Protocol of the Session on May 28, 2008

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält nun Herr Abgeordneter Werner.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit gut zwei Jahren bemühen wir uns um eine Novellierung des Musikschulgesetzes. Es geht im Prinzip um drei Punkte, zwei davon hat Kollege Dr. Hoffmann schon genannt, nämlich - erstens - den Bereich Darstellende und Angewandte Kunst mit im Gesetz zu verankern sowie - zweitens - Netz und doppelten Boden für Festanstellungen einzuziehen. Einen dritten Punkt haben Sie nicht genannt, er fehlt in Ihrem Gesetzentwurf schlichtweg, nämlich: Wir wollen einen Aufwuchs auf dem alten Stand, nämlich eine Anhebung der Zuwendungen um mindestens 724 000 Euro auf den Status quo des Zeitpunktes, zu dem wir das Musikschulgesetz beschlossen haben.

Ich kann Ihnen sagen: Wenn man als jemand, der sehr eng mit dieser Materie vertraut ist, zum wiederholten Male hier steht und nach über zwei Jahren immer noch kein Ergebnis zu verzeichnen ist, so ist das nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Deshalb appelliere ich an alle Kolleginnen und Kollegen, einmal an die eigene Nase zu fassen, damit wir es nun endlich schaffen, dies im Gesetz zu verankern.

Wir haben, Kollege Dr. Hoffmann, auch noch eine andere Verabredung getroffen. Ich darf hinzufügen: Ich stehe zu diesen Beschlüssen, habe sie im Vorstand mitgetragen und habe sie bei der Mitgliederversammlung stets und ständig vertreten. Aber wir haben noch eine andere Verabredung getroffen, nämlich die, dass keine Fraktion - auch die Koalition nicht - dies im Alleingang macht.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Münch [SPD])

Genau diese Verabredung, Kollege Dr. Hoffmann, haben Sie verlassen, und das macht mich richtig wütend. Sie stellen sich hier - wie noch vor fünf oder zehn Minuten - hin und sagen, Sie wollen kein parteipolitisches Taktieren, Sie wollen es nicht parteipolitisch ausnutzen. Aber genau das tun Sie!

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Sie waren doch gar nicht dabei!

Sie, Herr Dr. Hoffmann, haben sich vorige Woche vor den Fachleuten auf der Regionalversammlung in Guben hingestellt und die Katze aus dem Sack gelassen, nämlich gesagt, dass Sie damit Wahlkampf machen wollen. Sie haben gesagt: Die Kommunalwahlen stehen bevor, die Landtagswahlen stehen bevor,

und deswegen müssen wir jetzt handeln. Sie haben von Variante 4 oder 23 geredet - egal, welche Variante: Wir haben eine Verabredung getroffen. Es ist unseriös, so vorzugehen.

(Vereinzelt Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Ihr Gesetzentwurf ist auch inhaltich unseriös. Selbst wenn man der Auffassung folgen würde, dass diese freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe Musikschulen möglicherweise nicht unter das Konnexitätsprinzip fällt - sage ich einmal ganz vorsichtig -, ist es einfach unanständig, eine Leistung zu beschließen, die die Träger zu erbringen haben, aber nicht in das Gesetz hineinzuschreiben, wie es dann bezahlt werden soll. Da sind wir doch in der Pflicht, hier etwas zu tun und auch eine Summe hineinzuschreiben, damit es finanziert werden kann.

Ich habe nichts gegen Sportförderung; die ist äußerst wichtig, auch nichts gegen kostenlose Schülerbeförderung; auch da sind Zuwendungen richtig und wichtig. Aber warum haben wir vor vier oder fünf Jahren im Musikschulbereich gekürzt? Warum sind wir nicht in der Lage, diesen Aufwuchs wieder herbeizuführen? Kollege Dr. Hoffmann hat die Schülerzahlen genannt. Sie sind im Steigen begriffen. Ich will Ihnen nur einmal die Zahlen für Elbe-Elster nennen. Wir haben in den zurückliegenden zehn Jahren einen Aufwuchs der Jahreswochenstunden um 42 %. Wir hatten 1996 1 700 Schüler - das waren 8,1 % der Gesamtschülerzahl im Landkreis -, die an eine Musikschule gegangen sind. Im vergangenen Jahr hatten wir 2 350 Musikschüler, das sind immerhin 24,5 % der gesamten Schüler, die eine Musikschule besuchen. Die Leistung, die an allen Musikschulen entgegen dem Trend, dass sich die Schülerzahl abwärts bewegt, erbracht wird, muss uns auch etwas wert sein. Deshalb muss ein Aufwuchs ins Gesetz geschrieben werden. So, wie Sie, Kollege Hoffmann, es gemacht haben, geht es eben nicht.

