Protocol of the Session on November 14, 2007

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Abgeordnete Dr. Klocksin spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der fortgeschrittene Abend führt nicht zwingend zu Höhepunkten.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Bei Ihnen nicht, Herr Klocksin!)

- Wir reden nicht über meine Höhepunkte, schon gar nicht mit Ihnen, Herr Kollege.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich habe mich sehr darüber gefreut, jetzt noch etwas über das ÖPNV-Gesetz zu erfahren. Ich habe es auch gleich mitgebracht. Ich erspare es Ihnen, es in Gänze vorzulesen. Frau Tack konnte in der knappen Zeit nicht alles vorlesen. Trotzdem ist es richtig: Es gibt eine gewisse Aufgabenstellung für das Land. Zum 31.12.2007 muss der Entwurf vorliegen. Der Minister hat dies angekündigt. Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass das in Erfüllung gehen kann. Im Ausschuss, mit dem das Fachressort ins Benehmen treten soll - bis Januar oder Februar, das ist auch gut -, finden wir einen Konsens.

Aber darum geht es gar nicht. Frau Tack, vom Grundsatz her finde ich es gut, dass Sie sich des Themas annehmen. Das liegt bei der Funktion als verkehrspolitische Sprecherin in der Natur der Sache. Meine Frage, als ich den Antrag gelesen und nachdem ich Ihnen zugehört habe, war: Ist der Antrag zu spät oder Ihre Rede zu früh? Der Antrag beschreibt das, was die Kriterien eines Landesnahverkehrsplans sind. Bei Lektüre des Gesetzes wussten wir das vorher; es steht alles darin. Wenn ich aber die Bewertung, den Landesnahverkehrsplan betreffend, die ich gerade aus Ihrem Munde vernommen habe, rekapituliere, dann stelle ich fest: Sie wissen mehr als ich. Ich kenne nur die vielleicht noch etwas fleischbedürftige Fassung des Landesnahverkehrsplans und freue mich auf die nächste Sitzung des Ausschusses für Infrastruktur und Raumordnung, um den Entwurf vielleicht auch einmal in Textfassung erleben zu können. Dann wäre ich gern bereit, mit Ihnen über „richtig oder falsch“ zu streiten. Ich habe aber jetzt nicht das gleiche Informations- oder Wissensniveau wie Sie; ich stehe auch dazu.

Das ist der Stand der Dinge. Vor dem Hintergrund sind aber die Bewertungen, die hier gerade vorgenommen worden sind, nicht

zu halten. Wir können doch nicht über Dinge reden, die wir nicht haben; ich kann es jedenfalls nicht. Deshalb mag ich nicht mutmaßen, ob das alles richtig oder falsch war. Ich möchte nur feststellen, dass ich mir natürlich einen mutigen Landesnahverkehrsplan vorstelle, der in die Zukunft blickt. Ich freue mich, dass daran gearbeitet worden ist. Wir haben eine ganze Reihe von konkreten Beispielen. Weil Herr Bochow mich jetzt schon so lange fixiert: Die S-Bahn nach Rangsdorf als Option gehört natürlich dazu. Der Minister wird es sicherlich gleich noch einmal darstellen.

(Frau Alter [SPD]: Bad Saarow auch!)

- Bad Saarow selbstverständlich auch. - Nicht, dass wir jetzt in die ultimative Befriedigung der Bedürfnisse eintreten, was die einzelnen Strecken im Land anbelangt. Ich meine, Frau Tack ist absolut zuzustimmen, der Entwurf als solcher soll in sich konsistent sein.

Wohin bewegt sich Schienenverkehr, ÖPNV, SPNV im Land Brandenburg, und zwar über den Tag gerechnet? Das ist kein Aktionsprogramm für das nächste Halbjahr, das für den nächsten Fahrplan zu gelten hat, sondern muss imstande sein, eine längere Perspektive zu schaffen. Das sind die Erwartungen; und ich meine, dabei haben wir einen Konsens.

Wieder auf Ihren Antrag Bezug nehmend unterstelle ich, dass die von Ihnen in Ihrem Antrag beschriebenen Anforderungen auch Gegenstand der Erarbeitung des Landesnahverkehrsplans sind. Wenn das nicht so wäre, wäre das eine mittlere Katastrophe, ein planungspolitischer Super-Gau. Den mag ich mir hier überhaupt nicht vorstellen.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Herr Präsident wollte mir lächelnd zustimmen, wie ich nebenbei hörte. Nein, anders, er hat viel längere Erfahrungen. Kollege Klein ruft mir gerade zu, dass das so ist. Dann kann es ja nicht anders sein.

