Protocol of the Session on July 2, 2009

Verehrte Kollegin, in Ihrem Antrag formulieren Sie: Der Land

tag fordert das Land und die Kommunen auf, Ausschreibungen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Richtig!)

auf der Grundlage der gültigen allgemeinen Tarifverträge vorzunehmen.

Wir haben die Allgemeinverbindlichkeit,

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Ja!)

und wir haben die Entsenderichtlinie, die in Kürze Gültigkeit erhält. Sagen Sie mir: Haben Sie Zweifel, dass sich Kommunen oder das Land an diese gesetzlichen Vorgaben halten werden? Ansonsten verstehe ich Ihren Antrag nicht.

Zweifel habe ich nicht. Wir werden an den ganz entscheidenden Stellen genau hinsehen, was da passiert. Es wird ganz deutlich, dass die Verpflichtung durch diesen Antrag auferlegt wird. Sie haben selber gesagt: „demnächst“. „Demnächst“ ist noch nicht „ab sofort“.

(Jürgens [DIE LINKE]: Allgemeinverbindlichkeit!)

- Ja, ist gut. Wir sind für diesen Mindestlohn. Bis 7,50 Euro haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Sie haben die Zahlen genannt. Da sind wir noch lange nicht. Es ist ganz deutlich, dass wir an der Seite dieser Branchen stehen und ihnen dabei behilflich sind, in dieser Auseinanderzusetzung auf den richtigen Weg zu kommen, sodass hier vernünftige, existenzsichernde Einkommen erzielt werden können. Das ist unser gemeinsames Ziel, gar keine Frage. Wer voll arbeitet, soll auch davon leben können. Die Bereitschaft des Koalitionspartners, diesen Antrag mitzutragen, ist nicht ganz einfach. Sie haben es deutlich dargestellt. Trotzdem ist es richtig, dass wir das hier verdeutlichen.

Die Branche wurde in das Entsendegesetz übernommen. Damit wurden allgemein verbindliche Mindestlöhne vereinbart. Aber sie sind an vielen Stellen immer noch nicht Realität. Die Arbeitgeber konnten sich nur dazu entschließen, mit der Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst einen Tarifvertrag abzuschließen, der zwar einen höheren Tariflohn vorsieht, dafür aber alle Zuschläge kassiert. Dagegen hat ver.di Einspruch erhoben. Es ist ungewiss, wann dieser Mindestlohn im Wachund Sicherheitsgewerbe kommen wird.

Es ist richtig, dass wir diesen Antrag hier eingebracht haben. Ich hoffe, dass wir ihn mit breiter Mehrheit miteinander verabschieden werden. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Der Abgeordneter Claus spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Es ist eine Schande, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wach- und Sicherheitsgewerbes ausgebeutet werden.

Jüngste Veröffentlichungen sprechen von Stundenlöhnen ab 4,20 Euro, teilweise lediglich von 3,20 Euro. Bei einer 40-Stunden-Woche entspricht das einem Monatsverdienst von 550 Euro und bei einer 70-Stunden-Woche lediglich von 936 Euro brutto auf dem Lohnzettel. Kommentieren muss man diese Zahlen eigentlich nicht weiter.

Ein besonderes Problem ist das Lohndumping bei der öffentlichen Ausschreibung von Objektschutzaufgaben. Die Vergabe von Aufträgen an den billigsten Anbieter ist grundsätzlich problematisch. Verstärkt wird dies durch oft unnötig schwammige Formulierungen, Qualitätsanforderungen bei Ausschreibungen im Dienstleistungsbereich. Da ist zum Beispiel von geeignetem Personal oder ausreichender Qualifikation zu lesen. Das sind Worthülsen par excellence.

