die Chancen für ein Beamtenkind gegenüber einem Arbeiterkind, das Abitur abzulegen, bei 20 :1 liegen. Man kann es nicht gut finden, wenn das Portemonnaie der Eltern sagt, was aus dem Kind einmal wird. Natürlich fragen Eltern, die knapp bei Kasse sind, ob das Kind wirklich Abitur machen muss; denn wenn es vielleicht eine Lehrstelle bekommt, geht es der Familienkasse besser. Genau deshalb, meine Damen und Herren, wollen wir in der nächsten Legislaturperiode das Schüler-BAföG einführen, um mehr jungen Menschen Mut zu machen, das Abitur abzulegen und danach zu studieren; denn wir brauchen eher mehr Studenten als weniger und mehr Abiturienten als weniger.
Der andere Punkt ist: Wir haben vorhin schon einmal über die Kitas gesprochen. Ich gebe Ihnen nachher auch die entsprechende Studie von Bertelsmann. Erstens: Wir haben eine sehr hohe Qualität in unseren Kitas. Zweitens: Brandenburg gehört neben Sachsen und Hamburg zu den Bundesländern, die am meisten Geld pro unter zehnjährigem Kind ausgeben. Auch das muss man einmal so sagen dürfen. Das hat etwas mit dem hohen Betreuungsschlüssel zu tun, das hat aber auch etwas damit zu tun, dass unsere Erzieherinnen und Erzieher sehr aufopferungsvoll arbeiten. Auch das weiß ich. Genau deshalb werden wir in der nächsten Legislaturperiode 25 Millionen Euro zusätzlich in die Kita-Landschaft geben, um damit in einem ersten Schritt den Betreuungsschlüssel in den Krippen von 1 : 7 auf 1 : 6 zu senken und dann auch noch einiges andere mit den verbleibenden 8 Millionen anstellen zu können. Ich gehe fest davon aus, dass wir in der Diskussion mit den Kita-Erzieherinnen einen guten Weg finden werden.
Natürlich geht es in der nächsten Legislaturperiode auch um mehr und um bessere Bildung. Wir wissen auch, dass da noch nicht alles so weit ist, wie wir uns das wünschen. Es geht um mehr Integration, es geht auch um mehr individuelle Förderung. Es geht um mehr Selbstständigkeit an den Schulen.
Wir wissen auch, dass in den kommenden Jahren viele Kolleginnen und Kollegen die Schulen verlassen werden, weil sie in Rente oder Pension gehen. Das werden in einigen Jahrgängen mehrere Hundert sein. Wir werden nicht für alle gleichzeitig auf dem Arbeitsmarkt Ersatz finden. Genau deshalb wird der Bildungsminister im nächsten Jahr, also schon zu Beginn der Legislaturperiode, in die Lage versetzt werden, Lehrer einzustellen, wenn er sie auf dem Arbeitsmarkt bekommt. Ich halte das für einen guten und sehr verantwortungsvollen Weg.
Wir wissen auch, in meiner Fraktion tut das jedem Mitglied weh, dass wir in diesem Land 30 000 Leute haben, die jeden Tag arbeiten gehen und danach immer noch zum Arbeitsamt oder zur ARGE müssen, weil sie von dem Geld, das sie in Vollzeittätigkeit verdienen, noch immer nicht leben können. Das brennt uns auf den Nägeln. Genau deshalb werden wir in der nächsten Legislaturperiode sicherstellen, dass wenigstens die, die Geld von der öffentlichen Hand bekommen, ob sie einen Auftrag über einen Arbeitgeber übernehmen oder aber direkt für die öffentliche Hand arbeiten, das erstens nach einem Tarifvertrag erhalten und zweitens nach einem Mindestlohn, der noch festzulegen ist.
Auch das werden wir in der nächsten Legislaturperiode erreichen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will auch noch etwas zu den Kollegen sagen, die, von mir aus gesehen, ganz rechts außen sitzen. Was Sie in den letzten Jahren hier abgeliefert haben, Frau Hesselbarth und Kollegen, das kann sich nicht sehen lassen. Sie haben diesem Land kein Stück weit gedient. Ich werde alles daransetzen, das werden auch die Kollegen der anderen drei demokratischen Fraktionen tun, dass unsere Parteien gute Wahlergebnisse erzielen. Aber wir werden auch alles daransetzen, dass diese Plätze dort hinten in der nächsten Legislaturperiode von demokratisch denkenden Abgeordneten besetzt werden, die fleißig und ehrlich für dieses Land arbeiten.
