Protocol of the Session on April 14, 2011

Lieber Matthias Platzeck, wenn auch aus einer ganz anderen Motivation, so sind wir an dieser Stelle ganz bei Ihnen. Die Tatsache, dass die heftig umstrittene CCS-Technologie aufgrund der gestrigen Entwicklung nun auch für Brandenburg gestorben ist, erfüllt mich und vermutlich die meisten anderen Brandenburgerinnen und Brandenburger mit großer Freude.

Dabei muss der Dank - auch das kam in der Debatte bisher zu kurz - vor allem den Menschen aus den Initiativen vor Ort gelten. Damit meine ich die Bürgerinitiativen, die Tourismus- und die Bauernverbände, die Kirche, die Kommunalpolitiker aller Parteien - auch der SPD - und ganze Regionen. Diese Menschen haben gezeigt, dass es sich lohnt, zu kämpfen, sich zu engagieren und bei der Sache zu bleiben. Ohne das konsequente und vor allem fachlich fundierte Eintreten der Menschen gegen CCS in Brandenburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Die Bürgerinnen und Bürger haben mit ihrem Engagement erreicht, dass mit dem CCS-Gesetz den einzelnen Ländern eine Verhinderung dieser Risikotechnologie möglich ist. Die meisten Landesregierungen wissen, dass sie gegen den Willen der eigenen Bevölkerung keine Politik machen können, seien es überdimensionierte Bahnhofsprojekte oder gigantische Freilandversuche mit ungewissem Ausgang unter bewohntem Gebiet.

Die Brandenburger Landesregierung hat aber zu jeder Zeit versucht, diese Länderklausel im Bundesgesetz zu verhindern. Unsere Landesregierung war die einzige, die gegen den Willen der Bevölkerung und für die Interessen des Vattenfall-Konzerns diese Technologie durchdrücken wollte. Mit dem nun im Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf kann die Landesregierung aber ihre Argumentation nicht mehr aufrechterhalten, dass es sich bei der Verpressung von CO2 um keinen Alleingang von Brandenburg handeln werde. Auch Minister Christoffers hat immer wieder betont, dass es mit ihm keine Lex Brandenburg geben wird. Daran muss er sich jetzt messen lassen. Wir nehmen Sie jedenfalls beim Wort. Denn jetzt haben Sie es Schwarz auf Weiß: Wir haben eine Lex Brandenburg; manche sprechen schon von einer Lex Vattenfall.

Alle Länder mit Endlagerkapazitäten werden nun konsequent ihre gesetzlichen Spielräume ausnutzen, um CCS auf ihrem Gebiet zu verhindern. Deshalb bin ich davon überzeugt: CCS wird nicht kommen, und das ist auch gut so.

(Beifall GRÜNE/B90)

CCS ist zu teuer, zu gefährlich, zu ineffizient. CCS verhindert den Ausbau der erneuerbaren Energien und schreibt auf viel zu

lange Zeit die Abhängigkeit von der Braunkohle fest. Wir müssen daher nach vorne schauen.

Ich will noch einmal an die Worte von Ministerpräsident Platzeck erinnern: keine neuen Kohlekraftwerke ohne CCS. - Da man ohne Kraftwerke auch keinen Tagebau braucht, liebe Kolleginnen und Kollegen, erleben wir heute für Brandenburg den Anfang vom Ende der Braunkohle.

(Beifall GRÜNE/B90)

Es reicht aber nicht, Matthias Platzeck, auf den „Leitstern“ zu verweisen und ansonsten die Kritik an CCS und Braunkohle mit der Bemerkung, schließlich gebe es gegen Windkraft, Photovoltaik und Stromnetze ebenfalls Widerstand, wegzuwischen. Es ist Ihre Aufgabe, zu gestalten und Wege aufzuzeigen. Stattdessen nutzen Sie den Bericht zu CCS - zum weiteren Umgang mit dem im Bundeskabinett verabschiedeten CCS-Entwurf haben wir heute nichts gehört - zum Großteil, um die Atompolitik des Bundes zu kritisieren. Eine klare Position zu CCS habe ich jedenfalls heute nicht gehört.

Wir müssen hier die Gelegenheit beim Schopf packen. Das betrifft den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien, der notwendigen Netze und der Speicherkapazitäten. Sie, sehr geehrter Ministerpräsident Platzeck, müssen sich nun entscheiden, ob Sie als Landesvater der Energiewende, der erneuerbaren Energien und des Klimaschutzes in die Geschichte Brandenburgs eingehen wollen oder doch lieber als der letzte tragische Kämpfer für die Braunkohle. Es liegt an Ihnen, ob wir in diesem Parlament künftig über erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit reden oder ob die Begriffe Abbaggerung, Endlager und Restrisiko die Debatten bestimmen. Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt. Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Chancen bieten, Potenziale nutzen - Anerkennungsgesetz der Bundesregierung für im Ausland erworbene Berufsqualifikationen unterstützen!

