Es ist tatsächlich so, dass es mehrere Novellen gab und der Slogan „Mehr Freiraum für die Hochschulen“ angepriesen wurde. Die neuen Steuerungsinstrumente wie Zielvereinbarungen, Leistungsindikatoren und Ansätze zur globalen Haushaltsführung sind ein Weg. Allerdings gibt es immer noch die Stellenplanbindung. An dieser Stelle könnte durchaus noch Bewegung ins Spiel kommen. Auch die Beschränkung des kameralistischen Wirtschaftens kann man unseres Erachtens zunehmend lockern. Es wurde bereits mehrmals von der Ministerin gesagt, dass uns eine Novelle zum Hochschulgesetz in Brandenburg ins Haus steht.
Auch heute beziehe ich mich wieder auf die Vorrednerinnen und Vorredner und schließe mich ihnen in einigen Punkten an. Das ist meine Tradition; der folge ich.
Was die Entscheidungsfreiheit der Hochschulen angeht - im Antrag wird der Freiheitsbegriff liberal verstanden -, so schließe ich mich Frau Melior an. Ich sehe tatsächlich Bewegung. Wir konnten auch dem Vortrag von Herrn Jürgens lauschen. Allerdings war ich von seinem Redebeitrag überrascht, da ich ihn aus der vergangenen Legislaturperiode noch wesentlich vehementer an unserer Sache orientiert erlebt habe.
Die Hochschulen unterliegen einer extensiv ausformulierten Rechts- und Fachaufsicht durch das zuständige Ministerium. Das ist noch heute so. Wir brauchen nur in das Gesetz zu schauen. In § 20 werden Prüfungen, Wiederholungsmöglichkeiten und Fristen detailliert geregelt. § 17 regelt ebenso detailliert die Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen.
Die geltenden Rahmenvorgaben für hochschulinterne Beratungs- und Entscheidungsprozesse sind das Gegenteil von Gestaltungsfreiheit. Es werden zwar Strukturen, Paritäten und Benennungen der Gremien freigestellt, aber die Funktionen der Leitungen - Präsidien, Dekane - und der zentralen Gremien Senat, Fachbereichsräte, Fakultätsräte, also der Gremien, in denen die Studenten eine Mitbestimmung zugesprochen bekommen - sind abschließend und bis ins Detail geregelt. Sollte das Hochschulgesetz erneut - ein fünftes Mal - novelliert werden, sollte geprüft werden, ob es tatsächlich sinnvoll ist, dass die akademischen Gremien gegenüber der Administration relativ wenig Mitbestimmungsrechte haben. Hochschulen sollen nicht nur lehrende und forschende Einrichtungen, sondern auch lernende Organisationen sein.
Gibt der Antrag der FDP-Fraktion auf diese Herausforderungen die richtige Antwort? Wir haben es schon mehrmals gehört: Die Hochschulen sollen auf Wissensunternehmen reduziert werden. - Wir sagen: Nö.
Herr Prof. Dr. Schierack, ich freue mich, dass Sie Ihre Position für Brandenburg in einer Differenziertheit dargestellt haben, die ich so der NRW-Diskussion nicht entnehmen konnte. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit bei einem neuen Anlauf in Richtung Hochschulfreiheit.
Die Entstaatlichung des Hochschulsektors in Brandenburg ist auf keinen Fall das Ziel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Schulen, Fachhochschulen und sonstige Hochschulen müssen in staatlicher Verantwortung bleiben, auf die Schulen hat Frau Melior schon angespielt. Die gesellschaftlich verantworteten Werte müssen eine Einbettung finden und demokratisch legitimiert sein.
