Bitte erinnern Sie sich: Es war ein CDU-Politiker, der mit dem Anspruch, die Steuererklärung auf Bierdeckelformat zu schrumpfen, grandios scheiterte. Nun wiederholen Sie das Experiment. Sie versuchen, Landespolitik und Haushaltsrealitäten auf Postkartengröße zu schrumpfen. Es gibt ein einziges Foto, ich finde, der Ministerpräsident ist gut getroffen,
das wird landesweit durch Sie verbreitet - immerhin auf Kosten Ihrer Beitragszahler. SPD und Linke sagen Ihnen dafür vielen Dank.
Nun sind wir einiges von Ihnen gewöhnt. Der erste Vorwurf ist: Rückwärtsgewandte Politik der Platzeck-Regierung. Gut, den alten Friedrich hatten wir schon. Lassen wir den.
Dass Sie hier eben einmal die Enthüllungsfälle verdoppeln, auch das ist ein alter Witz. Er trägt nicht mehr. Wissen Sie: Dass Sie aber nun Ministerpräsident Platzeck und mich hier als die Nachfolger von Pieck und Grotewohl bezeichnen, das ist schon hart. Gestatten Sie mir doch die Frage: In welcher Tradition der CDU, Frau Dr. Ludwig, sehen Sie sich? In der Adenauers, unter dem die alten Nazis wieder zu Amt und Würden kamen, oder in der Kohls,
(Frau Lehmann [SPD]: So ist es! - Anhaltender Beifall DIE LINKE und SPD sowie von Ministerpräsident Plat- zeck, Minister Dr. Markov und Minister Baaske)
Ziehen wir die Karte Infrastruktur. Der Landtagsneubau ist hier schon angesprochen worden. Nun ist er geschrumpft. Dieser Witz mit dem Schrumpfen - lassen wir das. Sie als CDU haben von dem heißen Eisen der Vereinigung von Berlin und Brandenburg die Finger gelassen. Herrn Schönbohm passte das überhaupt nicht. Jetzt kommt offenbar auch noch die Burgfrau abhanden. Frau Dr. Ludwig, das ist ganz schade. Aber man könnte wissen, dass keine überdimensionierte Ausstattung für uns alle geplant ist, sondern dass der Landesrechnungshof da auch einziehen soll, solange die Berliner nicht darin wohnen. Sie sind scharf auf das Schloss gewesen. Ich weiß nicht, was für ein Looping das jetzt ist.
Was den Flughafen betrifft, der hier auch erwähnt wurde, kann ich nur sagen: Es gibt Namen wie Kohl, Wissmann und Diepgen. Möglicherweise sind sie nicht in der CDU. Vielleicht irre ich mich ja. Legen wir die Karte hin.
Die nächste Karte, die wir ziehen: Transparenz und Bürgernähe. Das ist etwas Schönes. Darin sind wir mit Ihnen absolut in Übereinstimmung. Die Politik dieses Landtages, der Regierung steht auch für Transparenz und Bürgernähe. Die Frage, die mich die ganze Zeit beschäftigt, ist: Warum haben Sie in Ihrer Regierungszeit zu den Vorgängen aus Ihrer Regierungszeit keine Untersuchungsausschüsse beantragt wie jetzt?
Ich möchte Folgendes gern wissen, weil Sie gesagt haben, jetzt endlich mit Ihnen in der Opposition gebe es öffentliche Ausschusssitzungen:
Ich erinnere mich an die Argumente im Hauptausschuss. Ich durfte die Geschäftsordnung auch schon einmal verhandeln. Ich frage mich: Wie haben Sie das rechnerisch hinbekommen, die Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen gegen die Mehrheit der Koalitionsfraktionen durchzusetzen? Erklären Sie uns das!
Nun sind wir einiges von Ihnen gewohnt, Frau Dr. Ludwig, Herr Burkardt. Spaß muss sein. Offenbar sind Ihre Parteikollegen derzeit auch leicht zu belustigen. Aber beim Geld hört der Spaß bekanntlich auf. Deswegen nehme ich hier jetzt die letzte gezinkte Karte: zum Thema Haushalt. Ich habe fünf Punkte herausgesucht. Damit sind wir wieder bei der Haushaltsdebatte.
