Protocol of the Session on May 19, 2011

Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schier, es ist richtig - wir wissen das auch -, dass es in diesem Plenum eine Fraktion gibt, die Anträge der Opposition grundsätzlich ablehnt. Wir alle wissen, welche Fraktion das ist.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das sind Sie nämlich. In der vergangenen Legislaturperiode war es nicht möglich, Anträge, die von der Opposition kamen, in diesem Plenum überhaupt zu behandeln, geschweige denn, sie in die Ausschüsse zu überweisen oder ihnen gar zuzustimmen. Das war für Sie Teufelszeug. Das wollen wir einmal ganz realistisch sagen.

(Bretz [CDU]: Das war extrem billig!)

- Da waren Sie doch noch gar nicht hier.

(Zustimmung bei SPD und DIE LINKE)

Sie reden über Dinge, von denen Sie keine Ahnung haben.

(Frau Alter [SPD]: Da gab es Sie noch gar nicht!)

Aber es war so.

Wir haben im Februar des vergangenen Jahres eine Fachkräftestudie vorgelegt. Sie hat ausgewiesen, dass wir im Bereich der medizinischen Dienste und der Krankenpflege im Jahre 2015 ein Defizit von 18 % zwischen Angebot und Nachfrage haben werden, liebe Frau Nonnemacher. Ich komme gleich auf die Fristen. Im Jahr 2030 werden es nicht mehr 15 oder 18 % sein, sondern 35 %.

(Frau Lehmann [SPD]: Genau so!)

So eine Studie haben wir. Aber die besagt gar nichts. Sie wird uns von jedem Gericht dieser Welt um die Ohren gehauen, wenn wir auf dieser Studie basierend § 25 Altenpflegegesetz ansetzen wollen. Das bekommen wir nicht hin. Das ist undenkbar. Das wird so nicht funktionieren. Wenn wir eine Studie in Auftrag geben - das will ich noch einmal so deutlich sagen -, dann ist das Ergebnis dieser Studie keinesfalls, dass wir eine Umlage erheben,

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig!)

sondern wir wollen feststellen, ob eventuell Kriterien gegeben sind, um eine Umlage zu erheben. Dann kann man nicht sagen,

dass man von vornherein den Status quo, den wir jetzt haben, prognostisch auf das Jahr 2015 oder das Jahr 2020 bezieht - alle Leute gehen in derselben Pflegestufe ins Heim, wir haben nach wie vor den gleichen Schlüssel von Pflegefachkräften im Heim. All das kann so nicht bleiben. Diese Studie wird vielmehr ausweisen müssen: Welche Möglichkeiten gibt es zum Beispiel in den Einrichtungen, mit weniger Fachkräftepersonal klarzukommen? Welche Möglichkeiten gibt es zum Beispiel auch in der ambulanten Pflege, mit weniger Fachkräftepersonal klarzukommen? Was ist zum Beispiel durch das Bilden von Wohngruppen in Einrichtungen möglich?

Wir haben doch völlig neue gesetzliche Voraussetzungen. Der Bund hat das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz geschaffen. Wir haben die Strukturqualitätsverordnung und das neue Heimgesetz. Danach haben wir doch ganz andere Möglichkeiten, in den Heimen zu gestalten. Das muss genau aufgeschlüsselt, muss analysiert werden, um festzustellen, ob die Ultima Ratio wirklich eine Umlage ist. Nichts anderes - das sage ich zum Kollegen Schippel - würde von den Gerichten akzeptiert werden. Eine ähnliche Situation gab es in Rheinland-Pfalz und in BadenWürttemberg. Auch dort sind die ersten Verfahren zur Umlage gescheitert.

(Frau Lehmann [SPD]: So ist es!)

Schippi, 2003 war dasselbe Verwaltungsgericht und dasselbe Verfassungsgericht tätig wie heute. Es würde überhaupt nichts daran ändern, nur weil das Urteil sieben oder acht Jahre alt ist. Es gilt nach wie vor dasselbe Gesetz. Wir haben nach wie vor wahrscheinlich sogar dieselben Richter. Da würde sich so viel wirklich nicht ändern.

Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben Glück gehabt, weil dort - das sage ich glasklar in Richtung der Verbände - die Verbände bis dahin unter sich eine freiwillige Umlage erhoben haben. Darum hat das Gericht gesagt: Eine freiwillige Umlage sieht das Gesetz schon gar nicht vor; darum erlauben wir dem Gesetzgeber, eine Umlagefinanzierung einzuführen.

Ich kann nur sagen: Wenn es so pressiert - das sage ich auch der LIGA -, dann führt doch untereinander eine freiwillige Umlage ein. Fakt ist nur, dass man sich nicht einig werden würde, weil sich zumindest die Privaten wahrscheinlich rausstehlen würden.

(Frau Lehmann [SPD]: Genauso ist es!)

Liebe Frau Blechinger, damit bin ich bei Ihrer Frage, was wir denn der Pflegestation in Bad Freienwalde, die keine Mitarbeiter mehr findet, sagen. Ich würde nichts sagen, sondern etwas fragen. Ich glaube, ich würde „null“ zur Antwort bekommen, wenn ich fragte: Wie viele Leute haben Sie in den letzten Jahren ausgebildet? - Fragen Sie das bitte einmal den ambulanten Träger, der Ihnen sagt, dass er keine Mitarbeiter findet. Ich wette, dieser Träger hat in den letzten Jahren nicht ausgebildet.

Ich habe den Auftrag schon ausgelöst. Ich werde das recherchieren. Sie können die Zahl der von diesem Träger ausgebildeten Personen von mir nachher noch genannt bekommen.

Herr Minister Baaske, lassen Sie eine Frage der Abgeordneten Blechinger zu?

Ja.

Herr Minister, Sie waren ja bei der Anhörung dabei, als über diese Problematik gesprochen wurde. Da wurden auch die Probleme der ambulanten Pflegedienste, Ausbildung durchzuführen, genannt. Sie müssen mit den Auszubildenden immer eine Fachkraft mitschicken, während in den stationären Pflegeeinrichtungen ein Auszubildender vielleicht auch einmal eine Tätigkeit allein ausführen kann. Das ist bei den ambulanten Pflegediensten nicht möglich. Deshalb ist für die eine Ausbildung nicht bezahlbar.

Herr Minister.

Sie erwarten ja wohl hoffentlich auch, dass jemand, der zum Beispiel Kraftfahrzeugschlosser lernt, von jemandem, der erfahren ist, begleitet wird. Sie wollen ja auch nicht, dass zum Beispiel der Kraftfahrzeugschlosserlehrling Ihnen das Auto übergibt, ohne dass geprüft wurde, ob Sie mit dem Auto wirklich vom Hof fahren können.

Gerade in der Pflege ist es unabdingbar, dass der Auszubildende bei seinen Tätigkeiten intensiv durch eine Fachkraft begleitet wird, die auf das schaut, was der Auszubildende da macht. Das muss in der ambulanten genauso gut möglich sein wie in der stationären Einrichtung. Die Möglichkeit, sich beim Träger der stationären Pflege zu beteiligen, kann man durchaus eröffnen. Das machen andere auch. Aber da stehlen sich viele im ambulanten Bereich aus der Verantwortung und sagen: Das geht mich alles nichts an, ich sehe zu, dass die Träger der stationären Pflege ausbilden, ich bekomme von dort schon irgendwie meine Leute. - Diese Gefahr sehe ich sehr wohl - das hat Frau Schier auch sehr richtig erkannt -, darum bin ich auch ein Verfechter der Umlage und finde sie gut. Aber, liebe Frau Nonnemacher, es wird nicht mit einem Schnellschuss funktionieren. Wir brauchen eine Fundamentalanalyse dafür. Wir brauchen sehr klare Fakten. Und wenn wir zu einer Umlage kommen, werden wir - das machen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auch so - jedes Jahr neu prüfen müssen, ob diese Umlage gerechtfertigt ist. Wir werden jedes Jahr eine neue Studie in Auftrag geben müssen, um das nachzuweisen. - Ich sehe hier die rote Lampe leuchten.

