Protocol of the Session on February 24, 2010

- in Ihrem schwarz-gelben

„in Berlin zwischen Union und FDP auf Bundesebene vereinbart ist, ist im Sinne der Menschen.“

Sie fanden das Ding zu diesem Zeitpunkt also noch richtig gut und sagten dann:

„Eine Änderung des Grundgesetzes lehnen wir Liberalen ab. Es ist nicht richtig, dass unsere Verfassung den Gesetzen angepasst wird.“

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Das ist gerade zwei Monate her. Ihr Landeschef, Herr Lanfermann, sagte am 01.02. dieses Jahres - diese Pressemitteilung ist auf Ihrem Server -:

„Baaskes Kritik an der von der Bundesregierung geplanten Neuorganisation der Aufgabenwahrnehmung der Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung von Arbeitslosen ist wenig hilfreich.“

Ich hatte gesagt, wir müssen das Grundgesetz ändern.

„Baaskes Vorschlag hat keine Chance auf Umsetzung. Letztlich ist das nur Politik auf dem Rücken der Arbeitslosen.“

Das hat Ihr Landeschef am 01.02. dieses Jahres gesagt - wie weiland Ulrich Junghanns 1989, als er die Mauer verteidigte. Verstehen Sie: Das ist genau das Gleiche!

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE)

Sie müssen doch zugeben: Sie liegen derzeit wie der kafkaeske Käfer auf dem Rücken, strampeln mit den Beinen und versuchen, irgendwie wieder hochzukommen. Aber das ist das falsche Thema für Sie.

(Zuruf von der FDP: Es ist schon anmaßend, dass ein Mi- nister sich traut, das zu sagen!)

- Ich finde diesen Antrag anmaßend. Das können wir auch noch einmal betrachten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben in der Begründung zu Ihrem heutigen Antrag geschrieben:

„Mit der von der Bundesregierung...“

(Zuruf des Abgeordneten Büttner [FDP])

- Herr Büttner, wenn Sie es in Ihren ersten Ansätzen richtiggestellt hätten, hätte ich dazu nichts gesagt. Aber Sie schreiben zum 7. Februar:

„Mit der von der Bundesregierung am 7. Februar dieses Jahres beschlossenen …“

Am 7. Februar hatte Frau Bundesministerin von der Leyen die Schwarzen, also CDU und CSU, Ministerpräsidenten bzw. deren Sozialminister und Arbeitsminister eingeladen. Man kann sich, wenn man die Zeitung aufschlägt, des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie sich als Partei schon gar nicht mehr in der Bundesregierung sehen. Meinen Sie das so? Ich weiß es nicht.

Ich will noch etwas zur Zahl 69 sagen, weil bei Ihnen vorhin anklang, als ob nicht klar sei, wie diese Anzahl zustande kommt und wie man so etwas beschließen könnte. Sie haben Rot-Grün vorgeworfen, dass sie es so gewollt hätten. Ich kann Ihnen nur sagen: An diesen Gesprächen haben CDU und CSU stets teilgenommen, und für Ihre Partei war es damals Dirk Niebel, der arbeitsmarktpolitische Sprecher, der die 69 selbst vorgetragen und mitgetragen hat. Also standen wir da nicht ganz allein.

Das, was heute hier als Thema auf dem Tisch liegt, ist wichtig. Es gehört in die Aktuelle Stunde. Aber ich finde es schon seltsam, dass Sie, die Sie ein ganzes Jahr lang mit einem steifen Bein und angezogener Handbremse dafür gesorgt haben, dass in diesem Land gebremst wurde, plötzlich wollen, dass Gas ge

geben wird. Das finde ich ziemlich profan und sehr merkwürdig.

Die Lösung lag vor einem Jahr schon auf dem Tisch. Olaf Scholz hat zusammen mit Beck und Rüttgers als zuständige Landesvertreter einen Kompromiss ausgehandelt. Ich weiß nicht, ob Scholz Rüttgers damals etwas dafür zahlen musste, dass er an den Gesprächen teilgenommen hat; das sei dahingestellt.

(Unmut bei der CDU)

Das Gespräch hat jedenfalls stattgefunden, und es wurde eine Lösung gefunden. Sie wurde dann, glaube ich, zwischen dem 17. und 19. März von Kauder und der CDU/CSU-Fraktion kassiert. Es wurde klargemacht, dass man die Grundgesetzänderung nicht haben wolle, weil man die Verfassung nicht noch einmal anfassen wolle, denn man habe sich gerade erst darauf verständigt gehabt, die Verfassung so zu belassen.

Sie sind über ein Jahr lang sehenden Auges in diesen Irrsinn gerast und wollen uns das jetzt anheften. Das wird nicht funktionieren! Ihre arbeitsmarktpolitische Achterbahnfahrt wird auch durch verschiedentliche Äußerungen Ihres Bundesvorsitzenden deutlich. Wer daherkommt und sagt: Arbeit muss sich lohnen, und dann folgert, dass Hartz-IV-Empfänger dementsprechend weniger bekommen, der hat die Zeitläufe und auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht verstanden.

