Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Innerhalb von zwei Monaten lagen zwei Haushaltspläne auf unserem Tisch, die Landeshaushalte 2010 und 2011. Gestatten Sie mir, nach dem Redebeitrag von Frau Ludwig, die aus meiner Sicht heute auch eine Menge durcheinandergebracht hat, der Landesregierung insgesamt, dem Ministerium der Finanzen und insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die damit befasst waren - darin steckt eine immense Arbeit; so viel, wie Sie, Frau Dr. Ludwig, vermuten, ist dann doch nicht durcheinandergekommen -, meinen Respekt auszudrücken und Dank zu sagen.
Unsere Aufgabe hier im Landtag war es, im Land vor dem Jahreswechsel haushaltspolitisch zu entscheiden. Das ist heute möglich. Wir, die Fraktion DIE LINKE, hatten bei den Diskussionen um die Sicherung der sozialen Standards, für die wir stehen und für die wir gewählt worden sind, durchaus schwer zu kämpfen. Ich denke, im Großen und Ganzen haben wir es gemeinsam mit der SPD geschafft.
Wir beschließen mit dem Haushalt 2011 trotz einer Reduzierung des Haushaltsvolumens in Höhe von 10,5 Milliarden Euro um 500 Millionen Euro auf 10 Milliarden Euro immerhin, Frau Ludwig, 55 Millionen mehr für Bildung, für mehr Lehrer, für bessere Bedingungen für die frühkindliche Bildung, für das Schüler-BAföG.
Ich sage Ihnen: Investitionsbegriffe sehen auf dieser Seite des Parlaments anders aus als Ihre. Ihre betriebswirtschaftliche Sicht bei Investitionen müssten Sie sich abgewöhnen. Sie ist unmodern.
Vielleicht unterhalten Sie sich noch einmal mit Ihren Kollegen, wie die in den Regionen, in den Kreistagen, abstimmen, wenn
es um Schulen, zum Beispiel Förderschulen, geht, beispielsweise bei Ihrem Kollegen Wichmann. Vielleicht hilft das, Erkenntnisse zu gewinnen. Ihre Glaubwürdigkeit ist für uns nicht gegeben, wenn Sie so argumentieren. Wir bedauern, dass Sie nicht einmal zur Kenntnis nehmen, dass in diesen Zeiten 55 Millionen Euro mehr für Bildung ausgegeben werden.
Es gibt keine Kürzungen im sozialen Bereich und bei den Leistungsgesetzen. Trotz der schwierigen Situation und trotz einer weiteren Nettokreditaufnahme gibt es 62 Millionen Euro mehr für Städte, Gemeinden und Kreise.
Wenn wir den vorliegenden Landeshaushalt 2011 beschließen, gehen wir bei der Bewältigung von sehr ernsthaften Aufgaben einen Schritt in die richtige Richtung. Wir stehen vor ernsthaften Herausforderungen. Das sind Ergebnisse aktueller Entwicklungen. Das betrifft soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte. Diese Probleme gibt es nicht erst seit dem letzten Jahr. Das sind Ergebnisse entsprechender politischer Entscheidungen der letzten Jahre.
Frau Dr. Ludwig, es geht hier aber nicht um Schuld. Das Wort „Schuld“ bemühen Sie zwar immer wieder, aber wir reden davon nicht. Wir reden vielmehr von politischer Verantwortung. Wir sprechen von Fehlern, die gemacht werden. Wenn man sie erkennt, dann sprechen wir von Konsequenzen, die gezogen werden müssen. Uns geht es auch um die Folgen der Entscheidungen der letzten Jahre.
Ich erinnere Sie an die Agenda 2010, an die Finanz- und Wirtschaftskrise, an die Föderalismusreform, an die Schuldenbremse, an die Niedriglohnpolitik, an BBI - das ist schon ein paar Jahre her - und an den Landtagsneubau. Die Folgen stehen jetzt als Realität bei uns im Land zur Entscheidung an.
Dazu gehören auch unzählige Ihrer politischen Entscheidungen, meine Damen und Herren von der CDU. Gerade für diese versuchen Sie hier immer nur, SPD und Linke alleine in die Haftung zu nehmen. Das ist unredlich.
