Protocol of the Session on June 6, 2007

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht zum ersten Mal beschäftigt sich der Landtag mit den Verfahrensund Zuständigkeitsregelungen des Lebenspartnerschaftsgesetzes des Bundes im Land Brandenburg.

Immer wieder nötigt es mir Respekt ab, dass es in der Koalition möglich war - trotz ideologischen Widerwillens und Vorurteilen vor allem in der CDU -, dem parlamentarischen Auftrag nachzukommen, auch in unserem Land die rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung lesbischer und schwuler Paare voranzubringen.

Schon im Jahr 2001 schilderte Kollege Schippel eindrucksvoll die Konflikte in der Koalition, die Sorge der CDU, die gleich

geschlechtliche Lebenspartnerschaft würde die Rechtsinstitute der Ehe und Familie angreifen. Die SPD wollte damals ermöglichen, die Lebenspartnerschaft in würdiger Form auf dem Standesamt zu schließen. Dies sei verfassungsrechtlich geboten, so Kollege Schippel damals, dennoch setzte sich die CDU durch. Mit diesem Koalitionspartner musste sozialdemokratische Politik ja auch verzerrt und unkenntlich werden.

Die SPD kritisierte die CDU-Polemik als unreif und unter die Gürtellinie gehende Signale aus der Gruft, verabschiedete sich jedoch selbst von der Standesamtslösung. An diesem Kompromiss, die Kommune als örtlich zuständig zu bestimmen und dabei den Bezug auf das Personenstandswesen zu unterlassen, also gerade nicht die Standesbeamten als zuständig zu bestimmen, halten Sie gegen unseren Widerstand bis heute fest. Das ist traurig.

Fast zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes fragte Kollegin Redepenning in der 3. Wahlperiode zur Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes nach. Die Landesregierung bestätigte 2003 ausdrücklich, dass der Vollzug des Lebenspartnerschaftsgesetzes nicht dem Aufgabenbereich der Standesämter unterfiele. Zwar kann in den Kommunen bestimmt werden, dass die Lebenspartnerschaft vor einem Verwaltungsbediensteten geschlossen werden kann, der gleichzeitig Standesbeamter ist, aber der Bedienstete darf dann nicht als Standesbeamter und mit dessen besonderen Rechten und Pflichten handeln. Wie die Kommunen die Aufgabe regeln, wusste die Landesregierung damals wie heute nicht.

Wichtig ist also, nun festzustellen, dass offensichtlich in Brandenburg die verfassungsrechtlich gebotene Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare durch Verfahrensfragen bis heute nicht erfolgte.

Nun gab es den Brief zweier betroffener Frauen, die sich an das Parlament wandten, um ein weiteres Detail, nämlich die freie Wahl des Ortes, wo die Lebenspartnerschaft gegründet werden soll, zu ändern. Ich gratuliere der Koalition, dass sie in der Lage war, diese Gesetzesänderung - wie versprochen - auf den Weg zu bringen, auch wenn Sie dabei ein wenig trödelten. Im Rechtsausschuss haben wir uns extra bemüht, dem Innenausschuss den Weg freizuräumen, um das Gesetz zügig zu erhalten. Über Fraktionsgrenzen hinweg muss man das Richtige eben anerkennen. Aber Sie haben wieder vergessen, den Kern des Problems anzufassen, denn noch immer sträuben Sie sich, die Standesbeamten für zuständig zu erklären und die Diskriminierung insgesamt zu beenden.

Die Kritik an der Umsetzung des Gesetzes ist nie - zu Recht, wie ich meine - verstummt. Deshalb ist der vorliegende Gesetzentwurf ein weiterer richtiger Schritt, aber nicht ausreichend. Wir werden in Abstimmung mit Verbänden und Gruppen einen Gesetzentwurf einbringen, der das Standesamt als Behörde vorsehen wird, und den von Ihnen aufgemachten Etikettenschwindel beenden. Wenn es um nicht zu begründende Benachteiligungen im Verhältnis zu personenstandsrechtlichen Fragen der Eheschließung geht, ist die fehlende Standesamtsregelung der Kern der Diskriminierung im Land Brandenburg.

Der Beschlussempfehlung stimmen wir zu.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank, Herr Sarrach. - Das Wort erhält der Abgeordnete Holzschuher. Er spricht für die SPD-Fraktion. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Es tut gut zu hören, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich denke, das sind wir mit diesem Gesetzentwurf. In der Begründung wird schon darauf hingewiesen, dass die Ungleichbehandlung von Lebenspartnerschaften und Ehen durch nichts zu begründen ist. Ein Jurist, der das in dem Zusammenhang hört, weiß, dass es für den Gesetzgeber Handlungsbedarf gibt, ehe uns das andere sagen und uns zu Handlungen zwingen.

