Protocol of the Session on February 24, 2010

Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz kostet uns im Jahr 2010 55 Millionen Euro und im Jahr 2011 ungefähr 80 Millionen Euro an Steuermindereinnahmen. Diese Berechnungen sind im Übrigen von Wirtschaftsinstituten und Banken angestellt worden und nicht nur von den Linken, denen Sie immer unterstellen, sie könnten nicht rechnen. Von deren Seite wurde ermittelt, dass eine Umsetzung der noch in der Pipeline befindlichen Steuersenkungspläne das Land Brandenburg jährlich 300 Millionen Euro an Mindereinnahmen kostete. Diese Summe käme also noch hinzu. Wenn Sie also vorsorgende Haushaltspolitik in Brandenburg gestalten und unterstützen wollen, dann sorgen Sie dafür, dass Ihre Parteigenossen in Berlin nicht auf solch aberwitzige Ideen kommen!

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Das wäre Ihr Beitrag für Brandenburg. Man kann also auch in der Rolle der Opposition tatsächlich Politik für das Land mitgestalten. Das ist eine viel bessere Variante, als pauschal zu sagen: Die können dieses und jenes nicht.

Natürlich hat dieser Haushalt - das muss man sagen - auch unheimlich schmerzliche Punkte. Die Kommunen werden weniger Geld bekommen, das ist vollkommen klar. Denn sie sind mit 20 % an den Steuereinnahmen des Landes, einschließlich Länderfinanzausgleich und Fehlbetrags-Bundesergänzungszuweisungen, beteiligt. Da diese Einnahmen geringer ausfallen, verringern sich die Zuweisungen an die Kommunen. Das Land kann das nicht kompensieren. Die Kommunen sind mit 40 % an den Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen beteiligt. Wenn man das alles zusammennimmt, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Kommunen im Jahr 2010 etwa 200 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben. Daran führt kein Weg vorbei.

Es werden etliche politische Debatten geführt. Davon verspreche ich mir viel. Es gab das Vesper-Gutachten, in dem untersucht wurde, ob die Kommunen ausreichend beteiligt worden sind. Man ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dies zutrifft. Demnach verfahre das Land Brandenburg entsprechend den Notwendigkeiten und den politischen Vorgaben. Dennoch erwarte ich - der Beirat wird tagen, und dann werden auch der Städte- und Gemeindebund, der Landkreistag und die kreisfreien Städte die Vorschläge debattieren -, dass wir gemeinsam eine Debatte darüber führen werden, welche Möglichkeiten einer unterschiedlichen Wichtung bzw. Wertung bestehen.

(Zuruf des Abgeordneten Burkardt [CDU])

- Ach, Herr Burkardt, haben Sie es noch... Ich verkneife mir das und sage: Ganz ruhig bleiben!

Damit, dass sich die Landesregierung mit diesem Haushalt solch hohe Ziele gesteckt hat, hat sie eine enorme politische Verantwortung übernommen.

Um nicht immer nur in Richtung CDU und FDP zu sprechen: Herr Vogel, ich habe gelesen, dass Sie nicht nur eine Rückfüh

rung der Nettokreditaufnahme in der mittelfristigen Finanzplanung, sondern zudem eine Schuldentilgung forderten. Das Land Brandenburg hat noch nie auch nur einen einzigen Euro getilgt. Wenn Sie das in der jetzigen Situation verlangen, dann frage ich mich, warum die Grünen in den vier Jahren ihrer Brandenburger Regierungsverantwortung keinen Vorschlag zur Tilgung unterbreiteten, sondern - im Gegenteil - 7,7 Milliarden Euro an Schulden aufgenommen haben. Ein bisschen Selbstkritik gehört dazu.

(Lachen des Abgeordneten Vogel [GRÜNE/B90])

Schauen Sie sich an, in welcher Höhe Brandenburg bislang schon Zinsen gezahlt hat! Das ist mehr Geld, als ein Landeshaushalt zur Verfügung hat. Je höher die Zinslast ist, desto weniger politische Gestaltungsmöglichkeiten haben wir. Das darf auf Dauer nicht sein. Insofern muss man die Zinsen zu minimieren versuchen. Deswegen haben wir eine Senkung der Nettokreditaufnahme vorgesehen.