Ein zweiter Punkt, der ebenfalls nicht gesetzlich zu regeln ist, ist die Frage der Vergütung von Honorarkräften. Das kann nur der Träger regeln. Wir können es dem Träger nicht gesetzlich vorschreiben, in welcher Höhe er Honorarkräfte zu vergüten hat.

Sie reden vom Stundenverdienst. Dann müssen Sie schon hinzufügen, ob Sie Brutto oder Netto meinen, denn es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen Brutto und Netto von Festangestellten und Honorarkräften.

Ich will auf zwei Probleme bei den Honorarkräften aufmerksam machen. Zum einen: Wenn Honorarkräfte vollbeschäftigt sind, haben sie in aller Regel nur die Hälfte des Bruttojahresverdienstes eines Festangestellten. Einzelheiten, zum Beispiel was sie noch an Abgaben zu leisten haben, erspare ich mir jetzt. Das Problem reicht aber noch weiter. Inzwischen - da müssen wir ansetzen - ist es so, dass uns auf dem flachen Lande qualifizierte Fachkräfte fehlen. Allein an der Musikschule im Landkreis Elbe-Elster können 15 % der Unterrichtsstunden nicht mehr von qualifiziertem Personal mit Fach- oder Hochschulabschluss geleistet werden. An der Außenstelle in Herzberg sind es gar schon 40 % der Stunden, die von Laien oder Amateuren gegeben werden, die also keinen Abschluss haben. Diesem Problem müssen wir uns verstärkt zuwenden.

In diesem Sinne hoffe und wünsche ich, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft einen Gesetzentwurf hinbekommen, in dem die Erhöhung der Zuwendungen verankert ist und die anderen beiden Punkte ebenfalls geregelt werden.

Ihrem Gesetzentwurf kann man in dieser Form aus den Gründen, die ich genannt habe, nicht zustimmen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Ministerin Prof. Dr. Wanka. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als im Jahr 2000 hier im Parlament das Musikschulgesetz beschlossen wurde, war es das erste in dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben gehört, es gibt jetzt einige weitere, aber nicht mit den Besonderheiten wie in unserem Musikschulgesetz. Was war oder ist die Besonderheit? Eigentlich drei Punkte: eine klare Fixierung, dass die Finanzierung der Musikschulen verpflichtend von den entsprechenden Landkreisen zu unterstützen ist, was auch viel Ärger bei den Landräten ausgelöst hat, dass das Land eine klare Aussage trifft, die Musikschulen zu finanzieren, also Sicherheit für die Musikschulen, und die Fortschreibung von Qualitätsstandards, wann eine Musikschule anerkannte Musikschule des Landes Brandenburg ist?

Es gab daraufhin viele Begehrlichkeiten aus anderen Bereichen der Kultur. Die Bibliotheken zum Beispiel möchten auch solch ein Gesetz haben, das langfristig Unterstützung von Land und Kommune oder den entsprechenden Gebietskörperschaften festlegt. Auch der Bereich der Kunstschulen gehört dazu. Der Kulturetat gehört nicht zu den prioritären Bereichen. Wir wissen, wie sich der Landeshaushalt entwickelt. Das heißt, der Kulturetat wird nicht wachsen, sondern eher sinken, wenn wir für einzelne Segmente wie die Musikschulen in diesem Etat Summen festschreiben. Bei ohnehin schon hohem Bindungsgrad bedeutet das: Alles, was neu hinzukommt, ein Gitarrenfestival, ein Musikfest etc., kann nicht gefördert werden, weil man sich für einen großen Bereich sozusagen gesetzlich fixiert hat. Deswegen ist es nicht möglich, das, was sich viele in der Kultur wünschen, mit solchen gesetzlichen Regelungen zu realisieren.

