Protocol of the Session on October 7, 2010

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Diese Einmütigkeit zu dieser Stunde ist ja kaum zu ertragen. Aber ich freue mich natürlich darüber ganz genauso.

Liebe Frau Kollegin Wehlan, ich erinnere mich: Ich glaube, es war bei der ersten Beratung des Antrages, als Sie, zu Kollegen Jungclaus gewandt, sagten, er trage mit diesem Antrag Eulen nach Athen. Das ist normalerweise eine Bezeichnung, die dafür steht, dass man etwas Überflüssiges macht. Aber wir beide sind wie alle hier zu der Überzeugung gekommen, dass das ganz richtig war. Als Ergebnis dieser Gemeinsamkeit liegen, meine ich, wirklich gute Ergebnisse vor. Dass dann sogar im Plenum noch vom Kollegen Dellmann ganz konstruktive Vorschläge unterbreitet wurden, ist wunderbar. Ich möchte das einfach nur erweitern: Vielleicht können wir zu gegebener Zeit eine kleine Fahrradgruppe, bestehend aus Abgeordneten, zusammenstellen, die zum Neubau des Landtages fährt und sich das einmal anschaut. Ich sehe dieser Tage, wenn ich morgens meine Wohnung verlasse und am Bahnhofseingang vorbeigehe, dass dort Leihräder der Stadt Potsdam stehen. Also könnten wir im Prinzip alle einladen, dabei mitzumachen.

Lassen wir es dabei bewenden. Auch wir werden diesem Antrag zustimmen, und vielleicht sehen wir uns dann auf dem Fahrrad wieder. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Minister Vogelsänger spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Seit Jahren wird hierbei an einem Strang gezogen. Weil Herr

Jungclaus gesagt hat, dass dies jetzt ein Schwerpunkt wird, möchte ich an Folgendes erinnern: 1995 hatten wir 300 km straßenbegleitende Radwege an Bundes- und Landesstraßen, jetzt sind wir bei rund 2 000 km und bei 4 800 km touristischen Radwegen. Es ist eine Riesenaufgabe, diese instand zu halten. Sicherlich kommt von dem einen oder anderen Abgeordneten der Wunsch nach Lückenschluss und Stückergänzung. Auch darüber muss man reden. Aber es wird nicht mehr so schnell gehen wie früher, denn man muss erst einmal alles Geschaffene unterhalten.

Viel wichtiger ist, dass wir diese Errungenschaft besser vermarkten. Das ist doch ein Riesengewinn: 4 800 km touristische und 3 000 km kommunale Radwege an Landes- und Bundesstraßen. Ich glaube, das können wir noch besser darstellen, und das kann man natürlich gemeinsam tun.

Ich komme auf die Ausführungen von Herrn Genilke zurück. Der Bundesverkehrsminister war gestern auf der Verkehrsministerkonferenz. Trotz „Stuttgart 21“ hatte er gute Laune und war sehr aufgeräumt. Nur beim Thema Bundeshaushalt war die Laune nicht so gut. Wenn der Deutsche Bundestag im November entsprechende Beschlüsse fasst, werden wir sehen, was wir bei den Bundesfernstraßen noch erreichen können. Dazu muss man aber auch deutlich sagen: Über Jahre hat uns der Bund dabei sehr unterstützt, und wir müssen sehen, was noch zu erreichen ist.

Wir sind etwas in Zeitverzug. Der Fahrradbericht wird 2011 vorliegen, dazu gibt es dann eine umfassende Diskussion, und ich bedanke mich für die breite Unterstützung in diesem Landtag. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie GRÜNE/B90)

Meine Damen und Herren, die Rednerliste zum Tagesordnungspunkt 8 ist abgearbeitet. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft, Drucksache 5/1998, ab. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Beauftragung des Rechtsausschusses mit der Wahl der Vertrauensleute sowie deren Vertreter für den beim Oberverwaltungsgericht der Länder Berlin und Brandenburg eingerichteten Ausschuss für die Wahl der ehrenamtlichen Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit

Antrag des Präsidenten

Drucksache 5/2056

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Wer dem Antrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall, sodass dieser Antrag angenommen wurde.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Ausschreibung des S-Bahn-Netzes in Berlin und Brandenburg zügig vorbereiten

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/2066

Der Abgeordnete Beyer beginnt für die FDP-Fraktion die Debatte.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Dezember 2017 wird der Vertrag zwischen den Ländern Berlin, Brandenburg und der S-Bahn Berlin GmbH auslaufen. Für die Zeit nach dem Vertrag kursieren derzeit auf Berliner Seite drei verschiedene Varianten zur zukünftigen Gestaltung des Betriebs der S-Bahn.

Variante 1: Die Deutsche Bahn verkauft ihr Tochterunternehmen inklusive aller Fahrzeuge an Berlin und Brandenburg. Die Länder würden damit den S-Bahn-Betrieb selber organisieren. Die Verkaufsbereitschaft des Eigentümers Deutsche Bahn wäre dazu Voraussetzung. Diese ist jedoch nicht absehbar. Ganz abgesehen davon hätten Berlin und Brandenburg nicht die Möglichkeit, die finanziellen Mittel für den Kauf der S-Bahn Berlin GmbH aufzubringen. Damit und nicht nur deswegen ist diese Variante denkbar ungünstig und nach unserer Auffassung klar ausgeschlossen.