Vor dem Hintergrund glaube ich, ich überrasche Sie nicht mit der Aussage: Wir werden Ihrem Antrag nicht folgen können, auch wenn wir in den Zielen bei Ihnen sind.

(Oh! bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir werden im nächsten Ausschuss beieinandersitzen und uns den Entwurf genau ansehen. Ich bin sicher, der Minister wird so freundlich sein und uns die Stellungnahmen aus den Gebietskörperschaften zur Verfügung stellen, damit wir auch einen eigenen Eindruck von den Gewichtungen und Bedürfnissen bekommen. Dann werden wir gemeinsam ein gutes Ergebnis erzielen. - In diesem Sinne vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Klocksin, für Ihren ehrenden Optimismus. - Wir setzen mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landesnahverkehrsplan Brandenburg ist bisher nur ein Phantom. Da gebe ich Ihnen Recht, Frau Tack. Ihr Antrag ist trotzdem sinnlos. In § 7 des ÖPNV-Gesetzes ist festgelegt, dass der Verkehrsminister des Landes Brandenburg im Benehmen mit dem Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung einen Landesnahverkehrsplan für den Schienenpersonennahverkehr sowie andere Verkehrsträger des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 31. Dezember 2007 erstellt. Das weitere Prozedere sowie die Inhalte werden in den Absätzen 2 bis 6 des § 7 des ÖPNV-Gesetzes geregelt.

Ihre Forderung in Punkt 1 des vorliegenden Antrags ist in § 7 Abs. 2 Satz 2 des ÖPNV-Gesetzes geregelt.

Punkt 2 Ihres Antrags ist in § 4 Nrn. 1 bis 3 des ÖPNV-Gesetzes festgeschrieben.

Punkt 4 finden Sie als gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 3 Nr. 2 des ÖPNV-Gesetzes,

Punkt 6 ist in § 7 Abs. 4 Nr. 3 a des ÖPNV-Gesetzes, und Punkt 7 wird in § 7 Abs. 1 Satz 3 des ÖPNV-Gesetzes geregelt.

Darüber hinaus ist Ihre Forderung nach einer engen Zusammenarbeit mit dem Land Berlin, wie unter Punkt 5 Ihres Antrags gefordert, eine sich aus der normativen Kraft des Faktischen ergebende Selbstverständlichkeit. Daher frage ich mich ernsthaft, Frau Tack, wozu wir uns hier und heute mit einem Antrag von Ihnen befassen sollen, dessen Forderungen bereits fast alle vollständig gesetzlich geregelt sind.

Trotzdem möchte ich noch einige Worte zum bisherigen Prozedere der Erarbeitung des Phantomlandesnahverkehrsplans, insbesondere auch hinsichtlich der bisher fehlenden Langfristperspektive bis 2020, sagen. Angekündigt war im Herbst vergangenen Jahres eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit an der Ausarbeitung des Landesnahverkehrsplans. Dieser sollte also, so wörtlich, als „transparenter Prozess mit breiter Einbeziehung der politischen Ebene und der regionalen Akteure“ gestaltet werden. Es fanden dazu auch drei Regionalkonferenzen statt. Doch dort wurden wieder mit dem Totschlagargument des fehlenden Geldes sowie dem Argument, dass die Zuständigkeiten beim Bund und bei der Deutschen Bahn AG liegen, alle Vorschläge und Ideen im wahrsten Sinne des Wortes abgebügelt. Zusätzliche Zugangebote wegen extrem hoher Nachfrage, Ausbau der S-Bahn nach Falkensee oder Velten, Veränderungen in der Linienführung bestimmter Linien, Stärkung des Bahn- und des Busangebots, Verbesserung der Fahrgastinformationen an den Zugangsstellen - überall Fehlanzeige. Dabei sollte doch im Rahmen der Mobilitätssicherung, der Wirtschaftsentwicklung sowie des Klimaschutzes im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs nicht Stillstand oder Rückbau, sondern ein qualitativer und quantitativer Ausbau des Schienennetzes in Brandenburg und Berlin mit einer echten Perspektive bis 2020 unser Ziel und damit auch das dieser Landesregierung sein und nicht die übliche Rotstiftpolitik à la Speer.

