Protocol of the Session on April 10, 2008

Im Vergleich zu der Ausschreibung von 2006 liegen uns mit der jetzt präzisierten Aufgabenstellung aber wenigstens in vier entscheidenden Punkten Veränderungen vor: bei der Anpassung an die rekonstruierte Schlossfassade - das ist die Prämisse beim Bau -, bei der Geschosszahl, beim Raum- und Funktionsplan und beim Zeitplan.

Die Konsortien haben zwei Jahre gearbeitet. Jetzt sollen sie in fünf Monaten das alles verändern und anpassen. Das ist eine Problematik, bei der man auch nach Ihrer heutigen Stellungnahme die rechtlichen Bedenken insgesamt nicht vom Tisch wischen kann, insbesondere nicht die rechtlichen Bedenken des renommierten Vergaberechtlers Mestwerdt oder auch der Brandenburger Architektenkammer.

Herr Finanzminister, meine Fraktion hat auf Nachfragen beim Präsidenten wegen Ihres Gutachtens im Hinblick auf die vergaberechtliche Bewertung erfahren, dass dieses ausdrücklich „auf der Beurteilung der Rechtslage durch eine renommierte Anwaltskanzlei, die das Vergabeverfahren von Beginn an im Auftrag der Vergabestelle intensiv begleitet hat,“ beruht. Danach gebe es keine Bedenken.

Eine schriftliche Begründung stand dem Präsidenten nicht zur Verfügung. Er verwies mich an Sie. Ich habe mich daraufhin an Sie gewandt. Sie haben mir gestern gesagt, Sie hätten dazu nur mündliche Vereinbarungen und keine schriftlichen Begründungen. Auch heute haben Sie mir schriftlich mitgeteilt, es gebe nur eine vergaberechtliche Einschätzung. Ich danke Ihnen trotzdem für die Zitate aus der Begutachtung, aus der Sie vorgelesen haben, die es nach Ihrer eigenen Aussage gestern so gar nicht gab. Inzwischen ist sie vielleicht geschrieben worden.

Ich sage noch einmal: Die vergaberechtlichen und finanzpolitischen Bedenken sind nicht ausgeräumt. Die Natur des Verfahrens, Herr Finanzminister, ist ein zweifelhaftes Argument. Es bleibt bei der bedenklichen Situation, dass diejenigen in diesem Lande, die in dem Verfahren nichts entscheiden, aber Vorschläge machen, von Ihnen bestens informiert sind. Wir aber hier, die über die Finanzen entscheiden sollen, sollen glauben. Angesichts dieser unsicheren Situation sage ich: Wir haben nachgedacht und machen uns deshalb die Entscheidung so schwer. Ich verstehe alle Emotionen hier im Raum. Ich teile sie aber nicht ganz. Wir können einer Vorlage des Präsidenten nicht

zustimmen, wenn nicht klar ist, ob wir an dieser Stelle wirklich keine vergaberechtlichen Probleme schaffen.

Herr Minister, Sie sagten, Klagen, Rügen und Nachprüfungen seien üblich. Ja, aber der Wille, Zeitverzug zu vermeiden, müsste auch da sein. Zeitverlust und Zeitverzug heißen für uns Kostensteigerung und Kostenanstieg für den brandenburgischen Steuerzahler. Vor diesem Hintergrund sage ich Ihnen noch einmal: Ich habe den Eindruck, wir als Parlamentarier haben heute hier die Chance, die berühmt-berüchtigte Katze im Sack zu kaufen. Meine Fraktion kann dem nicht zustimmen.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

Ich wiederhole: Wir sind für die Errichtung eines neuen Landtages in Potdams alter Mitte. Wir respektieren den Beschluss des Landtages von 2005, aber einem Schlossbau

(Birthler [SPD]: Fassade!)

- Herr Birthler, das war deutlich, es geht um einen Schlossbau, es steht auch überall in den Unterlagen „Schlossfassade“ - nach der Devise „egal wie“ bzw. „koste es, was es wolle“ werden wir nicht zustimmen. Dafür steht meine Fraktion nicht zur Verfügung.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Als PS darf ich anmerken: Herzlichen Dank für die Schlosskekse; es waren ja ausdrücklich keine Landtagskekse. Wir haben sie gesammelt und werden sie dem Kindertreff Am Stern zur Verfügung stellen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Finanzminister erhält Gelegenheit, sich dazu zu äußern.

Ich muss mich dazu noch einmal äußern, damit das nicht unwidersprochen so stehen bleibt.

Die Änderungen, die wir mit der präzisierten Aufgabenstellung vornehmen, wie ich es formuliert hatte, sind nach meiner Einschätzung und nach der Einschätzung der uns Beratenden nicht gravierend, wie Sie es eben dargestellt haben. Deswegen muss ich dem widersprechen, damit das hier nicht unkommentiert bleibt.

Der Wille, das Verfahren so schnell wie möglich voranzutreiben, ist bei mir ausgeprägt. Dafür brauche ich Ihren Zuspruch nicht. Ich nehme ihn aber gern an, wenn wir in dem Verfahren weiterkommen und es einen Mehrheitsbeschluss gibt, in der Hoffnung, dass Sie sich im Fortgang entsprechend diesem Mehrheitsbeschluss verhalten.