Damit habe ich aus der Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN alles gesagt, was für den Hochschulbereich jetzt und in Zukunft relevant ist. Den Antrag auf Überweisung lehnen wir ab, weil uns der Antrag nicht weit genug geht. Ich habe das in ein paar Punkten schon angedeutet. Vor allem wird damit in die falsche Richtung gesprungen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Niels. - Zum Redebeitrag des Abgeordneten Peer Jürgens hatte es das Signal von Frau Prof. Dr. Wanka zu einer Kurzintervention gegeben. Frau Prof. Wanka, ich entschuldige mich, dass ich Ihnen nicht sofort nach dem Redebeitrag von Peer Jürgens das Wort erteilt habe, wie es laut Geschäftsordnung notwendig gewesen wäre. Ich bitte Sie darum, Ihre Kurzintervention jetzt vorzutragen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich äußere mich aus naheliegendem Grund eigentlich nicht zu unserer Hochschul- und Wissenschaftslandschaft, muss jedoch unbedingt zu diesem - entschuldigen Sie bitte, Herr Jürgens - Unfug von Ihnen einen Satz sagen, auch wenn Sie „neoliberal“ nicht definieren wollen:
Wir hatten in den 90er Jahren im Senat der Hochschulrektorenkonferenz darum gerungen, eine Institution zu finden, die uns in Deutschland voranbringt, wenn es darum geht, Rankings zu ermöglichen. Die Bertelsmann Stiftung hatte das CHE gegründet. Rankings brauchen alle Studienbewerber, um qualifiziert vergleichen zu können, wo man ein bestimmtes Fach - Politikwissenschaft oder etwas anderes - am besten studiert. Dieses Produkt zum Beispiel des CHE ist in unserer Hochschul- und Wissenschaftslandschaft im Moment unverzichtbar.
Das CHE hat mit den unterschiedlichsten Landesregierungen interessante Projekte gestartet. Ich erinnere an die exzellente Zielvereinbarung mit Hamburg, damals noch unter Rot-Grün. Wir haben mit dem CHE ein Konzept entwickelt, um Frauen und Familien an den Hochschulen zu stärken. Das CHE ist also eine sehr wichtige Institution. Dass nicht alle seine Empfehlungen und Vorschläge Widerhall finden, ist ganz normal.
Herr Jürgens, ich bitte Sie, sich die vom CHE initiierten Projekte anzusehen. Ich hoffe, Sie kommen danach zu einer anderen Erkenntnis und urteilen das nicht so pauschal ab.
Vielen Dank, Frau Prof. Dr. Wanka. - Für den Abgeordneten Peer Jürgens gäbe es die Möglichkeit, auf diese Kurzintervention kurz zu reagieren.
Vielen Dank. Wir sind offensichtlich alle lernfähig. - Die Aussprache wird mit dem Redebeitrag von Ministerin Dr. Münch fortgesetzt. Bitte, Sie haben das Wort.
Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Debatte waren schon viele Redebeiträge zu hören. Die Kollegen der FDP scheinen noch nicht einmal ihre Kollegen aus der Opposition überzeugen zu können, dass wir ein solches Gesetz brauchen. Damit es sich tatsächlich in allen Fraktionen herumspricht, möchte ich noch einmal einige grundlegende Dinge aufführen.
Der Begriff „Hochschulfreiheitsgesetz“ stammt - das haben die Vorredner schon gesagt - aus einer drei Jahre alten Debatte, die in Nordrhein-Westfalen geführt wurde. Wir wissen, dass uns in den Gründungstagen des Landes Brandenburg - jener Zeit gedenken wir dieser Tage häufig - das „Inventar“ aus Nordrhein-Westfalen sehr geholfen hat. Ich denke aber, dass wir einen alten Hut wie das „Hochschulfreiheitsgesetz“ in Brandenburg nicht brauchen.
Meine Damen und Herren von der FDP, ich weiß nicht, ob es sich bei Ihnen noch nicht herumgesprochen hat: Wir haben in der vergangenen Legislatur im gemeinsamen, guten Ringen eines der modernsten Hochschulgesetze der Bundesrepublik verabschiedet. Bei uns gibt es ein hohes Maß an Hochschulfreiheit, um das uns so manche Hochschule in anderen Bundesländern beneidet. Diese Freiheit steht nicht nur im Gesetz, sondern wird auch ganz konkret umgesetzt und genutzt. Ich wiederhole: Wir brauchen kein Hochschulfreiheitsgesetz.