Bereits zu Beginn linker Regierungsbeteiligung war Brandenburg ein Land mit einer hohen Sockelarbeitslosigkeit und verbreiteter Armut. Aber natürlich sind auch wir jetzt froh, dass Dynamik in die Wirtschaftsentwicklung gekommen ist. Wir haben eine kleinteilige und eigenkapitalschwache Wirtschaftsstruktur. Das wissen wir schon sehr lange. Wir haben wie auch andere Flächenländer erhebliche demografische Probleme mit starken regionalen Disparitäten.
Aber an der Stelle sage ich Ihnen: Die Grundsätze sozialer Marktwirtschaft werden in diesem Parlament nicht von der SPD und von den Linken gefährdet. Schlagen Sie diesbezüglich noch einmal bei Erhard nach, und gucken Sie nicht nur bei Friedrich dem Großen.
Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die Sonderzahlungen des Bundes und die Fördermittel der EU in dieser Legislaturperiode deutlich zurückgehen werden. Der Solidarpakt wird zudem bis 2019 völlig auslaufen. Jeder müsste eigentlich wissen, dass jeder fünfte Euro, den wir 2011 noch einplanen
können, am Ende des Jahrzehnts nicht mehr zur Verfügung steht. Der Gesamtumfang des brandenburgischen Landeshaushalts wird am Ende um fast 2 Milliarden Euro unter dem heutigen Niveau liegen, wenn sich die Politik des Bundes nicht ändern lässt und wenn Länder und Kommunen dadurch weiter geknebelt werden.
Auf die zuvor genannten Entwicklungen gilt es sich einzustellen oder für eine Veränderung der Bundespolitik zu kämpfen. Das werden wir weiter tun.
Wir alle wissen, dass es bis zum Beginn dieser Legislaturperiode 2009 eine extrem hoch angewachsene Verschuldung des Landes mit 18,1 Milliarden Euro gab. Das war auch Ihre Mitgift für diese neue Koalition. Wir haben einen Kapitaldienst von über 800 Millionen Euro pro Jahr zu verkraften. Dieser Schuldenberg ist zu bezahlen. Durch die jetzt erneut notwendige Neuverschuldung wird dieser Betrag sogar noch steigen.
Die Herausforderungen der letzten Jahre verlangen von uns allen viel Kreativität, Präzision und vor allem ein Höchstmaß an sozialem Verantwortungsbewusstsein. Mindestens fünf Jahre alt ist die Position der „kontrollierten Verwilderung“. Auch das war ein origineller Beitrag. Über den habe ich mich oft gefreut. Das wird von Ihnen immer wieder zitiert. Dabei wundere ich mich aber mehr darüber, dass die unkontrollierte Verrohung des Umgangstons zugenommen hat, Frau Ludwig.
Die rot-rote Koalition hat von Anfang an deutlich gemacht, dass wir der eigenen Gestaltungskraft vertrauen. Zudem sind wir offen für Ideen anderer. Wir erwarten sogar Kritik. Das ist doch selbstverständlich. Was sollen wir denn sonst erwarten? Sachliche Kritik, Meinungsstreit und der Austausch von Argumenten sind okay.
Aber was sollen Ihre inszenierten Panikattacken? Wozu gibt es permanente Falschbehauptungen und Unterstellungen? Wir haben Weihnachten. Da darf man sich etwas wünschen. Ich wünsche mir, dass wir künftig hier in diesem Parlament nicht mehr die persönliche Ebene bedienen. Das ist mein Wunsch zum Jahresende. Vielleicht denken Sie darüber einmal nach.
Ich möchte mich zwar nicht über Ihre Kinderstube äußern, aber nach diesem Interview vermute ich, dass Sie zu Hause nicht einmal eine Spielecke hatten.
Den Gesundheitszustand von Kollegen - egal, ob es stimmt oder nicht - zum Gegenstand öffentlicher Erörterungen oder hämischer Bemerkungen zu machen, ist wirklich das Letzte.
