Meine Damen und Herren, jetzt komme ich auf den größten Brocken zu sprechen. Ich nenne einmal die Summe, die auf den brandenburgischen Landeshaushalt ab 2011 zukommen könnte: Sie beträgt nahezu 300 Millionen Euro. Wenn man sich das einmal auf der Zunge zergehen lässt, stellt man fest: Das ist ein finanzpolitischer Supergau. Er geht einher mit der Einführung eines Stufenmodells im Steuertarif und soll ab 2011 Bund, Länder und Kommunen massiv treffen.
Ich sage Ihnen: Dieses Geld, diese 300 Millionen Euro, brauchen wir dringend für mehr Personalstellen an Schulen und Kitas. Ich sage ganz bewusst vor dem Hintergrund der Studentenproteste: Es gibt auch einen großen Nachholbedarf im Hochschulbereich. Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass den Ländern Geld fehlt, das für das Personal im Hochschulbereich, in den Schulen, in den Kitas zur Verfügung stehen sollte, weil es an Besserverdienende umverteilt werden soll.
Ich möchte an dieser Stelle kurz zusammenfassen: Diese Politik wird alle treffen. Darunter fällt übrigens auch eine kleine Passage, die im Koalitionsvertrag fast nicht berücksichtigt worden ist oder die man kaum wahrnimmt: Die Umsatzsteuer bei den kommunalen Unternehmen, bei den Entsorgungsunternehmen, soll im Gegenzug erhöht werden.
- Ja, Moment, Frau Dr. Ludwig. Das trifft die kommunalen Entsorgungsunternehmen. Was machen sie? Sie legen das auf die Mieter, auf die Bürger, um. Müll und Abwasser werden teurer. Die Nebenkosten steigen. Schönen Dank für die Gegenfinanzierung dieser vielen Steuergeschenke.
Auf Pump zulasten der Länder und Kommunen finanzierte Klientelpolitik führt nicht zu mehr Wachstum, sondern zu weniger im Portemonnaie der kleinen Leute. Brandenburg drohen Einschnitte in Bildung, Wissenschaft oder auch ein Mehr an Schulden. Den Rathäusern in Brandenburg drohen Gebührenerhöhungen, Leistungskürzungen oder auch ein Mehr an Schulden. Wie sonst, meine Damen und Herren von der Opposition, soll das alles gegenfinanziert werden?
Ich frage Sie: Was hat das mit Wachstum zu tun? Was ganz sicher zu mehr Nachfrage und zu mehr Wachstum führen könnte aber dazu hat die Koalition sofort nein gesagt -, wäre unter anderem, den Menschen unter die Arme zu greifen, die in Billigjobs stecken, die wirklich ganz wenig Geld verdienen, die mit 4 Euro pro Stunde nach Hause gehen. Ein Mindestlohn wäre die adäquate Antwort gewesen und nicht Steuergeschenke für Besserverdienende.
Vor uns liegt eine Menge an Aufgaben. Ich denke, dass die Bundesregierung hier noch viele Hausaufgaben zu erledigen hat. Ich gehe davon aus, dass das Land Brandenburg im Bundesrat versuchen wird, die Auslieferung solcher Großgeschenke zu Weihnachten zu verhindern. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz kurz zum Thema Sachverständigenrat. Ich glaube dem kein Wort. - Das ist keine Aussage von mir, Herr Bischoff, sondern von Herrn Struck, der diesen Sachverständigenrat abschaffen wollte. Es ist immer eine Frage der Perspektive, zu welchem Zeitpunkt man ihn gern zitiert.
Für mich ist es interessant zu erfahren, welche neuen Ausreden immer wieder dafür herhalten müssen, dass die neue linke Regierung in Brandenburg nicht regieren, nicht haushalten und vor allen Dingen nicht entscheiden kann.
Da passt es gut, dass wir eine so „böse Kanzlerin“ haben, die jetzt an allem schuld ist. Es ist noch nichts passiert, aber die Kanzlerin ist schuld. Wirtschaftliche Zusammenhänge werden einfach nicht mehr akzeptiert. Konjunktur, Wachstum, sprudelnde Steuermehreinnahmen finden wir alle ganz toll. Jeder denkt - vor allem die Politik -: Das geht immer weiter so. Aber Konjunkturflaute, Abschwung, Regeneration, was zur Konjunkturflaute gehört, ist eben Teil unseres Wirtschaftssystems. Mittlerweile wird das von der Politik völlig ausgeblendet.
Das darf es natürlich bei einem vorsorgenden Sozialstaat nicht und im Sozialismus gleich gar nicht - geben, weil da nämlich der Plan - der Plan auf dem gedruckten Papier - erfüllt werden muss, egal, wie die Realität aussieht. Aber Rezession gehört als Gegenpart zur Konjunktur nun einmal dazu. Das sind die normalen Zyklen unserer sozialen Marktwirtschaft.
- Herr Ness, wenn Sie rechnen oder einfach zuhören würden, wüssten Sie, dass wir derzeit nicht die schlimmsten Steuereinbrüche verzeichnen; die Zeit der schlimmsten Steuereinbrüche liegt schon hinter uns. In den Jahren 2003, 2004 und 2005 waren die Differenzen zwischen Planung und tatsächlichen Steuereinnahmen deutlich größer, als es derzeit der Fall ist. Damals haben uns Beträge zwischen 700 Millionen Euro und 1 Milliarde Euro pro Jahr gefehlt.
Wir erleben die schwerste Wirtschaftskrise - das ist völlig richtig -, aber Steuereinbrüche in dieser Größenordnung gibt es Gott sei Dank nicht. Wir haben jedoch das Problem, dass es
höchstwahrscheinlich keine Lerneffekte in der Frage gibt, wie man damit umgehen soll. Die richtige Art des Haushaltens bzw. Wirtschaftens in dieser Situation scheint schlichtweg nicht mehr bekannt zu sein. Antizyklisches Handeln wird hier in Brandenburg anscheinend nicht mehr akzeptiert.