(Zuruf von der CDU)

Frau Nonnemacher hat es eben klar gesagt: Das ist ein klarer Aufruf für die Einführung des Mindestlohns, aber nicht für Kürzungen im Hartz-IV-Bereich. Wer daherkommt und im Sinne einer Generalbeschuldigung sagt, die Hartz-IV-Empfänger sollten Gutscheine erhalten, weil sie nicht mit Geld umgehen könnten, den kann ich nur ermuntern, zu versuchen, eine Weile mit 359 Euro im Monat auszukommen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wem das gelingt, der kann mit Geld umgehen! Nur so und nicht andersherum wird ein Schuh daraus.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Zuruf von der CDU)

Wir haben ein gutes Jahr verplempert und sollten zusehen, dass wir nun schleunigst vorankommen; da haben Sie zum Teil Recht. Im Bundestag lag ein Antrag der SPD-Fraktion auf Verfassungsänderung vor. Es lag auch ein einfachgesetzlicher Antrag der SPD-Bundestagsfraktion auf Änderung des SGB II vor. Der wurde vor wenigen Wochen von CDU, CSU sowie der FDP abgelehnt. Der wurde abgelehnt; er lag dort schon vor! Man hätte die Anträge in die Ausschüsse geben und sagen können: Kommt Leute, lasst uns einmal darüber reden, dann sind wir schneller am Zuge! - Nein, er wurde abgelehnt. Das will ich hier in aller Deutlichkeit sagen.

Zum Thema Optionen: Herr Büttner, Sie sagen, wir sollten es den Landkreisen freistellen, ob sie optieren wollen oder nicht. Das kann gut sein, und das kann schlecht sein. Das liegt wie immer im Maß der Dinge. Ich zitiere wieder Herrn Büttner, und zwar auch aus der Sitzung vom 17.12.

(Dr. Woidke [SPD]: Daher kommt der Begriff „Büttner- Reden“! - Heiterkeit bei der SPD)

„Mit den überregionalen Kenntnissen der Bundesagentur für Arbeit über den Arbeitsmarkt einerseits und der Verbundenheit der Kommunen mit dem Problem der Menschen vor Ort andererseits kann die Betreuung der Langzeitarbeitslosen besser wahrgenommen werden als auf zentralistischem Wege von Nürnberg aus.“

Das ist ein klares Plädoyer Ihrerseits für die ARGEn und nicht für die Option. Noch einmal: Mit den überregionalen Kenntnissen der BA; das ist nun einmal bei der Option mit Sicherheit nicht gegeben, denn da ist die BA raus und die Kommune allein. Das haben Sie am 17.12. gesagt.

Ich sage: Der andere große Nachteil ist, dass es natürlich ein Einfallstor sein kann, die Arbeitsmarktpolitik zu regionalisieren - mit all den finanzpolitischen Problemen, die daranhängen. Das wäre eine Erfahrung, die wir in dieser Republik nicht zum ersten Mal machen. Das heißt doch, dass der Bund auf diese Art und Weise - quasi durch die Hintertür - versucht, Kosten auf die Länder und die Kommunen abzuwälzen. Das ist eine große Gefahr - bei all den Vorteilen, die ich darin sehe; Sie haben sie beschrieben. Ich will nicht unbedingt sagen, dass sie besser sind. Wir haben gerade erlebt, dass der Bund ein großer Unterstützer der Arbeitsmarktpolitik der Länder sein kann. Sie selbst haben sich im Ausschuss dafür interessiert, wie es denn mit dem § 16 e SGB II aussieht. Das ist ein beschäftigungspolitisches Programm des Bundes. Derzeit treten Bayern, Hessen, Baden-Württemberg an uns Ostländer heran und fragen uns, ob wir nicht das BMA - mittels Bundesratsinitiative oder wie auch immer - da zurechtweisen wollten, denn der § 16 e wurde gerade umgeschichtet vom Westen in den Osten. Im BMA hat man nämlich erkannt, dass dieses arbeitsmarktpolitische Programm - § 16 e - im Osten wesentlich wichtiger ist als in den Regionen, in denen eine geringe Arbeitslosigkeit herrscht. Das heißt, der Bund hat eine gute Arbeitsmarktpolitik in den Regionen, in denen es arbeitsmarktpolitisch schwierig wird, weil die Arbeitslosenzahlen hoch sind, schon öfter stark unterstützt.

Insofern kann ich nur davor warnen, die Arbeitsmarktpolitik leichtfertig zu kommunalisieren, ohne festgelegt zu haben, wie verhindert werden kann - am besten durch eine entsprechende Formulierung in der Verfassung -, dass das dauerhaft zulasten der Länder oder der Kommunen geht.

