Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Bitte äußern. Ich fand es am vergangenen Montag gut - einige unserer Kolleginnen und Kollegen hatten die Gelegenheit, Gast des Neujahrsempfangs der Kammern und Verbände zu sein -, einmal die geballte Kraft dieser Kompetenz zu spüren zu bekommen. Dennoch erwarten alle, auch die berufsständischen Vertretungen, von uns dann die konkrete Hilfe und die Rahmensetzung. Wir sollten aber den Blick aufs Ganze nicht verlieren. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Henschke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage gibt vielfältige Möglichkeiten einzuhaken. Da ich nur fünf Minuten Redezeit habe, werde ich mich auf das Thema Fachkräftemangel konzentrieren.
Für uns ist die zentrale Erkenntnis aus der Antwort der Landesregierung: Fachkräftemangel wird nicht erst in Zukunft ein Thema sein, sondern Fachkräftemangel ist bei vielen Berufsgruppen bereits heute Realität. Sehen wir dazu die Antwort auf die Frage 31 an:
Bei den betrachteten ingenieurtechnischen Berufsgruppen sind die Zahlen der Erwerbslosen zwischen 1999 und 2007 um mehr als zwei Drittel zurückgegangen. Beispiele: im Maschinenbau von 1 255 auf 322 Erwerbslose, in der Elektrotechnik von 1 107 Erwerbslose im Jahr 1999 auf 253 im Jahr 2007. Insgesamt waren im Jahr 2007 weniger als 2 000 Ingenieure erwerbslos.
Berücksichtigt man den fortgesetzten demografischen Wandel Alterung, Abwanderung - kann man, ohne diese Zahlen zu sehr zu interpretieren, doch ableiten, dass bei Ingenieuren in Brandenburg heute vermutlich Vollbeschäftigung herrscht. Bei einigen Fachrichtungen verfügen Landkreise und kreisfreie Städte über keinen einzigen arbeitslosen Ingenieur mehr. So gab es bereits im Jahr 2007 zum Beispiel in Frankfurt (Oder) keinen arbeitslosen Fertigungsingenieur mehr.
Dieser Fachkräftemangel ist nicht auf die freien Berufe beschränkt, betrifft diese aber zunehmend ganz besonders. Wir haben einen Arbeitsmarkt, in dem die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften größer ist als das Angebot. Die Folge ist, dass Brandenburger Unternehmen mit Unternehmen der alten Bundesländer konkurrieren, Kleinunternehmen mit Großunternehmen. Die freien Berufe aber konkurrieren mit der gewerblichen Wirtschaft um Nachwuchs.
Positive Folge ist natürlich auf der einen Seite, dass das Lohnniveau für die nachgefragten Berufsgruppen in den Betrieben steigt. Das hat aber auf der anderen Seite Konsequenzen für die freien Berufe; denn die Entscheidung für oder gegen Gründung einer freiberuflichen Tätigkeit ist natürlich davon abhängig, was ich an anderer Stelle verdienen kann. Auch da sind die Zahlen sehr aussagekräftig. Im Jahr 2004 verdiente ein Freiberufler im Regelfall durchschnittlich unter 34 000 Euro. Das ist natürlich keine sehr attraktive Größenordnung und bedeutet, dass auch kaum ein Ingenieur bereit ist, in eine solche Funktion zu wechseln. Der Druck auf die freien Berufe ist enorm.
Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt überdeutlich: Aus eigener Kraft kann Brandenburg den Mangel an Ingenieuren nicht decken. Die Studienanfängerzahlen sind zwar kontinuierlich gestiegen - inzwischen auf etwa 2 400 -, reichen aber wohl nicht aus, um den benötigten Bedarf zu decken. Deswegen: Wer in Zukunft hier überhaupt noch freiberufliche Ingenieure haben will, muss handeln.
Brandenburg besitzt bei Ingenieuren kein Fachkräftereservoir mehr. Deshalb müssen zunehmend Ingenieure für Neuansiedlungen und Erweiterungen von Unternehmen in anderen Bundesländern oder im Ausland abgeworben werden. Zum Teil sind diese Menschen auch schon vorhanden, leiden aber unter fehlender Anerkennung ihrer Abschlüsse.