Deswegen ist der richtige und - wie ich meine - einzig sinnvolle Schritt zu sagen: Selbstverständlich muss es, wie es bei einer Eheschließung möglich wäre, auch möglich sein, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften an einem Ort geschlossen werden, an dem die Partner nicht wohnen. Warum auch nicht? Es ist ja schließlich auch ein Akt der Tourismusförderung. Schon unter diesem Gesichtspunkt habe ich nicht verstanden, warum es im Land Brandenburg so schwierig war.

Kollege Sarrach hat ein anderes Problem angesprochen, das sicherlich weiter diskutiert werden muss. Ich bin nicht wie Sie der festen Überzeugung, dass das schon von verfassungsrechtlicher Relevanz ist; darüber kann man sicherlich streiten. Deswegen sehe ich diesbezüglich auch nicht so dringenden Handlungsbedarf, möglicherweise auch Sie nicht, denn auch Ihre Fraktion hat zunächst einmal davon abgesehen, das in diesem Verfahren weiter zu verfolgen.

Ich denke, wir sind mit dem jetzigen Gesetzentwurf absolut im Einklang, und zwar nicht nur mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, sondern wir handeln auch im Interesse unseres Landes. Deswegen freue ich mich, dass wir dem zustimmen können. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Claus von der DVU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Den vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der CDU zur Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes lehnen wir natürlich ab. Wir waren bekanntlich gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz. Durch die Änderung soll die Zuständigkeit ausgeweitet werden. Natürlich sind wir dagegen, und das nicht, weil wir so böse sind und Sie von SPD und CDU so gut, sondern weil SPD und CDU hier offensichtlich einmal mehr das Gebot zu Toleranz mit der Pflicht, etwas zu fördern, verwechselten. Also gibt es gute und sachliche Gründe, dies abzulehnen.

Meine Damen und Herren von SPD und CDU, Sie hätten gut daran getan, Ihre ohnehin nicht sonderlich ausgeprägten gesetzgeberischen Aktivitäten auf die Förderung von Familien

mit Kindern zu lenken statt auf einen solchen Gesetzentwurf für Lebenspartnerschaften.

(Beifall bei der DVU)

Bei Familien mit Kindern liegt bekanntlich vieles im Argen. Wir wissen, wie die verheerende demografische Entwicklung im Land Brandenburg aussieht. Das ist staatliche Aufgabe und auch staatliche Pflicht; es liegt also im Gemeinwohlinteresse. Davon hängt die Zukunftsfähigkeit unseres Landes Brandenburg auch ab.

(Zurufe bei der SPD: Genau!)

Bei Lebenspartnerschaften ist dies nicht der Fall. In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist die völlige Gleichbehandlung von Ehe und Familie ohnehin nicht geboten. Dies hat das Bundesverfassungsgericht gerade in den vergangenen Wochen bzw. Monaten wiederholt festgestellt, als es um Krankenkassenzuschüsse für die künstliche Befruchtung sowie um Rentenrechte ging. Zur Begründung hieß es damals dort, dass die Ehe ein besserer Garant für eine stabile Beziehung sei. Mit anderen Worten, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen: Es gibt keinen rechtlichen Grund, Ehe und solche Lebenspartnerschaften gleichzubehandeln. Ungleichbehandlung bei der Förderung ist also keine Diskriminierung. Deshalb bedurfte es des gesamten Lebenspartnerschaftsgesetzes für gleichberechtigte Beziehungen nicht und der hier beantragten Änderung selbstverständlich ebenfalls nicht.

Fördern, meine Damen und Herren von SPD und CDU, muss der Staat nur das, wozu er von Verfassung wegen verpflichtet ist oder was im Interesse des Gemeinwohls, also der Gesamtgesellschaft, liegt. Warum das bei der gleichgeschlechtlichen Beziehung der Fall sein soll, müssen Sie mir einmal richtig erklären; das verstehe ich einfach nicht.

(Bochow [SPD]: Das macht ja nichts!)

- Das ist richtig, Herr Bochow. Das verstehen Sie. Aber ich kann auch verstehen, warum Sie das verstehen.

(Beifall bei der DVU - Gelächter bei CDU und SPD)

Solange Ihnen das nicht gelingt, gilt Folgendes: Wir von der DVU sind bereit, solche Beziehungen aus humanitären Gründen zu tolerieren, also hinzunehmen. Jeder kann in seinen vier Wänden machen, was er will - Herr Schulze würde sagen, dies ist ein freies Land. Aber einen Bezug zum Gemeinwohl, einen möglichen Tatbestand zu fördern, sehen wir hier nicht, und deshalb sind wir auch nicht bereit, diesem Antrag zuzustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Petke für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es nicht um das Spannungsverhältnis zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft, es

geht auch nicht um verfassungsrechtliche Grundsatzfragen, sondern einfach um die Frage, wie das damalige Gesetz, das hier im Land Brandenburg neu eingeführt wird, den Bedürfnissen der Zeit angepasst wird. Es gibt Menschen, die eine Lebenspartnerschaft in Brandenburg begründen wollen und nicht hier wohnen. Sie möchten das hier in einer Stadt, in einer Gemeinde tun - offensichtlich, weil die Gemeinde bzw. die Stadt und die Landschaft so schön sind. Warum sollen wir uns diesem Wunsch widersetzen? Daher haben wir uns in der Koalition verständigt, hier eine Öffnung vorzunehmen.

