Hier sehen wir vor allem die bessere Vernetzung mit bestehenden Strukturen. Das kann zum Beispiel der öffentliche Gesundheitsdienst mit seinen sozialpsychiatrischen Diensten sein, das kann die Zusammenarbeit mit psychiatrischen Institutsambulanzen sein, das kann auch die Zusammenarbeit mit den sozialpädiatrischen Zentren sein, die ebenfalls Spezialisten haben. Das alles sind gangbare Wege, die wir beschreiten können; denn keines der Länder, die eine bessere Relation haben, hat weniger Probleme mit seinen Kindern oder den an Schule Beteiligten als wir. Das allein ist also nicht die Lösung des Problems. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Einige wenige sind noch da. Ein Zitat aus der „Berliner Morgenpost“ vom 18. Februar 2011:
„Die Mutter des Jungen sagte der Zeitung, ihr Sohn werde schon seit drei Jahren an der Schule drangsaliert, verprügelt, eingesperrt, ihm sei der Arm eingeklemmt worden und man habe ihn vom Fahrrad gestoßen... Die Mutter erhob Vorwürfe gegen die Schule: ,Lehrer haben weggeschaut.‘ Die Polizei sei nach dem jüngsten Vorfall erst auf ihr Drängen gerufen worden.“
Ich will hier nicht einen einzelnen Fall skandalisieren. Aber ich habe selbst viele Fälle erlebt bzw. als Elternvertreterin von Eltern oder Kindern geschildert bekommen, in denen Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher von Gewalt unter Schülern gewusst haben, sie gesehen haben, die von Gewalt auf dem Heimweg gewusst haben, die die Ängste der betroffenen Kinder kannten und die nicht angemessen reagiert haben, und zwar in aller Regel nicht aus bösem Willen, sondern aus Ohnmacht.
Es geht hier nicht so sehr um spontane Gewalthandlungen, sondern um die Gewalt, die an den Opfern nagt, aber mit der nur wenige richtig umzugehen wissen, obwohl sehr viele sie sehen.
Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die auf einen Schulpsychologen bzw. eine Schulpsychologin entfallen, rangiert von 580 in Albanien, gut 5 000 in Berlin bis hin zu 20 000 in China und 28 000 in Niedersachsen. In Brandenburg entfielen im
Die Weltgesundheitsorganisation hält übrigens 2 500 Schülerinnen und Schüler pro Psychologen für einen angemessenen Wert. Brandenburg liegt mit dem Wert im Deutschlandvergleich im unteren Mittelfeld. Wenn ich diese Zahlen vorlese, dann frage ich mich, ob nicht die Beratungspotenziale, die wir durch mehr Schulpsychologen gewinnen könnten, deren Kosten um ein Vielfaches aufwiegen würden.
Selbstverständlich müssen die Schulpsychologen auch für die Schulen in freier Trägerschaft zuständig sein. Mehr Schulpsychologen könnten Einzelne besser schützen, mehr Solidarität mit den Schwächeren bewirken und das Schulklima verbessern, wenn sie dafür Zeit hätten. Eine bis zu zwölfwöchige Wartezeit wirkt aber für Lehrkräfte sicher nicht anregend, um sich bei Fragestellungen Unterstützung von Schulpsychologen zu holen. Sicher ist es nicht so, dass eine Verdoppelung der Anzahl der Schulpsychologen alle Probleme lösen würde. Es gibt hier keine einfachen Lösungen und kein 2+2=4.
- Günther heißt er -, ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Sie beide grundsätzlich sehr wohl der Meinung sind, dass mehr Schulpsychologen sinnvoll wären, sich aber darauf berufen, wir würden mit dem Antrag schließlich keinen Goldesel öffentlich zur Schau stellen. Ich kann Ihnen sagen - vielleicht ist Ihnen das nicht aufgefallen -, im Jahr 2010 haben wir im Haushalt 100 Millionen Euro Zinsausgaben eingespart Stichwort Disagio -, und das wird sich 2011 fortsetzen. Das heißt, für einige Schulpsychologen könnte das Geld schon bereitgestellt werden, wenn man nur wollte. Vielleicht wäre es da besser aufgehoben als in den Untiefen des Finanzministeriums.
