Es geht eben nicht darum, standardisiertes Wissen mit Multiple Choice dicht gedrängt abzufragen, Schmalspurbildung zu fördern, den Blick über den Tellerrand zu behindern und gleichzeitig den Zeit- und Leistungsdruck immer weiter zu steigern. Was wir nicht wollen und nicht brauchen, sind Lernfabriken und Bildungsdummys.
Was wir stattdessen im Bildungsbereich brauchen und wollen - und hier greife ich das Zitat von Heraklit auf -, sind im positiven Sinne Brandstifter.
Bildung ist das Entzünden von Flammen. Die Aufgabe der Schulen, Hochschulen und auch der Politik wäre es, diese Flammen anzufachen und sie immer wieder zu befeuern. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, waren allerdings im Bildungsbereich in Brandenburg in den letzten Jahren Feuerlöscher.
Sie haben die Chancen für ein loderndes Bildungsfeuer immer weiter reduziert. Genau aus diesem Grund müssen wir jetzt umsteuern.
Mehr Qualität für Bildung heißt im Hochschulbereich aus unserer Sicht zunächst einmal eine wirklich qualitativ hochwertige Lehre. Hier ist es ähnlich wie in der Schule. Weniger Studierende pro Professor verbessern die Qualität. Was die sogenannte Betreuungsrelation angeht, war Brandenburg in den letzten Jahren schon nicht besonders gut. Und dann wurden unsere Hochschulen in den letzten zwei Jahren von der Entwicklung der Studierendenzahlen geradezu überrollt.
Es ist wirklich erfreulich, dass in den letzten Semestern so viele junge Menschen in Brandenburg ein Studium begonnen haben. Allerdings sind die Veranstaltungen, Seminare und Hörsäle dadurch dermaßen voll geworden, dass man kaum von einer qualitativ hochwertigen Lehre sprechen kann. Der Ansturm mag nicht auf alle Studiengänge zutreffen, aber in der Tendenz hat sich die Betreuungsrelation weiter verschlechtert.
Wie soll Qualität der Lehre gewährleistet werden, wenn ein Professor pro Studierenden durchschnittlich zwei Minuten Betreuungszeit hat? Wie soll die Qualität gewährleistet werden, wenn sich in einem Seminarraum statt der erlaubten 30 Menschen 50 Menschen drängen? Der erste und wichtigste Schritt für ein Mehr an Bildungsqualität wäre daher ein Mehr an Lehrpersonal.
Entscheidend ist aber nicht nur die Quantität des Lehrpersonals, sondern auch dessen Qualität. Wir als Linke haben vorgeschlagen, die Lehrbefähigung wesentlich stärker bei der Neuberufung von Professoren zu berücksichtigen und jede Professur auch stärker hinsichtlich der Lehrbefähigung zu evaluieren. Ein erster richtiger Schritt war die Gründung des Hochschuldidaktikzentrums. Hier haben Sie glücklicherweise einen Vorschlag der Linken aufgegriffen.
Ein Kernpunkt der Qualitätsentwicklung aus unserer Sicht wäre eine zwingende und umfassende Beteiligung der Studierenden an der Evaluation. Ein Mehr an Beteiligung derjenigen, die von Lehre betroffen sind, würde auch ein Mehr an Bildungsqualität erzeugen.
Ein großes Hemmnis für eine Verbesserung der Lehrqualität ist die Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland. Unter dem Label von „Bologna“ ist hier eine Studienreform in Gang gesetzt worden, die teilweise katastrophale Auswirkungen hat: mehr Druck im Studium, weniger Zeit und Freiheiten zum Blick über den Tellerrand, verschulteres Studium und mehr Restriktionen. Man kann viel drum herum reden, aber die im Hochschulgesetz eröffnete Möglichkeit der zwangsweisen Exmatrikulation ist ein unsoziales Instrument, wurde im Bildungsprotest zu Recht kritisiert und gehört abgeschafft.
Meine Damen und Herren, Bildungshürden sind nicht nur unsozial. Bildungshürden mindern die Qualität der Lehre. Um diese Hürden auch im sozialen Bereich zu verringern, schlägt die Linke unter anderem ein elternunabhängiges BAföG vor. Ein Verzicht auf Bildungshürden und weniger soziale Selektivität im Bildungsbereich steigern die Bildungsqualität.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Politik der Koalition der vergangenen fünf Jahre hat von der Kita über die Schule bis hin zur Hochschule mehr Bildungsqualität verhindert. Aber wenn das Land, wenn unsere jungen Menschen in den nächsten Jahren etwas brauchen, dann mehr Qualität. Aus diesem Grund müssen wir umsteuern. Wenn wir lodernde Bildungsflammen in unserem Land haben wollen, brauchen wir eine grundsätzlich andere Politik. Das ist von Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und SPD, leider nicht zu erwarten. Aber glücklicherweise können die Wählerinnen und Wähler im September umsteuern. - Vielen Dank.
