Erstens ist Vergaberecht Bundesrecht. Das Vergabegesetz des Bundes wie auch die verschiedenen Vergabeordnungen
- das wird uns ja auch immer vorgeworden, Frau Hackenschmidt -, welche die EU-Richtlinien in diesem Bereich umgesetzt haben, enthalten keine sozialen oder ökologischen Kriterien, schließen diese allerdings auch nicht explizit aus.
Hier in Brandenburg könnte man ein Landesvergabegesetz schaffen, Herr Minister Junghanns. Das wird von der Landesregierung seit 1999 versprochen. Passiert ist nichts. Der von unserer DVU-Fraktion dreimal vorgelegte Gesetzentwurf für ein brandenburgisches Mittelstands- und Vergabegesetz wurde bekanntlich auch von Ihnen, meine Damen und Herren von Linksaußen, abgelehnt, und zwar ohne stichhaltige Begründung. Deshalb verwundert es, dass ausgerechnet Sie jetzt ein Vergabegesetz fordern.
Zweitens ist es nach Auffassung unserer DVU-Fraktion zwar grundsätzlich richtig, Vergaberichtlinien auch zur Durchsetzung
wünschenswerter sozialer und ökologischer Bedingungen einzusetzen. Selbstverständlich steht aber gerade in Zeiten klammer Haushalte und sinkender Einnahmen das Kostenprinzip sowohl beim Land wie auch bei unseren Kommunen im Zentrum der Überlegungen. Schließlich muss die öffentliche Hand darauf achten, ihre Aufträge zu möglichst günstigen Preisen zu vergeben, um so die zurückgehenden Steuergelder effizient und sparsam einzusetzen.
Das Wichtigste dabei ist, dass unsere kleinen und mittelständischen Brandenburger Firmen bei öffentlichen Aufträgen des Landes und der Kommunen zum Zuge kommen, um wirtschaftlich und finanziell lebensfähig zu sein und zu bleiben, auch in der Krise. Das gilt insbesondere, um nur ein Beispiel zu nennen, für unsere heimische Bauindustrie. Das Brandenburger Bauhauptgewerbe verzeichnete im Februar und März deutliche Einbrüche. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sanken die Umsätze um knapp ein Drittel auf 81,3 Millionen Euro, Herr Finanzminister. Das sind die offiziellen Zahlen, die vom Amt für Statistik veröffentlicht wurden. Es gingen bei den Baubetrieben 2,3 % weniger Aufträge ein. Das ist ein Minusvolumen von 125 Millionen Euro. Die Zahl der Arbeitsstunden sank um 34,8 %, die Zahl der Beschäftigen gegenüber dem Vorjahr um 5,4 %.
Wie wollen Sie, meine Damen und Herren von Linksaußen, angesichts solcher Zahlen - in anderen Bereichen wie dem Handwerk sieht es nicht besser aus - den ohnehin extrem eigenkapitalschwachen und vielfach finanziell vor dem Aus stehenden mittelständischen Unternehmen noch zusätzliche soziale und ökologische Kriterien bei der Auftragsvergabe aufbürden? Das würde in der Praxis in den allermeisten Fällen nur zu Masseninsolvenzen und explodierender Massenarbeitslosigkeit führen.
Drittens: Ausgerechnet Sie, die seit Jahr und Tag völlige Freizügigkeitsregelungen für ausländische Unternehmen und ausländische Arbeitskräfte innerhalb und außerhalb der EU fordern, spielen sich mit diesem Antrag als Retter der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Brandenburg auf. Diese widerliche Heuchelei ist wirklich nicht zu überbieten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte gehofft, dass uns das Thema Mindestlohn in all seinen Facetten nur so lange beschäftigen würde, solange es unserer Wirtschaft gut geht. Infolge der weltweiten Wirtschaftskrise geht es unseren Unternehmen zurzeit aber nicht gut. Trotzdem debattieren wir hier über einen Antrag zur Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen. Ich halte dieses Signal für grundsätzlich falsch.
Gerade in der jetzigen Zeit braucht unsere heimische Wirtschaft keine Mindestlohndebatte. Stattdessen zählen Flexibilität und Kreativität, um diese Krise überstehen zu können.