Anbieter, die ihre Aufgaben ernst nehmen und geeignetes Personal stellen können, haben bei solchen Ausschreibungen häufig keine Chance und müssen Anbietern mit überaus zweifelhaften Eignungen das Feld überlassen. Im Gegensatz zu anderen Branchen waren es im Wach- und Sicherheitsgewerbe daher gerade die Arbeitgeber, die einen Mindestlohn wollten. Deswegen forderte der Bundesverband der Deutschen Wachund Sicherheitsunternehmen schon seit langem, die von ihm vertretene Branche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufzunehmen, was auch geschehen ist, wie die Vorredner sagten.

Eine vernünftige Bezahlung der Wachleute ist für die Sicherheit der Kunden von entscheidender Bedeutung. Angesichts des Lohndumpings sind leider immer noch viele der Ansicht, die Beauftragung eines Wachdienstes würde automatisch auch die Sicherheit erhöhen. Diese Annahme ist jedoch eher zweifelhaft, wenn anstelle qualifizierter, angemessen entlohnter Wachleute ungeschultes Personal eingekauft wird, dessen Lohn trotz exorbitanter Arbeitszeiten - in manchen Fällen 300 Monatsstunden und mehr - lediglich auf Hartz-IV-Niveau liegt.

Insofern klingt der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen recht vernünftig. Betrachtet man allerdings den Mindestlohntarifvertrag, auf den sich die Koalition bezieht, sieht das Ganze doch recht nüchtern aus. Dieser sieht am unteren Ende, sprich: bei einer einfachen Objektschutzbewachung je nach Region einen Stundenlohn zwischen 6 Euro und 8,22 Euro vor. Das entspricht bei einer 60-Stunden-Woche, die im Wachgewerbe keineswegs unüblich ist, einem Monatslohn zwischen 1 548 Euro und 2 146 Euro - brutto allerdings.

Sehr geehrte Damen und Herren von SPD und CDU, das hätten Sie schon in Ihren Antrag hineinschreiben sollen, damit es nicht so aussieht, als ob Sie den Mitarbeitern des Wachgewerbes zu tollen Löhnen verhelfen wollten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Minister Junghanns spricht für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Tarifliche Mindestlöhne, Allgemeinverbindlichkeitserklä

rungen, Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz unterstütze ich nachdrücklich.

(Zuruf: Ja!)

Ich sage das auch vor dem Hintergrund der gerade geführten Diskussion über Mindestlöhne. Die Debatte hier ist ja ein bisschen abgeglitten.

(Dr. Klocksin [SPD]: Abgeglitten!)

- Genau. Man muss einmal sagen: Mit welchem Recht wird denn eigentlich die Arbeit, die die Branche geleistet hat, sich gegenseitig die Karten zu legen und zu sagen, was für die Branche richtig ist und was für die Branche falsch ist, mit der Geringschätzung bedacht, die da lautet: „Es ist nicht der im Parteiprogramm festgelegte Mindestlohn von 7,50 Euro oder 10 Euro erreicht?“ Ich setze vor allen Dingen mit dem Blick auf die Verhältnisse im Land Brandenburg darauf, dass der richtige Weg in diesem ohnehin schwierigen System - nicht durch eine einseitige parteipolitische Festlegung, sondern durch das Miteinander der Partner der Branche gefunden werden kann.

Deswegen ist es zumindest nicht aufrichtig, wenn manch einer erklärt, die 7,50 Euro brauche man, weil man damit auskömmlich leben könne. Jeder weiß, dass, ob jemand zum Amt geht oder nicht, überhaupt nicht zuvorderst etwas mit dem Lohn zu tun hat, sondern beispielsweise mit der familiären Situation. Jemand, der in einer Familie allein etwas erwirbt, also berufstätig ist, und drei Kinder hat, muss deshalb auch zum Amt gehen.

Das halte ich für eine richtige Entwicklung. Ich halte es auch für richtig, die Bedürftigkeit mehr auf die familiäre Situation abzustellen, als zu versuchen, das in das Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis „hineinzudoktern“.