Ihren Antrag, Frau Tack, werden wir ablehnen.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Karney spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich muss Sie enttäuschen, Frau Tack. Wir lehnen Ihren Antrag ab, und das aus folgenden Gründen:

Im Fachausschuss wurde mehrfach über dieses Thema direkt und indirekt diskutiert. Spätestens seit Kürzung der Regionalisierungsmittel ist ein neuer Landesnahverkehrsplan immer wieder angesprochen und gefordert worden. Die CDU-Fraktion hat dabei mehrfach auf die Bedeutung eines schlüssigen Konzepts für einen zukunftsfähigen SPNV als wichtige Maßnahme für die Infrastruktur Brandenburgs hingewiesen. Erste Vorstellungen wurden im Ausschuss ausgetauscht, und gegen Ende des Jahres wird man sich damit noch einmal befassen. Zu Beginn des kommenden Jahres wird dann auch das Parlament diesen Beratungsgegenstand auf der Tagesordnung haben.

(Frau Tack [DIE LINKE]: Nein, eben nicht!)

Diesem zweistufigen Prozess der Meinungsbildung gingen zudem die Gesprächsrunden zwischen den verkehrspolitischen Sprechern und dem Infrastrukturministerium voraus. Zudem wurde auch außerhalb des Landtags mehrfach über die Anforderungen an einen neuen Landesnahverkehrsplan diskutiert. Es gab sogar den überaus interessanten Fall, Frau Tack, dass die Fraktion DIE LINKE zu einem bestimmten Zeitpunkt als einzige Fraktion im Landtag Brandenburg über den Inhalt des Landesnahverkehrsplans informiert worden ist. Dass das keine Begeisterung bei den Koalitionsfraktionen hervorgerufen hat, können Sie sich sicherlich vorstellen. Die Informationspolitik des Infrastrukturministeriums ist in diesem Punkt durchaus noch verbesserungsfähig.

Lassen Sie uns also den vorgesehenen Diskussionsprozess mit der Landesregierung über einen vorliegenden Entwurf führen und nicht kurz vor Vollendung des Landesnahverkehrsplans mit Forderungen Unruhe stiften.

Da auch ich die Arbeit des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung kenne, erhoffe ich mir von dem neuen Landesnahverkehrsplan ein integriertes Gesamtkonzept für den SPNV im Land Brandenburg. Wichtig ist dabei, dass wir gerade den ländlichen Raum nicht vor vollendete Tatsachen stellen, sondern mit den Menschen in der Region gemeinsam an einer vernünftigen Lösung für die Zukunft arbeiten. Dazu gehört für mich auch der öffentliche Personennahverkehr. Eine gewollte Entsiedelung oder kontrollierte Verwilderung des ländlichen Raumes wird es mit uns nicht geben.

Für uns sind alle Punkte Ihres Antrags von der Anbindung des BBI über die Abstimmung bis zu einer transparenten Überarbeitung des Landesverkehrsplans selbstverständlich. Sie wurden in den Fachgremien angesprochen und gegenüber dem MIR in verschiedenster Weise kundgetan. Ich verstehe, dass die Opposition alle Argumente, die dem MIR schon im Ausschuss von allen Fraktionen mitgeteilt worden sind, nochmals in einen Antrag packen muss. Aber ich gehe davon aus, dass sie es dann auch versteht, dass die Koalition

diesen Antrag als nicht zielführend und überflüssig ablehnt. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Zum Schluss der Debatte spricht der zuständige Minister. Herr Dellmann, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Mehr sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Tack, ich finde es immer schön, wenn die Oppositionsfraktion, mit der man in Fachfragen an vielen Stellen gut zusammenarbeiten kann, diese vertrauensvolle Zusammenarbeit wie im konkreten Fall infrage stellt. Ich gehe mit den Eckpunkten des Landesnahverkehrsplans in den Ausschuss; wir haben die Möglichkeit, zu diskutieren. Sie stellen den kompletten Nahverkehrsplan zur Diskussion; dieser liegt Ihnen jedoch noch gar nicht vor. Zwei Möglichkeiten: Entweder sind Sie bereit, über den Landesnahverkehrsplan, und zwar nur über den, zu diskutieren, oder Sie sind bereit, sich zunächst einmal mit Eckpunkten auseinanderzusetzen.

