Protocol of the Session on January 19, 2011

Ein letzter Gedanke: Mein Eindruck ist - das bestätigt auch der Bericht -, dass sich die interministerielle Zusammenarbeit und die Verzahnung verschiedener Politikfelder verbessert hat. Dafür möchte ich drei Beispiele nennen.

Erstens hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie über die Aktivitäten der lokalen Bündnisse für Familien im Land Brandenburg informiert und um weitere aktive Unterstützung der Bündnisse vonseiten der RWKs gebeten.

Zweitens: RWKs können einen Beitrag leisten und die vorhandene Ortsverbundenheit vieler junger Brandenburgerinnen und Brandenburger nutzen, um die entsprechenden Angebote und auch die Bindungskraft zu den Kommunen und zur Heimat zu stärken.

Drittens: Bezüglich der Verzahnung von RWKs - und INSEKProzess bzw. anderen Stadtumbau- oder Stadtentwicklungsprogrammen ist festzustellen, dass die Verzahnung zum Beispiel mit dem INSEK-Prozess, mit dem RWK-Prozess zwischenzeitlich reibungsloser läuft. Die integrierte Entwicklung der Städte bleibt gemeinsames Ziel der jeweiligen Prozesse, auch mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Städte und Gemeinden, die den Status eines RWKs erhalten haben, haben in den vergangenen Jahren immer besser ihre Stärke identifiziert und weiter ausgebaut. Aber auch Städte außerhalb der RWKs haben sich daran orientiert und eigene Initiativen entfaltet. Die Aktivitäten und Initiativen aller Beteiligten vor Ort in den RWKs, ebenso wie in den Kommunen und außerhalb der RWKs haben dazu beigetragen, die Entwicklung im Land voranzubringen und Brandenburg nach außen deutlich zu profilieren. Daran muss - wie auch immer der Zehnte Bericht dann aussehen wird weiter gearbeitet werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Domres. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Geschwindigkeit von Herrn Domres werde ich jetzt, glaube ich, nicht an den Tag legen können, aber die Zeit ist die gleiche, von daher also vielleicht genauso viel Inhalte, aber deutlicher formuliert.

Es ist von Herrn Tomczak dankenswerterweise schon zum Ausdruck gebracht worden, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier insofern ein Alleinstellungsmerkmal haben, als wir tatsächlich die Politik der Regionalen Wachstumskerne für nicht erfolgreich halten und denken, dass wir eine Umsteuerung in der Wirtschaftspolitik brauchen.

Was uns überrascht hat und Erstaunen ausgelöst hat, ist die Aussage in dem nun vorgelegten Bericht, über die positiven Effekte der Neuausrichtung der Standortpolitik seien sich alle Brandenburger Experten einig. - Wie ist denn das möglich? Eine Bestandsaufnahme zeigt, dass von 119 beschlossenen Einzelmaßnahmen bisher gerade mal ein Drittel durchgeführt wurden. Im Durchschnitt hat jeder Wachstumskern erst zwei Maßnahmen fertiggestellt. Von den 96 in Umsetzung befindlichen Maßnahmen sind 84 Infrastrukturmaßnahmen, und nur 11 Maßnahmen dienen der immer wieder eingeforderten Fachkräftesicherung. Der eindeutige Schwerpunkt liegt bei Investitionen in den Straßenbau und in die Gebäudeinfrastruktur. Wir halten das für falsch. Aber nicht nur wir halten das für falsch, sondern auch die Brandenburger Unternehmer halten das für falsch.

Im aktuellen Bericht zur Evaluierung der Wirtschaftsförderung in Brandenburg vom Oktober 2010 heißt es: Unternehmer sehen den größten politischen Handlungsbedarf bei der Standortentwicklung und bei der Fachkräftesicherung. Den geringsten Bedarf sehen sie bei der Infrastruktur. Statistisch setzt aber jeder Regionale Wachstumskern nur 0,73 Maßnahmen zur Fachkräftesicherung um. Die Regionalen Wachstumskerne Cottbus, Schönefelder Kreuz, Spremberg und Neuruppin verzichten auf jegliche Maßnahmen zur Fachkräftesicherung.

Das Thema der Vernetzung ist für Unternehmen bei der Standortentwicklung bedeutender als Infrastrukturmaßnahmen. Die Regionalen Wachstumskerne sollen durch Vernetzung und Abstimmung in die Region ausstrahlen, aber nur sechs Regionale Wachstumskerne haben das hierfür bestimmte Regionalbudget bisher bewilligt bekommen.

Wie kann denn über die positiven Effekte der Neuausrichtung der Förderpolitik Einigkeit bestehen, wenn der zentrale Aspekt, die begonnene Evaluierung der Arbeit der Regionalen Wachstumskerne und damit die Analyse der Ergebnisse der bisherigen Förderpolitik, noch aussteht?

Ich weise auf den zweiten Zwischenbericht der Evaluatoren vom 23. Juli 2010 hin, der von einer abschließenden Bewertung weit entfernt ist. Dort stellen die Evaluatoren fest: Der Prozess ist nach Aussage der meisten RWK-Verantwortlichen jetzt erst richtig angelaufen und muss in den kommenden Jahren nachweis- und belastbare Wirkung zeigen.

