Protocol of the Session on September 12, 2007

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegt heute ein Gesetzentwurf vor, welcher allgemein Nichtraucherschutzgesetz genannt wird. Doch das ist nicht richtig. Es handelt sich um ein Nichtrauchendenschutzgesetz, denn unsere Gesundheitsministerin, Frau Ziegler, ist gleichzeitig Gleichstellungsbeauftragte. Sie nimmt diese Tätigkeit sehr wohl wahr, auch wenn die linken Genossen das damals nicht wahrhaben wollten. Sie hat sich große Gedanken darüber gemacht, denn wir haben auch Nichtraucherinnen. Bei einem Nichtrauchergesetz würden nur Nichtraucher geschützt werden. Das darf natürlich nicht sein. Deshalb hat das Land Brandenburg - soweit ich informiert bin, bundesweit einzigartig - einen Nichtrauchendenschutzgesetzentwurf vorgelegt.

Meine Damen und Herren, allen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. - Diese alte Weisheit spiegelt sich auch in diesem Gesetzentwurf wider. Es gibt durchaus einige Gründe, die für diesen Gesetzentwurf sprechen, und es gibt ebenso viele Gründe, die dagegen sprechen. So ist zum Beispiel noch nicht geklärt, wer die Umsetzung kontrollieren soll. Gibt es genügend Personal dafür? Wer soll das Ganze bezahlen? Ist dieses Gesetz überhaupt notwendig?

Ich gebe ehrlich zu, ich bin bekennende Nichtraucherin. Ich würde es schön finden, wenn es auf der Welt keine Raucher gäbe. Die Welt wäre um einiges schöner. Aber als toleranter Mensch, der ich nun einmal bin, toleriere ich auch die Laster meiner Mitbürger.

(Heiterkeit)

Ich finde es nicht schön, dass durch diesen Gesetzentwurf Menschen diskriminiert, sogar regelrecht bevormundet werden.

(Beifall bei der DVU)

Ich meine speziell die Besitzer von Gaststätten. Wer kann hier noch von fairem Wettbewerb sprechen? Laut Gesetzentwurf soll das Rauchen in Gaststätten erlaubt sein, soweit durch bauliche oder andere Maßnahmen eine Gesundheitsgefährdung Dritter vermieden wird. Wer zum Beispiel einen separaten Raum anbieten kann, ist hier im Vorteil. Doch wie viele Gaststättenbesitzer bzw. wie viele Gaststätten verfügen lediglich über einen Gästeraum?

Ein weiterer Aspekt: Wenn ein Wirt duldet, dass in seiner Lokalität geraucht wird, kann es ihm passieren, dass er bis zu 1 000 Euro Strafe zahlen muss. Zum Vergleich: Wenn ich innerhalb einer Ortschaft 30 km/h zu schnell fahre, kostet es mich lediglich 60 Euro. Hier stimmt die Relation nicht. Meine Damen und Herren, Sie sehen, es gibt erheblichen Diskussionsbedarf.

Zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich zur Kenntnis geben, dass der Preußische Staat im Jahr 1865 an verschiedenen Stellen, was das Rauchen betrifft, schon weiter war, als wir heute sind. Heute, vor 142 Jahren, auf den Tag genau am 12. September 1865, hat der Magistrat von Küstrin eine Bekanntmachung veröffentlicht:

„Die Verhältnisse der hiesigen Stadt und Festung machen es notwendig, das Tabakrauchen auf den Straßen durchweg zu verbieten. Das Verbot erstreckt sich sowohl auf die Stadt als auf die Vorstädte. Auch ist das Tabakrauchen in den Anlagen des Brückenkopfes untersagt.Wer in den Straßen der Stadt und Vorstädten oder auf dem Spaziergange in den Anlagen vor dem Berliner Tor Tabak raucht, hat 20 Silbergroschen Strafe zu gewärtigen.“

Noch eine geschichtliche Tatsache: Nachdem nun auch Eva Herman die Familienpolitik der Nationalsozialisten lobend erwähnt hat, möchte ich daran erinnern, dass nicht nur den heutigen Genossen die Gesundheit der Bürger am Herzen liegt. Auch die Genossen der NSDAP besaßen ein hohes Maß an Gesundheitsbewusstsein.

(Zuruf von der SPD: Das kann ja wohl nicht wahr sein! - Widerspruch!)

Frau Abgeordnete, ich bitte Sie, zum Thema zurückzukommen und solche Darstellungen zu unterlassen.

Warum regen Sie sich so auf? Das ist eine geschichtliche Tatsache. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass die Problematik des Tabakrauchens sehr alt ist und dass es auch in der deutschen Geschichte schon viele Bemühungen gab, dagegen vorzugehen.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE] - Dr. Klocksin [SPD]: Eva Herman! - Unruhe)

Schon die damaligen Sozialisten führten eine sehr ehrgeizige Kampagne gegen das Rauchen. Bereits 1939 - Frau Ministerin Ziegler, vielleicht nehmen Sie das als Anregung auf - wurde sogar eigens eine Reichsstelle gegen Alkohol- und Tabakgefahren gegründet. Sie sehen, meine Damen und Herren, der Kampf gegen das Rauchen ist alt.