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/3040

Ich eröffne die Aussprache mit der einbringenden FDP-Fraktion. Der Abgeordnete Büttner erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben über die Themen Fachkräftemangel und Zuwanderung sowie über die Möglichkeit einer besseren Anerkennung von Berufsabschlüssen auch hier im Landtag schon oft genug diskutiert. „Oft genug“ kann man das aber eigentlich nicht diskutieren, weil es nämlich auch darum geht, wie wir den Fachkräftemangel im Land Brandenburg besser bekämpfen können.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat nun am 23. März 2011 einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen auf den Weg gebracht. Das heißt, dass Zuwanderer mit akademischer Qualifikation bzw. mit einem im Ausland erworbenen Berufsabschluss nun in Deutschland eine Beschäftigung ausführen können, die ihren Qualifikationen entspricht.

Bisher haben Zuwanderer, die nach Deutschland kamen, kaum die Möglichkeit gehabt, ihre Abschlüsse bewerten zu lassen. Das soll nun der Vergangenheit angehören, da die Staatsangehörigkeit bei der Zulassung zu bestimmten Berufen keine Rolle mehr spielen wird, sondern nur noch die Qualifikation entscheidend ist.

Zugleich wird ein Zeichen dafür gesetzt, dass zugewanderte Akademiker und Fachkräfte bei uns willkommen sind. Ich will das ausdrücklich erweitern: Diejenigen, die nach Deutschland zuwandern, und zwar insgesamt, sollen in unserem Land, sollen in Brandenburg, willkommen sein. Damit wird auch ein Meilenstein für Integration gelegt.

Schätzungen haben ergeben, dass bereits 300 000 Menschen, die schon jetzt in Deutschland leben, von dem Gesetz profitieren. In Brandenburg rechnet die Integrationsbeauftragte, Frau Prof. Dr. Karin Weiss, mit 25 000 Zuwanderern, die einen Hochschulabschluss besitzen, aber in Jobs arbeiten, die weit unterhalb ihrer Qualifikation liegen. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels birgt das Anerkennungsgesetz immense Potenziale für Deutschland insgesamt und auch speziell für Brandenburg.

Die christlich-liberale Bundesregierung hat mit dem Gesetzentwurf die Initiative ergriffen, um unser Land attraktiver für qualifizierte Zuwanderer zu gestalten. Nur so werden wir künftig im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen und uns wirtschaftlich an der Weltspitze behaupten können.

Inhalt dieses Anerkennungsgesetzes ist es, dass Abschlüsse für die sogenannten reglementierten Berufe, zum Beispiel Ärzte, Handwerksmeister, Kranken- und Altenpfleger, innerhalb kürzester Zeit - maximal drei Monate - daraufhin überprüft werden, ob sie der inländischen Berufsausbildung gleichwertig sind. Ist dies der Fall, kann der Arbeitnehmer sofort in seinem Beruf arbeiten. Besteht jedoch Ergänzungsbedarf, da ein Teil der Qualifikation fehlt, so sind für den Betroffenen Ausgleichsmaßnahmen wie Prüfungen oder Lehrgänge vorgesehen.

In den Ländern sollen gesetzliche Regelungen ausgearbeitet werden, damit Abschlüsse in reglementierten Berufen, die in der Länderzuständigkeit liegen, anerkannt werden. Wir kennen das aus vielen unterschiedlichen Bereichen, in denen wir Fachkräftemangel haben. Wir könnten uns hier zum Beispiel den Bereich der Kindertagesbetreuung anschauen. Wir suchen händeringend Erzieherinnen und Erzieher. Warum sollten wir also nicht auf qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher aus dem Ausland zurückgreifen, wenn sie über gleichwertige Qualifikationen verfügen?

Die Landesregierung sollte aus diesem Grunde die Vorbereitung dieser Regelung in Brandenburg so schnell wie möglich vorantreiben; denn wir sind auf gute Fachkräfte unabhängig von ihrer Herkunft angewiesen.

In einer Pressemitteilung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie vom 20. September 2010 verweist die Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg darauf, dass der Bund zügig eine gesetzliche Regelung für Anerkennungsverfahren schaffen solle, wobei ein rechtlicher Anspruch auf ein Anerkennungsverfahren bestehen müsse.

Die gewünschte Regelung ist auf den Weg gebracht und wird den Bundestag und den Bundesrat passieren. Da auch der brandenburgische Arbeits- und Sozialminister, Herr Baaske, die Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse als wichtigen Beitrag zur Integration und zur Fachkräftesicherung einschätzt, ist es notwendig, dieses Gesetz in der Länderkammer zu unterstützen und unserem Antrag zuzustimmen. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Melior erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie wollen Anerkennung für das Anerkennungsgesetz. Die können Sie von unserer Seite auch bekommen.