Meine Damen und Herren von der CDU, wir erleben Sie hier als größte Oppositionspartei als eine Art autistischen Verein,
der die seit einem Jahr bestehende Koalition in erster Linie am Handeln hindern will. Das geschieht mit Vorhaltungen aus der Vergangenheit, die die CDU mitzuverantworten hat. Es kann ja sein, dass man sich der jüngeren Vergangenheit nicht so gerne erinnert. Es ist auch so, dass Medien tagesaktuell berichten wollen. Aber ich versichere Ihnen, viele Brandenburger wissen noch genau, wer im Bund sehr lange und wer hier zehn Jahre regiert hat und regiert.
Apropos: Fehler im privaten Bereich machen Menschen nicht wegen ihrer Parteizugehörigkeit oder ihrer Weltanschauung. In den letzten 20 Jahren gab es dazu auch gute Beispiele in der CDU. Wichtig ist, dass die Dinge rechtzeitig auf den Tisch kommen. Wichtig ist, dass Konsequenzen gezogen werden. Im Finanzministerium hat man das bereits getan. Das dürfen Sie zur Kenntnis nehmen.
Die Rede ist hier immer von Tempo, von Aufklärungstempo und von Rücktrittstempo. Dass dem einen oder anderen alles nicht schnell genug geht, ist durchaus nachvollziehbar. Das Tempo von gestern in Bezug auf die Rede zur Polizeireform von Herrn Petke war jedoch gefährlich. Mag er auf die Bremse gehen. Wir wünschen ihm gute Besserung.
Ihr Umgang mit diesen Dingen, meine Damen und Herren von der CDU, offenbart zudem noch etwas anderes: Es geht Ihnen vielleicht vordergründig um politische Integrität und nebenbei um Verantwortung, aber Rainer Speer ist Ihnen, Frau Ludwig, offenbar egal, obwohl Sie mit ihm über viele Jahre eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Für mich hatte das jedenfalls den Anschein.
Sie haben leider ein rein taktisches Verhältnis zu all diesen Dingen. Sie benutzen sie als Munition für Ihre politische und persönliche Abrechnung mit der SPD und mit Matthias Platzeck. Da springt aus allen Knopflöchern immer noch die Enttäuschung, und zwar darüber, dass sich die SPD zu einer anderen Regierungskoalition entschlossen hat.
Ich mag mir nicht vorstellen, sehr verehrte Frau Kollegin Ludwig, wie Ihre rigide Haushaltspolitik - die Ankündigungen und Ihre Positionen dazu konnte man in den letzten Jahren lesen heute angesichts der Regelsatzerhöhung von 5 Euro für HartzIV-Empfänger aussehen würde. Gleiches gilt für Steuerentlastungen oder Steuervergünstigungen wie die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrages auf 1 000 Euro. Das sind die Beispiele, von denen hier in der Mark bei den weiten Wegen kaum jemand etwas hat.
Das ist nun wahrlich keine Empfehlung zum Mitregieren in einer Zeit, in der es um den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft und um die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge in einem finanz- und strukturschwachen Flächenland geht. All die Dinge, die Sie aufgezählt haben, bis hin zur kommunalen Wirtschaftsbetätigung, haben damit zu tun, dass wir den sozialen Zusammenhalt in dieser Gesellschaft stärken und festigen. Das Flächenland muss erhalten bleiben. Wir brauchen die Daseinsvorsorge. Dafür steht dieser Haushalt 2011.
Aber es wird auch nicht besser, wenn Sie sich mit den drängenden Problemen der aktuellen Landespolitik befassen. Ihnen gerinnt alle Politik zu der Frage: Wie können wir die rot-rote Koalition und deren Vertreter beschädigen, ohne inhaltlich mit in den politischen Wettbewerb um Zukunftsprojekte für dieses Land zu treten?
Ich habe - es tut mir leid - Ihre Vorschläge gehört. Mit denen kommen wir so jetzt aber nicht weiter. Alles in allem ist Ihnen keine Vereinfachung zu plump und kein persönlicher Angriff zu platt.
Bitte erinnern Sie sich: Es war ein CDU-Politiker, der mit dem Anspruch, die Steuererklärung auf Bierdeckelformat zu schrumpfen, grandios scheiterte. Nun wiederholen Sie das Experiment. Sie versuchen, Landespolitik und Haushaltsrealitäten auf Postkartengröße zu schrumpfen. Es gibt ein einziges Foto, ich finde, der Ministerpräsident ist gut getroffen,