(Schulze [SPD]: Da biegen sich einem die Fußnägel hoch und runter!)

Es handelt sich heute um die 1. Lesung. Der Ausschuss wird sich damit noch beschäftigen. Vielleicht findet eine Anhörung statt. Vielleicht gibt es auch die eine oder andere Änderung. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU - Unruhe)

Das Wort erhält die Abgeordnete Schier für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wieder Beruhigung. Sie sehen, ich habe meine Rede weggelegt. Ich möchte nur drei Aspekte vortragen - vor allen Dingen zum Thema.

Sie haben mit Sicherheit viele E-Mails erhalten. Der Hotel- und Gaststättenverband hat geschrieben. Gastwirte und Kneipenbesitzer haben geschrieben. Sie haben ihr Unverständnis darüber geäußert, dass sich Politik einmischt, und prophezeit, dass ihnen die Kunden wegbleiben usw. Sie haben sicherlich auch E-Mails erhalten, in denen ganz utopische Sachen standen. Zum Beispiel: Wie kann man es hinbekommen, dass in den Aufgängen, in den Blöcken und in den Wohnzimmern nicht mehr geraucht werden darf, und wie kann man das kontrollieren? Die Bandbreite ist enorm gewesen. Wir werden einen Kompromiss finden.

Ich möchte wiederholen, was die Ministerin gesagt hat: Es geht nicht um Diskriminierung und Kriminalisierung von Rauchern, sondern es geht um den Schutz von Nichtrauchern und Kindern.

(Beifall bei der CDU)

Ich gebe den radikalen E-Mail-Schreibern Recht, die das Verbot sogar für den Privatbereich fordern. Wenn ich sehe, dass

Kleinkinder im Auto sitzen, während die Eltern rauchen, oder wenn ich Schwangere rauchen sehe, blutet mir das Herz. Dazu kann ich nur sagen, ich wäre für eine noch stärkere Verschärfung des Gesetzes.

In der Anhörung sollten wir uns darüber unterhalten, wie der Schutz Dritter gewährleistet werden kann. Wenn wir wollen, dass es in den Gaststätten Nebenräume gibt, in denen geraucht werden darf, dann fragt sich, wie die Bedienungen geschützt werden sollen. Der Schutz Dritter ist mir zu breit formuliert. Ein nichtrauchender Angestellter wird natürlich nicht von sich aus sagen: Nein, dort bediene ich nicht. - Denn sein Arbeitsplatz hängt daran.

Darüber sollten wir in der Anhörung sprechen. Ansonsten ist es ein guter Gesetzentwurf. Wir werden die Argumente in der Anhörung austauschen und zu einem guten Ergebnis kommen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete. - Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 4/4895 an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie. Die Fraktion DIE LINKE beantragt darüber hinaus, den Gesetzentwurf zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft zu überweisen.

(Unruhe)

Es wird über die Überweisung insgesamt abgestimmt. Hier wird laut Geschäftsordnung nicht getrennt. Wir haben zwei Überweisungsanträge, einen Überweisungsantrag vom Präsidium und einen Überweisungsantrag einer Fraktion zur Mitberatung.

(Klein [SPD]: Ich nehme an, das wird so nicht gehen!)

Möchten Sie einen Antrag stellen, Herr Klein?

Ich stelle den Antrag, über beide Überweisungsanträge getrennt abzustimmen.

Ich nehme diesen Antrag entgegen. - Ich komme damit zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 4/4895 an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Gegenstimmen und einer Enthaltung ist dem Antrag zugestimmt worden.

Die Fraktion DIE LINKE beantragt darüber hinaus, den Gesetzentwurf zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft zu überweisen. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mehrheitlich - bei einigen Enthaltungen - abgelehnt. Damit ist dieser Überweisung nicht zugestimmt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2008 und 2009 (Haushaltsgesetz 2008/2009 - HG 2008/2009)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/4951

1. Lesung

in Verbindung damit:

Finanzplan des Landes Brandenburg 2007 bis 2011

Unterrichtung durch die Landesregierung

Drucksache 4/4952 einschließlich Korrekturblatt

Unterrichtung des Landtages über die Fortschreibung der Personalbedarfsplanung bis 2012 gemäß Artikel 1 § 3 Abs. 3 Haushaltssicherungsgesetz 2003 und über den Bericht zum Controlling der Umsetzung der Personalbedarfsplanung 2010

Unterrichtung durch die Landesregierung

Drucksache 4/4969 einschließlich Korrekturblatt

Ich eröffne die Aussprache. Herr Finanzminister, Sie erhalten das Wort.