Das Problem ist der Landesregierung bereits bekannt, und bei Ärzten hat Brandenburg auch schon positive Maßnahmen ergriffen. Ich erinnere nur an das Modellprojekt von Frau Ziegler für die Nachschulung von Aussiedlern: drei Monate Sprachkurs, vier Monate Praktikum, drei Monate Lernen für die Prüfung. Das war die Reaktion auf den medizinischen Fachkräftemangel. Ich finde, dies war richtig. Solche Programme sind vorbildlich und sollten auf alle vorgebildeten Zuwanderer und Berufsgruppen ausgedehnt werden, weil nicht ausgeschlossen ist, dass der heutige Mangel an Ingenieuren und Ärzten mittelfristig weitere Hochqualifizierte auch aus anderen freien Berufen betrifft.
Fazit ist: Die Analyse der Antwort der Landesregierung unterstützt die Mahnungen der privaten Wirtschaft. Die Standortwahl steht und fällt mit den zur Verfügung stehenden Fachkräften und dem Innovations- und Gründungsumfeld. Am Beispiel der freien Berufe sind auch die Wechselwirkungen zwischen Fachkräftemangel und Einstieg in die Selbstständigkeit eindeutig erkennbar.
Brandenburg braucht innovative Gründungen durch Hochqualifizierte. Wir brauchen zudem Gründungen von Freiberuflern. Die Handlungsfelder sind bekannt, das Problem des Fachkräftemangels ist bekannt. Deshalb lautet schon seit geraumer Zeit unser Vorschlag: volle Kraft für die Fachkräftesicherung. Ein erster Schritt wäre, das RWK-Konzept und das operationelle Programm der schwarz-roten Vorgängerregierung in diesem Punkt zu optimieren. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Das Wort erhält nun die Landesregierung. Herr Minister Christoffers, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal vielen Dank für die Große Anfrage; denn sie hat zumindest in zwei Punkten eine zielführende Wirkung gehabt. Erstens: Wir konnten feststellen, welche Daten es überhaupt gibt. Da möchte ich gleich zu Beginn sagen: Die Datenlage ist zum Teil ausgesprochen rudimentär, weil Daten nicht erhoben werden. Dennoch teile ich die Auffassung der Kollegen im Saal, hier keine zusätzlichen Berichtspflichten einzubauen. Ich glaube, diesen Weg einzuschlagen, wäre als Konsequenz auf die Große Anfrage genau kontraproduktiv.
Zweitens: Die Große Anfrage gibt einen Überblick über den Umfang der Wertschöpfung und der Beschäftigung, die durch freie Berufe im Land Brandenburg gesichert sind. Insofern stimme ich Herrn Henschke zu: Sie gibt uns einen Rahmen vor, wie wir jetzt weiter analysieren müssen, um uns anschauen zu können: Was können und was müssen wir möglicherweise tun?
Herr Vogel, gestatten Sie mir eine Bemerkung vorab: Sie sprachen zu Recht die Anerkennung ausländischer Hochschul- und Fachhochschulabschlüsse an. Ich glaube, wir sind völlig einer Meinung, dass es diesbezüglich bundesweit eine Bewegung geben muss - so will ich es mal ausdrücken.
Ich möchte aber auf einen Punkt aufmerksam machen: In der Geschäftsstelle der Wissenschaftsministerkonferenz gibt es eine ausgesprochen kompetente Institution, die bundesweit einmalig für die Bewertung ausländischer Hochschul- und Fachhochschulabschlüsse beredtes Zeugnis ausstellen kann. Ich würde davor warnen, hier beispielsweise zusätzliche Institutionen einzurichten. Eher geht es mir darum, die vorhandenen Institutionen zu nutzen. Selbstverständlich wird über diese Institutionen beraten, ob und welche Hochschul- und Fachhochschulabschlüsse akzeptiert und anerkannt sind. Es gab bei sehr vielen konkreten Einzelfällen bereits unmittelbar Hilfe und Unterstützung. Das ändert aber nichts an dem Sachverhalt, dass wir uns bei der Bewertung ausländischer Hochschul- und Fachhochschulabschlüsse in Deutschland noch ein Stück weiter bewegen müssen.
Meine Damen und Herren, in Abgrenzung des Statistischen Bundesamtes sind in Brandenburg etwa 170 000 Personen im freiberuflichen Sektor tätig, davon 30 000 als Selbstständige. Freiberufler sind an unterschiedlichen Stellen in Wirtschaft und Gesellschaft tätig. Das kommt uns so selbstverständlich vor, dass
wir es häufig gar nicht mehr richtig wahrnehmen. Wir nehmen die Selbstständigkeit, die Leistung einfach an und mit.
