Meine Damen und Herren! Bei der Aufarbeitung der Dioxinverunreinigung wurden aber auch Schwachstellen deutlich - nicht unmittelbar in Brandenburg, sondern eher dort, wo das Zusammenspiel zwischen Überwachung und Gesetzeslage nicht richtig funktionierte. Hierzu haben am Dienstag, wie von Herrn Beyer und von mir schon angesprochen, Bundesverbraucherschutzministerin Aigner und die für den Agrarbereich und den Verbraucherschutz zuständigen Ländervertreter - bei dieser Beratung waren sowohl Vertreter des MIL als auch unsere Ministerin Tack anwesend - das Aktionsprogramm für mehr Sicherheit und Transparenz verabschiedet. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, um entsprechende Verbesserungen zu erreichen. Verbesserungen sind aus meiner Sicht in verschiedenen Bereichen möglich, so bei der Information und den Meldepflichten. Auch die Produktionsseite möchte ich hier ausdrücklich hervorheben. Und wir dürfen nicht vergessen, dass dieses Programm dazu führen muss, dass härtere Bestrafungen für ich sage es so - Kriminelle, die in dieser Kette unterwegs sind, erreicht werden.
Im Folgenden einige Inhalte des Programms - ich möchte es nicht allumfassend darstellen, aber doch einiges herausheben -: Die Meldepflicht ist unbedingt zu verbessern. Verbraucher und Behörden müssen zeitnah über Grenzwertüberschreitungen informiert werden. Was die Labore bzw. Eigenuntersuchungen angeht, so kann ich auf meinen eigenen Betrieb abheben: Wenn man sich in dem QS-System, einem System der Wirtschaft, befindet, ist man in einem Eigenkontrollsystem unterwegs. Man wird dazu jährlich auditiert und erhält die entsprechenden Zertifikate. Damit kann man als Betrieb darstellen, dass man „sauber“ ist. Das gilt sowohl für die Vorleistungskette - sprich: die Belieferer des Betriebes - als auch für das, was aus dem Betrieb herausgeht. Beides wird im Rahmen des QS-Systems zertifiziert. Bisher hat es keine Schnittstelle in dem Sinne gegeben, dass die Eigenkontrollen auch zu einer entsprechenden behördlichen Bewertung geführt hätten. Ich denke, dass genau diese Schnittstelle geschaffen werden muss, damit wir eine betriebliche Eigenkontrolle aus dem System heraus auch als behördliche transparente Position aufnehmen können, um damit zu arbeiten. Somit könnten den Behörden schon an dieser Schnittstelle Auffälligkeiten mitgeteilt werden.
Auch der Katalog der zu untersuchenden Stoffe ist zu erweitern. Das ist ebenfalls eine Konsequenz aus der Skandalgeschichte um Dioxin. Damit bin ich wieder beim Bund. Das Verbraucherinformationsgesetz steht demnächst zur Novellierung an. Diese muss genutzt werden, um dem Informationsbedürfnis Rechnung zu tragen. Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung müssen dem Kunden, dem Verbraucher transparent mitgeteilt werden.
Der 14-Punkte-Plan, der mit den Ländern abgestimmt ist, sieht die Einrichtung einer entsprechenden Internetplattform vor.
Zudem wird es einen Ausbau des Dioxin-Monitorings geben. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass dieses Monitoring im Rahmen eines freiwilligen Systems der Wirtschaft erst dazu geführt hat, dass die Belastung überhaupt festgestellt wurde. Die Vernetzung bzw. Verquickung beider Kontrollsysteme, des behördlichen und des Kontrollsystems der Wirtschaft, ist aus meiner Sicht ganz wichtig.
Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit soll ein gemeinsamer Datenpool eingerichtet werden. Gemeinsam mit den Ländern soll ein „Frühwarnsystem“ installiert werden. An dieser Stelle ist der Hinweis von Herrn Beyer richtig: Es muss das Heft des Handelns in die Hand genommen werden, um in Richtung dieses Frühwarnsystems zu arbeiten.
Der bereits bestehende Datenpool soll um die Ergebnisse der Eigenkontrollen der Wirtschaft erweitert werden. Ich habe darauf hingewiesen, für wie wichtig ich diesen Punkt halte. Ferner sollten die Intervalle für die Auswertung der Daten verkürzt werden, um schnell reagieren zu können.