Man kann unterschiedlicher Meinung sein, ob dies dringend erforderlich oder nicht dringend erforderlich ist. Natürlich ist es so, dass in der Praxis die Zahl der Ehen die der Lebenspartnerschaften bei Weitem überschreitet. Es ist auch so, dass es nie Beschwerden zu den Lebenspartnerschaften gegeben hat, wie sie hier in Brandenburg administrativ vollzogen werden. Insofern malt der Kollege Sarrach von der Linkspartei.PDS hier den Teufel an die Wand. Mit der Praxis hat dies nichts zu tun. An dieser Stelle brauchen wir meines Erachtens keine tiefgreifende Debatte. Ich würde mich daher freuen, wenn eine Mehrheit im Landtag diesem Gesetzentwurf der Koalition zustimmt. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Herr Minister Schönbohm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten uns heute in 2. Lesung mit dem von den Fraktionen der CDU und der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Zuständigkeit nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz befasst. Künftig sollen in Brandenburg Lebenspartnerschaften nicht nur dort begründet werden können, wo mindestens einer der Partner seinen Wohnsitz hat, sondern auch an einem frei gewählten Ort - ganz gleich, ob dieser in Brandenburg liegt oder in einem anderen Bundesland. Diese Öffnung des Gesetzes soll auch für Partner gelten, die nicht in Brandenburg wohnen, aber hier ihre Lebenspartnerschaft begründen wollen.

Ich möchte die Frage beantworten, warum das nicht gleich im August 2001 gemacht wurde; der damalige Gesetzentwurf ist aus der Mitte des Landtags eingebracht worden: Das Inkrafttreten des umstrittenen Lebenspartnerschaftsgesetzes stand am 1. August 2001 bevor, das Ergänzungsgesetz, das für eine bundeseinheitliche Ausführung sorgen sollte, war jedoch vom Bundesrat wegen grundsätzlicher rechtlicher Bedenken gestoppt worden. Ein Verfahren im Vermittlungsausschuss war anhängig, und es war damals überhaupt nicht absehbar, ob und wann das Ergänzungsgesetz in Kraft treten würde.

Die Bundesländer Bayern, Sachsen und Thüringen hatten zudem beim Bundesverfassungsgericht Normenkontrollantrag gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz eingelegt; der Ausgang des Verfahrens war zum damaligen Zeitpunkt völlig offen. Angesichts des laufenden Gesetzgebungsverfahrens auf Bundesebene sowie des beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Normenkontrollantrags wurde das brandenburgische Ausführungsgesetz aus gutem Grunde nur mit den Mindestregelungen

versehen, die benötigt wurden, um das Lebenspartnerschaftsgesetz des Bundes bei seinem Inkrafttreten am 01.08.2001 in Brandenburg vollziehen zu können. Es war hier wie in zahlreichen anderen Bundesländern zu diesem Zeitpunkt also nicht beabsichtigt, derart umfassende Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen, wie sie das Personenstandsgesetz für die Eheschließung vorsieht, zu erlassen.

In den vergangenen rund fünf Jahren hat das Innenministerium als oberste Sonderaufsichtsbehörde keine Hinweise darauf erhalten, dass die bestehende Regelung nicht praktikabel oder zu eng gefasst sei. Die Mitwirkung der Kommunen an der Begründung von Lebenspartnerschaften erfolgt reibungslos. Deshalb haben wir auch keinen Anlass gesehen, die Zuständigkeitsregelung infrage zu stellen, als das Gesetz im Jahr 2005 an das geänderte Namensrecht des Bundes angepasst wurde.

Zudem scheint das Interesse an der Begründung von Lebenspartnerschaften in Brandenburg relativ schwach ausgeprägt zu sein: In den Jahren 2004 bis 2006 wurden 217 Lebenspartnerschaften, also durchschnittlich 72 pro Jahr, registriert. Dem gegenüber gab es in dieser Zeit über 11 000 Eheschließungen. Die jetzige Zuständigkeitsöffnung ist somit aus meiner Sicht nicht dringlich, aber nach der klärenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Lebenspartnerschaftsgesetz im Jahr 2002 bestehen keine Bedenken dagegen. Deshalb bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Die Aussprache ist damit beendet. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/4607 - Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Zuständigkeit und des Verfahrens nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen ist dieser Beschlussempfehlung mit großer Mehrheit zugestimmt worden. Damit ist das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Erprobung der Abweichung von landesrechtlichen Standards in Kommunen des Landes Brandenburg

Gesetzentwurf des Sonderausschusses zur Überprüfung von Normen und Standards

Drucksache 4/4587

1. Lesung