Das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist in Brandenburg Realität. Wir haben die Entscheidungsbefugnisse der Hochschulen seit 1999 schrittweise ausgeweitet und ihre Autonomie erheblich gestärkt. Die Organisationsentscheidungen müssen den Hochschulen nicht erst übertragen werden, wie im Antrag gefordert. Auch in Richtung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sage ich: Wir schreiben nur noch ganz wenige Positionen ausdrücklich vor, zum Beispiel das Amt des Präsidenten. Im Übrigen sind die Hochschulen in der Wahl ihrer Organisationsform weitgehend frei. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die Leitungsstrukturen der Hochschulen verbessert werden müssten. Durch die Option, hauptamtliche Vizepräsidenten und Dekane zu bestellen, ist eine verstärkte Professionalisierung oder Spezialisierung der Hochschulleitungen bereits möglich.
Auch im Bereich des Hochschulpersonals besteht ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit. Die Arbeitgebereigenschaften und wesentliche Bereiche der Dienstherreneigenschaften sind doch schon seit längerem auf die Hochschulen übertragen. Eine besondere Stärkung der Eigenverantwortung - darauf haben Sie hingewiesen, Herr Schierack - stellt die Übertragung des Berufungsrechts auf die Hochschulen dar. Sieben der neun
Was die Finanzierung der Hochschulen angeht, stelle ich fest: An unseren Hochschulen gibt es mittlerweile nicht nur Globalhaushalte, sondern sie haben seit 2008 auch die Möglichkeit, eigenes Körperschaftsvermögen zu bilden. Die Hochschulen sind in der Verwendung der Mittel aus dem Körperschaftsvermögen weitgehend frei. Insofern gehen wir über die Regelungen der anderen Bundesländer hinaus.
Was Sie mit „ministerieller Detailsteuerung“ meinen, habe ich überhaupt nicht verstanden. Es wäre schön, wenn Sie ein Beispiel dafür genannt hätten. Eine „Detailsteuerung“ wird durch das Ministerium schon lange nicht mehr betrieben. Wir wollen im Brandenburgischen Hochschulpakt gemeinsam mit der Landesrektorenkonferenz die Erreichung der landespolitischen Ziele festschreiben. Wir haben eine „ergebnisorientierte Steuerung“. In den Zielvereinbarungen - auch das wurde bereits erwähnt - versuchen wir auf indirektem Wege im Konsens und im Dialog mit den Hochschulen, bestimmte Ziele festzuschreiben.
Noch ein kurzer Satz zur Berufung der Hochschullehrer in das Beamtenverhältnis: Man kann zum Berufsbeamtentum stehen, wie man möchte. Wir wissen aber, dass die überwiegende Mehrzahl der Hochschulen in anderen Bundesländern Hochschullehrer nach wie vor verbeamtet. Ich hoffe nicht, dass der Begriff „Hochschulfreiheitsgesetz“ in dem Antrag der FDPFraktion so zu verstehen ist, dass die Hochschulen frei von Professoren sein sollen, weil wir die Möglichkeit der Verbeamtung abschaffen. Das wäre ein weiterer Wettbewerbsnachteil für die brandenburgischen Hochschulen.
Hochschulautonomie ist allerdings kein Selbstzweck. Insofern klingt es vielleicht gut, wenn man zunächst einmal Hochschulautonomie fordert. Aber das Land und die Hochschulen sind öffentliche Einrichtungen, und das Land kommt durch diese Hochschulen einem öffentlichen Auftrag, nämlich der Vermittlung von Hochschulausbildung, nach.
Wir bekennen uns selbstverständlich zur Autonomie der Hochschulen, aber wir werden nicht die Steuerung durch das Land aufgeben. Das ist kein Dirigismus und schon gar keine Detailsteuerung oder ein Mittel, um den Hochschulen etwas vorzugeben, sondern das ist letzten Endes Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern und der Gesellschaft, in deren Auftrag die Hochschulen ja auch eine Aufgabe ausfüllen.