Variante 2: Auf rund zwei Dritteln des Netzes soll weiterhin die Deutsche Bahn bzw. die S-Bahn Berlin GmbH fahren. Den Betrieb auf dem Ring würde dagegen ein neues landeseigenes Unternehmen, zum Beispiel die BVG, übernehmen. Jedoch ist, wie wir alle wissen, die BVG extrem hoch verschuldet, und Berlin hat bisher noch keine Lösung gefunden, den Schuldenbetrag von fast 750 Millionen Euro des Berliner Landesbetriebs abzubauen. Damit ist diese Variante zu teuer, nicht sinnvoll, nicht aussichtsreich und nach unserer Ansicht somit ebenfalls ausgeschlossen.

Variante 3: Was bleibt, ist die in unserem Antrag beschriebene Variante der wettbewerbsrechtlichen Ausschreibung, die übrigens auch von Verkehrsexperten deutlich favorisiert wird. Wir fordern in unserem Antrag dazu auf, dass sich die Landesregierung zu der Variante der Teilausschreibung bekennt und sich dafür einsetzt, dass diese noch in diesem Jahr zügig vorbereitet wird.

Die Gründe, die für eine wettbewerbliche Teilausschreibung sprechen, sind mannigfaltig. Die Kosten für die beiden Bestellerländer würden dadurch stark reduziert, die Qualität stiege und Ereignisse wie die S-Bahn-Krise würden dadurch vermieden. Den Winter und die Außentemperaturen können wir nicht beeinflussen. Ob es Sinn macht, auf den Klimawandel zu warten, Kollege Vogel, will ich heute ausnahmsweise nicht thematisieren. Wohl aber können wir durch eine wettbewerbliche Ausschreibung den besten Preis und die notwendige Qualität erreichen, damit das „S“ im Namen der S-Bahn statt für „schnell“ nicht nur für „Sommer“ steht und die Bahn auch im Winter umfänglich betrieben werden kann.

Dieser Tage war der Presse zu entnehmen, der VBB befürchte für den kommenden Winter erneut Verspätungen und Zugaus

fälle, da die S-Bahn mit ihren Vorbereitungen auf Eis und Schnee hinterherhinke. Ein Zitat des VBB-Geschäftsführers Hans-Werner Franz dazu:

„Man kann nur hoffen, dass der Winter mild wird.“

Darauf können wir uns jedoch nicht verlassen, wohl aber auf Qualität, ein höheres Engagement des Betreibers und damit mehr Kundenzufriedenheit. Bei einem wettbewerblichen Vergabeverfahren und der Zerschlagung der Monopolstellung der SBahn Berlin GmbH müsste sich auch dieses Unternehmen mehr anstrengen. Hinzu kommt, dass wir die S-Bahn-Leistungen zu einem weitaus günstigeren Preis bekämen; schließlich ist das Land mit ca. 30 Millionen Euro am S-Bahn-Vertrag beteiligt.

Dass es ratsam wäre, sich von der S-BahnBerlin GmbH unabhängiger zu machen, und es qualitative und finanzielle Vorteile brächte, hier mehr auf Wettbewerb zu setzen, wissen Sie, sehr geehrter Minister Vogelsänger, selbst. Ich zitiere - weil es so schön ist, etwas umfänglicher - aus der Plenarsitzung vom 25. Februar 2010:

„Die Länder sind Auftraggeber für den SPNV. Sie gewährleisten im Rahmen der Daseinsvorsorge durch Bezuschussung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen den öffentlichen Personennahverkehr. Hierbei ist erstrebenswert, die erforderlichen Verkehrsleistungen sozialverträglich und in einer möglichst hohen Qualität...“

- Davon kann momentan zumindest nur bedingt die Rede sein, darüber sind wir uns einig.

„... zu einem möglichst geringen Preis zu erlangen. Um zu gewährleisten, dass beauftragte Verkehrsunternehmen durch die öffentliche Bezuschussung nicht überkompensiert werden, sieht der europäische wie der nationale Rechtsrahmen wettbewerbliche Verfahren zur Vergabe von Verkehrsleistungen als Regelfall vor.... Wettbewerbliche Verfahren sollen gewährleisten, dass Verkehrsunternehmen ihre Kosten marktgerecht kalkulieren und somit keine unangemessenen Gewinne bezuschusst werden.... In den Vergabeverfahren wird Transparenz gewährleistet und werden sachfremde Einflussgrößen ausgeschaltet.“

(Minister Vogelsänger: Wunderbar!)