Zum einen handelt es sich bei vielen Projekten um langfristige Maßnahmen, und zum anderen benötigen viele der komplexen Maßnahmen eine entsprechende Planungs- und Vorbereitungsphase. Dementsprechend können zum jetzigen Zeitpunkt auch nur begrenzte und unmittelbare Wirkungen festgestellt werden. Ich fasse zusammen: Die Wirkung der Förderpolitik „Stärken stärken“ ist also aktuell nicht nachweisbar. Gleichzeitig ziehen die Evaluatoren in diesem Bericht die Nachweisbarkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen Regionalen Wachstumskernen und einer überdurchschnittlichen Wirtschaftsentwicklung in Zweifel.

Dort heißt es wörtlich:

„Die RWK-Effekte sind nur sehr schwer von überlagernden Effekten zu trennen.“

Zum Beispiel kann kein direkter Zusammenhang zwischen dem RWK-Status und der überdurchschnittlichen Entwicklung des Wirtschaftsaufschwungs - beginnend im Jahr 2005 - hergestellt werden. Die Evaluatoren benennen im zweiten Zwischenbericht explizit die Gefahr, dass die Evaluation keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen dem Status „Regionaler Wachstumskern“ und Wirtschaftsentwicklung erbringen könnte.

Das heißt: Der Bericht, der heute vorliegt und diskutiert wird, ist ein ganz großes Geklapper um wenig Inhalt. Ich denke, Frau Kaiser hatte 2007 Recht, als sie das Konzept „Stärken stärken“ in Zweifel zog und Richtlinien beklagte, weil so einer Vielzahl von Kommunen unseres Landes bzw. ganzen Regionen von vornherein der Zugang zu Fördermöglichkeiten verbaut wurde.

Aus einer Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Senftleben „Effekte des Förderinstruments der Branchenschwerpunktorte durch die Landesregierung“ möchte ich gerne zitieren, weil das ebenfalls aufzeigt, in welche Richtung der Hase hier läuft:

„Gestützt auf die Empfehlung des Gutachters, aber auch im Hinblick auf die Erfüllung des wesentlichen Zwecks, soll in der neuen Legislaturperiode die Förderkategorie der Branchenschwerpunktorte aufgegeben werden.“

- Das begrüßen wir ausdrücklich. Wir stellen aber fest, dass das bisher noch nicht erfolgt ist. Denn das Operationelle Programm ist bisher nicht geändert worden. Mir ist das zumindest nicht bekannt.

(Zurufe von der Regierungsbank)

- Das habe ich dem Bericht so entnommen. Das möge dann korrigiert werden.

„Dies dient der Transparenz und stellt eine Vereinfachung des Förderszenarios dar. Damit würde außerdem eine weitere Konzentration der Fördermittel auf die integrierte Standortentwicklung in den Regionalen Wachstumskernen erfolgen.“

Das heißt: Man lehnt das Projekt der Branchenschwerpunktorte jetzt ab. Das finde ich richtig. Man sammelt das Geld ein. Auch das ist richtig. Man will sich jetzt jedoch noch stärker auf die Regionalen Wachstumskerne konzentrieren, als das bisher der Fall war. Das halte ich für falsch.

Die Förderung konzentriert sich dadurch auf immer weniger Regionen. Sie verletzen damit das Konzept der sozialen Marktwirtschaft nachhaltig und schlagen alle ordnungspolitischen Grundsätze in den Wind. Auch in Brandenburg sollte es allen Regionen möglich sein, Zugang zu Fördermitteln zu erhalten. Ein Wettbewerb um die besten Ideen und Ansiedlungskonzepte muss möglich sein. - Herzlichen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen die Debatte mit einem Beitrag der Staatskanzlei fort. Herr Staatssekretär Gerber, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu ein paar Aspekten Stellung nehmen. Herr Vogel, natürlich haben alle Regionen des Landes nach wie vor auch Zugang zu den entsprechenden Fördermitteln des Landes. Es ist also ein Ammenmärchen gewesen, was Sie soeben vorgetragen haben.

Gleichwohl will ich mich für die Debatte herzlich bedanken. Einige Gesichtspunkte haben bereits in die Zukunft gewiesen. Das ahnte ich. Deshalb habe ich dafür etwas Redezeit vorgehalten. Die Frage der Auf- und Absteiger wird die Debatte bestimmen. Das wird sicher kontrovers. Unzufriedene wird es immer geben. Das gilt, wenn man es so lässt, wie es ist. Das gilt aber auch, wenn man zwei oder drei heraus- oder hereinnimmt. Das ist ganz klar.

Umso wichtiger ist es, dass wir in der Diskussion über die Evaluationsergebnisse sprechen. Wir haben auch Orte mit mehr als 15 000 Einwohnern einbezogen. Die Entscheidungsgründe müssen breit diskutiert werden. Die Details müssen allen verdeutlicht werden.