Die CDU hat seit jeher eine wichtige Maxime: die Förderung der Unternehmen und insbesondere des Mittelstandes. Daran halten wir uns in konjunkturell schlechten, aber auch in guten Zeiten. Jeder Unternehmer muss anhand der Marktlage selbst entscheiden können, was er seinen Arbeitnehmern zahlen kann und wo die Grenze des wirtschaftlich Machbaren ist.
Er muss jeden Tag aufs Neue entscheiden und immer daran denken: Am Umsatz sind schon viele gescheitert, aber nicht am Gewinn. Den muss er in diesen schwierigen Zeiten erst einmal machen.
Angesichts der allgemeinen Diskussion über die Einführung von Mindestlöhnen und des gewollten Ausschlusses vieler Brandenburger Unternehmen und unserer heimischen Wirtschaft bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch die Linken mache ich mir langsam ernsthaft Sorgen. Wir als Politiker sind aufgefordert, die besten Rahmenbedingungen für ein positives Wachstum unserer Unternehmen zu schaffen. Mit Mindestlöhnen und Tariftreuegesetzen führen wir sie aber bewusst in eine schwierige Marktlage.
Diejenigen, die jetzt solche Eingriffe des Staates fordern, setzen die Zukunft vieler Arbeitsplätze im Land aufs Spiel.
Es ist eben kein Zufall, dass bei den Bundesländern, die ein Vergabegesetz haben, keines aus Ostdeutschland dabei ist, das das Thema Tariftreue damit verbindet.
Mit den Investitionsmitteln aus dem Konjunkturprogramm des Bundes bekommen die öffentlichen Verwaltungen nicht nur die Chance, in den Kommunen oder im Land wichtige Bauprojekte vorzuziehen, sondern sie können damit auch die einheimische Wirtschaft stärken. Allerdings geht das nicht, wenn an eine Auftragsvergabe ein gesetzlicher Mindestlohn gekoppelt ist, Herr Geschäftsführer.
Gerade die Linken als Antragsteller haben mit ihrem Wahlprogramm die Diskussion über die Höhe des Mindestlohnes wieder angeheizt. Zurzeit stehen wohl 10 Euro in der Pole-Position.
Unabhängig davon, dass gerade Betriebe in Brandenburg dieses gar nicht zahlen können, gibt es in der Baubranche schon einen tariflichen Mindestlohn. Der Unterschied besteht darin, dass dieser zwischen den Tarifparteien ausgehandelt worden und nicht von außen, das heißt mit einem unrealistischen Blick, festgelegt worden ist.
Kurzum: Wenn wir bei der öffentlichen Auftragsvergabe einen gesetzlichen Mindestlohn einbauen, werden nicht unsere einheimischen Unternehmen den Zuschlag bekommen, sondern
die wirtschaftlichen Schwergewichte aus den alten Bundesländern. Man kann es drehen und wenden, wie man will. Eine Stellungnahme der Landesregierung zur verbindlichen Einhaltung der Tariftreue und Mindestentgelte bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen entbehrt jeglicher wirtschaftlichen Realität. Aus diesem Grunde lehnen wir diesen Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Stellen Sie sich vor: Mit dem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung gefragt, wie man ein Gesetz macht, das das enthält, was nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs - hier gibt es eine kleine Oberflächlichkeit im Umgang mit demselben - darin nicht enthalten sein darf, nämlich eine Tariftreueregelung, die nur für die öffentlichen Aufträge gilt. Der Europäische Gerichtshof hat dies als Verstoß gegen Artikel 49 des EG-Vertrages angesehen. Die Einwendungen, wonach mit dieser Regelung Ziele des EG-Vertrages nicht zu erreichen wären, hat der EuGH damit beantwortet: Das ist eine Regelung, die nur für öffentliche Aufträge eines Bundeslandes und nicht auch für die privaten Aufträge gelten soll, da sie hierfür gar nicht geeignet ist.
Das unterscheidet grundsätzlich die Haltung des EuGH von der des Bundesverfassungsgerichts. Vor diesem Hintergrund das sage ich mit aller Sachlichkeit und Klarheit - empfehle ich, Ihren Antrag abzulehnen. Er bringt nichts, und er taugt nichts.