Herr Präsident, gestatten Sie mir außerhalb der Reihe eine Danksagung. Aus unserer Fraktion verabschieden sich sechs Kolleginnen und Kollegen: Herr Hammer, Herr Dr. Trunschke...
Gut. Ich dachte, das sei mit unserem Parlamentarischen Geschäftsführer abgesprochen gewesen. Entschuldigen Sie bitte!
Nein, so etwas ist nicht abgesprochen gewesen. Die Verabschiedung der ausscheidenden Abgeordneten werden wir noch gesondert durchführen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stehe jetzt vor einem kleinen Zielkonflikt: Einerseits habe ich mich über die Rede von Peer Jürgens, den ich in diesem Haus als fachlich fundiert kennen gelernt habe, ein bisschen geärgert. Auf der anderen Seite ist es nicht sehr höflich, jemanden an seinem Geburtstag über Gebühr zu kritisieren. Deswegen versuche ich es mit einem erklärenden Ansatz.
Herr Jürgens, Sie haben wiederholt die „Zwangsexmatrikulation“ kritisiert. Dieses Wort klingt so, als ob Studierende von einer grausamen Wissenschaftsverwaltung am Beenden ihres Studiums gehindert würden. Das ist definitiv Quatsch.
Man muss es noch einmal sagen: Wir haben in Brandenburg - im Gegensatz zu vielen anderen Ländern - keine Langzeitstudiengebühren. Es werden Studiengebühren weder für das Regelstudium noch für ein Langzeitstudium, auch nicht nach dem 25. Semester, erhoben. Dafür hat sich die Sozialdemokratie immer eingesetzt. Wir sind für die Studiengebührenfreiheit bis zum Abschluss des ersten Masters.
Wir haben eine sehr liberale Regelung in unserem Hochschulgesetz. Darin heißt es nicht, dass nach neun oder zwölf Semestern „der Hammer fällt“. Die Universitäten können vielmehr in ihren Prüfungsordnungen regeln, wer, zum Beispiel nach dem 50. Hochschulsemester, die Universität verlassen muss. Nach Gesprächen, die mit Vertretern aller Hochschulen geführt wurden, ist klar, dass niemand, der noch Leistungsscheine zu erbringen hat und der auch willig ist, zwangsweise vor die Tür gesetzt wird. Aber es ist auch klar, dass es Leute gibt, die in erster Linie die Vergünstigungen nutzen, die man als Statusstudent hat. Dazu gehört das Semesterticket, aber auch anderes. Die Universität muss ein Instrument haben, um diesen Studierenden irgendwann sagen zu können: Entweder machst
du in absehbarer Zeit deinen Abschluss, oder wir kündigen den Vertrag mit dir. Das ist nach meinem Wissen in Brandenburg noch nicht ein einziges Mal passiert; vielleicht haben Sie aber eine andere Erkenntnis.
Sie haben hier den Eindruck erweckt, als ob alle beteiligten Uni-Leitungen und das Wissenschaftsministerium nur hinterher seien, um fleißig Studierenden die Möglichkeit zu verbauen, doch noch zu einem Studienabschluss zu kommen. Das ist einfach nur populistisch von Ihnen. Ich möchte es in diesem Haus noch einmal sagen: Niemandem, der wirklich seinen Abschluss machen will, droht Gefahr. Wir haben eines der familien- und frauenfreundlichsten Hochschulgesetze geschaffen, und das mit großer Unterstützung des Wissenschaftsministeriums. Unser Hochschulgesetz ist gerade in diesem Bereich äußerst attraktiv.
Ich füge hinzu: Wir argumentieren nicht auf der Grundlage eines Defizitansatzes, etwa nach dem Motto: „Bayern ist reich, dafür ist es an unseren Hochschulen netter“, sondern wir haben eine ganz gezielte Vorstellung davon, wie sich die Berufs- und Arbeitswelt in den nächsten Jahren entwickeln wird. Das Bedürfnis, während des Studiums bzw. am Anfang der wissenschaftlichen Karriere Familie und Beruf vereinbaren zu können, wird steigen. Das ist eine Entwicklung an unseren Hochschulen, die wir aktiv unterstützen. Darüber haben Sie, Herr Jürgens, leider überhaupt nichts gesagt. Das finde ich sehr schade. Alle Indikatoren in Brandenburg sind positiv. In allen Bereichen der Hochschulen sind mehr Frauen als in früheren Jahren tätig. Wir haben ein sehr gutes System der Kinderbetreuung an allen Hochschulen unseres Landes. Ich finde, das ist durchaus eine Erwähnung wert. Auch dass im Hochschulgesetz die Initiative der Studentenschaft für eine landesweite Studierendenvertretung aufgegriffen wurde, war Ihnen keine Erwähnung wert.