- Sehr gut, Herr Minister, in diesem Punkt sind wir uns einig. Wettbewerbliche Verfahren führen in der Tat zu mehr Qualität, niedrigeren Kosten und mehr Transparenz und sollten daher der Regelfall sein. Damit es im Fall der S-Bahn aber auch dazu kommt, sollten wir keine Zeit mehr verstreichen lassen. Das wissen Sie auch, Herr Minister. So haben Sie in Ihrer damaligen Rolle als Staatssekretär in der 3. Sitzung des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft im Februar 2010 angemerkt, dass die Entscheidung über die Teilnetzausschreibung noch im laufenden Jahr erfolgen müsse. Das sehen wir genauso. Das weiß auch das Hohe Haus.

Ich weise auf den Beschluss des Landtages vom 21. Januar 2010 hin. Darin heißt es:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, gemeinsam mit dem Land Berlin im I....“

- ich betone: im I.

„... Quartal 2010 die Variantenprüfung zur Vergabe von S-Bahnleistungen abzuschließen. Im Falle einer Entscheidung für die wettbewerbliche Vergabe eines, mehrerer oder aller Teilnetze ist das Vergabeverfahren zügig vorzubereiten...“

Wir sind nun im letzten Quartal 2010 angelangt, und bisher zeichnet sich kein Abschluss der Variantenprüfung ab. Die meisten scheinen also zu wissen, dass die Teilausschreibung die beste Variante ist, und alle scheinen zu wissen, dass die Zeit drängt. Allerdings stellt sich uns die Frage, warum sich niemand rührt. Die Zeit wird in der Tat knapp.

Wenn die politische Entscheidung über die Vergabe der Verkehrsleistungen nicht in diesem Jahr gefällt wird und damit kein klares Signal an den Markt gesendet wird, kann es natürlich kein Unternehmen - außer die S-Bahn Berlin GmbH schaffen, das Teilnetz bis zum Dezember 2017 in Betrieb zu nehmen. Aspekte des Genehmigungsverfahrens, die Einhaltung von Prüfvorschriften des Eisenbahn-Bundesamtes - all dies benötigt viel Zeit. Hinzu kommt, dass Fahrzeuge eines neuen Betreibers zunächst entwickelt und selbstverständlich erst gebaut werden müssen.

Damit wir nicht bessere Qualität und bessere Preise nur auf einem Teil des S-Bahn-Netzes erreichen, fordern wir die Landesregierung in unserem Antrag darüber hinausgehend auf, sich in Verhandlungen mit dem Berliner Senat dafür einzusetzen, dass auch das übrige Berliner S-Bahn-Netz und die dazugehörigen Verkehrsleistungen in sinnvollen Teillosen wettbewerblich zügig ausgeschrieben werden.

Ein guter Zeitrahmen für eine Einteilung in drei Teilnetze wäre die Inbetriebnahme des zweiten Teilnetzes bis 2019, die Inbetriebnahme des dritten Teilnetzes bis 2022 und damit die vollständige Umsetzung des Wettbewerbs auf den S-Bahn-Gleisen. Durch die zeitlich versetzte Inbetriebnahme der Netze kann der Ausfall eines Betreibers gestreut werden. Es besteht damit auch für andere Anbieter genügend Zeit, die notwendige Anzahl an Zügen zu beschaffen. Selbst wenn die S-Bahn Berlin GmbH, die sich selbstverständlich an einem wettbewerblichen Vergabeverfahren beteiligen kann, eine Ausschreibung gewinnen sollte, wäre eine Situation wie die S-Bahn-Krise, die wir erlebt haben, kaum möglich. Unternehmen müssen sich im Wettbewerb immer wieder neu bewähren und daher nachhaltig wirtschaften. Die SBahn - das sagte ich schon im Januar von diesem Pult aus - ist Teil unseres Brandenburg-Berliner Selbstverständnisses. Wir tun gut daran, wenn wir dies von der politischen Seite her erkennen.

Stimmen Sie der Überweisung des Antrages in den Ausschuss zu! Gern nehmen wir uns dort die Zeit, um zu einer im Ausschuss abgestimmten Position über die Fraktionsgrenzen hinweg zu kommen, damit die S-Bahn zukünftig dort fährt, wo sie hingehört, auf dem Wettbewerbsgleis. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Die Abgeordnete Kircheis spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines möchte ich zu Beginn meiner Rede festhalten: Was das Aus

schreiben von Schienenverkehrsleistungen angeht, ist Brandenburg schon lange kein Land mehr, das man zum Jagen tragen muss. Der frühere Verkehrsminister Dellmann hat durch die von ihm vorangetriebene Ausschreibung des Regionalverkehrs nicht nur den Wettbewerb auf der Schiene vorangebracht, sondern durchaus auch auf die Vielfalt der Anbieter gesetzt. Reinhold Dellmann hat dem Land damit Einsparungen in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro jährlich gesichert.

Brandenburg wird einen der besten und schnellsten Regionalverkehre deutschlandweit mit modernsten Fahrzeugen haben. Trotz Krise der S-Bahn wird dieser Regionalverkehr von immer mehr Fahrgästen in Anspruch genommen. Er ist ein guter Beitrag zur ökologischen Verkehrswende.