Da steht: 1,2 Milliarden Euro geplante Neuverschuldung für die Jahre 2010 und 2011! Fakt ist: In den Jahren 2010 und 2011 ist mit einer Neuverschuldung von rund 1 Milliarde Euro geplant worden. Sie haben 200 Millionen Euro draufgeschlagen. Das ist für einen Haushalt wie den unsrigen nicht wenig. Das hätte Ihnen als studierter Frau, glaube ich, nicht passieren dürfen. Das müsste man mit Kopfrechnen hinbekommen.
Ihr großartiger Trick hätte zunächst trotzdem funktionieren können: Immer so viele Jahre zusammenzählen, dass es gerade bis zu 1 Milliarde Euro reicht. So ist mir das hier beim Durchgucken aufgegangen. Sie haben dabei zugleich vertuscht, dass wir die Neuverschuldung in dem Haushalt, den wir heute zu
beschließen haben, gegenüber dem Vorjahr schon wieder absinken lassen können - bis 2014 übrigens auf null. Möglicherweise müssen Sie jetzt die Karten einstampfen. Das wäre schade. Aber eine Opposition Ihres Schlages nimmt so etwas gar nicht zur Kenntnis.
Sie sind noch ein zweites Mal erwischt worden. Durch die zu erwartenden Steuermehreinnahmen 2010 und 2011 wird die Neuverschuldung noch einmal geringer ausfallen, als Sie hier den Bürgerinnen und Bürgern - übrigens unseren Menschen -, also den Menschen in Brandenburg vormachen wollen. Für wie blöd halten Sie eigentlich die Bürgerinnen und Bürger? Wie seriös sind Ihre politischen Äußerungen? Ich weiß nicht. Wollen Sie damit wirklich noch ernst genommen werden?
Ein zweites Zitat von dieser gezinkten Karte: Die Gesamtverschuldung wächst immer weiter und erreicht bald 20 Milliarden Euro. Dahinter machen Sie einen Punkt. Ja, machen Sie wirklich einmal einen Punkt! Zwanzig Jahre lang ist die Neuverschuldung in diesem Land gewachsen - für gute wie schlechte Projekte. Viele politische Erfolge sind auch durch Kredite finanziert worden. Ganz klar. Die Neuverschuldung ist gewachsen, bis sie über 18 Milliarden Euro gestiegen war. Zehn Jahre davon haben Sie mitregiert. Jetzt haben Sie das alles vergessen und machen eine relativ geringe Bewegung auf hohem Sockel zum Skandal, notwendig geworden übrigens - das war hier auch nachzuvollziehen - in einer Situation der tiefsten Krise seit Jahrzehnten.
Meine Damen und Herren, in den zehn Jahren Ihrer Regierungsbeteiligung - das waren die Haushaltsjahre 2000 bis 2009 haben Sie die Verschuldung des Landes von 12,8 Millionen Euro
- Milliarden - um 5,48 Milliarden Euro ansteigen lassen, und das in wirtschaftlich und finanzkapitaltechnisch guten Zeiten. Stehen Sie wenigstens zu dieser Entscheidung! In der Regierungsverantwortung der Linken wird die geplante Gesamtverschuldung laut Finanzplan zum Ende der Legislaturperiode 20Komma Milliarden Euro betragen. Es wird also in fünf Jahren eine maßvolle Neuverschuldung von 1,6 Milliarden Euro, verbunden mit ernsten Konsolidierungsanstrengungen, geben. Sie aber wollen weniger Schulden. Zugleich sollen wir aber überall mehr ausgeben mit dem Haushalt, als wir jetzt nachrechnen und belegen können, obwohl wir im Land langfristig mit einem um 20 % geringeren Haushaltsvolumen rechnen müssen. Wie soll das gehen? Erklären Sie uns das! Die Erklärung sind Sie heute in Ihrer Rede schuldig geblieben.
In den Haushaltsjahren, in denen Sie unter Ihrer Mitverantwortung neue Kredite aufgenommen haben, waren es im Durchschnitt knapp 740 Millionen Euro per anno. Jetzt, auf dem Höhepunkt der Krisenbewältigung sind es in diesem Jahr 440 Millionen Euro, wie gesagt, bei sinkender Tendenz 2014 auf null. Ihre Panikattacken sind ganz umsonst. Wie gesagt, Kopfrechnen traue ich Ihnen zu.