Noch ein Hinweis, weil es ja immer eine gewisse politische Dimension hat: Der Anwendungsbereich für Mindestlöhne, die nicht nur für öffentliche Aufträge gelten, ist mit den einschlägigen Beschlüssen mit dem am 24. April in Kraft getretenen Arbeitnehmer-Entsendegesetz erweitert worden. Baulöhne, Montagelöhne, Löhne für das Sicherheitsgewerbe, die Gebäudereiniger, Wäschedienstleistungen, Abfallwirtschaft, Straßenreinigung, Winterdienst, Aus- und Weiterbildungsleistungen sind wesentliche Bereiche, die damit erfasst worden sind.
Dieser Weg - so umstritten er ist, und da bin ich, was die Haltung angeht, bei meinem Vorredner - ist aber der Weg, den die Koalition im Land und im Bund vertritt. Deshalb ist die Regierung der Auffassung, dass dieser Weg ausreichend ist. Ein zweiter Grund, Ihren Antrag abzulehnen.
Wenn Sie einmal mehr jetzt die Gelegenheit suchen - weil Sie draußen nicht mehr gehört werden -, hier zu Protokoll zu geben, dass Sie für Mindestlöhne bei öffentlichen Aufträgen sind, dann hat das geklappt; aber das ist nichts Neues. - Danke.
Die antragstellende Fraktion DIE LINKE erhält noch einmal das Wort. Es spricht der Abgeordnete Görke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Damit wir die Gesetzesentscheidung kurz noch einmal Revue passieren lassen können, Herr Minister: Im Fall Rüffert war dem EuGH vom niedersächsischen Gericht die Frage vorgelegt worden, ob die Tariftreueregelungen, die das niedersächsische Landesvergabegesetz beinhaltet hat, gegen Europarecht, insbesondere gegen die Dienstleistungsfreiheit, verstießen. Dies wurde vom EuGH bejaht und damit dieses Tariftreuegebot zumindest als Akt beendet. Der Gesetzgeber in Niedersachsen hat seine Konsequenzen gezogen.
Deshalb müssen wir - müssen die SPD und die Linke - natürlich die Frage stellen, wie wir unter diesen schwierigen gesetzlichen Bedingungen handeln wollen, sofern wir nicht die Allgemeinverbindlichkeit für eine gesamte Branche - beim Bau ist es nicht passiert, weil die Tarife durchaus deutlich über Mindestlohnhöhen liegen - festlegen wollen. Wenn wir es politisch wollen - es sind zwei große Fraktionen in diesem Haus, die dies wollen -, sollten wir jetzt alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen, damit wir ein Vergabegesetz auf den Weg bringen. Frau Funck, wenn ich das, was Sie laut einer der Pressemitteilungen gesagt haben, richtig interpretiert habe, sind Sie gar nicht gegen ein Vergabegesetz mit tariflichen Standards, während Ihr Kollege Karney das heute auch noch abgelehnt hat. Wir sollten also überlegen, wie wir gemeinsam in diesen Prüfprozess kommen. Denn das Land Berlin
Ressortabstimmung ist ein solches Vergabegesetz, und mit einer Hilfskrücke über die Vergabemöglichkeiten kann man kann man - landesspezifische Standards setzen und mehr oder weniger damit dieser politischen Zielstellung - erstens ein Vergabegesetz, was wir im Land Brandenburg immer noch nicht haben, und zweitens Mindestlohnelemente - auf den Weg helfen. Das war unser Ansatz. Ich bin optimistisch, dass auch die Sozialdemokraten diesen Ansatz unterstützen können. Bei der CDU habe ich die Hoffnung schon verloren. Insofern bitte ich einfach noch einmal die hier stärkste Fraktion, diesen Ansatz zu unterstützen, weil ich glaube, Brandenburg braucht ein Vergabegesetz mit Mindestlohnelementen. Deshalb bitte ich um Zustimmung. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, es gibt offensichtlich unterschiedliche Rechtsauffassungen, die dann ausdiskutiert werden sollten, wenn dieser Antrag angenommen worden ist.
Deshalb stelle ich diesen Antrag jetzt zur Abstimmung: Wer dem Antrag in Drucksache 4/7565 Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Antrag abgelehnt worden.
Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und die heutige Sitzung. Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Feierabend.