Ich denke, es waren fünf gute Jahre für Brandenburg. Wir sind in diesen Jahren als Land Brandenburg zukunftsfähiger geworden. Wir haben, auch wenn die Fraktion DIE LINKE immer wieder danach gerufen hat, keine Luftschlösser gebaut. Wir haben das Stigma „Land der verfehlten Großprojekte" abgelegt. Wir sind in unseren Politikforderungen verlässlich und realistisch geblieben.
Ganz wichtig bei dieser Bilanz ist für mich, dass sich Brandenburg zu einem toleranten und solidarischen Land entwickelt hat. Wenn ich mir das Regierungshandeln vor Augen führe, dann erkenne ich drei Punkte, die für das, was wir erreichen konnten, ganz wichtig waren.
Den ersten Punkt hat der Ministerpräsident schon angesprochen. Wir haben innerhalb der Landesregierung Prioritäten gesetzt die nicht nach Parteibuch gingen -, Prioritäten für Wirtschaft, für Wissenschaft und für Bildung; Prioritäten nicht nur bei der Verteilung der Landesmittel, sondern konsequent auch hinsichtlich des Ziels, in diesen Bereichen kein Personal abzubauen, und bei der Zuweisung von EU-Strukturmitteln. Das ist vorher nicht so gehandhabt worden, aber es war zwingend notwendig.
Zweitens konnten wir viele Ressortegoismen überwinden. Wir haben eine ganze Reihe von Projekten ressortübergreifend auf den Weg gebracht, wenn ich etwa an den Tourismus im Bereich der Wirtschaft, an die Fachkräftesicherung durch das MASGF, an die konzertierte Denkmalhilfe denke. Nur so ist es mit den beschränkt zur Verfügung stehenden Mitteln in diesem Lande möglich, Erfolge zu erreichen.
Das Dritte, worauf wir alle stolz sein können, ist, dass sich die Landesregierung von Brandenburg als Vorreiter für eine ganze
Reihe von wichtigen Zukunftsthemen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland profiliert hat. Angesprochen wurde schon die Energiestrategie 2020. Die wird wahrgenommen, und zwar nicht nur in Brandenburg. Brandenburg war auch das erste Bundesland, in dem sich die Landesregierung systematisch mit der Frage der demografischen Entwicklung beschäftigt, Analysen vorgelegt und formuliert hat, wie man darauf reagieren kann. Es ist völlig klar, dass das eine Daueraufgabe ist, also keine Aufgabe, die bereits erledigt ist. Aber das Land Brandenburg hat gezeigt, dass es geht, dass Regierungshandeln insoweit eingesetzt werden muss, weil sich das nicht automatisch vor Ort erledigt.
Wie ich schon gesagt habe, ist Brandenburg zukunftsfähiger geworden. Schauen Sie sich einmal die Arbeitslosenzahlen in der jetzigen krisenhaften Situation an, die Arbeitslosenzahlen in Brandenburg im März, im April und im Mai, und vergleichen Sie diese mit den Arbeitslosenzahlen des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Sie werden feststellen, dass die Arbeitslosenzahl im März, im April und im Mai dieses Jahres geringer ist. Wir haben wesentlich weniger Kurzarbeit gemessen an der Zahl der Beschäftigten. Schließlich haben wir so viele Ausbildungsplätze im Angebot wie noch nie. Wir haben sogar Schwierigkeiten damit, alle angebotenen Ausbildungsplätze qualifiziert zu besetzen. Damit will ich nicht etwa Optimismus dahin gehend verbreiten, dass das alles jetzt an uns vorbeigeht. Aber es ist ganz entscheidend, dass wir für die Zukunft die Wirtschaftsförderung umgestellt haben, und zwar in Richtung leistungsfähiger und innovativer Zweige, die gestärkt worden sind.
Die Zahl der innovativen Unternehmen ist bekanntlich immer ein Indikator für die Leistungsfähigkeit einer Wirtschaft; innovative Unternehmen sind ein Motor für die wirtschaftliche Entwicklung. Das sind zukunftsfähige Arbeitsplätze, die wir auch in den nächsten 10 bis 15 Jahren brauchen.
