Protocol of the Session on March 7, 2007

„Bei Bundesratsinitiativen oder in Gesprächen mit der Bundesregierung ist das Thema Armut meist nicht explizit ausgewiesen.“

Auf EU-Ebene verweisen Sie lediglich auf den Ausschuss der Regionen. Das heißt, Sie tun nichts, Sie tun überhaupt nichts auf Bundes- und EU-Ebene, um im Bereich der Kinderarmut eine Besserung in Brandenburg herbeizuführen. Dies geben Sie sogar unumwunden zu.

Ja, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, es ist wahrlich traurig in Brandenburg, es ist traurig, Kind zu sein. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt, und Sie haben die Antwort auf die Große Anfrage 27 in der Drucksache 4/4149 zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 13 und rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Sicherung von Schulstandorten mit gymnasialer Oberstufe (GOST) unter Berücksichtigung inhaltlicher Qualitätsstandards (gem. Beschluss des Landtages vom 05.04.2006 - Druck- sache 4/2729-B)

Konzept der Landesregierung

Drucksache 4/4095

Herr Minister Rupprecht, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen im Hinblick auf die gymnasialen Oberstufen an Brandenburger Gesamtschulen, Oberstufenzentren und Gymnasien vor mehrfachen Herausforderungen.

Erstens: Schon im Schuljahr 2007/2008 erreichen die Auswirkungen des Geburtenknicks die gymnasiale Oberstufe.

Zweitens: Im ländlichen Raum ist die Erreichbarkeit der Standorte gymnasialer Oberstufen ein ganz entscheidendes Kriterium.

Drittens: Die Zahl der hochqualifizierten Schulabgänger und der Studienanfänger muss im Hinblick auf den zukünftigen Fachkräftebedarf unbedingt erhöht werden.

Diesen drei Herausforderungen muss sich die Landesregierung ebenso stellen wie die für die Schulentwicklungsplanung zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte. Nur wenn wir alle frühzeitig planerisch handeln, können wir die eingeschränkten Spielräume, die wir haben, auch nutzen.

Das Konzept, das Ihnen nun vorliegt, zeigt Wege auf, die die zu bewältigenden Aufgaben gut lösen können. Dabei ist der Rahmen zu einem guten Teil schon durch das neu gefasste Schulgesetz abgesteckt. In Zukunft wird es - wie Sie sicher wissen im Wesentlichen zwei Wege zum Abitur in Brandenburg geben: in 12 Jahren über die Gymnasien und einige Gesamtschulen und in 13 Jahren über die beruflichen Gymnasien an den OSZ oder über eine dreijährige gymnasiale Oberstufe an den übrigen Gesamtschulen.

Dabei ist mir persönlich ganz besonders wichtig, dass wir den dreijährigen Weg zum Abitur offenhalten, um auch Schülerinnen und Schülern der Oberschulen den Erwerb der Hochschulreife zu ermöglichen; denn auch für diese Schüler muss es die gleichen Bildungschancen in einem durchlässigen Bildungssystem geben.

Die schulentwicklungsplanerische Perspektive der Brandenburger Gymnasien in öffentlicher Trägerschaft lässt sich bereits heute ziemlich klar beschreiben. In diesem Schuljahr bestehen von ehemals 100 Gymnasien noch 90. 73 von ihnen haben noch Klassen in der Jahrgangsstufe 7. Mit der Zahl 73 ist das künftige Netz einigermaßen genau umrissen.

Komplizierter ist die Prognose für das zukünftige Netz unserer Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe und beruflichen Gymnasien. In einer - ich betone das - vorsichtigen Schätzung gehe ich davon aus, dass angesichts des dramatischen Schülerrückgangs nur an etwa zehn Gesamtschulen - einschließlich der drei sportbetonten - die gymnasiale Oberstufe gesichert werden kann.

Ebenso vorsichtig geschätzt gehe ich davon aus, dass zukünftig noch 16 Oberstufenzentren - davon zwölf im äußeren Entwicklungsraum und vier im engeren Verflechtungsraum - ein berufliches Gymnasium stabil anbieten können.

Unter planerischen Gesichtspunkten müssen wir gymnasiale Oberstufen für zukünftig noch zu erwartende 8 000 Schülerinnen und Schüler gegenüber derzeit über 14 000 in Jahrgangsstufe 11 vorhalten. Das entsprechende Netz muss aus den genannten Gründen den zwölf- und dreizehnjährigen Weg ermöglichen und regional ausgewogen sein. Die 70 bis 75 auch zukünftig stabilen Gymnasien stellen ein solches flächendeckendes und zumutbar erreichbares System von Standorten des zwölfjährigen Weges zum Abitur dar. Den Erhalt von gymnasialen Oberstufen außerhalb der Gymnasien schaffen wir jedoch nicht ohne eine gezielte schulentwicklungsplanerische Steuerung durch die Landkreise und kreisfreien Städte. Ich bin aber zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, in den meisten Landkreisen zumindest an einem Standort eine solche gymnasiale Oberstufe als berufliches Gymnasium am OSZ oder an einer Gesamtschule zu erhalten.