Sie sehen: Hier ist bereits vieles in Angriff genommen worden, um die Information zu verbessern. Auch wenn ich sehe, dass das rote Licht hier vorne am Rednerpult leuchtet, will ich noch zwei, drei Sätze zur Produktionsseite sagen. Die Gefahr der Vermischung von Fetten unterschiedlicher Bestimmung muss beseitigt werden. Das ist eine der klaren Schlussfolgerungen aus den Ereignissen. Dazu muss auf der Produktionsseite natürlich die Trennung der Produktion von technischen Fetten und der Produktion von Fetten für Futtermittel erreicht werden.
Mein letzter Punkt betrifft die Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe. Ich denke, dass diese Pflicht zwingend notwendig ist. Die Zulassung muss an Bedingungen geknüpft werden, um die fachliche Qualifikation bzw. die Trennung der Produktion von Lebensmitteln, Futtermitteln und technischen Stoffen zu erreichen.
Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass dieses Papier nicht nur ein Papier bleibt. Der Gemeinsame Aktionsplan der Länder und des Bundes „Unbedenkliche Futtermittel, sichere Lebensmittel, Transparenz für den Verbraucher“ ist meiner Meinung nach ein gutes Papier, um dieses Problem in Gänze zu lösen. Da das Papier erst vor zwei Tagen in die Welt gekommen ist, denke ich, Herr Beyer, dass der Entschließungsantrag überflüssig ist. Das Papier muss erst mit Leben erfüllt werden. Dazu sind Bund und Länder aufgefordert. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Folgart, ich bin ganz bei Ihnen: Natürlich sind die Landwirte in diesem Dioxinskandal - wie auch in vielen anderen Skandalen, die wir in den letzten Jahren hatten - auch Opfer. Wenn Sie hier jedoch sagen, einzig die Landwirte hätten Schwierigkeiten, dann finde ich das schon ein bisschen merkwürdig. Der Vorfall in der Firma Harles & Jentzsch im März 2010 war nicht der
erste, sondern, wie wir gestern Abend alle erfahren haben, ist es wohl seit Jahren konsequent so, dass - mit hoher krimineller Energie, das muss man heute wirklich sagen - technische Schmierfette in Futtermittel eingemischt werden und damit in die Nahrungsmittelkette gekommen sind. Dass diese Stoffe für uns Menschen gefährlich sind, wissen wir, auch wenn wir nicht wissen, wann und wie es sich bei dem Einzelnen auswirkt. Ich will keine Panik machen oder diese Aktuelle Stunde nutzen, um zu skandalisieren. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass in Schleswig-Holstein das behördliche Kontrollsystem offensichtlich nicht funktioniert hat.
Wenn über Jahre solche Vorgänge passieren, ohne dass der Staat etwas bemerkt, ohne dass der Staat eingreift, haben wir ein Vollzugsproblem. Darüber müssen wir heute hier in dieser Debatte sprechen.
Das Ganze ist ja nur aufgeflogen, weil es Eigenkontrollen gibt. Ich bin froh, dass es sie gibt. Die allermeisten Futtermittelhersteller nehmen diese Eigenkontrollen sehr ernst und werden, sowie sie etwas feststellen, die entsprechenden Schritte einleiten. Es gibt aber auch diejenigen, die es mit hoher krimineller Energie nicht tun.
Dazu muss ich Ihnen sagen: Auch in Brandenburg sind, wie Sie gesagt haben, acht Landwirte völlig unverschuldet Opfer dieses Dioxinskandals geworden, haben Schwierigkeiten bekommen und mussten mit den Proben und all den Einschränkungen leben.
Wir alle hier im Saal sind uns einig, dass wir den Verbraucherschutz erhöhen wollen und auch erhöhen müssen, um die Verbraucher vor derart perfiden und kriminellen Futtermittelpanschern besser zu schützen.
Wir alle sind aber realistisch genug zu wissen, dass es uns nie gelingen wird, einen lückenlosen Schutz zu installieren. Kriminelle Energie findet immer Schlupflöcher. Kriminelle Energie findet immer einen Weg, trotzdem über die Futtermittel- und Nahrungsmittelkette zum Bürger zu gelangen.