Sie können unserem Antrag getrost zustimmen. Wir würden einen entscheidenden Schritt hin zu mehr Beratungs- und Unterstützungsleistungen für unsere Schulen tun. Der Empfehlung der WHO kämen wir auch näher. Wir hätten dann „nur noch“ doppelt so viele Schülerinnen und Schüler pro Psychologen und nicht mehr viermal so viele. Fälle wie der in Luckenwalde im Februar könnten seltener werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Büttner, ich bin Ihnen dankbar für die Feststellung, dass der Psychologe natürlich nicht alle anstehenden Probleme wird lösen können. Herr Günther hat es auch erwähnt, die Psycholo
gen agieren nicht allein, sie sind eingebunden in ein Netzwerk von Schulsozialarbeit - wir werden durch das Bildungspaket davon künftig hoffentlich mehr haben -, Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und niedergelassenen Psychologen und Psychotherapeuten. Insofern geht es sicherlich darum, das gesamte Unterstützungsnetzwerk ins Auge zu fassen.
Frau von Halem, es tut mir leid, dass ich schon wieder etwas kritisch anmerken muss, aber der von Ihnen erwähnte Fall in Luckenwalde eignet sich in gar keiner Weise, um über dieses Thema zu sprechen.
Wenn die Ermittlungen zu diesem Fall abgeschlossen sein werden, wird es möglich sein, dass sich die Öffentlichkeit ein Bild darüber macht, was dort tatsächlich passiert ist. Das hat mit unserem Thema nichts zu tun. Wir sollten aufhören, diese Fälle zu instrumentalisieren.
Einig sind wir uns sicherlich darin, dass die Stellen für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen in unserem Land nicht üppig bemessen sind. Wir wissen aber auch, dass wir uns Dinge nicht erträumen können, sondern uns nur das leisten können, was darstellbar ist. So schlecht steht Brandenburg im Ländervergleich nicht da. Wir haben gegenwärtig im Haushaltsplan 31 Planstellen für Schulpsychologen. Außerdem stehen für die schulpsychologische Beratung von 2010 bis 2012 zwei Nachwuchsstellen zur Verfügung, eine weitere für 2011 bis 2013 ist beantragt. Diese Stellen sind für die Einstellung von Berufsanfängern bestimmt. Bei mittelfristig relativ stabilen Schülerzahlen von rund 270 000 an öffentlichen und freien Schulen kommt ein Schulpsychologe landesweit auf etwa 9 000 Schülerinnen und Schüler; Sie hatten das bereits zitiert. Außerdem - das ist wichtig - stehen für die kollegiale Fallberatung rund 50 Supervisionsexperten am LISUM bereit, die derzeit nicht ausgelastet sind. Es gibt dort also noch ungenutzte Ressourcen.
Dass der Berufsverband in der Anhörung eine bessere Versorgung forderte, ist nichts Ungewöhnliches. Aber eine solche Forderung 1:1 in den Antrag zu übertragen greift zu kurz. Eine Eigenerhebung des Berufsverbandes Deutscher Psychologen hat in einer Stichprobe aus dem Jahr 2010 festgestellt, dass sich das Land Brandenburg im Ländervergleich im Mittelfeld bewegt. Warum Sie trotz der bekannten Haushaltssituation und der Personalbedarfsplanung des Landes, die wir alle gemeinsam reduzieren wollen und werden, an die Spitze aller Bundesländer galoppieren wollen, wird weder aus dem Antrag, noch wurde es aus den Redebeiträgen deutlich. Das von Ihnen bemühte Verhältnis von 1:5 000 bei der schulpsychologischen Betreuung entstammt einem Zwischenbericht der Bund-Länder-Kommission vom Oktober 71 über den Bildungsgesamtplan und ist eine reine Rechengröße für die Relation von Beratungspersonal zu Schülerzahlen. Die Verhältniszahl ist also eine Setzung, die bundesweit nur im Bundesland Berlin mit der für Großstädte besonders zu bewertenden Schülerschaft annähernd erreicht wird.