Ein letztes Wort: Wir sind gegenwärtig dabei, eine Personalbedarfsplanung vorzubereiten. Das will ich kurz anschneiden, weil diese Meldung für viel Furore gesorgt hat. Ja, der Minister der Finanzen hat ein Gutachten in Auftrag gegeben. Am Ergebnis sieht man zumindest eines: Es war kein Gefälligkeitsgutachten.

(Heiterkeit GRÜNE/B90)

Der Finanzminister hat nicht vorgegeben, dass dieses Gutachten bitte schön dieses oder jenes Resultat hervorbringen möge, damit er seine Politik begründen könne. Sondern mein Auftrag lautete: Schreibt das Gutachten aus eurer Sicht. - Heraus kam eine politische Meinung. Das heißt noch lange nicht, dass sich die Landesregierung bzw. die Linksfraktion der Meinung dieses Gutachters anschließen. Selbstverständlich, man kann nicht einfach Länder 1 : 1 miteinander vergleichen, denn die Schulsysteme und auch die räumlichen Gegebenheiten sind unterschiedlich. So etwas gilt es zu berücksichtigen. Aber zu sehen, wie eine Institution es einschätzt - auch wenn es vielleicht nicht der eigenen Einschätzung entspricht -, ist meiner Meinung nach eine gedankliche Bereicherung der politischen Debatte. Man machte es sich zu leicht, wenn man sich immer nur selbst vorm Spiegel befragen würde. Dabei würde auch nicht allzu viel herauskommen, denn eine Lösung findet sich immer nur in einer Auseinandersetzung.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Dieser Haushalt spiegelt die politischen Schwerpunktsetzungen der Landesregierung wider. Sie mögen dagegen sein, das ist Ihr gutes Recht. Wir sind dafür. Wir bitten und werben um Zustimmung. Ich denke, wir werden das Jahr 2010 unter enormen Anstrengungen gemeinsam gut meistern und unsere politischen Zielstellungen durchsetzen. - Danke schön.

(Lebhafter Beifall DIE LINKE und SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Prof. Dr. Wanka.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Markov, wir haben in Ihrer eindrucksvollen Rede gehört, dass

Sie als Finanzminister fürs Geldausgeben zuständig seien. Es ist spannend zu hören, wofür man alles Geld ausgeben kann, das man eigentlich nicht hat.

(Beifall CDU)

Worte wie „konsolidieren“, „Gestaltungswille“, „sich einschränken“ tauchten nur am Rande auf, und wenn, dann in die Zukunft gerichtet. Nun sind wir ja von dieser Regierung, was ihre Arbeit anbetrifft, wirklich nicht verwöhnt.

(Heiterkeit und Beifall CDU)

Wenn sie sich nicht gerade nur mit sich selbst beschäftigt, dann sind es vor allen Dingen Ankündigungen, dann sind es Beteuerungen, dann sind es Erklärungen, dann sind es oft Wiederholungen. Nun ist ja Redundanz ein pädagogisches Prinzip.

(Heiterkeit bei der CDU)

Das Schüler-BAföG ist ja eines Ihrer Grundanliegen und wir hören immer wieder und immer noch, was beim letzten Mal schon klar war: dass es Probleme mit der Anrechnung, aber keine Lösung gibt. Oder nehmen wir das große Prestigeprojekt - das haben wir heute früh wieder von Herrn Baaske gehört öffentlicher Beschäftigungssektor. Ich habe das nie verstanden. Wir hatten seit 1990 immer einen öffentlichen Beschäftigungssektor. Es sind Milliarden hineingeflossen. Jetzt ist es „die große Leistung“. Wir hören nur immer von diesem neuen Projekt, haben jedoch bis zum heutigen Tag nichts in der Hand. Was sollen denn das für Arbeitsplätze sein? Wo will man damit hin? Wen will man damit unterstützen? Dazu hören wir nichts. Wenn ich einerseits sage, dass wir von der Arbeit der Landesregierung nicht verwöhnt sind, dann muss ich andererseits sagen: Das, was heute hier vorliegt, dieser Haushalt, ist aus meiner Sicht wirklich der Tiefpunkt der Arbeit der Landesregierung. Ich finde, dieser Haushalt ist zutiefst unseriös.