Ich sage Ihnen: Der Maßnahmenkatalog des Bundes ist richtig. Gregor Beyer hat es gesagt, auch Herr Folgart hat es gesagt: Er enthält sehr viele gute Dinge. Wir alle sind uns auch darin einig, dass man im Bereich der Rechtsetzung auf Bundesebene und auf europäischer Ebene noch stärkere Regelungen schaffen muss, um den Schutz zu verbessern.
Eines sage ich Ihnen aber auch: Entscheidend am Ende ist nicht, was im Gesetz steht, entscheidend am Ende ist auch nicht, was der Bundestag, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament beschließen, sondern entscheidend ist, wie alle diese Regeln, die wir teilweise schon haben, in den Ländern und hier in Brandenburg durch unsere Behörden umgesetzt werden.
Spätestens an dem Punkt - Frau Ministerin Tack, ich kann es Ihnen nicht ersparen - sind wir bei Ihnen und Ihrem Ministerium. Die 100 Tage Schonfrist sind schon lange vorbei. Jetzt sind Sie seit über einem Jahr im Amt, Frau Ministerin Tack. Der Vollzug, das wissen alle hier im Hause, ist Ländersache. Ich bin sehr froh, dass die FDP-Fraktion diese Aktuelle Stunde hier heute
auf die Tagesordnung gesetzt hat, um dieses Thema zu debattieren. Denn aktueller, wenn man die „MAZ“ von heute liest, hätte es nicht kommen können.
Wir haben heute die Chance, uns einmal über den Verbraucherschutz in Brandenburg nach einem Jahr Rot-Rot zu unterhalten. Ich muss Ihnen sagen: Wir haben in Brandenburg, das ist richtig, diesen aktuellen Dioxinskandal gut überstanden. Wir haben trotzdem Handlungsbedarf. Darüber müssen wir uns unterhalten. Ich habe mich in den letzten Wochen intensiv mit dem Kontrollsystem, das wir in Brandenburg haben, beschäftigt. Ich habe viele Gespräche auch in den Landkreisen geführt und mich mit Veterinärmedizinern, mit unserem Landeslabor und mit Mitarbeitern unserer Landesbehörde unterhalten. Wir haben durchaus auch Schwachstellen in unserem behördlichen Kontrollsystem, die wir gemeinsam ermitteln müssen und die wir abzustellen versuchen müssen.
Ich frage Sie: Reicht es wirklich aus, dass wir ein- bis zweimal im Jahr eine angemeldete Kontrolle durchführen? Wenn ich weiß, dass auf der B 96 ein Blitzer steht, fahre ich auch langsam.
Man muss sich die Frage stellen: Ist eine angemeldete Kontrolle das richtige Instrument, Herr Krause? Es tut mir leid, aber die Frage müssen wir stellen.
Mir hat man gesagt: Wir führen angemeldete Kontrollen durch, weil wir jemanden antreffen müssen. Dazu muss ich Ihnen sagen: Wir haben viele große Futtermittelhersteller. Alle von ihnen haben mehr als 20, 30 oder 40 Mitarbeiter. Dass man in der Woche tagsüber niemanden antrifft, kann ich mir nicht vorstellen. Das muss ich einfach so sagen. Da muss auch einmal eine unangemeldete Kontrolle möglich sein.
Wir müssen auch über die Häufigkeit der Kontrollen reden. Reicht es aus, einmal im Jahr hinzugucken und 364 Tage im Jahr nicht hinzugucken? Ich sage Ihnen ganz deutlich: Zu allen diesen landespolitischen Fragestellungen habe ich in den letzten zweieinhalb Wochen von Ihnen, Frau Ministerin Tack, nichts, aber auch gar nichts gehört.
Sie haben sehr viel gesagt. Ich habe alle Pressemitteilungen hier. Sie haben jeden Tag eine neue Pressemitteilung herausgegeben. Sie haben jeden Tag neue bundesrechtliche und europarechtliche Regelungen gefordert. Das Verbraucherinformationsgesetz muss geändert werden. Da sind wir dicht beieinander. Wir müssen im Bund dafür sorgen, dass Futtermittel, technische Schmierstoffe und Nahrungsmittel stärker voneinander getrennt werden. Das alles ist richtig, Frau Ministerin Tack. Aber das ist die Aufgabe des Bundes und der Bundes-Verbraucherschutzminister-Konferenz. Die Aufgabe, die wir hier in diesem Landtag gemeinsam mit Ihnen haben, ist jedoch, uns über den Vollzug dieser Gesetze zu unterhalten.
