Protocol of the Session on July 2, 2009

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde wahrlich schon sehr, sehr viel über die Arbeit des Petitionsausschusses berichtet: welches Ziel der Petitionsausschuss verfolgt und wie wichtig der Petitionsausschuss ist.

Ich persönlich habe an diesen Ausschusssitzungen immer sehr gern teilgenommen; denn im Gegensatz zu manch anderen Ausschüssen fand hier wirklich eine parteiübergreifende Zusammenarbeit statt. Es gab keine Diffamierungen und dergleichen. Ich möchte mich bei allen Ausschussmitgliedern diesbezüglich recht herzlich bedanken.

(Beifall bei der DVU)

Die Kollegin Hartfelder spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist meine letzte Rede nach 15 Jahren Mitgliedschaft in diesem Parlament. Siebeneinhalb Jahre davon war ich im Petitionsausschuss. Es soll erst einmal jemand zeigen, dass er so viel Arbeit, wie da zu leisten war, geschafft hat.

Auch ich danke den Mitarbeitern unter Herrn Korte ganz herzlich für die Hilfestellung. Ich kann jedem Parlamentarier nur raten, einmal Petitionsausschuss im Verborgenen zu machen, weil man dann unheimlich gut Gesetze kennenlernt, weil man unheimlich gut beraten wird und erkennt, wie blöd Gesetze manchmal sind. Am Ende - das möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben - stößt man manchmal an Grenzen, an menschliche Grenzen und erkennt, man kann den Bürgern, die zu uns kom

men, einfach nicht helfen, obwohl man sich aus rationaler Sicht sagt, hier müsste etwas passieren; aber unsere Gesetze sagen, dass das nicht möglich ist. Dennoch ist es gut, dass es manchmal im Einzelfall nicht geht. Trotzdem tut das oft weh.

Ich bedanke mich bei Ihnen, vor allem bei denen, die 15 Jahre mit dabei waren, und denen, die bis heute hier sind. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit und dem einen mehr und dem anderen weniger Wahlerfolg im September.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und SPD)

Das können Sie sicher verstehen.

Ich möchte mich in einen „Unruhestand“, wie mir heute ein Kollege sagte, verabschieden. Wie gesagt: Ihnen alles Gute, auf Wiedersehen!

(Beifall bei CDU und SPD sowie vereinzelt bei der Frak- tion DIE LINKE)

Da die Landesregierung Redeverzicht angekündigt hat, sind wir am Ende der Debatte, die ich aber nicht schließe, ohne mich den bereits ausgesprochenen Danksagungen gegenüber dem Ausschuss anzuschließen. Das Präsidium hat ja seine Dankbarkeit bereits dadurch ausgedrückt, dass es Ihnen genehmigt hat, in der Sommerpause weiterzutagen.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, Sie haben damit die Vorlage zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Folgen einer Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG für Brandenburg

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Infrastruktur und Raumordnung

Drucksache 4/7678

Die Abgeordnete Tack eröffnet für die Linksfraktion die Debatte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich will mich bei Ihnen dafür bedanken, dass es uns vor einem Jahr gelungen ist, einen Antrag der Fraktion DIE LINKE in den Infrastrukturausschuss zu überweisen. Er hat jetzt eine Verweildauer von einem Jahr.

(Dr. Klocksin [SPD]: Was will man mehr!)

- Was will man mehr, genau! - Er ist mit einer Beschlussempfehlung, die Ihnen heute zur Abstimmung vorliegt, wieder herausgekommen.

Es ging darum, dass sich die Landesregierung mit den Folgen einer Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG für die Region Berlin-Brandenburg auseinandersetzt, uns informiert und dass wir gemeinsam Schlussfolgerungen daraus ziehen können.

