Protocol of the Session on September 12, 2007

Dass die Sozialministerin dieses Landes zu diesem Thema nichts zu sagen hat, wäre mir heute Morgen nicht eingefallen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich kann an dieser Stelle nur erwidern, Frau Lehmann, bei allem Respekt: Wenn hier jemand krampfhaft an etwas festhält, und zwar an der Befürwortung von Hartz IV, dann ist es die SPD; denn das ist ein Gesetz, das inzwischen von über zwei Dritteln der Deutschen abgelehnt wird. Es wird gesagt: Hartz IV bringt nicht mehr Arbeit, sondern mehr Armut. - Das können Sie nachlesen.

(Klein [SPD]: Das ist keine Armut! - Bischoff [SPD]: Re- den Sie mal mit Leuten, die Arbeit haben!)

Ansonsten werfen Sie hier Nebelkerzen. Natürlich bedarf es unserer Aufforderung nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

- Sie machen das alles wunderbar.

Sie haben uns vor zwei Jahren gesagt, dass der Ministerpräsident im Zusammenhang mit neuen Bemessungskriterien - nicht höhere Leistungen, sondern Bemessungskriterien - einen Brief an den Bundesminister für Wirtschaft gerichtet hat. Wo sind Ihre Schlussfolgerungen? Sie haben noch nicht einmal gesagt, dass Sie überhaupt höhere Regelleistungen wollen. Das allein ist schon schwer genug zu akzeptieren.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Ministerin Ziegler: Das ist falsch, Frau Kaiser!)

Einen höheren Regelsatz für Kinder zu fordern ist nicht unseriös. Sie selbst wissen, Kinder brauchen, gerade wenn sie klein sind, für eine gesunde Ernährung sehr viel mehr, und sie brauchen häufiger Kleidung. Ich glaube nicht, dass es ausreicht, wenn Sie sich Ausstellungen anschauen. Gehen Sie doch mal in die Vereine der „Tafel“. Dort erfahren Sie, wie diese Leute leben.

(Zuruf der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Wenn Sie hier sagen, Sie wollen lieber etwas beschließen, was bei den Kindern ankommt, dann machen Sie es doch. Dann lassen Sie uns für diese Kinder die kostenfreie Kita, das kostenfreie Mittagessen beschließen. Dann beschließen wir in diesem Land eine tatsächliche Kostenfreiheit für Lehr- und Lernmittel für diese 70 000 Kinder.

(Bischoff [SPD]: Heute Morgen haben Sie noch anders geredet!)

Es geht um diese 70 000 Kinder, zu denen die Sozialministerin nichts zu sagen hat, obwohl sie die Berichte kennt.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich sage Ihnen jetzt, was Sie hier machen.

(Bischoff [SPD]: Entweder Haushalt oder Ausgaben!)

Das ist einfach ein zynisches Umgehen, ein zynisches Verständnis von parteipolitischer Auseinandersetzung auf dem Rücken dieser Kinder. Ich bitte Sie herzlich, diese Art zu überdenken. Lassen Sie uns die Analysen auf den Tisch legen. Wir werden in diesem Hohen Hause oder im Sozialausschuss einen Weg finden, dieses Thema noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen.

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Wir werden nicht lockerlassen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat Ministerin Ziegler noch einmal um das Wort gebeten. Sie erhält es, da sie noch Redezeit hat.

Einiges kann man nicht so stehen lassen. Frau Kaiser, ich habe nicht gesagt: Ich habe nichts dazu zu sagen. - Ich habe gesagt: Ich habe den Ausführungen der Abgeordneten der Koalitionsfraktionen nichts hinzuzufügen. Deren Auffassungen teile ich voll und ganz.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das heißt, Sie können diese Beiträge wortwörtlich lesen. Das ist meine Haltung. - Sonst macht man so etwas nicht.