Zusammengefasst lässt sich also feststellen: Wir werden im

Land Brandenburg in Zukunft ein Netz von voraussichtlich 90 bis 100 gymnasialen Oberstufen an öffentlichen Schulen haben, die langfristig stabil sind und von den meisten ihrer Schülerinnen und Schüler auch in zumutbarer Zeit erreicht werden können.

Lassen Sie mich noch auf die Besonderheit hinweisen, dass wir in den Schuljahren von 2009 bis 2013 übergangsweise vier besonders schwache Jahrgänge in der Jahrgangsstufe 11 zu erwarten haben. Wenn wir in diesen Jahren an den derzeit geltenden Regeln für die Errichtung einer 11. Klasse, also 50 Schüler als Mindestzahl, festhalten, kann dies in einigen gymnasialen Oberstufen dazu führen, dass dort keine 11. Klassen eingerichtet werden können, weil diese Mindestschülerzahl nicht erreicht wird. Dies darf aber nicht an Standorten passieren, von denen wir wissen, dass wir sie in Zukunft mit Sicherheit wieder brauchen werden. Ich werde also dafür sorgen, dass in enger Abstimmung mit allen Beteiligten Ausnahmeregelungen für diese vier Jahre entwickelt werden, damit Kontinuität und Qualität an den betroffenen Schulen gewährleistet bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Folgen des Geburtenrückgangs stellen uns auch bei den gymnasialen Oberstufen in Brandenburg vor große Herausforderungen, denn ein gesichertes System stabiler gymnasialer Oberstufen ist ein entscheidender Beitrag für eine ausreichende Zahl gut qualifizierter Fachleute für unser Bundesland und damit für unsere Zukunftssicherung. Ich bin aber überzeugt, dass wir mit dem vorgelegten Konzept auf einem guten Weg sind. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Danke. - Wir setzen fort mit dem Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS. Frau Abgeordnete Große, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich weiß nicht, wie oft ich hier vorn stand

(Zuruf des Abgeordneten Bochow [SPD])

- heute schon zum dritten Mal, aber auch in der letzten Legislaturperiode - und ein Konzept zum Erhalt von Schulen, insbesondere im ländlichen Raum, eingefordert habe. Heute kommt nun ein Konzept, wenn auch nur für einen Teil der Schulen, für die wir hier zuständig sind. Ich könnte mich ja zufrieden zurücklehnen und sagen: Na endlich; unsere Anträge wurden immer nicht angenommen, jetzt haben sie endlich ein solches Konzept hingelegt. - Aber die Zufriedenheit will sich nicht so recht einstellen. Woran liegt das? Nachdem Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, zugelassen haben, dass seit Jahren ein Schulstandort nach dem anderen weggebrochen ist, sind Sie jetzt, wo das Schülertal bei der gymnasialen Oberstufe angekommen ist, bereit, die Rahmenbedingungen zu korrigieren, um so viele gymnasiale Oberstufen wie möglich zu erhalten. Wenn es Ihnen wirklich um ein wohnortnahes, qualitativ hochwertiges Bildungsangebot für alle Kinder in diesem Land gegangen wäre, hätten Sie bereits bei den Oberschulen zugelassen, dass Klassenbildungen in der Jahrgangsstufe 7 nicht mit 40 Schülern, sondern

flächendeckend bereits mit 30 Schülern möglich gewesen wären.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Der Schritt, den Sie jetzt unternehmen, ist sowieso etwas subtil. Sie ändern das Schulgesetz, erschweren den Zugang zur gymnasialen Oberstufe und parallel dazu entwickeln Sie ein Konzept zum Erhalt möglichst vieler Standorte. Darin lässt sich schwer eine Logik erkennen. Ich möchte noch einmal sagen, Herr Minister: Mit dem neuen Schulgesetz ist das System eben nicht durchlässiger geworden, sondern Sie haben die Durchlässigkeit begrenzt, indem nur noch nach Jahrgangsstufe 8 der Übergang zu einer gymnasialen Oberstufe möglich ist, ein Bildungsgang, der dafür vorgesehen ist.

Doch nun zum Konzept selbst: Die 17-seitige Analyse im ersten Teil enthält zweifellos interessante quantitative Indikatoren, zum Beispiel Angaben zur Entwicklung der Schülerzahlen, zu Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft und deren Perspektiven, zu geschlechtsspezifischen Unterschieden zwischen Schülerinnen und Schülern oder Angaben über die gesunkene Studierbereitschaft bei Frauen.

Besonders die letztgenannten Indikatoren sind nicht nur interessant, sondern auch besorgniserregend. Während der Anteil der Mädchen, die ein Abitur ablegen, wesentlich höher ist als der Anteil der Jungen, ist es hinsichtlich der Studierbereitschaft genau umgekehrt. Das scheinen Sie als gegeben zur Kenntnis zu nehmen. Konsequenzen bezüglich einer Änderung finden sich im Teil II des Konzepts leider nicht.

