Protocol of the Session on April 2, 2009

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen deutlichen Handlungsbedarf in der kriminalistischen Aus- und Fortbildung der brandenburgischen Polizei. Mit dem vorliegenden Antrag verlangen wir, dass die Landesregierung konzeptionelle Überlegungen zur weiteren Ausgestaltung der kriminalistischen Arbeit anstellt. So ist nach unserer Ansicht zu prüfen, ob die Qualität der Ausbildung dadurch erhöht werden kann, dass im dritten Studienjahr eine getrennte spezifische Ausbildung von Kriminalisten und von Schutzpolizisten eingeführt wird.

Insbesondere sind auch Überlegungen erforderlich, wie die Qualität und Kontiunität der Fortbildung erhöht werden kann. Hier muss die Verantwortung der Fachhochschule nach unserer Ansicht gestärkt werden, die nicht nur für die Ausbildung zuständig sein sollte. Die Fachhochschule muss zu einer wirksamen Zentralstelle für die Fortbildung, einschließlich der kriminalistischen Fortbildung, gemacht werden. Das schließt eine zentrale Bedarfserhebung durch eine zentrale Koordinierungsstelle ein.

Übereinstimmend wird die Forderung geäußert, dass die Fortbildungskonzeption grundsätzlich überarbeitet und den gegenwärtigen Erfordernissen angepasst werden muss. Diese Diskussion findet vor dem Hintergrund der Fragestellung statt, ob der Kriminalist ein Ausbildungs- oder Fortbildungsberuf ist. Letztlich sollte es uns dabei darum gehen, unterschiedliche Auffassungen und Interessen nicht gegeneinander auszuspielen,

sondern den für Brandenburg optimalen Weg zu suchen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Stark von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzter Herr Kollege! Anfang März hat die 7. Landesdeligiertenkonferenz des BDK in Frankfurt stattgefunden. Ich selbst habe auch an dieser Konferenz teilgenommen - leider als einzige Landespolitikerin. Ich habe auch sehr interessiert verfolgt, was im Rahmen dieser Fachtagung zum Thema kriminalistische Aus- und Fortbildung gesagt worden ist.

(Zuruf von der Fraktion der CDU)

- Entschuldigung: als Fachinnenpolitikerin. Wir Fachpolitiker und -politikerinnen streiten über dieses Thema, also bitte ich um Nachsicht.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einmal all den Kriminalisten zu danken, die hier im Land Brandenburg gute Arbeit leisten. Oft ist es ja die sprichwörtliche Stecknadel im Heuhaufen, die zur Aufklärung von Straftaten führt. Dafür sind in hohem Maße Ausdauer, Engagement, Teamgeist und Professionalität gefragt.

Nun ist die Frage: Verfügt Brandenburg über solche gut ausgebildeten Polizisten, die dies leisten können? Ich denke, dass sich im Vergleich zu anderen Bundesländern die Arbeit der brandenburgischen Polizei durchaus sehen lassen kann.

Als zweites Argument stützen Sie sich in Ihrer Antragsbegründung auf die polizeiliche Kriminalstatistik 2008, wo Sie einen Rückgang der Aufklärungsquote beschreiben. Ich warne aber auch davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten und die Kompetenz unserer Kriminalistinnen und Kriminalisten in Zweifel zu ziehen und diesen Umstand direkt mit der Aufklärungsquote zu verknüpfen. Denn wie jede Statistik unterliegt natürlich auch die Kriminalstatistik bestimmten Schwankungen, die aus einer Fülle von Faktoren resultieren. Zweifelsohne spielen dabei auch die von Ihnen genannten Umstrukturierungsmaßnahmen eine Rolle, die im Rahmen der Reform der Kriminalpolizei vollzogen worden sind. Aber das ist nicht das einzige Argument. Ich halte es also für entschieden zu kurz gegriffen, wenn Sie die Statistik sofort und direkt mit Rückschlüssen auf die Qualität der Ausbildung der brandenburgischen Polizei insgesamt verbinden.

Wir praktizieren in Brandenburg sehr bewusst die Generalistenausbildung, wie sie auch von zahlreichen Fachleuten favorisiert wird. Sie hat sich aus meiner Sicht auch bewährt. Unsere Absolventen der Fachhochschule der Polizei - sowohl im gehobenen als auch im mittleren Dienst - verfügen über kriminalpolizeiliche Fachkenntnisse, die durch zielgerichtete Fortbildung dann vertieft werden müssen. Es gibt natürlich nichts, was man nicht noch verbessern kann; das ist klar. Dies hat man im Innenministerium auch schon erkannt. Es gibt eine Projektgruppe „Evaluierung der Kriminalpolizei“, die schon Vorschläge

unterbreitet hat, wie man die kriminalpolizeiliche Fortbildung verbessern kann, wie man also aufgesetzt auf eine gute Ausbildung dann eine zielgerichtete Fortbildung betreiben kann.