(Beifall FDP und CDU)

Das Gesetz ist richtig und wichtig. Es ist im Übrigen überfällig, wie auch Herr Büttner eben begründet hat, weil viele Zugewanderte in unserem Land darauf warten, hier berufliche Chancen zu bekommen. Es ist überfällig angesichts von Fachkräftemangel und gut qualifizierten Migrantinnen und Migranten - die Rede ist übrigens von 300 000 bis 500 000 gut ausgebildeten Menschen, Herr Büttner -, die bei uns in Deutschland leben und aufgrund fehlender Anerkennung mit schlecht bezahlten Beschäftigungsverhältnissen nicht nur sich, sondern auch ihre Familien durchbringen müssen.

Dabei könnten wir jede und jeden von ihnen gut gebrauchen. Sie sind oft hervorragend qualifiziert, haben akademische Abschlüsse, sind IT-Spezialisten oder Ingenieure. Bisher mussten sie sich durch einen Dschungel von Anträgen und Zuständigkeiten arbeiten, um die Anerkennung ihrer im Herkunftsland erworbenen Abschlüsse zu erhalten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, wir hätten dem Anerkennungsgesetz gern eher Anerkennung gezollt. Bereits im Dezember 2009 hatte die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag einen Antrag gestellt, der die Koalitionsfraktionen aufgefordert hat, endlich tätig zu werden und mit der überfälligen Anerkennung die Integration wirklich voranzubringen.

Das vom Kabinett verabschiedete Gesetz hat den Bundestag noch nicht passiert. Sie fordern uns jetzt schon auf, im Bundesrat zuzustimmen, obwohl die endgültige Fassung noch gar nicht vorliegt. Machen Sie doch bitte erst einmal die Hausaufgaben in Berlin zu Ende. Dann werden wir in Brandenburg dem bestimmt nicht im Wege stehen.

Im Übrigen hätte es sich gelohnt, den Antrag der SPD ernst zu nehmen und die Dinge vollumfänglich zu regeln. Jetzt ist unklar, woher das Geld für die Umsetzung kommen soll. Sollen es die Migrantinnen und Migranten über Gebühren zahlen, die sie sich ganz klar nicht leisten können, oder wollen Sie das Geld aus der Bundesagentur für Arbeit quetschen und den Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik so weiter in Bedrängnis bringen? Das würde auch nicht unsere Zustimmung finden.

Es wird wohl bundeseinheitliche Verfahrensstandards und Entscheidungskriterien brauchen. Oder soll es in Zukunft vom Wohnort abhängig sein, ob eine Anerkennung erfolgt oder nicht?

Umfängliche Informationen für die zukünftigen Antragsteller sind darüber hinaus vonnöten, sodass sie möglichst schon im Herkunftsland wissen, was sie in Deutschland erwartet. Da wäre ein Internet-Portal sehr hilfreich - leider im Moment noch Fehlanzeige!

Eine Frist, wie Sie sie im Antrag fordern - Herr Büttner hat das eben selbst schon gesagt -, ist im Gesetz bereits enthalten. Innerhalb von drei Monaten soll entschieden werden. Das begrüßen wir ausdrücklich. Denn Menschen müssen möglichst schnell wissen, was Sache ist und ob sie noch Fortbildung und Qualifizierung brauchen.

Ich komme zum Fazit meiner Ausführungen. Anerkennung für das Anerkennungsgesetz gibt es vonseiten der SPD, wenn das Gesetz möglichst schnell und unter Berücksichtigung aller Hinweise, auch der vom Deutschen Gewerkschaftsbund vorgetragenen, auf den Weg gebracht wird.

Einer Zustimmung zu Ihrem Antrag bedarf es nicht, denn das, was die Länder dabei tun können, ist auf einem guten Weg, wie Ministerin Kunst gestern hier auf eine Frage der Kollegin Schier erklärt hat. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Melior. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Die Abgeordnete Schier erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die schwarz-gelbe Bundesregierung hat das Anerkennungsgesetz auf den Weg gebracht.

(Frau Lehmann [SPD]: Sie macht auch mal etwas Gutes!)

- Frau Kollegin Lehmann, können Sie das vielleicht etwas lauter sagen? Ja, die schwarz-gelbe Bundesregierung hat etwas sehr Gutes getan. Das wird hier immer unter den Tisch gekehrt.

Vordringliches Ziel ist es, in Deutschland lebende Fachkräfte mit im Ausland erworbenen Qualifikationen besser in das Wirtschaftsleben einzubinden, indem wir ihnen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtern. Mir ist ganz wichtig zu betonen, dass wir nicht vom hohen deutschen Ausbildungsstandard abrücken, sondern gleichwertige Qualifikationen als sol

che anerkennen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass in Deutschland etwa 285 000 Menschen - die Zahlen variieren leben, die Interesse an einer Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen haben.