Klar ist, dass wir noch mitten in einem Prozess stehen, dessen Bewertung objektiven Schwierigkeiten unterliegt. Da haben Sie völlig Recht, Herr Vogel. Diese Zitate von Ihnen stimmen. Manches ist in der Wirtschaftspolitik in Bezug auf die Kausalität schwer zu erklären. Aber auch das ist nicht neu. Von 120 beschlossenen Maßnahmen haben wir es erst mit 20 abgeschlossenen Maßnahmen zu tun. Das ist ein Indiz dafür, dass wir uns noch mitten im Verfahren befinden. Bei einer solchen Bewertung gibt es Zielkonflikte. Mit diesen Schwierigkeiten müssen wir leben.

In der künftigen Debatte sollten wir darauf achten, dass es keine übermäßigen Enttäuschungen gibt. Die Entscheidungswege und die Entscheidungskriterien sollten und müssen deutlich gemacht werden. Es geht auch um diejenigen, die am Ende des Prozesses nicht zu den Regionalen Wachstumskernen zählen. Die diesbezüglichen positiven Entwicklungen müssen auch hier verstärkt und intensiviert werden. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Ich beende damit die Aussprache. Der Bericht der Landesregierung ist zur Kenntnis genommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Brandenburg - Europäische Unternehmerregion Strategie für die Stärkung von Innovation und Kreativität im Mittelstand (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg vom 25.02.2010 - Drs. 5/510-B)

Bericht der Landesregierung

Drucksache 5/2618

Wir beginnen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Christoffers, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss der Regionen hat dem Land Brandenburg gemeinsam mit der spanischen Region Murcia und dem irischen Country Kerry im Februar 2010 den Preis „Europäische Unternehmerregion 2011“ verliehen. Ausgewählt wurden diese drei Preisträger aus 35 europäischen Bewerberregionen. Im Mittelpunkt der Bewerbung Brandenburgs standen ganz bewusst Maßnahmen zur Stärkung und Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen und Ansätze, um künftige Herausforderungen meistern zu können.

Besonders hervorgehoben wurden in den Bewertungen die Ziele ökologischer Umbau der regionalen Wirtschaft, Unterstützung von Kreativität und Innovation als Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche ökonomische Entwicklung sowie die Ergänzung der Förderpalette um neue Förderinstrumente.

Vor diesem Hintergrund hat der Landtag die Landesregierung aufgefordert, die Preisverleihung zu nutzen, um kleine und mittlere Unternehmen und das Unternehmertum noch zielgerichteter zu fördern und ihre Bedeutung für die Entwicklung des Landes noch stärker in den öffentlichen Fokus zu rücken. Dazu sollte 2010 eine Strategie mit Handlungsschwerpunkten erarbeitet werden. Diese Strategie hat die Landesregierung Ende Dezember vorgelegt.

Meine Damen und Herren, wir haben uns entschieden, das nicht nur als eine Strategie zur Umsetzung dieser Auszeichnung zu konzipieren, sondern wir haben eine Mittelstandsstrategie in Abstimmung mit mehreren Häusern erarbeitet, die weit mehr ist als nur die Umsetzung dieser Auszeichnung.

In dem vorliegenden Bericht ist eine Mittelstandsstrategie konzipiert, die Grundlagen für die Mittelstandspolitik der gesamten Legislaturperiode legt sowie als Vorbereitung auf die neue Strukturfondsperiode ab 2014 dient. Wir konzentrieren uns dabei auf die Vorrangregelung für KMU, auf die Förderung für Innovationen, auf die Frage der ökologischen Modernisierung, auf die Frage der stärkeren Internationalisierung von KMU, auf die Förderung von Gründungen, die Stärkung von Unternehmertum und die Gründungsmotivation und nicht zuletzt - sondern als zentrales Thema - die Frage der Fachkräftesicherung.

Sie finden ab Seite 26 des vorliegenden Berichts eine Übersicht über die Themenfelder und Maßnahmen, die durch meh

rere Ressorts der Landesregierung zur Umsetzung dieser Schwerpunkte übergreifend eingerichtet und umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren, in der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Redezeit kann ich nur einige Beispiele aufführen. Bezüglich der Vorrangregelung für KMU geht es vor allen Dingen um die Frage des Abbaus auch von sektoralen Defiziten, insbesondere um die Frage Eigenkapitalbedarf, sowie um das Suchen nach neuen Instrumenten, um Ideen neben banküblichen Sicherheiten besser bewerten zu können.

Lassen Sie mich im Zuge der geplanten Haushaltsaufstellung folgende Bemerkung machen: Im Bereich Technologieförderung werden wir keine Mittel kürzen. Neben der Substanzpflege ist die Frage der Technologieentwicklung ein Schlüsselinstrument, um wirtschaftliche und soziale Stabilität miteinander zu verbinden.

Zur Förderung von Innovationen möchte ich noch einmal an den Brandenburger Innovationsgutschein erinnern, der sich ausgezeichnet als Förderprogramm bewährt und mit einem relativ geringen Mitteleinsatz ein hohes Potenzial in der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft erschlossen hat.