Protocol of the Session on May 28, 2008

Die Haltung, die Sie hier dargelegt haben, ist vergleichbar mit der Cervantes-Erzählung „Don Quichotte“. Ich überlasse es Ihnen, festzulegen, wer die Rolle des Ritters von der traurigen Gestalt übernimmt.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das ist in der Geschichte oft fehlinterpretiert worden!)

- Ich kann Ihnen nur empfehlen, Frau Kaiser, die Sommerpause zu nutzen und auch die Hinweise des Friedensnobelpreisträgers Norman Ernest Borlaug zu befolgen. Er ist der Pionier der Grünen Revolution; mit seinen Einführungen auf diesem Gebiet hat er ca. 1 Milliarde Menschen auf dieser Welt das Leben gerettet. Belegen Sie einen Intensivkurs in Biologie - wenn möglich, mit der gesamten Fraktion; dann wird es billiger!

(Heiterkeit)

Es gibt Defizite und Ignoranz, was das biologische Denken und die Zusammenhänge in der Landwirtschaft, insbesondere in der Lebensmittelerzeugung, angeht. Grüne Gentechnik ist keine Hexerei - wenn überhaupt, dann für in der Sache Unwissende -, sondern Pflanzenzucht auf molekularer Ebene, die die konventionelle Züchtung ergänzt. Der Eingriff in ein Genom ist für denjenigen, der nichts davon versteht, eine unheimliche Vorstellung. Daraus resultiert Kritik, die wegen der Unwissenheit so populär und medial attraktiv ist. Mit entsprechenden Überschriften werden immer wieder Ängste geweckt.

Frau Steinmetzer-Mann, Sie haben an unser christliches Gewissen appelliert. Die Wissenschaft ist sich weltweit einig übrigens auch der Vatikan, und das will etwas bedeuten, wenn wir dem Schöpfer angeblich ins Handwerk pfuschen. Wir wissen, was wir wollen, und werden unserer christlichen Verantwortung gerecht. All diese Dinge tragen nämlich dazu bei, die Ernährung der Menschen auf dieser Welt zu sichern. Wer das infrage stellt, handelt unchristlich und unsozial.

(Dr. Klocksin [SPD]: Jetzt haben Sie also auch noch ei- nen göttlichen Auftrag, Herr Helm?)

- Wir nicht.

Mutter Natur ist die perfekteste Gentechnikerin. Wer das infrage stellt, stellt die Natur infrage. Sie braucht allerdings Jahrtausende. Diese Zeit haben wir nicht. Wir müssen reagieren.

Noch eine Frage, Frau Steinmetzer-Mann: Sie sind eine junge Frau. Was würden Sie anstelle einer Mutter in Indien oder Afrika tun, die ihr hungerndes Kind auf dem Arm hält und der ein Brot, gebacken aus Bt-Mais, gereicht wird? Würden Sie es zurückweisen oder dankbar annehmen? - Diese Frage beantworten Sie bitte selbst! - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Jürgens [DIE LINKE]: Das war unterste Polemik! - Weiterer Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Das war etwas schlicht!)

Zum Abschluss der Debatte erhält der Landwirtschaftsminister das Wort. Herr Dr. Woidke, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich habe die undankbare Aufgabe, in eine Debatte einzusteigen, die fast nicht mehr steigerungsfähig ist.

(Heiterkeit - Vietze [DIE LINKE]: In der Sache sehr wohl! - Weitere Zurufe)

Es ging hin und her, vor und zurück. Ich wäre dankbar, wenn sich die Zwischenrufer langsam beruhigen und wieder zuhören würden. Dann könnte ich nämlich darstellen, was wir als Landesregierung bzw. ich als Minister zu dieser Thematik zu sagen haben.

Frau Steinmetzer-Mann, in Ihrem Redebeitrag war die Attitüde erkennbar, Sie seien die Erste gewesen, die sich im Landtag mit den Risiken der Grünen Gentechnik befasst habe. Ich möchte Sie dezent darauf hinweisen, dass sich Mitglieder dieses Hauses mit den Chancen, aber auch mit den Risiken der Grünen Gentechnik schon befasst haben, als Sie noch in der Sekundarstufe II waren.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU)

Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber in der dritten Reihe sitzt mir mit Wolfgang Birthler - er liest gerade ganz angestrengt wichtige Unterlagen - jemand gegenüber, der schon vor vielen Jahren auf eventuelle Risiken hingewiesen hat. Frau Steinmetzer-Mann, Sie haben gesagt, ich hätte den Kopf in den Sand gesteckt. Ich denke, die Landesregierung Brandenburg hat auf die Risiken deutlich hingewiesen. Sie werden Mühe haben, ein Land zu finden, das ähnliche Anstrengungen zur Risikominderung insbesondere für die Landwirte, aber auch für Natur und Boden unternommen hat.