Für diese zukunftsfähigen Arbeitsplätze brauchen wir natürlich junge Leute, die engagiert sind. Frau Kaiser, Sie haben erfreut festgestellt, dass die Studenten streiken. Auf der einen Seiten finde auch ich es gut, dass sich unsere Studenten im Gegensatz zum letzten Jahr an dem bundesweiten Bildungsstreik beteiligen, weil die Studenten in meinen Augen hochschulpolitisch oftmals zu wenig interessiert sind. Wenn ich den Katalog der zentralen Forderungen der Studenten lese: keine Noten, keine Leistungsanforderungen als Voraussetzung für das Masterstudium und keine Möglichkeiten für die Hochschulen, wenn ein Student alle Prüfungen vergeigt und alle Termine überschreitet, ihn zu exmatrikulieren, dann muss ich allerdings sagen, dass das zwar für Sie gut sein mag, dass Sie sich auf die Schenkel klopfen, dem also zustimmen können, aber dass das meiner Meinung nach weder für die jungen Menschen noch für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes gut ist.
Wir sind ein Land mit einer sehr kleinteiligen Wirtschaftsstruktur. Mehr als 90 % der Unternehmen in unserem Lande haben weniger als zehn Beschäftigte, In einem solchen Land zu organisieren, dass moderne Produkte hergestellt werden, Transfer zu organisieren, ist schwierig. Das ist viel schwieriger als in
Baden-Württemberg oder in einem anderen Bundesland mit großen wirtschaftlichen Einheiten. Das Landesinnovationskonzept, das wir in der Landesregierung in dieser Legislaturperiode gemeinsam verabschiedet haben, ist hier ein Weg, der auch schon Erfolge zeigt. Um 150 % ist die Summe gestiegen, die von der Brandenburger Wirtschaft für Forschungsleistungen in unseren Hochschulen ausgegeben wird. Dass wir bei den Fachhochschulen Spitzenreiter sind - bekanntlich befinden sich alle fünf unserer Fachhochschulen in einem bundesweiten Ranking unter den ersten 20 -, ist ein Maßstab. Dass wir im letzten Herbst neue Instrumente wie Forschungsprofessuren eingeführt haben, ist vor allem ein Weg in die Zukunft, um junge Leute zu gewinnen. Der Markt wird eng: Obama will 100 000 Leute aus Europa haben. Deswegen müssen wir hier etwas bieten, damit die jungen Leute zu uns kommen und nicht alle weggehen. Dafür haben wir eine Menge getan.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang nur einige wenige Spitzenleistungen aus dem Wissenschaftsbereich anführen. Ein Stichwort lautet Tsunami-Warnsystem. In Südostasien sind unsere Forscher vom Geoforschungszentrum Verhandlungspartner der Regierungen.
Ein weiteres Stichwort: Galileo. Was da geforscht wird, hat etwas mit Navigation in der Zukunft zu tun, Herr Baaske. In diesem Bereich sind wir nicht nur wissenschaftlich federführend, sondern überlegen auch gemeinsam, was man für die Brandenburger Wirtschaft strategisch jetzt schon daraus machen kann.
Natürlich braucht man für Wissenschaft Geld, wovon wir nicht so viel haben. Aber vor allem braucht man strategisches Denken. Der Ministerpräsident erwähnte hier den Namen Edenhofer. Das ist der zentrale Wissenschaftler für das betreffende Projekt im Rahmen der Klimaforschung. Herr Ministerpräsident, wir beide wissen, was Rüttgers geboten hat, und dass wir keine Chance gehabt hätten, das mit Geld aufzuwiegen. Trotzdem ist Herr Edenhofer bei uns geblieben.
Man muss also etwas machen, was zukunftsfähig ist, und darf nicht nur immer sagen: Mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld! Manchmal ist es sogar so, dass man mit mehr Geld weniger erreicht.
Was wir in der Wissenschaft, in den Hochschulen erreicht haben, ist kein Zufall. Es ist kein Zufall, dass wir in der Region hier keinen Ingenieurmangel haben. Es ist kein Zufall, dass Brandenburg prozentual die meisten jungen Frauen bei den Studienanfängern hat. Vielmehr steckt dahinter Arbeit. Dass wir bei der demografischen Entwicklung gegen den Trend agiert haben, beginnt sich jetzt schon auszuzahlen. In dieser Hinsicht sind wir sehr daran interessiert, dass nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch die Verwaltungen, was Berlin betrifft, dort strategisch auch mehr mitziehen. Darüber werden wir morgen reden, wenn es um Qualität in der Bildung geht.