Auch bezugnehmend auf den Titel dieser Aktuellen Stunde ich gestehe es gerade den linken Parteien zu, dass sie diese Perspektive auf das Thema haben - stelle ich fest, dass wir sehr unterschiedliche Politikansätze bzw. Herangehensweisen haben. Den Titel muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Sollen Land und Kommunen für die Steuersenkungen bezahlen? - Ich frage: Wer zahlt eigentlich? Wer bringt das Geld auf, dessen Ausgabe wir genauso wie die Gemeinden und Kommunen beschließen? Das sind diejenigen, die wirklich permanent zur Kasse gebeten werden, die Monat für Monat ob Arbeiter, Angestellte oder Selbstständige - einen Großteil ihres schwer verdienten Geldes an den Staat abzugeben haben, um gute und notwendige Dinge - das wissen wir, das entspricht unserem Gemeinsinn -, aber mittlerweile auch immer mehr linke Prestigeprojekte, wie es jetzt mit dem öffentlichen Beschäftigungssektor geplant ist, zu finanzieren.
Wenn Bund, Land und Kommunen aufgrund geringerer Steuern deutlich weniger Einnahmen haben, dann werden ausschließlich die Ausgaben auf Pump finanziert und nicht die weniger werdenden Steuereinnahmen. Das muss man sich einmal ins Bewusstsein rufen. Wenn Sie weniger Einnahmen haben, dann können Sie doch nicht sagen, dass diese auf Pump finanziert werden müssen. Es sind schlichtweg die Ausgaben, die getätigt werden.
- Sie meinen, Sie schmeißen Geld weg, wenn Sie den Bürgern mehr Geld in der Tasche lassen, Herr Ness? Sagen Sie das den Bürgern. Diesen Politikansatz finde ich sehr interessant.
Es ist die schwarz-gelbe Koalition von Angela Merkel. Ich frage mich, ob sie auch an Ihrer Amnesie schuld ist, sehr geehrte Genossen von der SPD. Ich helfe diesbezüglich sehr gern. Die dringend notwendigen Steuererleichterungen, die wir zum 01.01.2010 haben werden, sind größtenteils im Rahmen des Konjunkturpaketes II beschlossen worden. Das hieß damals Bürgerentlastungsgesetz. Der Eingangssteuersatz sollte gesenkt, der Freibetrag sollte angehoben werden. Die kalte Progression wird abgemildert, und es gibt bessere Möglichkeiten, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abzusetzen.
Herr Bischoff, worüber wir uns einig sind, ist die Summe von 19,9 Milliarden Euro, die von der Großen Koalition beschlossen wurde.
„Wir sind dafür eingetreten, dass vor allen Dingen die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen von den Maßnahmen profitieren. Gute Konjunkturpolitik und eine sozial gerechte Politik gehen zusammen. Sie müssen kein Widerspruch sein. Das beweist unser Paket. Deshalb kann ich dieses Paket nicht nur gut vertreten, sondern ich bin hoch zufrieden mit dem Gesamtergebnis.“
Ich gebe es ja zu - und ich gestehe es auch den Genossen ein -, es ist schon ein paar Tage, nämlich genau zehn Monate, her, dass er das gesagt hat. Was mir Angst macht, ist, dass aus den Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen nach Ihrer Aussage plötzlich Besserverdienende oder gar Reiche geworden sind, die entlastet werden.
Ich frage mich, ob Sie unter Besserverdienende und Reiche jeden einzelnen Bürger in Brandenburg verstehen, der Steuern zahlt, oder jeden, der mehr als 1 500 Euro verdient. Um die geht es nämlich. Ich frage mich, ob die Handwerker gemeint sind, die Herr Platzeck - wie er in seiner gestrigen Rede zum Ausdruck brachte - besonders unterstützen wollte, indem er ihnen die Steuererleichterungen verweigert, die den Klein- und Mittelstand betreffen. Ich erinnere an dieser Stelle nur an die Abschreibungsmodalitäten gerade für geringwertige Wirtschaftsgüter. Es war eine blanke Katastrophe, dass diese von 400 auf 150 Euro heruntergesetzt wurden, nicht nur finanziell, sondern auch vom rein bürokratischen Aufwand her.
Wir haben gerade gehört, dass die Gastronomie plötzlich nicht mehr Ihr Freund ist. Ich wusste gar nicht, dass wir nur reiche Hotelketten in Brandenburg haben. Ich kann mich daran erinnern, dass die Linke rote runde Flyer verteilt hat, auf denen nicht 19 %, sondern 7 % stand. Jetzt bekommen Sie sie.
- Ja, aber Sie haben das unterstützt. Entschuldigen Sie, sehen Sie es mir nach, sie waren rot. Deswegen habe ich diese Verbindung hergestellt.
Kommen wir zum Thema Erbschaftsteuer. Ich gebe zu, das könnte sich eventuell nach Reichen anhören. Aber auch hier muss ich Sie enttäuschen. Bei dieser Erbschaftsteuer geht es auch um die Vererbung von Unternehmen. In Brandenburg gibt es vielerlei Probleme mit der Erbnachfolge. 1 500 Unternehmen in Brandenburg wissen nicht, wie sie weitergeführt werden sollen, weil sie keinen Nachfolger finden. Das hängt auch mit der Erbschaftsteuer zusammen, weil sich jeder an den Kopf fasst und fragt, ob er zehn Jahre lang mit einer hundertprozentigen Lohnsumme dafür einstehen muss. Das wird Gott sei Dank korrigiert.