Sie geben als Ihr Ziel in diesem Konzept an, ein gleichwertiges und regional ausgewogenes Bildungsangebot vorhalten zu wollen. Es wird Ihnen sicher gelingen, ein regional ausgewogenes Angebot an Gymnasien vorzuhalten, nicht mehr und nicht weniger. Mit Ihrem Konzept können Sie möglicherweise von den jetzt noch 90 Gymnasien etwa 72 erhalten. Bei der Schaffung der Oberschulen und auch nach der schlechten Anwahl dieser Schulform durch viele Eltern haben Sie, Herr Minister, damals zugesichert, dass alle Absolventen der Oberschulen bei entsprechenden Leistungen auch das Abitur ablegen können. Doch jetzt müssen Sie eingestehen, dass das nicht in allen Landkreisen gelingen könnte und außerdem die Einzugsbereiche so groß seien, dass sie nicht täglich erreichbar sein werden. Den Ausweg aus dieser Situation sehen Sie in Internaten oder Wohnheimen, doch Sie entwickeln keinerlei Vorstellungen, wie diese finanziert werden sollen. Dies ausschließlich den Schulträgern zu überlassen ist wohl eine Rechnung mit zu vielen Unbekannten.

Sie gehen in Ihrem Konzept weiterhin davon aus, dass von den 35 Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe im Land lediglich sieben erhalten bleiben werden, davon ganze zwei im äußeren Entwicklungsraum. Wo bleiben da gleiche Entwicklungschancen für alle Kinder in allen Teilen dieses Landes?

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Unsere Hauptkritik an Ihrem Konzept lässt sich in folgenden Punkten zusammenfassen:

Erstens geht es Ihnen vorrangig um die Gymnasien. Es werden zu wenig Gesamtschulen und Oberstufenzentren mit gymnasia

ler Oberstufe erhalten, sodass es keine gleichwertigen Bedingungen zur Ablegung des Abiturs nach zwölf und dreizehn Jahren gibt.

Zweitens halten wir angesichts der von Ihnen ansonsten in den nächsten Schuljahren vorgesehenen Stellenkürzungen die Bereitstellung von zusätzlichen 50 Vollzeitlehrereinheiten für nicht ausreichend.

Drittens findet der Erhalt der Qualität des Unterrichts - von einer Verbesserung ganz zu schweigen - in dem Konzept nur ungenügend bzw. eigentlich gar nicht Berücksichtigung.

Viertens gehen Sie von einer Konservierung der gegenwärtigen Schülerzahlen aus, das heißt, Sie wollen die Zahl der Schüler, die zum Abitur geführt werden soll, konstant halten. Frau Ministerin Wanka hat heute betont, dass wir mehr Menschen brauchen, die ein Hochschulstudium absolvieren. Bezüglich der Anzahl der zum Abitur zu führenden Schüler gibt es in Ihrem Konzept keine wirklichen Vorstellungen. Es werden keine Vorstellungen entwickelt, wie in Brandenburg mehr Schüler zu hoher Bildung geführt werden können, auch nicht dazu, dass jeweils an den Übergängen so viele Schüler verloren gehen. Wenn 58,1 % die Berechtigung zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife erhalten, aber nur 42 % in Jahrgangsstufe 11 ankommen, heißt das, dass wir ein Potenzial von 15 % verschenken.

Frau Abgeordnete Große, Sie überstrapazieren meine Geduld heute bereits zum dritten Mal. Kommen Sie bitte zum Ende!

Ich hätte eigentlich noch acht Punkte. - Am gravierendsten ist, dass das Ganze vom Schulressourcenkonzept und damit von den hineingegebenen Lehrerstellen abhängt. Demzufolge können wird diesem Konzept noch nicht vertrauen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank für Ihr Verständnis. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Geywitz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Frau Große, vielleicht kann ich da weitermachen, wo Sie aufgehört haben.

Eingangs Ihrer Rede haben Sie gesagt, die Koalitionsfraktionen hätten zugelassen, dass Schulen geschlossen worden seien. Ich zeige Ihnen hier einmal eine Grafik - ich weiß nicht, ob man das auch noch in den hinteren Reihen erkennen kann -, aus der hervorgeht, wie sich die Schülerzahl in den letzten Jahren entwickelt hat. Im letzten Jahr gab es bei der Zahl der Abiturienten den Höhepunkt mit 41 000, die das Abitur abgelegt haben. Demnächst werden wir den Tiefpunkt erleben, bei dem es noch 15 000 Abiturienten geben wird. Dem folgt dann ein Miniaufschwung mit einer prognostizierten Zahl von 19 000.

Das ist der Grund, warum Schulen geschlossen worden sind. Das ist eine Welle, die sich Anfang der 90er Jahre durch die Kitas und durch die Grundschulen bewegt hat. Darauf haben wir mit entsprechenden Möglichkeiten für kleine Grundschulen reagiert. Die gleiche Welle wird jetzt unsere Gymnasien erfassen.