Zum FDP-Antrag nur noch Folgendes: Lieber Herr Büttner, Sie wollten über diesen Antrag wieder einmal zur Pflege kommen. Es tut mir leid, aber das passt wirklich nicht so richtig, was Sie mit unserem Antrag verbinden. Insofern sage ich: Thema verfehlt, setzen, fünf! Das geht so nicht. Den Antrag werden wir ablehnen.

Herr Minister, Sie dürfen natürlich so lange sprechen, wie Sie wollen. Das war nur so ein kleines Signal, dass Sie ein Gefühl für die Zeit bekommen.

(Heiterkeit)

Es gibt das Begehr einer Kurzintervention. Insofern haben Sie dann sowieso noch die Gelegenheit drei Minuten zu reagieren. - Herr Kollege Senftleben.

Vielen herzlichen Dank. - Mich hat vor allen Dingen der Hinweis vom Minister in Richtung unserer Fraktion zu dieser Intervention gedrängt. Es ist behauptet worden, dass immer die anderen schuld sind. Dass der Antrag ein halbes Jahr später wieder vorliegt, ist angeblich dem Umstand geschuldet, dass wir von 1999 bis 2009 keinen Antrag der Opposition zugelassen hätten.

(Frau Lehmann [SPD]: Genau so ist es!)

Sie wissen sehr ganz genau, dass das erstens nicht stimmt...

(Lebhaftes Lachen bei SPD und DIE LINKE - Glocke der Präsidentin)

- Ich bin dafür, dass das im Protokoll festgehalten wird, auch das Gelächter einzelner Kollegen.

(Zurufe)

- Ja, ja, Frau Lehmann, Frau Alter, Herr Günther, Frau Lieske und andere.

(Frau Alter [SPD]: Es haben alle gelacht!)

Ich werde Ihnen sehr zeitnah die Anträge der Wahlperioden von 1999 bis 2009 zukommen lassen, die von allen Fraktionen außer der DVU mitgetragen wurden. Dann bitte ich, dass Sie im Protokoll richtigstellen, dass Sie umsonst bzw. zu Unrecht gelacht haben. Es ist meine große Bitte, das festzuhalten.

(Beifall CDU - Bischoff [SPD]: Das wäre noch schöner! - Weitere Zurufe von der SPD)

Ich will versuchen, zum Thema zurückzukommen. Dafür sind Sie, Herr Holzschuher, sicherlich auch zu begeistern. Es geht um eine wichtige Frage im Bereich der Zukunft unsere Pflege. Ich verstehe nicht, dass in diesem Hause offensichtlich zwischen den fünf Fraktion und der Regierung inhaltlich fast keine Differenzen bestehen, man sich aber nicht darauf verständigen kann, schneller zu arbeiten, als man sich das zum Ziel gesetzt hat, um das Problem zu lösen.

(Holzschuher [SPD]: Kurzintervention! Kurz!)

Jetzt wird so getan, als seien wir daran schuld, weil wir ein utopisches Datum formulieren würden. Das ist nicht der Fall. Wenn Sie wirklich eine neue Kultur im Landtag erreichen wollen, wie Sie es formuliert haben - es gab das große Versprechen von Rot-Rot im Landtag, es gebe eine neue Kultur -, dann zeigen Sie es auch einmal und machen nicht das Gegenteil von dem, was Sie selbst beschworen haben.

(Beifall CDU)

Sagen Sie endlich: Wir sind dafür, dass in Brandenburg Pflege ermöglicht wird. Dazu brauchen wir Fachkräfte, die geeignet sind. Die brauchen wir so schnell wie möglich. Unser An

trag geht in diese Richtung, nämlich schnell Abhilfe zu schaffen.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Senftleben. - Herr Minister Baaske hat die Möglichkeit zu reagieren.