Meine Damen und Herren, Sie tragen mit Ihrem Antrag aus meiner Sicht Eulen nach Athen. Die Leistungsfähigkeit der Brandenburger Kriminalpolizei hängt gerade vor dem Hintergrund der Neustrukturierung natürlich und ganz erheblich von der Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab; das ist klar. Es kommt künftig jedoch darauf an, dass es noch besser gelingt, den Standard der kriminalpolizeilichen Ausbildung mit dem Standard der kriminalpolizeilichen Fortbildung in einer hohen Qualität so zu organisieren, dass am Ende dabei gute polizeiliche Arbeit herauskommt. Hier sind, wie gesagt, die Kollegen im Innenministerium dran; wir sind Ihnen, wie so oft, eine Nasenlänge voraus, denn erste Schritte zur Umsetzung dieser Empfehlungen sind unter anderem auch mit der Fachtagung „Fortbildung Kriminalpolizei 2010“ am 26. und 27. Januar 2009 eingeleitet worden.

Wir sind also der Meinung, dass Ihr Antrag überflüssig ist, weil wir - wie gesagt - bereits auf dem Weg dorthin sind; ich bedanke mich jedoch nochmals für die Anregung. Wir lehnen diesen Antrag damit ab.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Claus.

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Grundsätzlich ist Ihrem Verlangen zu entsprechen, denn von der Sache her hat Aus- und Fortbildung noch niemandem einen Schaden zugefügt; es sei denn, man negiert diese Problematik. Gleichwohl ist eine Differenzierung zwischen Ausbildung und Fortbildung zu treffen. Hier hätte ich mir von dem Kollegen der Fraktion DIE LINKE eine schärfere Abgrenzung von diesem Verlangen gewünscht, Herr Dr. Scharfenberg.

Die Grundausbildung unserer Polizeibeamten basiert auf einem hohen Standard, der einem Vergleich mit anderen Bundesländern ohne Weiteres standhält und sich auch international messen lassen kann. Ich rede hier ganz bewusst von der Grundausbildung, denn wir alle wissen, dass die tägliche Erfahrung sowie die permanente Begleitung durch erfahrene Kollegen in den ersten Dienstjahren unverzichtbar für jeden Berufsanfänger, also für jeden jungen Polizeibeamten, ist. Ich bin mir auch sicher, dass die Ausbildungsprogramme für die Grundausbildung permanent den neuesten Erkenntnissen, der Notwendigkeit und der täglichen Herausforderung eines Polizeibeamten angepasst werden. Das wird Ihnen auch jeder junge Polizeibeamte unmittelbar nach dem Verlassen der Polizeischule bestätigen. Den Feinschliff und die spezifischen Besonderheiten erlernt der junge Beamte im täglichen Einsatz besser als auf der Schulbank.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der Betrachtung der polizeilichen Fortbildung. Sie betrifft im Allgemeinen Beamtinnen und Beamte, die ihre Feuertaufe in der Regel hinter sich haben und durch derartige Maßnahmen spezielle Kenntnisse vermittelt bekommen bzw. in einer speziellen Disziplin vertiefend

ausgebildet werden sollen. Davon, meine Damen und Herren, kann es nicht genug geben. Hier sehen sowohl ich als auch meine Fraktion die Landesregierung in der Pflicht, alles zu unternehmen, um unsere Polizeibeamten auf dem Stand der neuesten Erkenntnisse zu halten.

Grundsätzlich befindet sich die Gesamtkriminalität in Brandenburg entsprechend der aktuellen Statistik in einer fallenden Tendenz, was ausnahmslos zu begrüßen und im Sinne all unserer Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg ist. Jedoch bleibt dem aufmerksamen Betrachter dieser Statistik auch nicht verborgen, dass die Aufklärungsquote leider eine fallende Tendenz aufweist. Waren es im Jahr 2007 noch 57,4 % aller Fälle, die aufgeklärt wurden, so waren es 2008 nur noch 51,9 % der Fälle. Obwohl diese statistischen Werte nur über zwei Jahre gemessen wurden, so ist es dennoch ein Achtungssignal und bedarf einer genauen Analyse hinsichtlich der Gründe für diese Verschlechterung, denn diese wollen und können wir uns hier in Brandenburg nicht leisten.

Ich weise darauf hin, dass dieser Rückgang der Aufklärungsquote genau mit dem Zeitraum der Strukturreform bei der Kriminalpolizei übereinstimmt und daraus vielleicht - ich betone: vielleicht - voreilig der Schluss gezogen werden könnte, dass die Reform Verursacher des Rückgangs der Aufklärungsquote ist. Dafür liegen momentan jedoch keine hieb- und stichfesten Beweise vor. Es bedarf daher einer grundsätzlichen und sorgfältigen Prüfung des Sachverhalts. Sollte sich dabei jedoch herausstellen, dass die Strukturreform der Kriminalpolizei dafür ursächlich infrage kommt, müsste ich heute schon die Forderung an die Landesregierung stellen, Strukturen der polizeilichen Aufklärung so zu gestalten, dass ein weiterer Rückgang der Aufklärungsquote ausgeschlossen wird.