Mein nächstes Stichwort lautet: bodenständig und verlässlich. Das Regierungsprogramm, das wir uns gegeben haben, ist sehr anspruchsvoll, und wir haben vieles davon erreicht bzw. gehalten. Natürlich konnten wir nicht die Maximalforderungen erfüllen,
die von dem Pult hier aus von manchen verkündet und eingeklagt werden. Wenn heute in diesem Land Brandenburg 88 % oder 95 % der Menschen - je nach Umfrage - gern in Brandenburg leben, dann hat das auch mit bodenständiger Politik zu tun, hat damit zu tun, dass Mittelstandsförderung an jeder Stelle in Brandenburg funktioniert, ob in Perleberg oder in Finsterwalde oder wo auch immer. Das hat nichts mit Wachstumskernen zu tun, sondern von dem, was wir dort an Programmen haben, profitiert jeder Mittelständler.
Mein nächstes Stichwort: kulturelle Strukturen. Es heißt immer, da sei etwas gut wegen der Nähe zu Berlin. - Ziesar war bekanntlich ein Highlight der letzten Legislaturperiode. Auch Neuzelle liegt weit weg von Berlin. Diejenigen, die dort einmal waren, wissen, was das für die Region bedeutet. Als weiteres Beispiel nenne ich Cottbus, das auch nicht in der Nähe von Berlin liegt.
Ich meine, Brandenburg ist bodenständig und trotzdem weltoffen. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur die Stichworte: BBI, Tourismus, Kraftanstrengung Masterplan, Weltkulturerbe in einer Dimension für die nächsten Jahre. Das bringt Millionen von Touristen und damit auch entsprechende Einnahmen für Brandenburg.
Wenn ich hier von Weltoffenheit spreche, dann muss ich aber auch sagen, dass wir in Brandenburg ein solidarisches Miteinander, Vielfalt und Toleranz haben. Es ist ein gemeinsames Engagement von Landesregierung, Kommunen und Bürgern, dass es eine ganz konsequente Haltung gegen Rechtsextremismus gibt - Stichwort: tolerantes Brandenburg -, aber auch den Stolz, dass die ersten Rabbiner, die nach 1945 in Deutschland ordiniert wurden, hier in Potsdam ausgebildet worden sind. Netzwerke Familienpolitik, aber auch die seniorenpolitischen Leitlinien sind im Rahmen des solidarischen Miteinanders in den nächsten Jahren wichtige Punkte.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben eine Menge erreicht. Wir wissen, dass es noch viel zu tun gibt. Dafür brauchen wir Leistungswillen und Optimismus. Ich meine, wir, also alle Brandenburger und Brandenburgerinnen, sollten uns aber auch erlauben, ein Stückchen weit stolz zu sein auf das, was bisher erreicht wurde. - Danke schön.
Bevor ich die beiden letzten Redebeiträge aufrufe, begrüße ich Mitglieder der Ortsgruppe Ruhland des Bundesseniorenverbandes. - Herzlich willkommen und einen interessanten Vormittag bei uns!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Baaske, vielen Dank für die überreichten Studien. Damit die Fakten
klarheit wiederhergestellt wird, möchte ich Ihnen gern in einem Punkt widersprechen. Die offizielle Statistik der Bundesagentur für Arbeit verzeichnet 14 401 beschäftigungsschaffende Maßnahmen. Davon sind 13 899 1-Euro-Jobs. Ich sage Ihnen: Die Zukunft Brandenburgs und die der Arbeitsmarktpolitik darf nicht in diesen 1-Euro-Jobs liegen.
Lassen Sie uns da gemeinsam weiterdenken und andere Konzepte prüfen. Allerdings unterstütze ich Sie ausdrücklich und möchte an dieser Stelle für unsere Fraktion betonen: Ja, der demokratische Konsens von SPD, CDU und der Fraktion DIE LINKE in diesem Landtag gegen die Rechtsextremen ist stark und bleibt es hoffentlich. Ich möchte Ihnen von unserer Fraktion aus sagen: Wir stehen dazu, auch im Wahlkampf.
Allerdings, Frau Kollegin Funck, widerspreche ich Ihrem Vorwurf. Vielleicht denken Sie noch einmal darüber nach. Wenn Sie hier sagen, die Fraktion DIE LINKE sei keine demokratische Kraft,