Wie gesagt, dieser Antrag lag ein Jahr im Ausschuss. Wir haben uns entschieden, ihn zum Ende der Legislaturperiode herauszuholen, wieder einzubringen und zu einer Beschlussfassung zu führen. Sie können der Beschlussempfehlung ganz leicht entnehmen, dass die Mehrheit diesen Antrag abgelehnt hat. Dazu will ich Ihnen aber versprechen: Da dieser Antrag nichts von der Aktualität verloren hat, wird sich die Fraktion DIE LINKE in der nächsten Legislaturperiode zwangsläufig mit der Verkehrspolitik des Bundes und mit der Zukunft der Bahn AG in der Bundesrepublik befassen.

Wir haben in diesem Jahr zur Kenntnis genommen, dass sehr viel in der Bahnpolitik des Bundes passiert ist. Es wurde eine Teilprivatisierung von 24,9 % beschlossen. Aufgrund der Situation infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise hat man glücklicherweise davon Abstand genommen, mit dem Unternehmen an die Börse zu gehen. Denn wir würden mit 24,9 % im Regionalverkehr in Mithaftung genommen. Aber darüber hinaus ist noch viel mehr passiert, was sich viele niemals hatten vorstellen können. Der Vorsitzende des Bahnvorstandes Mehdorn musste zurücktreten - und dazu gleich noch fast der ganze Bahnvorstand. Ich glaube, es war notwendig und ein gutes Zeichen, dass das passiert ist, dass es neue Personalien für einen Neustart in der Bahnpolitik gibt.

Leider - deshalb meine ich, dass wir in der nächsten Legislaturperiode darauf zurückkommen - hat aber der neue Vorstandsvorsitzende schon kundgetan, dass das Thema Börsengang nicht vom Tisch ist. Ganz aktuell hat gestern der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages in einer öffentlichen Anhörung Meinungen von Experten eingeholt, die sich damit beschäftigt haben, im Falle einer Teilprivatisierung ein Eisenbahninfrastrukturgesetz zu erstellen und damit die Zuständigkeiten für die Infrastruktur zu regeln.

Das Thema ist also ganz aktuell, und wir kommen darauf zurück. Deshalb ist es heute an Ihnen, über die Beschlussempfehlung abzustimmen.

Jetzt sage ich Ihnen ganz ehrlich, warum ich eigentlich noch einmal geredet habe; denn dieses Thema hätte ja gut zur Verhandlungsmasse „Redeverzicht“ gepasst. Aber es war mir ein Bedürfnis, zu diesem Tagesordnungspunkt zu sprechen, weil ich dadurch meinem Kollegen Dr. Klocksin die Chance gebe, heute seine letzte Rede hier im Parlament zu halten.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Er wird sich sicherlich auch dafür bedanken, dass er aufgrund der fleißigen Arbeit der Fraktion DIE LINKE mit so vielen Anträgen zur Verkehrspolitik und zu anderen Politikfeldern die

Chance erhalten hat, uns mit sehr vielen Reden zu erfreuen. Deshalb wollte ich ihm heute noch einmal diese Gelegenheit geben. So großzügig sind wir! - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE und vereinzelt bei der SPD)

Dr. Klocksin nutzt seine Chance. Er spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Tack, diese Charme-Offensive zielt glatt auf meine Sprachlosigkeit ab, und ich bin in der Tat geradezu gerührt.

Ich freue mich im Übrigen - so weit soll es dann doch noch inhaltlich sein -, dass Sie angekündigt haben, sich auch in der nächsten Wahlperiode mit der Verkehrspolitik auseinandersetzen zu wollen. Auch dann, wenn es die Bahn sein soll, ist es ein Gewinn. Unser Problem in den Beratungen in der Vergangenheit war, dass wir vielleicht gar nicht imstande waren, die Dimension des Antrags zu überblicken.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: Oh, oh!)

Wenn man mal - Sie haben ja den zeitlichen Kontext hergestellt - die Kausalität wirken lässt, dann ist das Verfahren zu Ihrem Antrag, den die Koalition ja in gemeinsamer Aktion in den Ausschuss überwiesen hatte - eine Seltenheit; Sie haben das richtig dargestellt -, ein kleines Stückchen brandenburgischer Parlamentsgeschichte und zeigt einen Hauch von Liberalität auch bei unserem Koalitionspartner.