Wir haben auf der Grundlage der bisherigen Tätigkeiten eine Ausschreibung durchgeführt. Die Ausschreibung ist nicht willkürlich zu beenden, auch wenn Ihnen das so vorschwebt. Wenn es nachvollziehbar Kostenentwicklungen am Baumarkt gibt, die jemand, der diesen Auftrag erlangen will, vorweisen kann ich habe vorhin aus Unterlagen des Statistischen Bundesamtes

zitiert und nicht aus der Bauwirtschaft; auf dieser Grundlage gibt es Kostenschätzungen -, können wir nicht kneifen, sondern müssen diese akzeptieren. Ein Vertrag zur Vergabe wird, bevor wir ihn vergeben, selbstverständlich entsprechend den Gremienvorbehalten hier in diesem Hause abgestimmt. Sie kaufen keine Katze im Sack, auch wenn Sie mir ein bisschen Vertrauen schenken müssen, dass ich das in der Zwischenzeit so manage, dass es eben nicht aus dem Ruder läuft, wie Sie vermuten.

Ich will also um Vertrauen bei der Fraktion DIE LINKE werben, dass sich das Finanzministerium auf der Grundlage eines Beschlusses redlich mühen wird, die Kostenentwicklung im Zaum zu halten. Deswegen war es mir auch wichtig, dass wir uns heute hier in diesem Hause über diesen Beschluss verständigen und eine klare Grenze für weitere Forderungen ziehen, die allenthalben im Raum stehen, damit man ihnen nicht folgt, sondern sagt: Auf dieser Grundlage wird das Verfahren weiterund zu Ende geführt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister, für diese Klarstellung. Damit können wir über den Antrag des Präsidenten abstimmen.

Ihnen liegt der Antrag des Präsidenten in Drucksache 4/6102, Neudruck, vor, in der es um den Landtagsneubau Berlin und Brandenburg am Potsdamer Standort „Alter Markt“ geht. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Das ist eine Minderheit. Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag des Präsidenten mit Mehrheit angenommen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 6.

(Zurufe)

- Entschuldigung! Wir müssen noch einmal zum Tagesordnungspunkt 5 zurückkehren. Die Abgeordneten Peer Jürgens und Torsten Krause haben darum gebeten, eine Erklärung zu ihrem Abstimmungsverhalten abgeben zu können. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen mein Abstimmungsverhalten hierzu erklären - ich habe zu diesem Antrag mit Nein gestimmt - und meine Enttäuschung über das Verfahren und über das Ergebnis dieser Abstimmung zum Ausdruck bringen.

Es gab einen Antrag vom Mai 2005, in dem wir eine Verfahrensgrundlage festgelegt haben. Dieser Antrag ist nach der Plattner-Spende von 20 Millionen Euro hinfällig geworden, die an Bedingungen geknüpft ist. Nur deswegen kam es heute zu einem Änderungsantrag zu der damaligen Bestimmung. Wir haben also heute darüber abgestimmt, ob sich Herr Plattner ein Schloss kaufen kann oder nicht.

(Oh! bei der SPD - Schulze [SPD]: Sie sind ja noch nicht trocken hinter den Ohren!)

Ihre Abstimmung zeigt, dass er kann. All diejenigen, die sich hier zu diesem Geschäft haben hinreißen lassen, haben dies bewiesen.

(Schulze [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit!)

Ich melde hiermit Zweifel an der Souveränität dieses Parlaments an und prophezeie Ihnen, dass, je mehr Schloss unten entstehen wird, desto größer der Schaden für diese Demokratie sein wird.

(Gelächter bei der SPD)

Das Schloss auf dem Alten Markt wird stehen, weil es Herr Plattner wollte und durch Sie konnte.

(Unruhe im Saal - Zuruf bei der CDU: Unglaublich! - Schulze [SPD]: Mein Gott, sind Sie anmaßend!)

Ich hoffe, Herr Jürgens, bei Ihnen geht es tatsächlich um Ihr Abstimmungsverhalten und nicht um das Ihrer Fraktion. Ich lege darauf Wert, sonst drehe ich Ihnen das Mikrofon ab. Jetzt aber haben Sie erst einmal das Wort.

Ich habe gegen diesen Antrag gestimmt, und zwar aus vielerlei Gründen; viele hat meine Fraktionsvorsitzende, Frau Kaiser, bereits benannt. Meine persönlichen Hauptgründe sind zweierlei. Zum Ersten: Der Bauherr dieses Stadtschlosses, auf dessen Tradition sich Herr Niekisch in seiner Rede bezogen hat, war ein absolutistischer Herrscher,

(Lachen des Abgeordneten Schulze [SPD])

der nichts mit Demokratie am Hut hatte.

(Bischoff [SPD]: Hier war die Kreisleitung drin!)

Das ist eine Tradition für ein Parlament, die nicht die meine ist.

(Zuruf von der SPD: Das hier war die Kriegsschule! Das ist die Historie!)

Zum Zweiten wird ein historisches Schloss wiederaufgebaut. Dieser Wiederaufbau eines historischen Schlosses drückt in meinen Augen fehlendes Vertrauen in die moderne Architektur aus und ist eine Absage an die gestalterische Kreativität der heutigen Architekten.

(Schulze [SPD]: Schon mal was vom UNESCO-Weltkul- turerbe gehört? - Unruhe im Saal)

Wir sind damit am Ende des Tagesordnungspunktes 5 angelangt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Kriminalität kontinuierlich bekämpfen - Personalabbau in der Polizei stoppen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/6105

Die Debatte eröffnet der Abgeordnete Scharfenberg für die Fraktion DIE LINKE.