Protocol of the Session on December 18, 2008

Die rote Landesregierung hat von Anfang an die Zeichen der Zeit verkannt. Zudem wurden mit einer völlig verfehlten Förderpolitik nach dem Gießkannenprinzip in der Fläche - trotz der niedrigen Bevölkerungsdichte - vor allem zentrale Entsorgungskonzepte realisiert. Seit dem Jahr 1999 - sogar noch davor - sprechen wir darüber. Damals waren Sie, Herr Minister, noch Abgeordneter und haben uns ein wenig Recht gegeben.

Diese Suppe muss das Land noch heute auslöffeln und wird die öffentlichen Haushalte auch künftig belasten. Angesichts der Tatsache, dass die demografische Entwicklung auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu einer Verringerung der Bevölkerungsdichte insbesondere in den berlinfernen Regionen führt - mit der Folge, dass nach dem Kostendeckungsprinzip des kommunalen Abgabengesetzes immer höhere Gebühren auf die angeschlossenen Grundstücke entfallen -, dürfte es derzeit nicht akzeptabel sein, das Auslaufen des Programms zum Schuldenmanagementfonds zum Jahresende zu ignorieren.

Die DVU-Fraktion ist jedoch nicht geneigt, meine Damen und Herren von der Linken, Ihnen populistisch auf den Leim zu gehen. Frau Adolph, wenn es in Ihren populistischen Anträgen dies wurde vorhin bereits gesagt - wieder einmal um die Verteilung der Steuergelder geht, müsste auch darin stehen, woher diese Gelder genommen werden sollen. Schließlich geht es um 65 Millionen Euro, mit denen das Programm finanziert werden soll.

Zudem steht in dem vorliegenden Antrag nichts darüber, wie sich die Linke die von ihr geforderte konsequente Abkehr von der bisherigen Anschlusspolitik vorstellt. Es wird kein Wort gesagt, ob dies zentral oder dezentral erfolgen soll. Zumeist wird dezentral gefordert, jedoch besteht die Landesregierung weiterhin beharrlich auf zentral.

Meine Damen und Herren von der Linken, ziehen Sie Ihren Antrag zurück, überdenken Sie ihn noch einmal und bringen Sie ihn überholt ein! - Danke schön.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Dombrowski spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzusagen: Die CDU-Fraktion wird dem Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht zustimmen. Ich möchte das kurz begründen.

Kollegin Adolph hat hier eine atemberaubende Schirmtheorie vertreten, nach der über die Banken ein Schirm gespannt und es beim Abwasser so ähnlich sei. Nur: Der Unterschied zwischen dem Schirm für die Banken und dem Abwasserschulden

managementfonds besteht unter anderem darin, dass der Bund hier einen Schirm gespannt hat aus Bürgschaften, die die Banken, die diese in Anspruch nehmen, teuer bezahlen müssen, während wir hier in Brandenburg beim Schuldenhilfefonds Abwasser von barem Geld, von 166 Millionen Euro - Sie haben es gesagt; das ist Geld des Steuerzahlers -, reden. Das ist ein verlorener Zuschuss, was auch völlig in Ordnung ist, sonst könnten wir nicht helfen. Aber Ihre Schirmtheorie stimmt eben nicht, wie auch vieles andere von dem, was Sie gesagt haben, einfach nicht stimmt.

Das, was Sie vorgetragen haben, ist auch in sich widersprüchlich. Sie haben auszumachen versucht, wo hier die Übeltäter sind, und angeregt, andere sollten dann bezahlen. Die Bürger können nichts dafür, aber Fakt ist auch, dass nicht überall im Land Brandenburg in den Nachwendejahren in der Abwasserpolitik die Weichen falsch gestellt wurden. In vielen Teilen des Landes ist es genau richtig oder besser gemacht worden. Alle hatten die gleichen Voraussetzungen. Von daher kann man auch die kommunalen Mandatsträger nicht ganz außen vor lassen, wenn es um die Verantwortung geht.

