Protocol of the Session on May 7, 2010

(Zurufe von der SPD: Oh Gott, so lange!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Speer, wenn Sie jemanden zitieren, dann müssen Sie schon korrekt sein, dann wäre es auch an der Zeit, als Regierungsmitglied einmal die Quelle zu benennen. Das, was Sie der CDU-Fraktion in den Mund gelegt haben, ist schlicht falsch. Es hat niemand irgendjemanden genötigt, etwas zu tun. Wir haben eine Wache besucht, und was wir dort ganz deutlich gespürt haben,

(Holzschuher [SPD]: Geschürt haben Sie es!)

ist die Verunsicherung, die die Mitarbeiter der Polizei im Schutzbereich haben - bis hinein in die Führungsebene, weil nämlich Sie - Sie allein - am Anfang einer Diskussion zur Sicherheit in Brandenburg eine Zahl in den Raum gestellt haben, die in keiner Weise begründet ist. Sie haben gesagt, 1 900 Stellen müssten in zehn Jahren wegfallen. Diejenigen, die im Wahlkampf gelogen haben, weil sie gesagt haben, sie wollen mehr Polizei in Brandenburg haben - die Linken -,

(Vereinzelt Beifall CDU)

wollten sich dann in der Manier der früheren SED dafür feiern lassen, dass sie einen Abbau von mehr als 2 000 Stellen verhindert haben.

(Schippel [SPD]: Die kennen Sie also!)

Das ist die Heldentat der Linksfraktion.

(Beifall CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Sie haben Angst vor dieser Diskussion, weil Sie ihr aus dem Wege gehen müssen, und zwar deswegen, weil Sie den berechtigten Fragen, Sorgen und Nöten der Menschen im Land nicht standhalten können. Sie wollen in der Sommerpause Fakten schaffen; Sie wollen einfach durchziehen, ohne mit den Kommunen zu reden. Mit den Kommunen, Frau Kollegin Stark, hat noch niemand gesprochen; mit den Bediensteten hat ebenfalls noch niemand gesprochen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Natürlich! - Weitere Zurufe von der SPD)

Nicht einmal im Landtag informieren Sie darüber, was Sie vorhaben. Es wird im Ministerium gearbeitet; die Arbeiten sind im Prinzip abgeschlossen; es werden Einzelne informiert, aber der Landtag soll nicht informiert werden. Die mut- und kraftlose Koalition gibt sich natürlich damit zufrieden. Wo stehen wir denn im Bereich der inneren Sicherheit? Minister Schönbohm a. D. hat Vereine verboten. Sie haben in der MAZ gesagt, man könne sich dabei auch blamieren. Sie haben keinen Lösungsansatz für die erhöhte Kriminalität in der Grenzregion. Sie haben keine Idee bezüglich eines konsequenten Umgangs mit der Rockerkriminalität. In Potsdam brennen die Autos - wie auch in Berlin.

(Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Da lache ich ja nur. Ru- fen Sie doch die Feuerwehr!)

- Ja, Sie können ja lachen.

Was aber sagt der Innenminister im Innenausschuss? Nach den Ermittlungsergebnissen gefragt, sagt der Innenminister ganz kleinlaut, wie es sonst gar nicht seine Art ist: „Wir haben die Ermittlungen eingestellt - ohne jedes Ergebnis.“ Er wisse nicht, wer es gewesen sei, aber er wisse, dass es keine Linksextremisten gewesen seien. Er hat nach Einsetzung einer Sonderkom

mission keinen Täter zu präsentieren, aber er weiß schon mal, wer es nicht war.

(Frau Melior [SPD]: Sie wissen natürlich, wer es war!)

Sie haben Angst vor dieser Diskussion, haben Angst, sich den Fragen und Vorstellungen der Menschen zu stellen, und deswegen soll eben nicht über das diskutiert werden, was Sie vorhaben, es sollen nicht aus der Opposition heraus Kleine Anfragen gestellt werden.

(Domres [DIE LINKE]: Sinnvolle Anfragen schon!)

Kollege Bischoff, wenn Sie hier sagen, die CDU solle keine Kleinen Anfragen stellen, weil dies die konsumtiven Ausgaben des Landes erhöhen würde, dann kann ich dem nicht folgen; ich bin ja nicht Haushaltspolitiker. Aber diese Behauptung, die Sie hier gestern aufgestellt haben, muss zumindest auch für die Kleinen Anfragen aus der Regierungskoalition stimmen.

Herr Petke, Ihre Zeit ist abgelaufen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie der Fraktion DIE LINKE)

Frau Präsidentin, ich habe es gesehen. Den Applaus nehme ich gerne mit.

Dann sollten wir doch generell auf die Kleinen Anfragen verzichten.

(Zurufe von der SPD: Ihre Zeit ist abgelaufen!)

Meine Damen und Herren, Sie sind dabei, mit Ihrer Politik das, was wir in den letzten zwei Jahrzehnten bewirkt haben, zu gefährden.

(Allgemeine Unruhe - Beifall CDU - Schulze [SPD]: Gott schütze Brandenburg vor solchen Leuten!)

Wir beenden die Aussprache zu diesem Thema und kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 5/878, eingebracht von der CDU-Fraktion: „Spekulation und Verunsicherung der Bürger und Bediensteten der Polizei des Landes Brandenburg über die Arbeitsergebnisse der Kommission ,Polizei Brandenburg 2020‘“. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei einer deutlichen Anzahl von Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 7, und wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8:

Am Atomausstieg muss festgehalten werden

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/883

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in Drucksache 5/1101 (Neudruck) vor.

Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt die Fraktion der SPD. Die Abgeordnete Hackenschmidt erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Atomausstieg - ein hochaktuelles Thema. Die letzten Tage des Monats April haben deutlich gemacht, wie brisant und aktuell dieses Thema noch 24 Jahre nach Tschernobyl in der Gesellschaft verankert ist.

Kurz etwas zum Einstieg: Das Gesetz zur Förderung von Kernenergie von 1959 mag angesichts der damals bestehenden Erkenntnisse richtig gewesen sein, aber schon in den 80er und 90er Jahren erfolgte im Rahmen dieser Förderung auch in der Gesellschaft ein Umdenken. Spätestens durch Tschernobyl wurde dann die Gesellschaft wachgerüttelt, und es gab starke Gegenwehr.

2002 wurde das Gesetz zur geordneten Beendigung der Kernenergiennutzung zur Erzeugung von Elektrizität verabschiedet. Wir haben eine eindeutige Gesetzeslage. Noch heute sind in Süddeutschland aufgrund von Tschernobyl Waldfrüchte belastet, höchstbelastet.

(Petke [CDU]: Die Mauer hat uns geschützt!)

Die Spätfolgen kann man eigentlich nicht konkret beziffern, weil immer mehr Kinder an diesen Spätfolgen leiden, zum Beispiel an Schilddrüsenkrebs. Denken Sie auch an die Kinder in Belarus, in der Ukraine oder in Russland direkt. Wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Wir haben auch gemerkt, dass Grenzen die atomare Wolke nicht aufhalten.

Deutschland ist hundertprozentig vom Uranimport abhängig. Wissenschaftler sagen voraus, dass das Uran noch etwa 65 Jahre reichen wird. Mit der geplanten Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken oder der Überlegung, sogar neue AKWs zu bauen, hat man den falschen Weg im Auge. Dies verhindert Investitionen in moderne, effiziente Kraftwerke, und die wettbewerbsfähige, innovative Energieversorgung wird damit behindert. Das sagt auch das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik, das dies in einer Studie belegt hat. Das würde bedeuten, dass wir hier in Brandenburg, wo wir den Weg in erneuerbare Energien genutzt haben, weil auch die Braunkohlereserven endlich sind, wo viel Fortschrittliches erreicht und viele Arbeitsplätze in den erneuerbaren Energien geschaffen wurden, um etwa ein Jahrzehnt zurückgeworfen werden würden. Das können wir politisch nicht zulassen. Deshalb unser Antrag „Am Atomausstieg muss festgehalten werden“.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Was die falsche Berechnung der Investitionskosten für die Atomkraft betrifft, so waren wir uns im Wirtschaftsausschuss mit dem Kollegen Jungclaus einig. Der Steuerzahler trägt schon im Vorfeld die meisten Kosten und grundsätzlich die Haftung. Ich finde, das ist bei der Vergleichsrechnung mit anderen Energiearten, solchen aus fossilen Energieträgern, eine Verwirrung,

die nicht hinnehmbar ist, vor allem, was die Haftung durch die Gesellschaft an sich und nicht durch die Konzerne, die diese Werke betreiben, betrifft.

(Wichmann [CDU]: „Verwirrung“ ist gut!)

Vor einem halben Jahr hat ein Ingenieur, der sich in der Kernindustrie auskennt und der AKWs geplant und gebaut hat, gesagt, die Maßnahmen, die jetzt an manchen AKWs in unserem Land, in Deutschland mit dem hohen Sicherheitsanspruch, vorgenommen werden, seien Flickschusterei. Es werden Bauelemente aus bestehenden Kernkraftwerken herausgelöst und erneuert. Das ist nicht zulässig, denn es entstehen Löcher, die später nicht ausreichend kontrolliert werden können und die das gesamte Sicherheitskonzept gefährden.

Ich meine schon, dass wir bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien gezeigt haben, wie verlässlich diese Energiearten in einem vernünftigen Mix die notwendige Energieversorgung sichern können. Außerdem haben wir politisch eine Verantwortung sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Unsere Energieversorger haben aufgrund der Gesetzeslage von 2002 Investitionen geplant. Wenn wir jetzt sagen: Das war alles umsonst, wir können jetzt wieder AKWs bauen, und die alten laufen länger, dann ist damit auch öffentliches Geld infrage gestellt. Es sind Stadtwerke und andere betroffen, die mit öffentlichem Geld ihre Anlagen betreiben.

Das größte Problem sind aber aus meiner Sicht die radioaktiven Abfälle. Wir haben vor 14 Tagen eine 120 Kilometer lange Menschenkette gesehen. Das sind Atomkraftgegner, die zusammenkommen und deutlich machen, wie sehr dieses Thema in der Gesellschaft verankert ist. Dazu kamen 20 000 Atomkraftgegner, die das AKW Biblis umzingelten.

(Lachen bei der CDU)

Es war so gewollt, dass dies als Umzingelung aufgefasst wurde; es war auch so geplant.

7 000 demonstrieren in Ahaus, einer Gemeinde, die viel Geld bekommen hat, um ein Zwischenlager zu bauen, wozu die damalige Bevölkerung sagte: Ist ja toll, wir kriegen einen tollen Ort! - Und jetzt wollen sie das, wofür sie die Investitionen bekommen haben, nicht realisieren. Ich kann sie verstehen. Das ist eine nächste Generation.