Das zeigt einerseits, wie tief verwurzelt der Bereich der freien Berufe und Selbstständigen in der Gesellschaft ist, macht aber andererseits auch auf ein Problem aufmerksam. Je selbstverständlicher diese Leistung in Anspruch genommen wird, desto eher läuft man Gefahr, in Politik und Gesellschaft nicht mehr als die Personengruppe wahrgenommen zu werden, die in erheblichem Umfang Leistungen für die Gesellschaft selbst erbringt. Dabei wird es uns aber wenig nützen - auch diese Auffassung teile ich -, jetzt damit anzufangen, für Freiberufler allgemein ein Förderprogramm oder Ähnliches aufzulegen. Das ist weder die Konsequenz, die wir aus der Großen Anfrage ziehen, noch unsere Zielstellung.
Im letzten Jahr haben wir bei der Überarbeitung der Förderprogramme unsere neu aufgelegten Förderprogramme bewusst so ausgestaltet, dass Freiberufler antragsberechtigt sind; denn Freiberufler gehören für mich zum Mittelstand. Und wenn wir Mittelstandspolitik betreiben, sind sie selbstverständlich darin einbezogen. Hinsichtlich der Eigenkapitalausstattung sind die Freiberufler selbstverständlich für den Fonds bzw. für das Nachrangdarlehen durch den Brandenburg-Kredit Mezzanine antragsberechtigt.
Es wird immer wieder Situationen geben, in denen für spezielle Gruppen aufgrund eines wirtschaftlichen oder sozialen Zustandes gezielte Unterstützungsmaßnahmen notwendig sind. Herr Vogel, Sie haben einen Bereich angesprochen, der bereits getätigt worden ist. Ich möchte darauf verweisen, dass wir mit dem Design-Preis für den Bereich Architekten und Designer seit Jahren ein sehr gutes Instrument gefunden haben, diese Berufsgruppe der Freiberufler und die gewerbliche Wirtschaft in diesem Punkt zusammenzuführen. Dieser hat sich ausgesprochen gut bewährt.
Meine Damen und Herren, wir werden selbstverständlich - wenn es notwendig sein sollte - auch weiterhin über Unterstützungsmaßnahmen nachdenken. Der Beruf Krankenschwester im ländlichen Raum ist zum Beispiel auch ein Bereich, über den wir intensiv nachdenken und bei dem ich hoffe, dass die Maßnahmen greifen.
Meine Damen und Herren, ich sagte bereits, dass eine Politik für Freiberufler für uns auch immer Mittelstandspolitik ist. Wir haben in der Antwort auf die Große Anfrage deutlich zu machen versucht: An diesem Grundsatz richten wir nicht nur unsere Förderarchitektur, sondern auch unsere weitergehende Konzeption zum Mittelstand aus. Wir werden morgen Gelegenheit haben, für den Bereich europäische Unternehmerregion die Mittelstandsstrategie zu debattieren. Selbstverständlich sind die Freiberufler dort einbezogen.
Hinsichtlich der Fachkräfteentwicklung befinden sie sich in der gleichen Situation wie andere Wirtschaftszweige auch. Das Problem besteht nur darin, dass die Entlohnung im freiberuflichen Sektor für Lehrlinge und Auszubildende unterhalb der Entlohnung von Industrie, Handel und Handwerk liegt. Das macht natürlich auf eine Situation aufmerksam, wonach wir den Stellenwert der freien Berufe auch als Politik entsprechend würdigen müssen. Ich fand sehr gut, dass beim gemeinsamen Empfang der Kammern in Frankfurt (Oder) die zuständigen Verantwortlichen der Interessenvertretungen auch sehr deutlich
gemacht haben, dass sie bereit sind, zusammen mit uns einen Beitrag zu leisten, dass über eine inhaltliche Aufwertung der freien Berufe auch ein Stück weit ein Unternehmerbild in Brandenburg und in Deutschland ausgestaltet wird, das auch von sozialer Verantwortung und ökonomischer Kompetenz geprägt ist.
Meine Damen und Herren, zur sich aus der Großen Anfrage ergebenden Vermutung bzw. Befürchtung bezüglich des Bereichs Restauration möchte ich bemerken, dass für Restauratoren hier in Potsdam ein eigener Studiengang existiert; dieser Bereich wird bei uns abgedeckt.