Frage: Wozu gibt es einen Landesnahverkehrsplan? - Was Sie gefordert haben, geht weit über das im Landesnahverkehrsplan Geforderte hinaus. Wenn Sie zum Beispiel Fernverkehr fordern, stellen Sie bitte einen Antrag, dass das Gesetz geändert und der Fernverkehr explizit in einen Landesverkehrsplan aufgenommen wird. Verkehre über Landes-, letztendlich sogar über Staatsgrenzen hinaus gehören nicht in den Landesnahverkehrsplan.

Wir stehen in engen Verhandlungen mit den Vertretern der polnischen Staatsbahn, mit Nachbarwoiwodschaften. Glücklicherweise sind die politischen Rahmenbedingungen wieder etwas besser und ist der Umgangston unter den Kollegen freundlicher. Wir klären, wie wir Verkehr in Richtung Gorzów organisieren können. Die Frage, wie das zu bestellen und zu finanzieren ist, gehört jedoch nicht in den Landesnahverkehrsplan, sondern es wird - wie im Textentwurf - eine Aussage enthalten sein, dass es das Ziel ist, den Verkehr bis Gorzów zu organisieren. Für den Abschnitt zwischen Kostrzyn und Gorzów sind dann jedoch die polnischen Woiwodschaften zuständig und nicht wir. Vermischen Sie die Dinge bitte nicht immer miteinander!

Herr Dr. Klocksin hat es angesprochen: Der Entwurf des Landesnahverkehrsplans - übrigens selbstverständlich mit einer kompletten Übersicht der Stellungnahmen; das ist transparent, Sie brauchen keine Akteneinsicht zu beantragen - wird Ihnen vorgelegt werden. Ich bin auch der Auffassung, dass man das Thema nicht nur in einer einzigen Ausschusssitzung behandeln sollte, sondern dass wir uns dafür mehr Zeit nehmen können. Mein Ziel wäre, dass wir in der Ausschusssitzung im Januar Benehmen darüber herstellen können. In dieser Frage bin ich offen.

Es wurde innerhalb und außerhalb des parlamentarischen Raums mitunter moniert, der Landesnahverkehrsplan habe keine Vision. Erstens halte ich nichts davon, Visionen aufzuschreiben, sondern Visionen sollten sich immer an realen Rahmenbedingungen festmachen. Vielleicht erinnern Sie sich an das

Konzept „Bahn 2009“. Das war völlig irreal, die Finanzierung unklar. Wenn ich als Minister einen Landesnahverkehrsplan vorlege, dann will ich mich daran messen lassen, ob er bis zum Jahr 2012 umsetzbar ist. Das ist für mich die Messlatte. Insofern erstelle ich einen bis 2012 realisierbaren Plan.

Natürlich kann man die Frage nach dem Zeithorizont aufwerfen. Ich glaube, der Zeithorizont 2012 ist realistisch. Der große Wurf - das scheint der eine oder andere zu vergessen - war die Öffnung des Nord-Süd-Tunnels. Das Vorhaben wurde vor über zehn Jahren in der Region vereinbart. Die große Vision ist also Realität geworden. Wer nun die Hoffnung hat, dass ein ebensolcher Qualitätsschub folgt, dem sage ich: Lasst uns erst einmal mit dem Erreichten zufrieden sein!

Es ist ein hoher Wert, dass wir es geschafft haben, den Schienenpersonennahverkehr auf dem jetzigen Stand zu stabilisieren. Es gilt als vereinbart, dass wir in dem Zeitrahmen keine weiteren Strecken abbestellen wollen.

Frau Tack, wir haben im Gegensatz zu anderen Bundesländern erreicht, dass die Regionalisierungsmittel nicht weiter gekürzt werden; auch das war ein riesengroßer politischer Erfolg. Wir werden im Bundesrat einen Kompromiss finden, dass die Regionalisierungsmittel in puncto Höhe und Dynamisierung zumindest bis zum Jahr 2014 festgeschrieben werden. Ich habe die große Sorge, dass die Kiste von den alten Bundesländern aufgemacht wird und ein neuer Kampf um die Verteilung der Regionalisierungsmittel stattfindet.

Kollegen aus den alten Bundesländern sagen mir immer wieder, dass sie schon vor über 20 Jahren aufgehört hätten, über den Fortbestand von Strecken kleiner als 500 Fahrgäste zu diskutieren. Wir sind in der Situation, über den Erhalt diskutieren zu können und machen die klare Zusage: Wir wollen sie erhalten.