Zweitens: Es entspricht nicht der Wahrheit, dass hier jemand gesagt hätte, die Regelsätze müssten nicht überprüft und gegebenenfalls angehoben werden. Das sage ich seit Jahren. Das wissen Sie, und das ist nachzulesen. Unterstellen Sie der Regierung und den Fraktionen der Koalition bitte nicht einen solchen Unsinn! Wir haben diese Überprüfung immer gefordert und gesagt: Es darf nicht nur die relative Armutsgrenze in Betracht gezogen werden, sondern es muss eben auch das existenzsichernde Einkommen gewährleistet sein.

Wenn Sie sagen, die Bevölkerung lehnt Hartz IV mit übergroßer Mehrheit ab, dann fragen Sie bitte auch die Menschen, die jeden Tag acht, zehn oder zwölf Stunden arbeiten gehen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

Ich bitte, auch das zu berücksichtigen. Spielen Sie die gesellschaftlichen Gruppen und die Menschen in unserem Land nicht gegeneinander aus!

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

- Nein, wir wollen nur, dass es Gerechtigkeit gibt, soweit man Gerechtigkeit herstellen kann. Das bedeutet für uns, dass Menschen in unserem Land so viel verdienen müssen, dass sie existenzgesichert leben können. Menschen, die leider nicht in die Lage versetzt werden, einer Arbeit nachzugehen, müssen wir das Existenzminimum sichern. Die betreffenden Gesetze überprüft die Bundesregierung gerade. Wenn Sie jetzt sagen: „Wir fordern die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zu starten, damit endlich überprüft wird, ob diese Regelsätze stimmen“, dann muss ich antworten: Das ist doch Nonsens, da die Überprüfung gerade läuft. - Deshalb habe ich mich nicht zu Wort gemeldet.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Herr Domres, haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich während der Schlusserklärung der Ministerin keine Zwischenfragen mehr zugelassen habe.

Für heute sind wir am Ende der Debatte, jedoch nicht am Ende der Thematik.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- So geht es jetzt gar nicht. Wenn es überhaupt geht, dann nur so.

(Der Präsident hält die Karte für Kurzintervention hoch. - Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

- Ein Geschäftsordnungsantrag des Abgeordneten Vietze. - Bitte, formulieren Sie ihn.

Herr Präsident! Zum Rederecht der Mitglieder der Landesregierung:

„Ergreift nach Schluss der Aussprache ein Mitglied der Landesregierung zum Gegenstand der Aussprache das Wort, wird die Aussprache wiedereröffnet.”

Sie hatte zuvor erklärt, dass sie ihre Redezeit nicht in Anspruch nehmen will, und sie hat nach Abschluss der Aussprache geredet. Das steht der Regierung zu. Damit ist die Aussprache aber wiedereröffnet, und die von der Ministerin in Anspruch genommene Redezeit steht dann jeder Fraktion zur Verfügung.

(Zuruf von Ministerin Ziegler)

- Nein, nein, nein!

Moment, Moment!

(Unruhe im Saal - Zurufe)

In solchen Fällen entscheidet der Präsident. Der Präsident hat festgestellt, dass wir am Ende der Debatte angelangt sind und dass er keine Zwischenfrage zugelassen hat.

Es ist natürlich nicht so, dass die Zeit, die die Ministerin an ihre Rede angehängt hat, zur Verlängerung der Gesamtredezeit führt. Der Ministerin stand eine Gesamtredezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Davon hat sie in der ersten Runde acht Sekunden und in der zweiten Runde 38 Sekunden in Anspruch genommen. Somit haben wir es nicht mit einer Verlängerung der Redezeit durch die Ministerin zu tun.

(Vietze [DIE LINKE]: Wer verzichtet, hat verzichtet!)

Jetzt gibt es noch eine Kurzintervention - diese ist gemäß unserer Geschäftsordnung möglich - von Frau Kaiser. Bitte sehr.

Meine Kurzintervention bezieht sich auf die Äußerung von Frau Ministerin, wir hätten beantragt, die Regelsätze sollten überprüft werden. Wir haben nicht beantragt, dass die Regelsätze überprüft werden, sondern dass sich die Landesregierung für deren Erhöhung einsetzt.