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

An dieser Stelle ist es doch gelungen, über die Zeit so intensive Beratungen, möglicherweise auch auf ganz anderen Ebenen, vorzunehmen, sodass - wie Sie schon richtig beschrieben haben - der Bahnvorstand ausgewechselt werden musste, die Privatisierung heute zumindest vom Tisch zu sein scheint. Aber machen Sie weiter, bleiben Sie dran!

Ich darf Ihnen für die SPD sagen: In Brandenburg und im Land insgesamt werden die Bahn und ihre Funktion immer von zentraler Bedeutung sein. Mobilität und Erreichbarkeit werden von uns als Herausforderung der Daseinsvorsorge begriffen und auch umgesetzt werden müssen. Das setzt voraus, dass wir eine Bahn haben, die arbeitsfähig ist und die nicht dem Kapitalinteresse unterworfen ist, nicht auf Rendite orientiert ist. Der erste Kollateralschaden, gerade in unserer Region spürbar, ist der Kollaps des S-Bahn-Systems in Berlin. Das ist ursächlich die Börsengangfähigkeit, die sich im Ergebnis auf Kosten der Sicherheit und der Fahrgäste rächen wird.

Dass wir den Antrag ablehnen werden, versteht sich von selbst.

(Frau Tack [DIE LINKE]: Leider!)

Für mich ist nun Schluss mit der Ritualisierung, die wir hier gemeinsam über fünf Jahre gepflegt haben, in der Tat auch ein Moment des Innehaltens, des Nachdenkens, wie sich parlamentarische Strukturen so darstellen können, dass sie von denen wahrgenommen werden, die uns zuhören - möglicherweise als Gäste hier im Saal, aber auch über eine Kamera.

Heute Morgen hatte ich eine Gruppe aus der MühlendorfOberschule aus Teltow zu Gast. Kollege Bernig und Kollege Karney waren dabei. Wir haben uns ein kurzes Momentchen über die Bildungsdebatte, die just davor stattgefunden hatte, unterhalten. Mir kam schon der Eindruck, dass viele Schülerinnen und Schüler solche Sachen nach dem „Tennis-Prinzip“ verfolgen: Der Ball fliegt, und das Auge geht nach links, nach rechts, und man fragt: Was passiert denn da eigentlich?

Das ist die Ritualisierung, die sich im Alltagsgeschäft unserer Branche möglicherweise viel zu häufig wiederholt. Wenn es uns gelingen würde, dieses hin und wieder zu durchbrechen, dann wäre das ein großer Erfolg auch im Sinne der Verständlichmachung dessen, was wir hier eigentlich zu tun beabsichtigen. Denn wir verstehen uns ja doch als Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung, des Volkes. Als gewählte Mandatsträger ist es unser Job.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle gestatten Sie mir noch drei Bemerkungen. Das schaffe ich nicht mehr, sagt der Präsident; das klingt wie eine Drohung, aber ich breche jetzt hier mit meinem Willen durch.

(Heiterkeit und Beifall)

Die erste Bemerkung: Ich will mich gar nicht des Präsidenten Spekulation anschließen, ob es der rechtsextremen Front in diesem Haus noch einmal gelingt, den Fuß über die Schwelle dieses Hauses zu kriegen. Aber selbst wenn dem so sein sollte, was ich mit dem Herrn Präsidenten gemeinsam nicht hoffe, dann bitte ich die, die das nächste Mal eine Koalition stellen: Achten Sie darauf, dass diese Truppe nicht noch einmal den Vorsitz des Infrastrukturausschusses bekommt! Infrastruktur und Raumordnung sind für das Land Brandenburg nach wie vor zentrale Themen. Wenn man zehn Jahre lang alle relevanten Kontakte in die gesellschaftlichen Gruppen, in die Wirtschaft, in die Betriebe verloren hat, weil da jemand vorsitzt, der nicht kontaktiert wird, dann ist das für das Land nicht gut.

(Widerspruch bei der DVU)