Wir haben vor über einem Jahr, am 8. März 2007, im Rahmen der Debatte über einen Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Grünen Gentechnik zugesagt, dass wir uns in der Novellierungsdebatte zum Gentechnikgesetz, das in der Bundesrepublik Deutschland den Rahmen bildet, für einen verstärkten Schutz der Natur einsetzen werden. Damals war die Situation noch eine andere; es gab noch kein Handelsverbot. Ich habe aber schon zu jenem Zeitpunkt darauf hingewiesen - insoweit ärgert mich Ihr Antrag -, dass wir als Land nur einen beschränkten Handlungsrahmen haben. Das sollte auch die Fraktion DIE LINKE zur Kenntnis nehmen. Wir bewegen uns hier in einem Rechtssystem, in dem Europa- und Bundesrecht dominieren; landesrechtlich gibt es insoweit nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten.

Im Rahmen der Debatte über das Gentechnikgesetz des Bundes hatte das Land Brandenburg einen Antrag eingebracht, der speziell darauf gerichtet war, dass für eventuell - ich formuliere es im Konjunktiv - gefährdete Schutzgebiete ein Mindestabstand vorgesehen wird. Dieser Antrag wurde im Bundesrat abgelehnt.

Daraufhin haben wir uns mit dem Bauernverband zusammengesetzt - für die Zusammenarbeit bin ich insbesondere seinem Vorsitzenden, Udo Folgart, dankbar - und darüber beraten, wie wir es schaffen können, Rechtssicherheit sowohl für die Genehmigungsbehörden, die auf der Kreisebene zu entscheiden haben, als auch für die Landwirte, die Grüne Gentechnik anwenden wollen, herzustellen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir uns mit dem Vorstand des Bauernverbandes darauf einigen konnten, in Brandenburg einen Mindestabstand von 800 m zu geschützten Biotopen einzuhalten. Wir werden uns mit dem Thema weiter beschäftigen müssen.

Dieter Helm, den ich sehr schätze, kann ich nicht in allen Punkten folgen.

(Helm [CDU]: Schade!)

Irgendwelche Heilsversprechen der Industrie dürfen nicht die Grundlage einer solchen Debatte sein.

(Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Steinmetzer-Mann?

Wenn ich mit dem Gedanken fertig bin, gern. - Grundlage der Debatte muss sein, dass wir von vornherein jegliches Risiko für die Bodenfruchtbarkeit, die Umwelt, die belebte Natur - natürlich auch für den Menschen - ausschließen wollen. Die Risiken müssen viel stärker als bisher im Zulassungsverfahren auf europäischer Ebene abgeklärt werden.

(Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Es kann nicht sein, dass erst Erfahrungen gesammelt werden mussten, die dazu geführt haben - insoweit gebe ich Frau Steinmetzer-Mann Recht -, dass der Bundesminister de facto den Handel mit MON 810 verboten hat. Aber MON 810 ist nicht die Grüne Gentechnik in Summe. Auch das muss man an dieser Stelle noch einmal sagen.

(Beifall bei der CDU)

- Dieter Helm hat gerade applaudiert; deswegen fällt es mir schwer, ihn erneut anzusprechen und zu kritisieren.

„Molekulare Pflanzenzucht“ ist ein bisschen zu nett formuliert. Ich habe es schon in einer der vergangenen Diskussionen gesagt: Bacillus thuringiensis würde sich nicht einmal in Zeiten höchster sexueller Not mit einer Maispflanze paaren. Hier gibt es Klärungsbedarf. Es ist eben nicht so, als ob ich zwei Reissorten oder Gerste mit Roggen kreuze. Ein Unterschied ist sehr wohl vorhanden. Wir überschreiten nämlich Artengrenzen. Deswegen gibt es höhere Risiken, die ausgeschlossen werden müssen.

(Beifall bei der SPD - Vietze [DIE LINKE]: Herr Helm, jetzt warten wir auf Ihre Anmeldung für den Bio-Kurs! - Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herr Minister, ich gehe davon aus, dass Sie Ihren Gedanken zu Ende geführt haben. Ich weise darauf hin, dass Nachfragen nach Ablauf der Redezeit nicht mehr zugelassen werden. Die Nachfrage von Frau Steinmetzer-Mann ist aber bereits davor akzeptiert worden. - Bitte stellen Sie Ihre Frage!

Herr Minister, ich stimme mit Ihnen insofern überein, als dass diese Problematik nicht auf dem Rücken der Landwirte ausgetragen werden darf. Ich denke, darin sind wir uns alle einig. Damit das nicht passiert, sind gesetzliche Regelungen notwendig. Ich nenne nur das Stichwort „Haftungsregelung“. Wir stimmen sicherlich fraktionsübergreifend auch darin überein, dass genau in diesem Punkt Handlungsbedarf besteht.