Herr Innenminister, Sie sollten sich auch nicht davor scheuen, in der Sache anonym interne Umfragen unter den betroffenen Polizeibeamten zu veranlassen, um so alle Möglichkeiten ausschöpfen zu können, wieder zu besseren Aufklärungsquoten in der Kriminalpolizei zu gelangen. Alles, was dazu notwendig ist, muss im Interesse der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger auch getan werden. Dazu bildet neben den materiellen Voraussetzungen die fachliche Weiterbildung der Ermittlungsbeamten eine notwendige, unverzichtbare Grundlage. Wer hier spart, muss sich nicht wundern, wenn die Gesetzesbrecher immer eine Nasenlänge voraus sind.

Meine Damen und Herren der Landesregierung, geben Sie also unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, wann immer es möglich, notwendig und machbar ist, die Möglichkeit einer qualifizierten, hochwertigen, fachlichen Weiterbildung. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Petke.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Scharfenberg, ich bitte Sie: Machen Sie die Arbeit der Kriminalpolizei in Brandenburg nicht schlecht! Da sinkt nach langer Zeit der Steigerung zum ersten Mal die Aufklärungs

quote, und Sie sagen, schuld sei die Arbeit der Kriminalpolizei. Das ist der Schluss aus dem, was Sie vorgetragen haben.

(Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Das ist eine Unterstel- lung!)

- Das ist keine Unterstellung, das ist der Schluss aus dem, was Sie vorgetragen haben. Das ist falsch, das ist absurd.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [DIE LINKE])

Das ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen Männer und Frauen, die in der Kriminalpolizei für den Rechtsstaat kämpfen.

Meine Damen und Herren, die gute Nachricht der Polizeilichen Kriminalstatistik 2008 ist die, dass wir in Brandenburg deutlich weniger Straftaten haben; denn deutlich weniger Straftaten heißt - das werden auch die Kollegen der Linken nicht wegdiskutieren können -, dass es in Brandenburg weniger Opfer von Straftaten gibt. Weniger Opfer von Straftaten, das ist der politische Auftrag, den wir haben, nämlich Kriminalität zu vermeiden.

Wenn man sich die Debatten der vergangenen neun Jahre in Erinnerung ruft, da wird man kaum eine Stelle finden, wo die Linke, damals noch PDS, mal irgendeiner Änderung des Polizeigesetzes zugestimmt hat,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Scharfenberg [DIE LINKE])

irgendeinem Vorschlag der Landesregierung oder der Koalitionsfraktionen, was die Polizeistruktur betrifft. Aber in dem Moment, in dem die Aufklärungsquote in einem Bereich, wo die Luft eben auch sehr dünn wird da oben um die 60 %, ein Stück nach unten geht, sind dann die wohlfeilen Vorschläge da, dann ist es die Ausbildung der Kriminalisten. Da ist Bernig der Pressesprecher der GdP-Spitze, da ist Scharfenberg der Pressesprecher des BDK. Wenn Ihnen politisch nichts Besseres einfällt, als die Pressemitteilungen der Gewerkschaften abzuschreiben, „DIE LINKE“ drüberzuschreiben und das hier in den Landtag einzubringen, dann sind Sie politisch am Ende.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE)

Sie brauchen den Landtag wirklich nicht damit zu belästigen,

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

dass Sie sich die Pressemitteilungen der Gewerkschaften aus dem Internet ziehen, „LINKE“ drüberschreiben und das hier einbringen.

Wie ist denn die Lage tatsächlich? - Für den Rückgang der Aufklärungsquote auf einen Wert, der uns vor zehn Jahren in Brandenburg immer noch stolz gemacht hätte, von dem andere Länder träumen,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

der Ausdruck dafür ist, wie sicher die Menschen in diesem Land leben, mag es Gründe geben. Aber in einer Panikreaktion hier zu sagen, das liege an der Ausbildung der Kriminalisten, halte ich für vollkommen verkehrt. Es sind doch dieselben Kriminalisten, die vor drei oder vier Jahren für eine Auf

klärungsquote von fast 60 % gesorgt haben. Das funktioniert doch nicht. Das ist vielleicht die Logik der Linken, aber das hat mit Logik im eigentlichen Sinne des Wortes absolut nichts zu tun.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wir werden darüber diskutieren müssen und der Innenminister wird auch darauf eingehen, welche Ursachen es dafür gibt, dass die Aufklärungsquote zurückgegangen ist. Jeder hier im Raum, nicht nur die Innenpolitiker, sondern überhaupt Leute mit politischem Verständnis, wozu ich die große Mehrzahl hier im Plenum rechnen will,

(Frau Geywitz [SPD]: Danke!)

wissen: Dafür kann es ganz andere Ursachen geben. Es ist verfehlt, eine Ursache oder eine mögliche Ursache heranzuziehen.

(Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Werden Sie doch mal konkret!)