Des Weiteren sprechen Sie von einem sozialverträglichen Umbau in der Abwasserwirtschaft. Was soll das eigentlich bedeuten? Klar ist - das wissen Sie auch -: Der Fachausschuss hat sich am 12. März 2008 ausführlich mit dem Gutachten befasst. Er hat einstimmig empfohlen, auch das Schuldenmanagementprogramm fortzuführen. Es wird auch fortgeführt; daran hat niemand Zweifel. Nur, wenn Sie einerseits mehr Geld fordern und andererseits - hier komme ich wieder zu Ihrer Schirmtheorie - in Ihrem Antrag wortwörtlich ausführen, die Kriterien sollen dahin geändert werden, dass seitens des Landes die in kommunaler Selbstverwaltung getroffenen Entscheidungen respektiert werden, betrifft dies insbesondere Fragen der Abwasserkonzepte, die Anerkennung dezentraler Lösungen als Alternative. Bei Ihrer Schirmtheorie für die Banken würde das bedeuten, der Steuerzahler gibt das Geld, und die Banken können dann so verfahren, wie sie es für richtig halten. Genau aus diesem guten Grund macht die Bundesregierung dies nicht, sondern es werden genaue Vorgaben vereinbart. Sie wissen, das geht bis hin zu Gehältern usw.

Wenn das Land Brandenburg diese Fehlentwicklungen aus Mitteln, die die Bürger, also die Steuerzahler, aufbringen, zu korrigieren versucht, dann muss es nach den Regeln gehen, die diejenigen, die in diesem Land für die Mittelverwendung verantwortlich sind, aufgestellt haben. Nicht, dass diejenigen das Geld kriegen, die es vorher nicht ordentlich, nicht richtig gemacht haben und jetzt mit neuem Geld einfach so weitermachen. Das geht nicht.

(Schulze [SPD]: Aber jetzt ist ja eine neue Generation da!)

Verbände, die glauben, sie könnten weitermachen wie bisher, würden von mir, wenn ich es entscheiden könnte, keinen einzigen Cent bekommen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich habe vor zwei Jahren mit dem Geschäftsführer eines Abwasserverbands gesprochen, der mich dafür gewinnen wollte, dafür zu werben, dass der Verband Geld aus dem Schuldenmanagementprogramm bekommt. Da habe ich gefragt: Wie viel

Geld brauchen Sie denn? - Er antwortete: Zwischen 8 und 12 Millionen Euro. - Darauf sagte ich: Sie müssen doch als Geschäftsführer wissen, wie viel Geld Sie brauchen, damit Sie betriebswirtschaftlich wieder in eine gerade Linie kommen. - Das zeigt mir doch, dass derjenige sich gar nicht darüber im Klaren war, worum es eigentlich geht. Er kann sich doch nicht darauf verlassen, dass das Land ausrechnet, wie viel Geld in seinem Verband gebraucht wird.

Kurzum: Der Schuldenmanagementfonds wird weitergeführt. Ich appelliere ganz klar, nach den Regeln, die wir im Land vorgeben, zu handeln. Da wird auch kein Insolvenzverwalter - das darf er auch gar nicht - mit dem Geld, das er von irgendwoher kapitalisieren kann, einfach das machen, was die alte Geschäftsführung ihm sagt. Da müssen die Weichen neu gestellt werden. Insofern haben Sie vielleicht ein wenig Recht: Man sollte an die Vergaberegeln auch stärker binden, dass sich die Verbände zu wirtschaftlichen Einheiten neu strukturieren. Dazu werden auch die Verbandsvertreter herangezogen; die müssen das nämlich auch wollen.

Kurzum: Der Antrag ist abzulehnen, weil er in keinem Punkt wirklich schlüssig ist. Er verfolgt ausschließlich emotionale Ziele. Von dem Versuch, den Beweis erbringen zu wollen, dass Sie sich in besonderer Weise kümmern, können wir uns nicht irritieren lassen. Die Interessen der Bürgerinnen und Bürger sind bei den Koalitionsfraktionen hier im Landtag Brandenburg sehr gut aufgehoben. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Minister Woidke erhält für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Adolph, ich hatte mir eigentlich einen anderen Anfang ausgedacht, möchte aber noch einmal Folgendes feststellen: Wenn Sie sich hier heute hinstellen und über Fehler der 90er Jahre referieren, sollten Sie zwei Dinge dabei nicht vergessen.

Erstens: Welche Situation hat man in Brandenburg im Umweltbereich - speziell im Trinkwasser- und Abwasserbereich - im Jahre 1989/90 vorgefunden?

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Zweitens: In welcher Kürze der Zeit mussten häufig - das muss man ja den Leuten zugestehen - wichtige Investitionsentscheidungen für diese Kommunen von Leuten getroffen werden, die erst Tage, Wochen oder Monate im Amt waren?