Herr Minister, Sie haben vor einigen Wochen die Regelung getroffen, dass der Abstand zu Naturschutzgebieten 800 m betragen muss. Können Sie mir bitte die Gründe dafür erklären? Welches sind die Ursachen dafür, dass das für „ganz normale“ Gebiete in Brandenburg nicht gelten soll? Sind die Gefahren nicht überall dieselben?

Frau Steinmetzer-Mann, wir haben die unteren Naturschutzbehörden in einem Rundschreiben darauf hingewiesen - so weit ist es richtig, was Sie sagen -, dass wir bei einem Abstand von größer 800 m zu einem Schutzgebiet im Regelfall keine Risiken sehen. Das heißt natürlich auch, dass es von diesem Regelfall sicherlich Ausnahmen geben wird. Wenn Sie beispielsweise ein Feld haben und sich das Naturschutzgebiet nebenan in einer Senke befindet, kann ein Pollenflug weiter als 800 m sein. Nach allen Studien, die uns zur Verfügung stehen, können wir sagen, dass wir die Risiken für das Naturschutzgebiet mit einem Abstand von 800 m auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse weitgehend ausschließen können. Wenn es andere Erkenntnisse gibt, werden wir eventuell darüber nachdenken müssen, ob wir mit den Behörden, die darüber zu entscheiden haben, ob es eine Umweltverträglichkeitsprüfung gibt - das ist die Landkreisebene -, und andere Abstände festgelegt werden sollten.

Ich möchte die Gelegenheit der Antwort auf die Zwischenfrage dazu nutzen, noch einen Satz zu dem zu sagen, was mir wichtig ist und was hier nicht zur Sprache gekommen ist - Herr Präsident, ich weiß, es ist nicht ganz fair -: Wir müssen auch darauf achten, dass die Landwirtschaft nicht in die Patentabhängigkeit von weltweit agierenden Industrieunternehmen gerät. Auch dies ist ein Punkt. Die züchterische Arbeit der Landwirte von 12 000 Jahren darf nicht privatisiert werden. - Danke sehr.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Debatte.

Ich stelle den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/6225 zur Abstimmung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag bei wenigen Enthaltungen abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Ächtung von ausbeuterischer Kinderarbeit

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/6230

Frau Abgeordnete Fechner von der DVU-Fraktion eröffnet die Debatte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Zeichen gegen die Ausbeutung von Kindern verabschiedete der Bayerische Landtag als erstes Parlament in Deutschland während seiner Plenarsitzung im Mai 2007 einen Anti-Kinderarbeitsbeschluss. Damit wurde die Bayerische Staatsregierung ausdrücklich verpflichtet, bei Ausschreibungen und Anschaffungen auf Produkte aus Kinderarbeit zu verzichten.

Wir von der Deutschen Volksunion fanden diese Initiative des Bayerischen Landtages durchaus nachahmenswert und haben deshalb im September 2007 die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage gefragt, inwieweit sie gedenkt, hier tätig zu werden. Etwas enttäuscht haben wir die Antwort der Landesregierung vernommen. Sie teilte uns nämlich mit, dass es nicht Aufgabe der Landesregierung sei, symbolische Politik zu betreiben. Doch, meine Damen und Herren, es geht hier nicht um symbolische Politik. Es geht um die Ausbeutung von Kindern, in dem Fall um die Ausbeutung von ausländischen Kindern. Sie haben doch immer so ein großes Herz für unsere ausländischen Mitbürger. Hier können Sie tätig werden.

Jedes Jahr erteilen Bund, Länder und Kommunen in Deutschland Aufträge im Wert von mehr als 250 Milliarden Euro. Fast ein Sechstel des gesamten Bruttoinlandproduktes der EU wird von staatlichen Stellen ausgegeben. Damit ist klar: Die Marktmacht der öffentlichen Hand ist gewaltig. Mit dieser Macht wächst auch die Verantwortung, die der Fiskus gegenüber denjenigen hat, von denen er seine Produkte und Dienstleistungen bezieht.

Es ist also ein Gebot der Verantwortung, dass der Landtag heute geschlossen die Landesregierung dazu auffordert, im Beschaffungswesen und bei Ausschreibungen des eigenen Geschäftsbereichs künftig nur noch Produkte zu berücksichtigen, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt werden.

Obwohl die Zeit der Kinderarbeit in Deutschland zum Glück viele Jahrzehnte zurückliegt, sind es doch mehr als 200 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 17 Jahren, die nach Schätzungen der ILO weltweit arbeiten müssen, statt in eine Schule zu gehen. Mehr als 100 Millionen dieser Kinder arbeiten noch dazu unter katastrophalen Bedingungen: in Silberbergwerken, Steinbrüchen und auf Plantagen. Während dieser Arbeit setzen sie sich oft einem hohen Gesundheitsrisiko aus. Langfristige Schäden sind in aller Regel nicht vermeidbar.