mich nicht, denn Sie haben ja schon gestern unseren Antrag zur Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht verstanden. Hintergrund dürfte die völlig andere Herangehensweise und Betrachtungsweise dessen sein, was Arbeitsmarktpolitik ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema könnte aktueller nicht sein. Gerade vorgestern hat Bundesarbeitsministerin von der Leyen verkünden lassen, sie wolle die Anzahl der Langzeitarbeitslosen bis zum Jahre 2020 um ein Fünftel senken. Dies würde bedeuten, bis 2020 über 330 000 Langzeitarbeitslose erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Ziel der Bundesregierung sei es, diesen Menschen mit einer an die jeweilige Lebenslage von sozial Benachteiligten ausgerichteten Politik einen Weg in die Mitte der Gesellschaft zu ebnen. Na prima, das ist genau das, was ich von hier vorn erzähle, seitdem ich arbeitsmarktpolitischer Sprecher meiner Fraktion bin.

(Zuruf von der CDU: Als Beamter!)

Wenn die Bundesregierung das wirklich will, sollte sie schnellstens ihren Gesetzesentwurf von April 2011 zur Leistungssteigerung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente zurückziehen. Dieser sieht eine Reihe von Streichungen und Änderungen bisheriger Arbeitsmarktinstrumente vor. Die Bundesregierung behauptet, sie verbessere damit die Beschäftigungschancen für Erwerbslose.

Tatsächlich setzt sie jedoch die bereits 2010 von Schwarz-Gelb beschlossenen Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik um. Die angebliche schwarz-gelbe Leistungssteigerung bedeutet, Rechtsansprüche der Erwerbslosen abzubauen, den Billiglohnsektor auszudehnen, Instrumente für öffentlich geförderte Beschäftigung zu streichen und Arbeitgeber aus der Finanzierung der Arbeitslosigkeit zu entlassen. Das müsste in der Überschrift des Gesetzentwurfes der Bundesregierung stehen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns als Linke ist klar: Kürzungen bei der Arbeitsmarktpolitik führen nicht zur Verbesserung und zur besseren Vermittlung.

Im Übrigen haben wir auf dem Arbeitsmarkt nicht allein und nicht einmal an erster Stelle ein Vermittlungsproblem. Gute und nachhaltige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen müssen ausreichend finanziert werden. Nur so sind langfristige, wirkungsvolle Weiterbildungsprogramme und öffentlich geförderte Beschäftigung möglich. Nur so lässt sich die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen. Um den Druck zur Aufnahme schlecht bezahlter und prekärer Arbeit zu beseitigen, ist

zugleich die Zumutbarkeit bei der Vermittlung in Arbeit neu zu regeln.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Was ist nun das Ergebnis der schwarz-gelben Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik? 2010 beschloss die Regierung Milliardenkürzungen bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Sie will von 2011 bis 2014 durch die Umwandlung von Pflicht- in Ermessensleistungen 16 Milliarden Euro einsparen. Es handelt sich also um Gelder, genau wie Sie fordern, Frau Schier, die für Qualifizierung oder Beschäftigung schaffende Maßnahmen vorgesehen sind. Hierzu kommen Kürzungen im Bereich der Sozialleistungen. So sind für Empfänger von Arbeitslosengeld II auch das Elterngeld und der Zuschuss an die Rentenversicherung gestrichen worden. Zählt man diese Kürzungsmaßnahmen dazu, kommt man auf eine Summe von etwa 30 Milliarden Euro.

Bereits vor dem Sparpaket 2010 stand fest, dass die Finanzen der Bundesagentur für Arbeit bis 2014 durch weitere Maßnahmen beschnitten werden: um 4,7 Milliarden Euro wegen der Rückzahlung des Darlehens aus der Krisenzeit - früher haftete der Bund für solche Defizite -, 16,8 Milliarden Euro durch den sogenannten Eingliederungsbeitrag, mit dem seit Jahren aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung zweckentfremdete Aufgaben des Bundes finanziert werden.

Darüber hinaus plant die Bundesregierung, den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit noch mehr anzuzapfen: mit 8 Milliarden Euro durch Kürzung der gesetzlich geregelten Zuschüsse. Diese sind eigentlich ein Ausgleich für Mindereinnahmen bei der Arbeitslosenversicherung aufgrund der niedrigen Beitragssätze, die aktuell mit 3 % deutlich unter dem Niveau von 6,5 % von 2006 liegen. Der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit hat in diesem Zusammenhang an die Bundesregierung einen Protestbrief geschrieben, in dem er vor einem chronischen Dauerdefizit warnt.

