Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn die Zahlen in Brandenburg vergleichsweise niedrig sind, so wird Zuwanderung auch bei uns zunehmend gesellschaftliche Realität. Fast 46 300 Ausländerinnen und Ausländer waren Ende 2007 registriert; das sind weniger als 2 % der Bevölkerung. Zugewandert sind aber auch Spätaussiedler; seit 1990 sind mehr als 55 000 nach Brandenburg gekommen. Sie gelten als deutsche Zugewanderte und sind in den Ausländerzahlen nicht enthalten. Dies gilt ebenso für Eingebürgerte.
Insgesamt leben derzeit mehr als 132 600 Menschen mit Migrationshintergrund in unserem Bundesland; knapp 6 % der Bevölkerung. Sie verteilen sich ganz unterschiedlich über das Land. In Städten ist ihr Anteil größer als in den ländlichen Regionen. Exakte Zahlen liegen hier jedoch nur für den Ausländeranteil vor, der beispielsweise in Potsdam bei 5,5 %, in einigen Landkreisen dagegen bei unter 2 % liegt.
Bei diesem Thema geht es zwar auch, aber eben nicht nur um Zahlen. Ich glaube, das machen unsere Antworten auf die Große Anfrage deutlich. Es geht um eine Integrationspolitik, die die Lebenslagen aller Menschen mit Migrationshintergrund im Blick hat; denn in der Zuwanderung liegt eben auch ein großes Potenzial, liegen große Chancen für unser Land.
Wir sind auf Zuwanderung angewiesen, und zwar schon aus demografischen Gründen und in deren Folge mit Blick auf den Fachkräftenachwuchs. Wir haben also allen Grund, Zugewanderte willkommen zu heißen und sie im Land zu halten. Sie verfügen oft über eine hohe Bildung - mehr, als manche Fraktion in diesem Hause zu bieten hat -, sind kompetent und befähigt auf vielen Gebieten. Ihre Kinder erreichen gute Schulabschlüsse. Das alles ist von spürbarer Bedeutung für Brandenburg. Daher sind Toleranz, kulturelle Offenheit, Aktivierung und Entwicklung ihrer Talente nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern somit unabdingbar für die Zukunft unseres Landes. Das ist das, was wir wollen und worauf unsere Integrationspolitik abzielt.
Doch wir wissen auch: Die Realität sieht oftmals anders aus. Zugewanderte Menschen haben es schwer, bei uns Fuß zu fassen. Schwierige wirtschaftliche Umstände und hohe Arbeitslosigkeit verschärfen ihre Situation. Die Hürden, Arbeit zu finden, hängen hoch für sie. Ihre Abschlüsse werden oft nicht anerkannt oder genügend gewürdigt. Ihre andere Lebensart stößt vielerorts auf Unverständnis. Vielfach mangelt es an
Offenheit für das Neue und eben auch die damit für einen selbst verbundenen Chancen. Deshalb suchen viele auch andere Wege. So macht sich zum Beispiel jeder fünfte erwerbstätige Zugewanderte selbstständig.
Die Notwendigkeit einer erfolgreichen Integration ist auch in Brandenburg längst kein strittiges Thema mehr. Zwar gehen die Auffassungen über den Weg dahin nach wie vor auseinander, aber wir wissen, dass wir nur zukunftsfähig sind, wenn wir gemeinsam mit Ausländern und Zugewanderten leben. Darin sind sich alle demokratischen Kräfte einig.
Einig sind wir uns auch darin, dass Integration alle gesellschaftlichen Bereiche durchzieht - eine Querschnittsaufgabe ersten Ranges. Das muss auf allen Feldern politischen Handelns auch berücksichtigt werden, in der Arbeitspolitik, in der Bildung, in der Wirtschaftspolitik, im Sozialen, in der Stadtentwicklung und auf weiteren Gebieten. Das sind Aufgaben, deren Lösung eben nicht nur Sache der Landesregierung ist. Zu bewältigen ist das nur, wenn Kommunen, wenn private Wirtschaft - eben die gesamte Zivilgesellschaft - daran mitwirken wie natürlich auch die Zugewanderten und ihre Organisationen.
Integration wird nur gelingen, wenn alle ihren ganz speziellen Beitrag dazu leisten und ihre Aktivitäten bündeln. Sie wird auch nur in dem Maße gelingen, wie sich die Gesellschaft interkulturell öffnet, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus keinen Platz gibt, wenn also die Mehrheit der Menschen akzeptiert, dass sich die Gesellschaft mit verändern muss, wenn wir alle eine sichere und gute Zukunft haben wollen.
Auf diese Ziele - die interkulturelle Öffnung der Gesellschaft richtet sich auch das Integrationskonzept der Landesregierung. Für uns ist die Integration eine dauerhafte Aufgabe, die nach einem sehr festen und einheitlichen Konzept immer wieder neu bewältigt werden muss. Da sind beide Seiten gefordert - die Zugewanderten genauso wie die Einheimischen -, sich engagiert in die Bewältigung dieser Aufgaben einzubringen.
Wir wollen in unserer Integrationspolitik die Gleichberechtigung fördern, ein stärkeres Zusammenwirken entwickeln, Verständnis füreinander wecken und aufklären. Wichtig ist uns dabei insbesondere, die Fähigkeiten der zugewanderten Menschen produktiv zu machen. Unsere an solchen Ergebnissen orientierte Förderung hilft ihnen nämlich am besten und bringt im Interesse aller das Land voran.