Das Musikschulgesetz haben wir. Das ist - das sage ich jetzt auch in Richtung des Verbandes - im Bereich der Kulturangebote eine gewisse Besserstellung durch die klaren Verpflichtungen in diesem Gesetz. Das ist aber mit Absicht so gemacht worden, und das soll auch so bleiben.

Wenn man die Ergebnisse betrachtet - es wurden heute bereits Zahlen genannt, wie viele Kinder trotz sinkender Schülerzahlen in die Musikschulen gehen, es wurde von Teilnehmerrekorden gerade in diesem Jahr bei „Jugend musiziert“ gesprochen -, kann man deutlich feststellen, dass die Musikschulen überall im Land nicht nur Schulen sind, in denen die Kinder Instrumente spielen lernen und musische Bildung erfahren, sondern dass sie ein ganz wichtiger kultureller Faktor in jedem Landkreis und in den einzelnen Orten sind. Das heißt, die „Bevorzugung“ ist berechtigt und soll auch so bleiben.

Wir sind uns natürlich darüber im Klaren, sowohl in den Koalitionsfraktionen als auch in der Landesregierung, dass Verbesserungsbedarf besteht bzw. dass man sich Dinge neu überlegen muss, weil sich die Gesamtkonditionen verändert haben. Das ist völlig unstrittig.

Betrachten wir aber einmal einige der Vorschläge, die in diesem Gesetzentwurf stehen. Es wird zum Beispiel vorgeschlagen, dass in den Musikschulen, welche zusätzliche künstlerische, also bildende und darstellende Kunstangebote haben, diese wie Musikstunden angerechnet werden. Das heißt, wenn kein zusätzliches Geld zur Verfügung steht, werden die Summen pro Stunde geringer.

(Bischoff [SPD]: Alle!)

- Alle, generell. Das heißt, das macht nur Sinn, wenn man die Summe insgesamt erhöht und damit die anderen Bereiche der bildenden Kunst einbezieht. Wenn man es aber so machte, wie es die Fraktion DIE LINKE aufgeschrieben hat, würde das bedeuten, dass erstens die Summen pro Stunde sinken. Zweitens würde es natürlich Begehrlichkeiten wecken. Landräte und Bürgermeister werden versucht sein, Kunstschulen in die Musikschulen zu integrieren oder irgendeine Verbindung zu finden, weil man dann am Landesgeld partizipieren kann, bzw., umgedreht, die Kunstschulen selbst könnten einige Musikangebote oder Ähnliches machen, um partizipieren zu können.

Die Idee, dass die Kunstschulen und die künstlerischen Angebote, die nicht zur Musik gehören, genauso bewertet werden sollen, wäre nicht schlecht, wenn wir es finanzieren könnten. Wir brauchen mehr Geld und nicht einfach einen Antrag, in dem das steht. Das ist kontraproduktiv.

Zur Frage der Qualität: Wir haben ein Musikschulgesetz mit den bekannten Qualitätsstandards. Die werden geprüft, um das Label „Anerkannte Musikschule des Landes“ zu vergeben. Qualität hat auch etwas mit der Anzahl der Festangestellten zu tun; das will ich gar nicht bestreiten. Aber ist es denn klug, von hier aus für die einzelnen Landkreise festzuschreiben, wie viele Festangestellte sie haben sollten, die sie dann eventuell gar nicht finanzieren können? Ist denn so etwas vor dem Hintergrund eines Landes, das strukturell sehr unterschiedlich angelegt ist, vernünftig? Wenn ich mir die jetzige Entwicklung ansehe, stelle ich fest, dass die Zahl der Honorarkräfte, die in den Kreismusikschulen im ländlichen Bereich beschäftigt wird, eine ganz andere ist als in Potsdam oder in größeren Städten. Da haben wir die Situation von Angeboten an Ganztagsschulen, wo sowieso zu klären ist, wie es dort mit der musikalischen Bildung weitergeht. In dieser Situation einen Prozentsatz festzuschreiben und dann vielleicht alle fünf Minuten eine Ausnahmeregelung zu brauchen ist völlig widersinnig und kann nicht im Interesse einer qualifizierten Ausbildung von jungen Menschen in den Musikschulen sein.