(Beifall CDU und FDP)

Warum kann man das so sagen? Wir treten mit dem Jahr 2010 das kann man ohne Übertreibung feststellen - in ein Jahrzehnt der Entscheidungen für unser Land. Die Rahmenbedingungen, die wir in den nächsten zehn Jahren haben werden, sind allen bekannt. Ich möchte sie noch einmal kurz nennen:

Wir wissen erstens, dass die Solidarpaktmittel kontinuierlich sinken werden, jedes Jahr um 110 Millionen Euro.

Wir wissen zweitens um unsere demografische Entwicklung. Diese demografische Entwicklung bedeutet, dass wir für jeden Einwohner, den wir verlieren, entsprechendes Geld aus dem Länderfinanzausgleich verlieren. Wenn wir also 10 000 Einwohner verlieren, dann bedeutet das 26 Millionen Euro weniger Einnahmen. Die Schätzungen für die nächsten Jahre sprechen von 130 000. Das bedeutet mindestens 260 Millionen weniger Einnahmen.

Drittens wissen wir alle, dass in Zukunft, wenn die EU-Förderperiode abgeschlossen ist, die Mittel geringer werden.

Was kann man in einer solchen Situation tun, was muss getan werden, und was kann man fairerweise von der Landesregierung in einer solchen Situation erwarten? Man kann auf keinen

Fall erwarten, dass es einfache Lösungen gibt. Man weiß, dass es viele Unwägbarkeiten gibt. Also, diesen Anspruch, dass Sie jetzt das Rezept hätten, wie wir über die nächsten Jahre kommen, kann man nicht stellen; das wäre unfair. Aber man kann etwas erwarten. Ich meine, drei Punkte kann man erwarten.

(Krause [DIE LINKE]: Gute Arbeit, gute Leistung, gute Bildung!)

Erstens kann man erwarten, dass für das Jahr 2010 ein Haushalt vorgelegt wird, der die Langfristperspektive im Blick hat, der aber einen ersten mutigen Schritt in Richtung der Weichen macht, die gestellt werden müssen. Das heißt, es ist klar, dass konsolidiert werden muss, und man kann das jetzt nicht mit einem Schlag erledigen, aber einen ersten richtigen Schritt tun.

Der Finanzminister sprach gerade über den Haushalt, der vorliegt. Was für ein Haushalt liegt denn jetzt vor? Wenn Sie sich ihn ansehen, stellen Sie fest, dass an vielen Stellen die Ausgaben überrollt oder gesteigert werden. Es wird also mehr Geld verteilt, obwohl wir nicht nur langfristig, sondern gerade in diesem Jahr weniger Einnahmen haben. Da wundert man sich und denkt: Wir können doch nicht mehr Geld ausgeben! Und wie wird das realisiert? Natürlich werden Schulden aufgenommen, und es wird Geld aus der Rücklage genommen.