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

- Das ist nicht aufrichtig, Herr Görke, was Sie sagen. Trotzdem ist es doch ein hohes Gut in Deutschland, auch in der Welt, dass der Arbeitsvertrag zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, zwischen Können und Vermögen zustandekommt. Deshalb unterstütze ich den Weg der tariflichen Findung und der Allgemeinverbindlichkeitserklärung und der Aufnahme in das Entsendegesetz, aber ich unterstütze keinen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn.

(Zuruf: Schade!)

Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass ich jüngst eine Erfahrung gemacht habe. Die letzte Vollerhebung bei der Post hat ergeben, dass über 19 000 Arbeitsplätze im Zusammenhang mit der Festlegung von den 9,80-Euro-Löhnen verlorengegangen sind, und zwar nicht etwa im Niedriglohnbereich oder im Niedrigstlohnbereich, nein. Das ist auch eine Wirkung, die wir in dieser Systematik zu verarbeiten haben.

Aber wir bleiben hier. Deshalb sage ich: Gut, dieser Antrag unterstützt das, was wir wollen, zeigt auch den Weg, der weitergegangen werden muss, der vor allen Dingen auch die Branche zu Wort kommen lässt und nicht nur Parteipolitisches. Deshalb sage ich auch, Herr Görke: Weil sich in Deutschland nicht alles automatisch durchsetzt, ist es durchaus angezeigt, wenn neue gesetzliche

Regelungen auf dem Markt sind, dass man die parlamentarisch noch einmal bekräftigt und damit den Verantwortlichen in den Kommunalvertretungen den Weg weist, sich schnellstmöglich, die nächste Ausschreibung im Auge habend, danach zu richten. Es geht um Qualifizierung und angemessene Entlohnung. Das möchte ich im Land Brandenburg. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Debatte zum Tagesordnungspunkt 15. Ich stelle den Antrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 4/7693 zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer ganzen Reihe von Enthaltungen ist dem Antrag zugestimmt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 15 und rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Führerscheinproblem bei den Freiwilligen Feuerwehren und beim Katastrophenschutz lösen!

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 4/7684

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/7748 vor.

Der Abgeordnete Schippel eröffnet die Debatte für die SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Führerscheinprobleme bei den freiwilligen Feuerwehren und beim Katastrophenschutz zu lösen ist kein Thema, bei dem man angesichts der demografischen Entwicklung in der Prignitz oder in der Lausitz von Geschenken seitens des Landes reden kann, auch nicht, obwohl die unmittelbare Verantwortlichkeit bei den Trägern des Brandschutzes auf kommunaler Ebene liegt. Hier etwas zu tun und unterstützend Hilfe zu leisten, ist notwendig, um den Sicherheitsbedürfnissen der Brandenburgerinnen und Brandenburger Rechnung zu tragen.

Nachdem die Bemühungen des Bundes auf europäischer Ebene um eine Ausnahmeregelung erfolglos blieben, besteht hier dringender Handlungsbedarf. Die Bundesregierung und die Länder - hier die Innenministerkonferenz - konnten sich bis dato nicht auf ein gemeinsames Verfahren einigen. Insofern ist die Forderung der Koalition nach einer eigenen Brandenburger Lösung folgerichtig. Folgerichtig ist bei einer Landeslösung aber auch, dass es dazu der Partner auf kommunaler Ebene - also den Trägern des Brandschutzes - bedarf und dass eine solche Lösung sowohl aus juristischer als auch aus fachlicher Sicht längerfristig tragbar sein muss.

Das heißt, dass es einige Fragen zu klären gilt. Diese Fragen hat die Linke komplett in ihren Entschließungsantrag über

nommen. Hier, sehr geehrter Herr Scharfenberg, spätestens hier, hätten Sie feststellen können, dass es an der Stelle eine völlige Interessengleichheit gibt. Sie hätten Ihre Überlegungen zu Ihrem Entschließungsantrag ad acta legen können, eigentlich ad acta legen müssen.

(Zuruf von der CDU: Genau!)