Wenn Sie sich jetzt hier hinstellen, beckmessern und sagen, man hätte ja damals alles viel besser machen können - hätte man vielleicht -, dann vergessen Sie nicht, von welcher Situation wir ausgegangen sind. Vergessen Sie auch nicht, dass es in vielen Teilen des Landes danach auch demografische Entwicklungen gab, die nicht einmal Sie - obwohl Sie mitunter die Weisheit mit Löffeln gefressen haben - vorhergesehen haben.

(Beifall bei SPD)

Ich halte es in gewisser Weise schon für eine Unverschämtheit, hier so zu tun, als ob der Schuldenmanagementfonds die Ursache sei. Sie haben die ganze Zeit daran herumgekrittelt, und am Ende sagen Sie: Wir wollen, dass er weitergeführt wird.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Diese Pirouette fand ich äußerst bemerkenswert.

Wir haben mit dem Schuldenmanagementfonds vor knapp zehn Jahren angefangen, Aufgabenträger in der Fläche des Landes zu unterstützen, und das nur aus einem einzigen Grund: um dauerhaft stabile Beiträge für die „zu entsorgenden“ Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

- Ja, Frau Kaiser, wir haben es hier mit einer kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe zu tun. Noch etwas: Sie sind ja die Partei, die so solidarisch ist. Ich frage mich daher, wieso hier noch einmal die Pirouette gedreht wird, den Anschluss- und Benutzerzwang infrage zu stellen. Das wird von Ihnen regelmäßig gemacht. Einerseits wollen wir die große Solidarität. Auf der anderen Seite sagen Sie, wenn jemand krakeelt: Na bitte schön, dann brauchen Sie nichts bezahlen; das können ja die anderen alle mitbezahlen! - Das kann doch wohl nicht wahr sein.

(Beifall bei der SPD sowie Zurufe: Genau!)

Der Anschluss- und Benutzerzwang ist ein Recht, das der Kommune eingeräumt wird. Die Kommunen in Brandenburg sage ich hier noch einmal ganz bewusst - machen angemessen davon Gebrauch. Sie müssen es nicht anziehen, können es aber, wenn es dem Gemeinwohl dient und damit die Beiträge für alle günstiger gestaltet. Das gehört zur Wahrheit hinzu. Nur weil Sie da irgendwo drei Leute kennen, die sagen, wir wollen nicht angeschlossen werden, kann man doch nicht den Anschlussund Benutzerzwang,

(Beifall bei der SPD)

der die Grundlage für sozialverträgliche Gebühren - übrigens nicht nur im Bereich des Abwassers, auch im Bereich des Trinkwassers, im Bereich der Müllentsorgung, im Bereich des Straßenbaus - bildet, infrage stellen oder dies tun, weil jemand sagt: Ich gehe hinten aus dem Haus und benutze die Straße gar nicht!

(Klein [SPD]: Genau!)

Jetzt komme ich zu meiner Rede.

(Heiterkeit und Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Frau Adolph, es ist kurz vor Weihnachten. Ich finde es gut, dass Sie am Ende gesagt haben, Sie wollen, dass der Schuldenmanagementfonds fortgeführt wird. Ich möchte an dieser Stelle eines anfügen: Ich bitte Sie, auch deswegen mit der Kritik zurückhaltend zu sein, weil die Leute, die darin arbeiten - es sind nicht allzu viele -, Höchstleistungen vollbringen. Ich möchte diese Leute hier ganz gezielt in Schutz nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist nicht einfach, jeden Abend zu irgendeiner Gemeindevertretersitzung im Land Brandenburg zu fahren und die Leute davon zu überzeugen, dass es notwendig ist, eine Gebührensatzung zu beschließen, damit die Kommune weiterhin funktioniert. Das Ziel des Schuldenmanagementfonds - das ist der Fehler in Ihrem Antrag - ist zuerst die Stabilisierung der kommunalen Verhältnisse. Sie haben es hier - vom Bundesverfassungsgericht übrigens mehrfach bestätigt - nach wie vor mit einer kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe zu tun. Die Aufgabe ist gerade in einem Flächenland wie Brandenburg schwer zu erledigen. Bitte berücksichtigen Sie das.

Was die Weiterführung betrifft, sind wir alle einer Meinung. Darüber freue ich mich. - Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest.

(Lebhafter Beifall bei SPD und CDU)

Wir kommen zur Abstimmung, nicht über das Weihnachtsfest, sondern über den Antrag in der Drucksache 4/7021. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Ersatzwahl eines Mitglieds des Richterwahlausschusses

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/7023