Die Hochschulpolitik dieser Großen Koalition kann sich durchaus sehen lassen. Das hat sich auch in der Debatte über das Brandenburgische Hochschulgesetz gezeigt, die wir zusammen mit den Studierenden geführt haben. In unser Gesetz, dem ein ausführliches parlamentarisches Beratungsverfahren voranging, haben wir viele Anregungen aufgenommen. Auch darüber kann man froh sein.
Ich freue mich, dass sich die jetzige Studierendengeneration aktiv in die Hochschulpolitik einmischt. Wir haben schon gestern die Grundsatzdiskussion geführt, ob eine Demonstration vor dem Landtag Zeichen für die Krise des Systems sei. Wir Sozialdemokraten freuen uns über politisches Engagement. Unsere Juso-Hochschulgruppe an der Universität Potsdam wird zur nächsten Wahl mit 103 Kandidaten antreten. Das ist für mich ein deutliches Zeichen dafür, dass sozialdemokratische Hochschulpolitik vor Ort, an den Hochschulen, durchaus angenommen wird, das heißt attraktiv ist. Wir brauchen uns da nicht zu verstecken.
Herr Jürgens, vielleicht ist es dem Wahlkampf geschuldet, dass Sie noch in das Bundesthema BAföG eingestiegen sind. Ich denke, dass sich insoweit in den vergangenen Jahren - auch mit sozialdemokratischer Unterstützung in der Bundesregierung sehr viel getan hat. Wir sind froh, dass wir sowohl die Höhe als
auch den Bezieherkreis ausweiten konnten. Ich würde mich freuen, wenn wir nach der Wahl wieder zu einer sachlichen Debatte über Hochschulpolitik kommen könnten. Brandenburg hat auch auf diesem Gebiet in den vergangenen 20 Jahren eine verdammt gute Aufbauleistung vollbracht. Das, was wir jetzt in Familien- und Frauenfreundlichkeit investieren, kann sich im Bundesvergleich durchaus sehen lassen. - Herzlichen Dank.
Ich begrüße als weitere Besuchergruppe eine 6. Klasse der Grundschule Schwarzheide. Herzlich willkommen und einen spannenden Vormittag für euch!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der Linkspartei, nachdem ich Ihre Redebeiträge gehört habe, komme ich zu dem Schluss, dass Sie entweder die zu Ende gehende Legislaturperiode völlig verschlafen haben und sich weigern, unsere Aktivitäten zur Kenntnis zu nehmen, oder dass Sie sehr wohl wissen, was wir erreicht haben, aber hier nur draufhauen und Wahlkampf machen wollen.
Wenn ich das Thema der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde lese, dann frage ich mich allen Ernstes: Wohin wollen Sie denn umsteuern? Sie steuern überhaupt nicht um, sondern reiten auf einer Welle des Opportunismus. Jede Demo, auch wenn sich die jeweils erhobenen Forderungen widersprechen, ist Ihnen Anlass zu sagen, es sei etwas nicht in Ordnung.
Herr Jürgens, auch wenn Sie heute Geburtstag haben: Ich habe den Forderungskatalog der Studierendenschaft der Fachhochschule Potsdam gelesen, auch die handgeschriebenen Ergänzungen. Da stehen viele tolle, vernünftige Sachen drin, zum Beispiel Verbesserung der Qualität der Lehre etc. Sie sagen nun, dass Sie sich hinter diese Forderungen der Studenten stellen. Ich nenne nur ein Beispiel aus dem offiziellen, nicht dem handgeschriebenen Forderungskatalog. Es heißt dort, jeder - jeder! -, der an der Hochschule tätig ist, solle einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten. - Dann wären die Hochschulen zu. Das hieße für diejenigen, die heute ausgebildet werden, dass sich in den nächsten Jahren nur dann ein Chance ergäbe, wenn ein anderer in Rente ginge. Ganz im Ernst: Bei allem Opportunismus sollte man so eine Forderung doch nun wirklich nicht unterstützen.