Ein gutes aktuelles Beispiel dafür ist unser Ärzteprojekt, das mein Haus im vorigen Jahr initiierte. Es ist doch paradox, dass die Abschlüsse zugewanderter gut qualifizierter Spezialisten unter anderem aus Osteuropa nicht anerkannt werden und diese oftmals von Sozialhilfe leben oder in artfremden Berufen arbeiten müssen,
während uns überall im Land Ärzte fehlen. Deshalb wurden im Rahmen des Projektes einige von ihnen mit dem deutschen medizinischen Know-how vertrauter gemacht und für den aktuellen medizinischen Standard qualifiziert, sodass ihre Abschlüsse heute nach deutschem Recht anerkannt werden und sie wieder in eine ärztliche Tätigkeit einsteigen konnten. Auch in ihrer Wiedereinstiegsphase werden sie begleitet und unter
stützt. Es ist ein gelungenes Projekt, das gleichberechtigte Entwicklungsmöglichkeiten befördert und gleichzeitig dem Ärztemangel in Brandenburg entgegenwirkt.
Meine Damen und Herren! Die ausführlichen Antworten auf die Große Anfrage unterstreichen unser Bemühen um eine dauerhaft erfolgreiche Integrationspolitik. Wir wollen jeden Bleibeberechtigten mitnehmen, jedem eine Chance geben, weil seine Chancen unsere Chancen sind. Das ist der Hauptsinn von Integration, und in diesem Sinne werden wir diese Politik auch fortsetzen. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Ministerin. - Nun erhält der Abgeordnete Christoph Schulze das Wort. Er hat auf der Grundlage des § 25 um Rederecht als Abgeordneter gebeten. Bitte schön, Herr Schulze.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Redebeitrag der DVU, den wir hier gehört haben, kann es einen nicht auf dem Platz halten.
Wir wollten hier auf Ansinnen der Fraktion DIE LINKE über Integrationspolitik reden. Wir müssen in dieser Frage nicht alle einer Meinung sein. Es ist ein wichtiges Thema, es ist ein schwieriges Thema. Aber wir müssen nicht so etwas erdulden oder ertragen, wie das, was wir gehört haben.
Wohin Nationalismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Menschenverachtung und Chauvinismus führen, haben wir alle an der Geschichte bitter erlebt. Auch heute gibt es auf diesem Globus noch tagtäglich Dinge, die auf diesen menschenverachtenden Ideologien beruhen und unsägliches Unheil und Leid mit sich bringen. Dass man sich im Landtag Brandenburg so etwas anhören muss, ist nicht nur erschütternd, sondern auch empörend.
Manchmal ist es schlimm, in solche menschlichen, seelischen und politischen Abgründe zu blicken. Wir haben das gerade eben geschaut.
Der Beitrag der Abgeordneten Fechner der DVU war ganz offensichtlich fremdenfeindlich, rassistisch und menschenverachtend. Frau Fechner hat uns deutlich die Fratze dessen gezeigt, was DVU und das ganze politische Konstrukt, das dahintersteht, bedeutet.
Neonazis leben von der Provokation. Sie haben uns provoziert. Sie haben die gesamte demokratische Gesellschaft provoziert. Wir haben das zurückgewiesen, indem wir uns angemessen verhalten haben. Ich möchte uns ermahnen, uns alle ermahnen, der Worte Bert Brechts zu gedenken: Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. - Das haben wir hier ganz deutlich gesehen.
Der Redebeitrag von Frau Fechner sollte eine weite Verbreitung finden, damit die Menschen wissen, was dahintersteckt hinter der DVU, hinter solchen Biedermännern und Biederfrauen - , und was das bedeuten kann, sollten sie tatsächlich
einmal in die Lage versetzt werden, ihre menschenverachtende Ideologie in Politik umzusetzen. Dann gnade uns Gott! Davor möge uns das Volk, mögen uns die Wähler und der Herr beschützen. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schulze, was ist daran fremdenfeindlich, rassistisch, wenn wir uns für den Erhalt der Kulturen und der Völker aussprechen?
Ich habe in meinem Redebeitrag Ihre Integrationspolitik kritisiert. Dass Ihre Integrationspolitik grandios gescheitert ist, stellt man fest, wenn man sich nur einmal die Zustände in den Großstädten ansieht. Wie ich bereits in meinem ersten Redebeitrag sagte:
Es gehört zur Ehrlichkeit der Politik, dass man diese Missstände auch anprangert. Ich finde es nicht ausländerfeindlich und rassistisch, wenn man Wert darauf legt, dass die Kulturen und die Völker erhalten bleiben.
Ich sage es hier noch einmal: Die DVU-Fraktion und die DVU als Partei wähnt Ihre praktizierte Integration...
Ich bin ausländer- und inländerfreundlich zugleich, wenn ich mich für den Erhalt der Kulturen einsetze.
Ich und auch andere haben erkannt, dass das Zusammenpferchen der Völker und Kulturen und Religionen widernatürlich und gefährlich ist.
Meine Damen und Herren, erkennen Sie endlich, dass es an der Zeit ist, sich für das Menschenrecht, das Recht auf Heimat, einzusetzen.
Frau Präsidentin! Ich möchte Sie im Namen der Fraktion DIE LINKE bitten, überprüfen zu lassen, ob der Redebeitrag zum Thema der Großen Anfrage und die Kurzintervention der Abgeordneten Fechner ihrem Inhalt nach mit der Verfassung des Landes Brandenburg und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vereinbar sind.