Drittes Zitat: 2010 zahlt Brandenburg 750 Millionen Euro allein für Zinsen. Das sind 8 % des Gesamthaushalts. Ich weiß nicht, ob wir diese Verschuldung jetzt irgendwie in diesem Jahr
wir haben uns darüber schon verständigt - aufgenommen haben. Soweit ich weiß, zahlt man Zinsen für aufgenommene Kredite. Dass Sie die mit aufgenommen haben, haben wir belegt. Nennen Sie dann die aktuelle Steigerung. Wir wissen, dass wir trotz allem die Verschuldung nicht in die Höhe treiben wollen. Wir wissen, dass die Zinsen eine harte Last sind. Darüber haben wir hier diskutiert, und der Finanzminister hat es Ihnen erläutert.
Viertes Zitat: Die Verbeamtungswelle wird die Pensionskosten in Zukunft drastisch erhöhen. Ja, wo laufen Sie denn, fragte einmal ein Komiker. Welche Verbeamtungswelle denn? Entschuldigen Sie, wo sind diese Heerscharen von rot-roten Beamten? Wenn es eine Verbeamtungswelle gegeben hat, dann doch in Ihren Regierungszeiten!
Richtig ist allerdings - wir kommen jetzt wieder zu unserem Haushalt -: Die prognostizierten Pensionslasten werden 2043 ihren Scheitelpunkt mit 1,3 Milliarden Euro erreicht haben. Die jetzige Regierung war es allerdings - die jetzige, die seit einem Jahr, meine ich -, die eine erste Vorsorge getroffen und, nun ja, 200 Millionen Euro in das Sondervermögen Versorgungsrücklage des Landes Brandenburg, in den Pensionsfonds, abgeführt hat. Sie waren dagegen. Haben Sie das schon vergessen?
Weil wir dieser Tage so gern über Verbeamtung von bestimmten Personen reden - Rot-Rot hat, wie gesagt, keinen neuen Staatssekretär verbeamtet -, will ich nur sagen: Wer immer nur Stolpe jagen will, möchte Schönbohm gern schnell vergessen. Aber erinnern Sie sich? Gerade Herr Schönbohm fand es sehr wohl notwendig, seine Staatssekretäre in ein so besonders enges Verhältnis zum Staat einzubinden. Sie sollten sich sicherheitshalber daran erinnern, bevor Sie wieder neue Untersuchungsausschüsse beantragen.
Fünftes Zitat von Ihrer gezinkten Karte: Höchster Grunderwerbsteuersatz in ganz Deutschland eingeführt. Wer zur Altersvorsorge ein Haus baut, zahlt erheblich drauf. Da haben wir es wieder. Halbwahrheiten und Polemik. Ja, wir haben die Grunderwerbsteuer auf den derzeit höchsten in Deutschland üblichen Satz erhöht. Eine unglaubliche rot-rote Missetat.
Gewaltige 0,5 % liegt er über dem Satz, den das CDU-geführte Sachsen-Anhalt oder die noch CDU-geführte Metropole Hamburg bereits eingeführt haben bzw. den das CDU-geführte Niedersachsen mit dem Haushalt 2011 festsetzen will. Die Mehrbelastung für einen durchschnittlichen Immobilienerwerb in diesem Land beträgt - das ist großzügig gerechnet - um die 1 500 Euro. Gerechnet auf 30 Jahre Kreditlaufzeit kommt man auf eine Mehrbelastung von 5 000 Euro im Jahr.
Das ist eine Mehrbelastung. - Ja, Entschuldigung, von 50 Euro im Jahr. Das steht hier auch. Das war ich jetzt. Aber ich war schon bei den Millionen. 7,5 Millionen Euro der geplanten
Steuermehreinnahmen werden direkt den Schlüsselzuweisungen der Kommunen zugeführt und diese damit gestärkt.