Wie Sie wissen, hat der Landtag uns beauftragt, Novellierungsbedarf im Hochschulrecht durch die Bologna-Reform zu benennen. Dieser Bericht ist fertig, wird derzeit abgestimmt und Ihnen demnächst vorgelegt. Ich lade Sie herzlich ein, hier im Landtag und im Ausschuss darüber zu diskutieren, wie wir unser Hochschulgesetz für die Hochschulen und alle Mitglieder dieser Hochschulen noch besser machen können und wie wir noch mehr junge Menschen für ein Studium begeistern können.
Etwas ganz Wichtiges beim Thema Hochschulen und Freiheit wäre es, wenn wir materielle Freiheit für die Studierenden schaffen könnten. Und das, meine Damen und Herren von der FDP, betrifft ja durchaus auch Ihre Klientel. Es wäre sehr wünschenswert, wenn beispielsweise das angedachte Stipendienprogramm tatsächlich auch finanziell aus den Reihen der Wirtschaft untersetzt würde. Denn das wäre Freiheit - zu studieren,
was man möchte und wo man möchte, unabhängig von finanziellen Zwängen -, die tatsächlich sehr wünschenswert wäre.
Aber insgesamt hoffe ich, dass mit diesen Ausführungen auch klar geworden ist, dass wir dieses Hochschulfreiheitsgesetz tatsächlich überhaupt nicht brauchen. Denn die guten Ansätze haben wir längst umgesetzt, und ich würde mir sehr wünschen, dass sich das auch bis zu Ihnen herumspricht. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir setzen die Debatte mit einem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Büttner, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Punkt 1: Herr Jürgens, wenn Ihr Angebot auch für mich gilt, dann nehme ich diese Gelegenheit gern wahr, mit Ihnen in den Dialog über Neoliberalismus einzusteigen. Denn das würde ich wirklich gern machen, um diesen Kampfbegriff, den Sie da immer verwenden, einmal deutlich zu erklären.
Ich will noch einmal in aller Kürze deutlich machen, dass wir, die Liberalen, für die Einführung eines eigenständigen Hochschulfreiheitsgesetzes sind, weil wir den Hochschulen noch weitere Freiheiten geben wollen.
Herr Prof. Schierack, Sie haben ein sehr schönes Beispiel genannt. Sie haben gesagt, dass die Universitäten ja beantragen können, in einer anderen Rechtsform zu bestehen. Ich glaube, da ist auch der Unterschied zu sehen. Wir wollen diesen Systemwechsel. Wir wollen eben nicht warten, bis sich jemand seiner Rechte bemächtigt und sagt: „Wir wollen das jetzt machen“, sondern wir wollen, dass sich der Staat aus dieser Angelegenheit zurückzieht, und das bestehende Globalbudget soll auf alle Bereiche ausgeweitet werden.
Darin liegt dann auch der Unterschied. Wir glauben, dass der Antrag eine Chance für die Hochschulen ist: für mehr Freiheit, mehr Engagement und mehr Kreativität. Wir würden diese Diskussion gern im Ausschuss fortführen.
Ich möchte Ihnen noch sagen: Mehr Freiheit ist ja nicht gleich der Zusammenbruch der gesamten Hochschullandschaft, sondern heißt für uns mehr Qualität und Exzellenz, und sie beinhaltet mehr Engagement und Kreativität, um sich im internationalen Vergleich behaupten zu können.
Wir werben noch einmal dafür - wir wissen, dass das nicht funktioniert, Sie haben sich ja entsprechend geäußert -, diese Diskussion im Ausschuss weiterzuführen. Ich denke aber, dass uns dieses Thema trotz allem in den nächsten Wochen weiter begleiten wird. - Vielen Dank.
Da die Landesregierung eine Minute länger gesprochen hat, stünde allen Fraktionen noch einmal eine Minute zu. Wer möchte davon Gebrauch machen? - Das wird nicht gewünscht.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Die FDP-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 5/628, Einführung eines Hochschulfreiheitsgesetzes, an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Wer diesem Überweisungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit zahlreichen Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt worden.
Demzufolge kommen wir zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 5/628, Einführung eines Hochschulfreiheitsgesetzes, in der Sache. Wer dem Antrag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen wenigen Stimmen für den Antrag ist der Antrag abgelehnt worden.