Was den Fachkräftebedarf betrifft vielleicht noch ein Hinweis: Wir haben, geführt durch das MASF, in der interministeriellen Arbeitsgruppe einen Maßnahmenplan zur Fachkräfteentwicklung erarbeitet. Das wird nachher sicherlich noch eine Rolle spielen. Ich möchte nur einen Punkt vorwegnehmen. In sehr enger Zusammenarbeit mit mehreren Ministerien spielt genau diese Sicherung des Fachkräftebedarfs in der Mittelstandskonzeption, die wir morgen zu debattieren haben, eine zentrale Rolle. Die freien Berufe sind in diesem Bereich selbstverständlich ebenfalls eine wichtige Säule, da wir in diesem Sektor dringend Auszubildende brauchen.
Meine Damen und Herren, ich bin gespannt darauf, welche politischen Schlussfolgerungen sich aus der Gesamtzusammenstellung der Beantwortung der Großen Anfrage ergeben werden. Ich darf Ihnen nur sagen: Die freien Berufe und Mittelstandspolitik gehören nach unserer Auffassung zusammen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Der Abgeordnete Bommert hat nun noch einmal Gelegenheit, das Wort zu ergreifen. Minister Christoffers hat zwei Minuten länger gebraucht. Diese Redezeit steht den Fraktionen, die es möchten, ebenfalls noch zur Verfügung. Sie haben also jetzt fünf Minuten, Herr Bommert.
Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, dass der Wirtschaftsminister das Ziel unserer Anfrage verstanden hat, andere Kollegen hier wahrscheinlich nicht. Die Anfrage diente dazu, uns Informationen zu verschaffen, wie es in den freien Berufen aussieht. Wie gesagt, im Wirtschaftsministerium hat man die Frage verstanden, andere hier nicht.
Man muss auch ganz klar sagen: Die freien Berufe sind genau wie die in der Handwerkskammer oder in der IHK. Schauen Sie sich die Handwerkskammer an! Da gibt es nicht nur Maurer oder Betonbauer. Die Handwerkskammer ist aufgeschlüsselt in viele Innungen. Genauso ist es bei den freien Berufen. Wir sprechen hier nicht von Innungen, wir sprechen von der Handwerkskammer oder von der IHK.
Wir wollen nicht alle über einen Kamm scheren. Für uns hatte die Große Anfrage, wie gesagt, das Ziel, Informationen zu erhalten. Ich sage nochmals vielen Dank an das Haus für die Informationen, die wir bekommen haben. Wir werden daraus weitere Schlüsse ziehen können und hoffen, dass andere das
Vielen Dank, Herr Bommert. - Gibt es bei den anderen Fraktionen Redebedarf? - Dies sehe ich nicht. Damit beenden wir die Aussprache. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 5 ist damit zur Kenntnis genommen.
Neunter Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Integrierte Standortentwicklung: Stärkung der Wachstumskräfte durch räumliche und sektorale Fokussierung von Landesmitteln - Stärkung der Regionalen Wachstumskerne
Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Landesregierung eröffnet. Der Chef der Staatskanzlei, Herr Gerber, hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden heute über den Neunten Bericht, also über eine Statusanalyse und nicht über die Frage: Wie wird es mit den Regionalen Wachstumskernen weitergehen, und wird es dort Veränderungen geben? Darüber wird erst im Februar zu beraten und zu entscheiden sein.
Die wichtigste Erkenntnis, die wir in den letzten Jahren gewonnen haben, ist die, dass das Prinzip „Stärken stärken“ wirkt und in der Praxis und landesweit auch gut angenommen wird. Es gibt eine positive Entwicklung in den Regionalen Wachstumskernen; das ist deutlich erkennbar. Das hängt natürlich zusammen mit der insgesamt positiven Entwicklung, die wir im Land haben: gesunkene Arbeitslosigkeit, vernünftige Auftragslage und - ein Beispiel - Verteidigung des „Leitsterns“ für erneuerbare Energien.
Das häufigste Zitat der Regionalen Wachstumskerne, das man in den Gesprächen hören kann, ist, dass man den Eindruck habe, man sei jetzt besser aufgestellt als früher.
Ich will fünf Punkte benennen, was wesentliche Erkenntnisse aus dem Bericht betrifft, fünf Punkte zum Stand der Dinge.
Zum Ersten: Die Regionalen Wachstumskerne sind besser durch die Krise gekommen als erwartet. Das liegt sicherlich auch an den eingespielten und gut funktionierenden Strukturen innerhalb der Regionalen Wachstumskerne. Es gibt eingespielte Abläufe und eine gute Vernetzung.
Zweitens: Die Maßnahmen der Regionalen Wachstumskerne werden immer vielfältiger. Die ersten Maßnahmen waren hauptsächlich Maßnahmen der Infrastruktur, Gewerbegebiete, Stra