Die Verbesserung der Einnahmesituation des Haushaltes sollte zudem dazu beitragen, dass notwendige soziale Infrastruktur im ganzen Land erhalten werden kann. Aus Sicht der Linksfraktion ist dies ein entscheidender Faktor dafür, ob Familien in Brandenburg Häuser bauen oder nicht. Was nützt ein Haus aus Gründen der Altersvorsorge, wenn das Umfeld nicht entsprechend ist? Aber okay.
Meine Damen und Herren! Schluss jetzt mit diesen gezinkten Karten der CDU. Gehen wir die Dinge noch einmal in Ruhe durch. Zunächst einmal müssen wir hier doch nicht so tun, als wäre es normal, dass die Opposition einem Haushaltsentwurf zustimmt. Es wäre merkwürdig, wenn die Landesregierung einen Haushalt vorlegen würde, der für sie zustimmungsfähig ist. Das ist keine Frage von Kompetenz oder Inkompetenz, von Gut oder Böse, es ist eine Frage unterschiedlicher Herangehensweisen, und zwar legitimer unterschiedlicher politischer Herangehensweisen. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, diese politischen Herangehensweisen zu erkennen, zu beurteilen und darüber entscheiden zu können.
Ich bin mir sicher, dass die Unterschiede zwischen uns auf der Hand liegen. Wir versuchen, auch unter schwierigsten Krisenbedingungen soziale Akzente in der Politik zu setzen. Dafür stehen wir. Haushaltssanierung ist für uns kein rechnerischer Selbstzweck. Wofür stehen Sie, meine Damen und Herren? Was ist Ihr konzeptioneller Ausgangspunkt, außer die Ablehnung dieser Regierung? Sie ist aus Ihrer Sicht völlig berechtigt, aber als Leitmotiv doch ein bisschen wenig.
An der Stelle muss ich das leider auch in Richtung der Grünen sagen. Herr Vogel, Sie tun ja hier regelmäßig so, als würde zwischen CDU, FDP und Ihre Fraktion kein Blatt Papier passen. Da gehen Sie sogar fernseh-öffentlich Rindfleisch essen: Jamaika fürchtet sich nicht einmal vor dem Rinderwahn. Das sah ganz gut aus und war witzig, aber für die CDU erscheinen Sie mir dann doch ziemlich pflegeleicht. Glauben Sie allen Ernstes, Herr Kollege, dass Frau Künast in Berlin mit einer Politik, die Sie hier in Brandenburg in der Opposition anbieten, auch nur die Spur einer Chance hätte? Ich habe da schwere Zweifel.
Sie schimpften in den letzten beiden Tagen unisono zum Haushalt 2011, wie er zur Beschlussfassung vorliegt, es seien verpasste Chancen. Ich frage mich, warum Sie im Umweltausschuss auch noch unseren Antrag auf Beibehaltung der Zuschüsse für Natur- und Umweltverbände auf dem höheren Vorjahresniveau abgelehnt haben. Vielleicht war das ja nur ein Ausrutscher. Aber da geht Ihr Oppositionsgeist doch ein bisschen weit. Deswegen: Wer hat hier welche Chance verpasst? Vielleicht meinen Sie auch Ihre eigenen Anträge, mit denen Sie Chancen verpasst haben.
Dass Sie trotz Hartz IV und Niedriglohnpolitik die 100 Euro pro Monat für die Bildung eines Kindes, dessen Familie Hartz IV oder aufstockende Leistungen bezieht, für falsch halten, daran haben wir uns inzwischen gewöhnt, auch wenn mich diese emotionale Härte doch verwundert.
Hart in der Sache widerspreche ich Ihnen allerdings bei Ihrer unsachlichen Kritik an den eingestellten Mitteln für Arbeitsförderung. Ich war auch irritiert, Frau Kollegin Nonnemacher das gebe ich zu; deswegen meine gestrige Reaktion -, über Inhalt und Ton Ihrer Rede. Heute beschließt der Bundesrat über das Änderungsgesetz der Bundesregierung zu Hartz IV. Wenigstens sieht es nun so aus, als würde diese Zumutung nicht widerstandslos durchgehen. Auch das Saarland stimmt nun wohl nicht zu, und es wird ein Vermittlungsverfahren geben. Ich nehme an, dass die hiesige CDU Ministerpräsidenten Müller ordentlich die Leviten lesen wird.