Wie sieht die aktuelle Entwicklung bei den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten aus? Der Sparkurs zeigt deutliche Wirkung. Schon jetzt gibt es einen deutlichen Rückgang der Teilnehmerzahlen. Besonders folgenschwer ist der Rückgang der Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, also genau das, Frau Schier, was Sie fordern, da insbesondere Hartz-IV-Empfänger dringend Qualifizierung und Weiterbildung benötigen, um wieder eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten.

Die Zahl der neuen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ist im Land Brandenburg im Bereich der Arbeitsagenturen und der Jobcenter seit Jahresbeginn um 25,5 % zurückgegangen, im Bereich des Hartz-IV-Systems um 24,4 %. Dieser drastische Rückgang steht in keinem Verhältnis zum Rückgang der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr.

In Brandenburg hat die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 1,6 % abgenommen. Im Bereich des SGB II hat die Zahl der Arbeitslosen sogar um 2,8 % zugenommen. Im Bereich der Arbeitsagenturen - SGB III - hat es im Gegensatz dazu eine Abnahme der Arbeitslosigkeit um 11,7 % im Vergleich zum Vorjahr gegeben, was keiner bedauert. Es zeigt sich, dass Hartz-IV-Empfänger und Langzeitarbeitslose überhaupt nicht vom Aufschwung profitieren können. Hier muss dringend mehr zur Förderung getan werden. Es darf keine al

leinige Konzentration auf die leicht Vermittelbaren stattfinden.

Ähnlich dramatisch sind die Einbrüche in der öffentlich geförderten Beschäftigung. Dabei geht es nicht nur um die Rückgänge bei den 1-Euro-Jobs, die in der Tat abgeschafft gehören. Tiefe Einschnitte haben vor allem solche Instrumente zu verzeichnen, mit denen auch der ÖBS finanziert wird. Da sind wir bei dem Programm „Arbeit für Brandenburg“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, von Anfang an war klar, dass für dieses Programm, das Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanziert, Partner nötig sind. Das Land trägt seinen Anteil. Die Kommunen spielen mit. Wer nicht mitspielt, ist der Bund. Bereits seit einigen Jahren werden vom Bund die den regionalen Umsetzungsträgern des SGB II zur Verfügung gestellten Eingliederungsmittel gekürzt, so auch in Brandenburg. Standen den Arbeitsgemeinschaften und den zugelassenen kommunalen Trägern im Jahr 2009 landesweit noch 336 Millionen Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung, so waren es für das Jahr 2011 vom Bund lediglich 229 Millionen Euro - also 107 Millionen Euro weniger. Das sind 31,9 %.

Für das Jahr 2012 ist nach dem gegenwärtigen Diskussionsstand zum Gesetzentwurf der Bundesregierung mit weiteren Mittelkürzungen zu rechnen, die sich bundesweit auf Milliardenbeträge belaufen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese dramatischen Zahlen dokumentieren: Die Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik gehen weit über die zurückgehenden Arbeitslosenzahlen hinaus. Der Kahlschlag ist in vollem Gange. Die Ankündigung von Ursula von der Leyen, bis 2020 330 000 Langzeitarbeitslose eingliedern zu wollen, ist geradezu lächerlich.

Was besagen die „Reformpläne“ der Bundesregierung weiter? Ich kann hier nur Schlagworte nennen, weil die Zeit zur Untersetzung nicht ausreicht; mein Kollege Baer hat schon einige genannt.

Die Instrumentenreform erfolgt ohne aktuelle wissenschaftliche Grundlage. Rechtsansprüche werden abgebaut, der Billiglohnsektor wird ausgedehnt.

(Bischoff [SPD]: CDU!)

Statt mit den Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik gute Arbeit zu fördern, reißt die Bundesregierung die letzten Mindeststandards für eine ordentliche Bezahlung ein. Dazu passt als Gegenpol eine Nachricht von Besserverdienenden: Heute ist zu lesen, dass der ehemalige CDU-Justizminister Kurt Schelter wegen Steuerhinterziehung und Betrugs angeklagt wird.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Der Abgeordnete Büttner spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der deutsche Arbeitsmarkt ist enorm aufnahmefähig. Im Augenblick sind über 40 Millionen