Ich habe in der vergangenen Woche mitbekommen, dass das Freitagsdate zwischen Frau von der Leyen, den Ländervertretern und der SPD ausgefallen ist. Das hat natürlich etwas damit zu tun, dass derzeit im Bund, insbesondere innerhalb der Regierungskoalition zwischen FDP und CDU, überhaupt nicht klar ist, wie man mit dem Thema Optionskommunen umgehen soll. Nachdem am 7. Februar ein Wording für dieses Treffen herausgegeben worden war - generelle Zulassung der Optionskommunen, aber mit Kontrolle des Bundes -, kam schon am 8. Februar aus Hessen und Nordrhein-Westfalen das Dementi mit dem Hinweis: So wollen wir das nicht! - Auch in diesen Ländern macht man sich nämlich zu Recht Sorgen, dass die Kommunalisierung das Einfallstor für die Verabschiedung des Bundes von den Kosten der Arbeitsmarktpolitik sein könnte. Insofern bin ich sehr gespannt, welche Vorschläge jetzt seitens der CDU und der FDP unterbreitet werden. Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben: Sie regieren im Bund und müssen einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Wir werden uns dann dazu verhalten.

Ich habe gesagt, dass mehr Optionen sowohl denkbar als auch wünschenswert sind. Aber es muss abgesichert sein, dass daraus in Zukunft keine Lasten für die Länder und die Kommunen entstehen. Wenn das geregelt wird, können wir uns vieles vorstellen. Ich würde mich freuen, wenn wir uns bald an einen Tisch setzen könnten, um darüber - auch in Berlin - zu verhandeln. - Vielen herzlichen Dank und noch einen schönen Vormittag!

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Die Abgeordnete Lehmann spricht noch einmal für die SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Jede Diskussion, die uns bei der Lösung dieser Frage weiterhilft, ist hilfreich. Ob der Antrag den richtigen Adressaten gefunden hat, ist eine andere Frage. Herr Büttner hat unter anderem gesagt, so sei das eben, wenn Rot-Grün regiere. Als Rot-Grün noch regierte, wussten wir wenigstens, wer Regierung und wer Opposition ist; das war ganz klar geregelt. Heute weiß man nicht: Gibt es eine Opposition innerhalb der Regierung? Ist es eine oppositionelle Regierung? Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass wir gar keine Regierung haben und alle nur noch Opposition sind.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie GRÜNE/B90)

Liebe Kollegen von der FDP, mit diesem Antrag rennen Sie bei uns nun wirklich keine geschlossenen Türen ein.

(Senftleben [CDU]: Aber in Berlin sind auch Türen, und die sind zu!)

In der SPD ist nicht erst seit Anfang letzten Jahres, sondern im Grunde genommen schon immer klar, was wir in dieser Frage wollen - schon immer, Herr Senftleben. Die Frage ist nur: Wie sieht es die Koalition?

Unsere Forderung ist klar: Die CDU soll sich endlich zu dem bekennen, was sie eigentlich möchte. Im vorigen Jahr waren wir schon so weit, die Verfassung zu ändern und damit die ARGEn zu sanktionieren. Zwischenzeitlich kamen auch Sie zu der Erkenntnis, dass das richtig sei; sie wollten auch die Verfassungsänderung. Dann wurden dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Steinmeier Gespräche angeboten; der Gesprächstermin wurde jedoch wieder zurückgezogen. Dann hieß es, Ministerin von der Leyen dürfe die Gespräche führen. Aber auch die Ministerin wurde zurückgezogen. Die neueste Information: Nur noch Herr Kauder darf zu diesem Thema sprechen. Was soll man davon halten?

Frau Kollegin Nonnemacher, wir versprechen Ihnen, an dieser Stelle keinen Grabenkampf zu eröffnen. Unsere Forderungen sind wirklich bescheiden; bei denen werden wir natürlich bleiben. Es geht um eine begrenzte Ausweitung der Optionskommunen. Ich finde, dass ist eine ganz bescheidene Forderung.

Ich bitte Sie alle sehr herzlich, § 6 c SGB II mit der Überschrift „Wirkungsforschung zur Experimentierklausel“ noch einmal

zu lesen. Dort ist ganz klar formuliert, dass untersucht werden soll, wie die Optionskommunen im Vergleich zu den ARGEn ihre Aufgaben wahrgenommen haben. Schauen Sie sich das an. Ich will dazu keine Ausführungen machen; so viel Zeit haben wir nicht. Jedenfalls kommen die ARGEn richtig gut dabei weg. Das Fazit zu den Arbeitsgemeinschaften lautet nämlich: lokale Handlungsautonomie kombiniert mit zentraler Zielsteuerung. Das entspricht genau dem, was Sie gesagt haben, Herr Büttner. Die Aussage lautet: Dieser Weg ist erfolgreich, wenn es darum geht, Menschen zur Arbeit zu aktivieren. Die Arbeitsgemeinschaften haben das bisher sehr gut geleistet.

Meine Damen und Herren! Wir stehen bereit. Wir warten sehnlichst auf das Angebot der CDU. An uns hat es in der Vergangenheit nicht gelegen, liegt es in der Gegenwart nicht und wird es auch in Zukunft nicht liegen. - Danke schön.