Ich glaube, es ist völlig klar, dass man dem, was hier vorgelegt wurde, in keiner Weise zustimmen kann.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält noch einmal Herr Dr. Hoffmann. Er spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist es nicht zu fassen, was Sie hier tun. Seit über einem Jahr liegt der erste Entwurf dieser Novellierung des Musikschulgesetzes vor.

Herr Werner, wenn Sie sich richtig erinnern, standen immer drei Namen darauf: Kuhnert, Werner und Hoffmann, und immer war mit dem Entwurf die Bitte verbunden, an diesem Text zu arbeiten, was auch in Ansätzen passiert ist. Deshalb gab es Änderungen. Immer wieder wurde gesagt, dass alles klar ist, dass die Bedeutung erkannt ist. Das haben beide Fraktionen und die Fraktionsvertreter gesagt. Alle stimmten zu und sind trotzdem heute dagegen. Ich glaube, bei dieser heftigen Gegenreaktion müssen es sach- und fachfremde Kriterien sein, die Sie heranziehen. Anders kann es nicht sein. Es versteht ja die Welt nicht, was Sie hier eigentlich wollen.

(Günther [SPD]: Wir verstehen Sie auch manchmal nicht! - Werner [CDU]: Ihr Text ist nicht zu verstehen, das ist der Punkt!)

Die kritischen Punkte, die angesprochen wurden, sind teilweise auch deshalb zustande gekommen, weil wir natürlich immer einen Kompromissvorschlag im Auge hatten, damit dieser überfraktionelle Entwurf zustande kommt. Es ist ein Kompromiss erarbeitet worden. Wir wollten eigentlich mehr. Herr Werner hat gebremst und darauf verwiesen, dass es die Finanzpolitiker der SPD sind, die nicht mitziehen,

(Bischoff [SPD]: Sie wollen immer mehr!)

zuletzt noch am vergangenen Donnerstag vor den Musikschuldirektoren in der Regionalberatung. Anstatt zu arbeiten, haben wir uns dann Geschichten von Ihnen angehört, Herr Werner, über Konnexität, darüber, dass man erst einmal die Ministerin fragen und dass die Finanzpolitiker erst prüfen müssten. Dann war abgemacht, dass ich einen Text erarbeite und wir diesen dann gemeinsam qualifizieren. Es gab keine Antwort, nichts ist passiert. Sie haben sich nach Ihren Reden wahrscheinlich wieder auf die Couch gelegt. Die erste Fassung, ich sage es noch einmal, ist über ein Jahr alt. Wir haben, glaube ich, immer offen mit diesem Text gearbeitet und darum gebeten, dass alle mitarbeiten.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Frage zu?

Bitte schön, Herr Werner.

Herr Dr. Hoffmann, würden Sie mir zustimmen, dass der Gesetzentwurf, der heute hier von Ihnen vorgelegt wurde und den ich inhaltlich bereits bewertet habe, in wesentlichen Teilen von dem abweicht, was wir im Vorstand und in der Mitgliederversammlung beschlossen haben und worüber Einvernehmen zwischen uns allen bestand und was in den ersten Entwurf des Gesetzestextes mündete?

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Warum haben Sie den nicht eingebracht?)

Würden Sie mir zustimmen, dass es da einen erheblichen Unterschied gibt?

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Dann bringen Sie ihn doch ein!)

Nein, da kann ich Ihnen nicht zustimmen. Aber wenn es so sein sollte: Wieso kommen Sie dann nicht mit einer eigenen Fassung

(Werner [CDU]: Dann müssen Sie einmal beide neben- einander legen und vergleichen!)

oder überlegen sich vorher, dass Sie einen anderen Entwurf einbringen sollten?

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)