Da bin ich wieder bei Ihnen. Es tut mir leid, ich kann Ihnen das nicht ersparen. Ich habe mich in den letzten Wochen mit der Situation unseres Verbraucherschutzes beschäftigt. Das Wichtigste bei diesem Verbraucherschutz ist, wenn wir diese Gesetze mit Leben erfüllen wollen, die Personalausstattung.
Ich komme ganz konkret auf das zu sprechen, was in einem Jahr unter Rot-Rot, Frau Ministerin Tack, hier passiert ist. Als Erstes ging es damit los: Der Referatsleiter im Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz - Herr Dr. Desselberger -, der sich mit Futtermittel- und Lebensmittelkontrollen beschäftigt, ist am 15. Dezember in den Ruhestand gegangen, und die Stelle ist nicht wiederbesetzt worden.
Es geht weiter. Sie haben die Gesamtzahl der Mitarbeiter im Verbraucherschutz in diesem Land innerhalb von sechs Monaten von 61 auf 49 reduziert. Ich hoffe, Sie können uns erklären, wie Sie angesichts all dieser Skandale, die wir haben, diese Reduzierung verantworten wollen.
Die Referatsleiterstelle in der Futtermittel- und Lebensmittelüberwachung im Landesamt für Umwelt- und Verbraucherschutz wird ab März frei. Ich hoffe, Sie wird wiederbesetzt. Vielleicht können Sie uns dazu etwas sagen.
Sie haben die Anzahl der Futtermittelprüfer, die im Außendienst tätig sind, von fünf auf vier reduziert. Ich hoffe, Sie werden uns auch dazu etwas sagen.
Im Landesamt für Verbraucherschutz gibt es keinen Referatsleiter mehr, der sich für den Bereich der Tierseuchenbekämpfung verantwortlich fühlt. Ich sage Ihnen die nächste Tierseuche voraus. Wir haben in Rumänien gerade Maul- und Klauenseuche. Das ist sehr aktuell. Das alles ist um uns herum relativ dicht dran. Ich frage mich, wie wir mit Tierseuchen in diesem Land umgehen wollen, wenn es nicht einmal mehr einen Referatsleiter im Landesamt für Verbraucherschutz gibt, der sich mit Tierseuchen beschäftigt. Das alles ist in einem Jahr passiert. Wir haben ganz nebenbei noch fünf freie Stellen allein im Bereich der Grenzkontrollstelle, die nicht besetzt sind.
Die Task Force für den Tierseuchenfall soll aufgelöst werden. Viele Mitarbeiter empfinden es mittlerweile so: Der Verbraucherschutz in diesem Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz ist das fünfte Rad am Wagen. Vor diesem Hintergrund und vor allem vor dem Hintergrund, Frau Ministerin Tack, der hohen Relevanz dieses gesundheitlichen Verbraucherschutzes für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land kann es nicht richtig sein, was hier seit einem Jahr geschieht. Sie müssen dazu Stellung beziehen und Sie müssen uns erklären, dafür haben wir auch nächste Woche im Ausschuss Gelegenheit, wie wir dieses Kontrollsystem weiter aufrechterhalten wollen und es vielleicht auch ausbauen wollen. Darüber müssen wir uns unterhalten.
Dazu liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP vor. Ich hoffe, Sie können sich heute überwinden, ihm zuzustimmen. Sie können sich auch enthalten. Das wäre auch eine Möglichkeit, das haben wir heute Morgen er
Frau Ministerin Tack, Sie haben sich auf Bundesebene ein Image erarbeitet, die oberste Verbraucherschützerin in Brandenburg zu sein. Sorgen Sie endlich dafür, dass den Worten, den vielen Pressemitteilungen, den vielen Forderungen in Richtung Bund und in Richtung EU endlich auf Landesebene Taten folgen!
Sorgen Sie dafür, dass der Verbraucherschutz in Brandenburg den Stellenwert bekommt, den er einmal in der Zeit hatte, bevor Sie Ministerin waren, und den er dringend wieder braucht. Wir sind diesmal sehr gut an diesem Skandal vorbeigeschlittert. Das lag alles nur daran, dass nur wenig Futtermittel von dieser Firma hierher importiert wurden. Was demnächst irgendwann wieder kommen wird, wissen wir alle zusammen nicht.