Nächstes Thema: die Entlastung von Verwaltungstätigkeiten. Das ist ein Ziel, das ich ebenfalls verfolge und das sicherlich richtig ist. Deshalb habe ich die für den Einsatz der Sachbearbeitung zuständigen staatlichen Schulämter aufgefordert, den Aspekt Schulpsychologie bei der Reduktion der Sachbearbeitungskapazitäten besonders zu berücksichtigen. Es ist richtig, dass die Schülerinnen und Schüler der freien Schulen stellen
mäßig bei der Bedarfsermittlung von Schulpsychologen bislang nicht berücksichtigt wurden. Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Novellierung des Schulgesetzes strebe ich an, dass auch bei der Bedarfsermittlung nicht mehr zwischen Schülern in Schulen freier und öffentlicher Trägerschaft unterschieden wird.
Meine Damen und Herren! Ich denke, daraus wird deutlich, dass wir nicht üppig ausgestattet sind, dass wir aber alle Anstrengungen unternehmen - dazu gehört eben auch, verstärkt Beratungssysteme am LISUM zu nutzen -, um unsere Schulen adäquat zu unterstützen. Dazu gehört aber mehr als nur eine Ausstattung mit Schulpsychologen. Dass wir die Trennung von freien und öffentlichen Schulen in diesem Bereich ausgleichen werden, ist Konsens. Insofern tun wir eine ganze Menge. Den Antrag brauchen wir nicht, um dieses Ziel weiterzuverfolgen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will kurz - ich nehme gewisse Fluchtbewegungen wahr - noch auf ein, zwei Punkte eingehen. Herr Günther - Ihren Namen vergesse ich nicht, da können Sie sicher sein -, Sie wussten nicht genau, wie viele Stellen es sind: Es sind 31 Planstellen, aktuell sind 29 Stellen in Brandenburg besetzt; bis 2014 werden zwei Stellen abgebaut. Frau Ministerin Dr. Münch, warum wir den Antrag stellen: Entschuldigen Sie, wir stellen den Antrag, weil auch in Ihrem Koalitionsvertrag von Priorität für Bildung die Rede ist, weil das mit zum Gesamtauftrag gehört, weil wir das unterstützen. Es passt nicht zusammen, dass Sie aus dem Gesamtetat Geld entnehmen wollen. Deswegen stellen wir den Antrag, Frau Dr. Münch. Insofern sollten Sie uns eigentlich dankbar sein.
Ein zweiter Punkt: Ich weiß ja bzw. kann mir vorstellen, wie es am Ende ausgeht, wenn wir so einen Antrag formulieren. Das hält uns jedoch nicht davon ab, solche Anträge zu stellen. Es ist wichtig, dass wir uns über das Thema im Landtag unterhalten. Ich habe eine Frage: Warum haben wir die Schulpsychologen eigentlich im Ausschuss angehört, wenn wir dann keine Erkenntnisse daraus ziehen? Wenn wir sie im Ausschuss anhören und uns ein ganzer Katalog an vorhandenen Problemen im Bereich der Schulpsychologie vorgelegt wird, müssen wir uns doch fragen, wie wir damit umgehen. Nur angehört zu haben, nice to know, und dann nach Hause zu gehen, als wäre nichts gewesen, ist nicht das, was wir in der Politik veranstalten sollten.
Ich bin dankbar für die Argumente, die Sie hier vorgebracht haben, auch Sie, Frau Wöllert. Lassen Sie uns im Ausschuss noch einmal intensiv darüber diskutieren. Natürlich weiß ich, dass verschiedene Berufsgruppen dazugehören. Sie sehen schon wieder so aus, als wenn Sie überhaupt keine Lust mehr haben,
Zur Frage, woher wir das Geld nehmen: Ja, meine Güte, Frau von Halem hat das Disagio erwähnt, wir könnten die Mittel auch aus den Personalverstärkungsmitteln nehmen. Spätestens in den Haushaltsberatungen für 2012 muss es noch einmal Thema sein. Wenn Sie den Antrag ablehnen, plädieren wir dafür, dass wir dieses Thema noch einmal intensiv im Ausschuss diskutieren. - Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Rednerliste zum Tagesordnungspunkt 15 angelangt. Ich stelle den Antrag der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/2951 zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Gegenstimmen und Enthaltungen ist dieser Antrag nicht angenommen worden.
Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen, und Sie haben die Übersicht damit zur Kenntnis genommen.