Nun muss ich deutlich sagen: Es ist nicht erwartet worden, dass dies ein Haushalt ohne Schulden ist. Das wäre völlig unrealistisch. Es ist auch nicht erwartet worden - da stimme ich dem Finanzminister zu -, dass jetzt oder in den nächsten Jahren Schulden getilgt werden. Das zu erwarten wäre unfair. Aber Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern kommen bei genau denselben Rahmenbedingungen - Steuersenkungen, Mindereinnahmen - ohne Schulden aus. Wir nehmen 650 Millionen Euro Schulden auf. Das ist eine Größenordnung! Und wir nehmen von den Rücklagen. Sicher, in den zurückliegenden Jahren gab die wirtschaftliche Situation es her, dass Rücklagen gebildet werden konnten. Aber Sie können sich vorstellen, wie groß der Druck war und wie gern jeder etwas von den Rücklagen genommen hätte - für vernünftige Projekte. Das ist nicht gemacht worden, sondern von 550 Millionen Euro sind 400 Millionen Euro - das ist hier im Landtag festgestellt worden - für den Versorgungsfonds und der Rest als gewisse Rücklage genommen worden. Von diesen 550 Millionen Euro - so schnell kann man diese nicht wieder erwirtschaften - werden jetzt 450 Millionen Euro ausgegeben. 200 Millionen Euro gehen in den Pensionsfonds. Das ist erledigt, das ist okay, das will ich auch nicht rechnen. Und das andere wird mit verfrühstückt. Dann sind wir nicht bei 650 Millionen Euro, sondern de facto bei 900 Millionen Euro, die wir zusätzlich in den Haushalt dieses Jahres geben.

(Beifall CDU)

Wir haben eben viele Zahlen gehört. Vergessen hat der Finanzminister, dass wir zum Beispiel im Jahr 2010 besonders niedrige Zinsen haben und allein dadurch 170 Millionen Euro weniger im Vergleich zum Vorjahr für Zinsen ausgeben müssen.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Das ist aber keine Einsparleis- tung!)

- Überhaupt nicht, sondern dafür sind andere verantwortlich.

Herr Markov sagte gerade: 650 Millionen Euro, das ist eine große Leistung, das sind 50 Millionen Euro weniger, als wir uns vorgenommen haben.

(Lachen bei der CDU)

Ich meine, Sie haben ja Erfahrung mit Plänen, auch mit Übererfüllung von Plänen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Die haben Sie aber auch!)

Deswegen würde ich vorschlagen: Nehmen Sie doch das nächste Mal 1 oder1,5 Milliarden Euro, dann ist die Zielerfüllung viel größer und Sie können sich feiern lassen.

(Beifall CDU und FDP)

Wenn in der letzten Woche Ihre designierte Parteivizin Frau Wagenknecht im Bundestag der Bundesregierung die Plünderung der öffentlichen Haushalte vorgeworfen hat, dann kann man sagen, Herr Markov: An dieser Stelle werden die Rücklagen radikal geplündert. Was geschieht jetzt mit diesem Geld, was geschieht jetzt mit den 900 Millionen Euro? Es wird eben nicht überrollt, sondern es wird an einer Reihe von Stellen mehr ausgegeben. Das heißt, es wird in dieser Situation 2010 das Prinzip der letzten Jahre, nämlich der Versuch zu sparen, durchbrochen bzw. verlassen. Das heißt, das, was ich skizzierte, die schwierige Situation, die Ausgangslage, wird durch den Haushalt 2010 verschärft.

Ich muss es noch einmal deutlich sagen: Wir haben in Brandenburg ein Ausgabenproblem. Damit meine ich nicht, dass wir jetzt über 10 Milliarden Euro Haushaltsausgaben haben und 2019 dann höchstens 8 Milliarden Euro oder weniger, sondern ich meine einfach den Vergleich. Ich mache keine komplizierten Rechnungen, sondern da gibt es Statistiken. Brandenburg verzeichnet bei den Einnahmen etwa ein Drittel mehr pro Einwohner gegenüber den finanzschwachen Flächenländern, und bei den Ausgaben liegen wir deutlich darüber. Wir liegen mit 500 Euro mehr an der Spitze; die anderen haben 3 500 Euro. Nun kann man an dieser Stelle natürlich nicht erwarten, dass uns die anderen in einigen Jahren über den Finanzausgleich mehr Geld geben, weil wir ein Problemfall sind, und ein bisschen mehr ausgeben müssen. Warum haben wir einen Haushalt, bei dem erklärt wird, wofür man das alles mit diesen Randbedingungen nehmen kann? Warum null Konsolidierungsvorgaben und Sparbemühungen?

(Ness [SPD]: Machen Sie doch einmal Vorschläge!)

- Ich will Ihnen erklären, warum das so ist, Herr Ness.